Protokoll der Sitzung vom 01.03.2007

- die Petitionsberechtigung auch zugunsten Dritter;

- die elektronische Einreichung der Petitionen;

- die Formularnutzung im Internet ist eine tolle Sache; ich hoffe, dass es auch bald soweit ist;

- die Unzulässigkeit der Petitionen, wenn sie gegen Dritte gerichtet sind und das Persönlichkeitsrecht des Dritten überwiegt. Hier haben wir die Erfahrung gemacht, dass diese Gesetzesänderung unbedingt notwendig ist;

- Gegenstand von Petitionen können auch Organisationsprivatisierungen sein;

- der Ausschuss kann dem Bürgerbeauftragten Prüfaufträge erteilen - warum nicht?;

- Datenschutz zur Stärkung des Schutzes der Petenten;

- Verschwiegenheitspflicht haben wir erweitert und

- die Regelungen der Strafvollzugskommission haben wir konkretisiert.

Wir sind gemeinsam ein großes Stück weitergekommen, was hier niemand leugnet.

(Unruhe bei der CDU)

Herrn Heym im Anschluss an seinen Redebeitrag, wo er dann aufzeigt, was uns jetzt trennt, und sagt „helfen“ heißt nicht „abhelfen“, muss ich etwas widersprechen. Ich denke schon, das Wort „abhelfen“ ist bei mir positiv belegt. Wenn wir es können, und das haben wir doch auch getan im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten, dann haben wir uns doch fast immer gegenseitig auf die Schultern geklopft, wenn wir tatsächlich wieder einmal einer Petition abhelfen konnten. Unser Gesetzentwurf hat einige Dinge, wie ich begreifen musste im Dezember, die im Moment von Ihnen nicht diskutiert werden wollen. Deshalb werde ich sie hier noch einmal vortragen und ich wünsche mir natürlich, dass die Diskussion im Ausschuss dann auch stattfindet und auch jeder bemüht ist, sich einen Schritt aufeinander zuzubewegen.

Viel kritisiert wurde von allen Seiten bisher unsere geforderte Öffentlichkeit der Ausschuss-Sitzungen. Ich betone aber, genau in dem gleichen Satz heißt es auch, wenn ganz interne Sachen wie Steuerrecht, wie ALG II und, und, und beraten werden können, dann ist das für mich keine Frage, dass diese Petitionen in den vertraulichen Teil gehören. Die Petenten haben immer die Möglichkeit zu sagen: Ich will meine Petition nicht öffentlich beraten haben. Da gibt es böse Unterstellungen. Ich habe mir die Rede noch einmal angeschaut zum Petitionsbericht im Mai. Dort wird uns unterstellt, wir würden politischen Nektar ziehen wollen, wir würden schützenswerte Daten ausplaudern wollen. Aber ich frage Sie dann: Warum wird dann die Bitte eines Petenten, seine Petition öffentlich zu beraten, mehrheitlich abgelehnt? In Artikel 62 Abs. 2, Herr Heym, steht: „Sitzungen der Ausschüsse sind in der Regel nicht öffentlich.“ Ich sehe überhaupt gar kein Problem, diese Regel mit dem Petitionsausschuss zu durchbrechen. Wenn Sie uns dann unterstellen, wir sind nur plakativ und wollen das ja gar nicht - also es gibt keinen Grund,

die Verfassung hier ändern zu müssen. Oder Sie unterstellen uns, dass wir die Petenten bloßstellen wollen oder warum wir die Petenten nicht anhören wollen, aber in den Massenpetitionen Anhörungen wollen - das widerspricht sich ja von allein. Wenn wir öffentliche Ausschuss-Sitzungen haben, haben die Petenten zu jeder Zeit die Möglichkeit, sich zu äußern im laufenden Verfahren. Also, man muss es nur wollen und nicht immer alles gleich zerreden.

Zur Behandlung von Massen- und Sammelpetitionen: Ja, in Massenpetitionen geht es nicht um einzelne Bescheide, um einzelne Anliegen, es geht dort um grundsätzliche Probleme. Ich bitte Sie auch, bewegen Sie sich hier ein Stück, wenn es doch um Legislativpetitionen geht, wenn es eindeutig um Menschen geht, die sagen, Leute, hier habt ihr im Gesetz etwas versäumt, hier muss etwas geändert werden, und ihre Argumente auch nicht vom Tisch zu wischen sind. Dann lasst uns das doch anhören, dann lasst uns das Problem hier von diesem Pult aus beraten.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Warum sollten wir davor Angst haben?

