Protokoll der Sitzung vom 12.07.2007

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich meine kurzen Ausführungen mit einem Zitat aus der OTZ vor wenigen Tagen beginnen. Da hieß es: „Das Verfahrenstechnische Institut Saalfeld e.V. hat Insolvenz angemeldet. Seit 1999 habe ein Finanzdefizit bestanden; es sei seit 2005 zwar gelungen, die Lücke nicht größer werden zu lassen, aber die jüngste Wirtschaftsprüfung hätte keine Aussicht auf Besserung der Bilanz erkennen lassen. 24 Mitarbeiter sind von der Insolvenz betroffen. Ob die Vielzahl der begonnenen For

schungsprojekte von Verbundpartnern übernommen werden kann, ist offen.“ So viel zu einem Stück Aktualität des Technologiestandorts Thüringen. Davon war natürlich