Oder ein weiterer Vorschlag von uns: Vorläufige Aussetzung des Petitionsverfahrens bei Gefahr, dass durch den Vollzug einer Maßnahme das Petitionsrecht beeinträchtigt wird. Auch hier ganz bösartige Unterstellungen von Ihnen, Herr Heym, dass wir uns nicht auskennen würden in der Gewaltenteilung und, und, und. Es ist doch aber unsere Pflicht, unsere Aufgabe, die Kontrollfunktion der Legislative. Deshalb muss es uns doch zugestanden sein, zu sagen, stopp, das entscheiden wir hier in diesem Ausschuss und dann kann das entsprechende Verwaltungshandeln greifen. Wir haben genügend Beispiele, wo Menschen einfach hier Unrecht in diesem Land geschah. Es ist eine Stärkung unserer Arbeit. Ein weiterer Vorschlag: Beschlüsse des Petitionsausschusses sind nicht mit der Bitte, sondern mit der Empfehlung des Ausschusses zu überweisen. Das haben wir deshalb reingenommen, weil ich und Sie als Mitglieder des Petitionsausschusses keine Bittsteller sein möchten. Ich möchte einfach auch das Recht haben, der Landesregierung eine Empfehlung aussprechen zu können, wenn wir mehrheitlich oder auch fraktionsübergreifend zu dem Ergebnis gekommen sind, jawohl, hier könnte Abhilfe passieren. Ein weiterer Vorschlag: Auskunftersuchen und Aktenanforderungen erfolgen über die zuständige und nicht über die oberste Behörde. Hier liegen wir überhaupt nicht auseinander. Ich denke, hier könnten wir uns noch im Ausschuss einigen. Oder die Berichte der Landesregierung über Ausführungen der Beschlüsse innerhalb von nur sechs Wochen, ich denke, auch hier könnten wir uns noch aufeinander zubewegen. Es

geht mir immer um die Stärkung der Rechte des Petitionsausschusses.

Ein weiterer Vorschlag unserer Fraktion: Bei Bericht des Ausschusses ist Darlegung einer abweichenden Meinung jedes Ausschussmitglieds möglich. Auch hier noch einmal das Anliegen von Herrn Hahnemann: Es gibt die Mehrheitsverhältnisse im Ausschuss. Wir haben bisher sehr erfolgreich fraktionsübergreifend gearbeitet. Warum haben Sie dann Angst davor, eine solche Regelung in das Petitionsgesetz zu nehmen?

Die letzte Forderung, die ich hier noch erwähnen möchte - auch Sie hatten sich damit auseinandergesetzt, Herr Heym. Es geht um die entsprechende Anwendung der Regelungen des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen. Sie haben nicht richtig zugehört, nicht richtig gelesen, es geht uns um barrierefreies Verwaltungshandeln für Menschen mit Behinderungen, z.B. um Gehörlose. Auch hier wieder Nichtverständnis und bösartige Interpretationen, was nicht gesagt ist, nicht gewollt ist und hier können Sie dem behindertenpolitischen Sprecher, Herrn Nothnagel, der ja nun selbst aktiv im Petitionsausschuss arbeitet, schon vertrauen. Ich bitte einfach, dass wir uns in dieser Richtung auch etwas in der Diskussion bewegen.

Zum Schluss noch einige Worte von mir zum Bürgerbeauftragtengesetz. Öffentlich wahrgenommen in der Presse und auch zu den heutigen Diskussionspunkten wird eigentlich fast nur das Für und Wider eines Bürgerbeauftragten. Die Arbeit der 10 Ausschussmitglieder im Petitionsausschuss ist unter ferner liefen.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: So ist das Leben.)

So ist das Leben, aber damit müssen wir uns doch nicht abfinden. Ich streite immer dafür, und das auch im Ausschuss, dass wir uns als Bürgerbeauftragte hier stark machen. Nicht nur im Ausschuss, sondern wir alle, wir Abgeordneten sollten die Anliegen der Bürger öfter aufgreifen und es gar nicht erst zu Petitionen kommen lassen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Alle Varianten, die nun für die Arbeit eines eventuell neuen Bürgerbeauftragten vorliegen, möchte ich kurz noch mal benennen. Herr Hahnemann hat heute unseren Gesetzentwurf für einen Ombudsmann vorgelegt, der völlig neue mögliche Arbeitsbedingungen und Arbeitsmöglichkeiten hat und ohne ideologische Scheuklappen an seine Arbeit herangehen sollte. Was Sie von der CDU-Fraktion vorschlagen

ist und bleibt ein Anhängsel des Petitionsausschusses. Es wird weiterhin Kompetenzgerangel geben und dieser Bürgerbeauftragte ist für mich ein „zahnloser Tiger“. Dann sollte man ehrlich sein und sollte sagen, wir brauchen diese Institution nicht, das Geld können wir uns tatsächlich sparen. Beschädigt ist das Ansehen des Bürgerbeauftragten schon genug, das ist schlimm.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Weil Ihr das gemacht habt.)

Nein, Sie selbst beschädigen dieses Amt, sonst hätten Sie für die jetzige Zeit dafür gesorgt, dass ein Bürgerbeauftragter als Stellvertreter öffentlich benannt wird. Das war Ihre Aufgabe und ich unterstelle Ihnen - nein, ich unterstelle nichts. Sie haben ihn selbst beschädigt, Ihr Zwischenruf folgt dem Motto, Herr Heym: Getroffene Hunde bellen.

Ich gebe die Hoffnung nicht auf, denn die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt, dass sich die Fraktionen aufeinander zubewegen und eine gute Lösung für die Bürgerinnen und Bürger in Thüringen finden und das Petitionsgesetz und das Bürgerbeauftragtengesetz für die Bürger in Thüringen auf den Weg bringen, damit beide Gremien, der Petitionsausschuss und auch der oder die Bürgerbeauftragte ihre Aufgaben wahrnehmen können, und das zunehmend offen und transparent und nicht hinter verschlossenen Türen, denn das ist für mich keine bürgernahe Politik. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die Landesregierung hat sich Minister Schliemann gemeldet und jetzt der Abgeordnete Heym von der CDU-Fraktion. Würden Sie Ihre Redemeldung so weit zurückstellen, bis der Abgeordnete Heym noch einmal gesprochen hat? Dann bitte.

Es wird auch nicht lange dauern. Also, Frau Kollegin Sedlacik, Sie beeindrucken phänomenal. Sie sind spontan hier vor und haben dann hier eine vorgeschriebene Rede abgelesen, weil wir angeblich Ihrem Kollegen Dr. Hahnemann nicht folgen konnten. Ich bin noch einmal hier vorgegangen, weil ich wirklich ein paar Ausführungen, die Sie hier gemacht haben, so nicht stehen lassen kann.

Da komme ich aber noch einmal zurück zum Kollegen Dr. Hahnemann, der gesagt hat, dass der Bürgerbeauftragte in der Vergangenheit ein Hilfsarbeiter vom Petitionsausschuss gewesen sei. Das ist so was von falsch, von nicht richtig; schon nach der al

ten gesetzlichen Regelung hatte der Bürgerbeauftragte zum einen sicherlich die Aufgabe, die Anliegen, die an ihn herangetragen wurden, zu bearbeiten, aber er konnte auch von sich selbst aus tätig werden. Da darf ich an der Stelle auch einmal berichten, dass gerade von Ihrer Seite in der Vergangenheit kaum - ich wüsste nicht, ob überhaupt schon jemals - eine Frage an den Bürgerbeauftragten gestellt wurde, wenn er zu den regelmäßigen Sitzungen des Petitionsausschusses anwesend war. Für Sie war nie von Interesse, was denn der Bürgerbeauftragte über das hinaus, was er uns berichtet hat, für Sachverhalte klären konnte, bzw. bearbeitet hat. Darüber hinaus hatten Sie kein Interesse an dem, was der Bürgerbeauftragte gemacht hat.

Ich möchte mit einem weiteren Märchen aufhören: Sie versuchen der Öffentlichkeit hier zu suggerieren, dass wir bislang keine Möglichkeit hätten, uns mit Petitionen, die von einem allgemeingültigen Inhalt sind und wo die Notwendigkeit besteht, auch auf anderen Ebenen und in anderen Gremien zu befassen, dass wir das nicht konnten. Schon nach dem jetzigen alten Gesetz bestand die Möglichkeit, dass wir Petitionen an Fachausschüsse überweisen konnten. Wir haben davon mehrfach Gebrauch gemacht und der Rücklauf aus den Fachausschüssen kommt ja dann auch immer wieder. Deshalb meine ich, nutzen Sie doch die bestehenden Möglichkeiten. Sie hätten sie in der Vergangenheit schon nutzen können, wenn Sie die Notwendigkeit gesehen hätten, dass dort Dinge von allgemeingültigem Charakter genutzt werden müssten. Das haben Sie nicht gemacht, stellen sich aber heute her und suggerieren der Öffentlichkeit, als ob die CDU-Fraktion hier verhindern wollte, dass wir Probleme, die uns im Petitionsausschuss auf den Tisch kommen, nicht weiterleiten wollten, weil wir sie keiner Lösung zuführen wollten. Das ist einfach falsch.

(Beifall bei der CDU)

Mit Verlaub, wenn unser Kollege Nothnagel die Barrierefreiheit angesprochen haben wollte mit seinem Passus, frage ich mich, was das dann in dem Benachteiligungsverbot zu suchen hat. Denn das Benachteiligungsverbot in dem Gesetz meint etwas anderes. Denn wenn Sie Barrierefreiheit ansprechen, dann müssen wir das in die Geschäftsordnung schreiben, dass die Petitionsausschuss-Sitzungen in solchen Räumlichkeiten stattzufinden haben, dass sie auch barrierefrei erreichbar sind. Denn etwas anderes können Sie dann nicht gemeint haben.

(Zwischenruf Abg. Nothnagel, Die Links- partei.PDS: Barrierefreie Kommunika- tion.)

Ja, das ist aber noch nie eine Forderung gewesen, die in den vergangenen fünf oder sechs Jahren aufgemacht worden ist. Und mit Verlaub, wir hatten auch noch nie in den - zumindest in den Jahren, in denen ich im Petitionsausschuss mitarbeite - einen Fall, wo wir jemanden gebraucht haben, wo ein Gebärdendolmetscher notwendig gewesen wäre.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Und wenn das so war, dann ist uns durch die Landtagsverwaltung unkompliziert so ein Mann zur Verfügung gestellt worden. Oder wollen Sie das in Abrede stellen? Also insofern möchte ich hier noch einmal herzlich darum bitten, wir sollten im Interesse des Aufgabengebietes, für das wir hier stehen - Petitionen - diese Bühne der politischen Auseinandersetzung nicht so weit beschreiten. Wir haben - und das ist ja auch von den Rednern der Linkspartei.PDS bestätigt worden, auch von Kollegin Sedlacik - eigentlich eine sachliche Auseinandersetzung im Petitionsausschuss. Ich hoffe, wir kommen dahin schnell wieder zurück im Interesse der Sache, denn eine andere Art der Auseinandersetzung haben auch die Anliegen der Leute nicht verdient. In diesem Sinne noch einmal herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich rufe jetzt für die Landesregierung Minister Schliemann auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, für die Landesregierung möchte ich ein paar Punkte anmerken zu den vorliegenden Gesetzentwürfen. Zunächst zu den Entwürfen, die die Linkspartei.PDS und die SPD vorgelegt haben zu dem Bürgerbeauftragten, sodann ein bisschen auch noch zu dem CDU-Entwurf und dann natürlich zum Petitionswesen. Der Entwurf der SPD zu einem Ersten Gesetz zur Änderung des Thüringer Bürgerbeauftragtengesetzes sieht im Wesentlichen vor, dass der Bürgerbeauftragte mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt werden soll oder muss, dass das Vorschlagsrecht nicht mehr bei der Landesregierung liegt und dass der Bürgerbeauftragte in seinem Jahresbericht auf das sogenannte bürgerunfreundliche Verhalten der Verwaltung einzugehen hat. Ich habe große Zweifel, ob eine Zweidrittelmehrheit geeignet ist, das Amt des Bürgerbeauftragten wirklich zu stärken, oder ob der Umstand, dass man ein solches Quorum braucht, nicht möglicherweise - und das ist in der Praxis gar nicht so selten - dazu führt, dass, wenn man keine politischen Gegengewichte hat, bei denen man sonst austarieren kann, ein Bürgerbeauftragter möglicherweise als

kleinster gemeinsamer Nenner kreiert, ausgesucht und dann gewählt wird.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Sehen Sie das beim Verfassungsgericht auch so?)

Da gibt es Gegengewichte. Ich habe eben gesagt, wo es keine Gegengewichte gibt. Ja, ich muss das so ausdrücken. Das würde, wenn es so wäre, dem Amt sehr schaden. Mecklenburg-Vorpommern oder Rheinland-Pfalz beispielsweise kommen - in mancher Ecke waren sie auch Vorbild für das eine oder andere, was in den Entwürfen zu lesen ist - lediglich mit einfacher Mehrheit für eine solche Wahl aus. Das Vorschlagsrecht der Landesregierung soll abgeschafft werden. Da bleibt die Frage, wer hat dann anschließend ein Vorschlagsrecht. Der Entwurf schweigt dazu.

(Heiterkeit Abg. Gentzel, SPD)

Moment, der Entwurf schweigt dazu. Herr Gentzel, Sie mögen lachen, ich schlage gleich die Brücke, weshalb ich es anmerke.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: So dumm sind Sie doch gar nicht, wie Sie da vorn tun.)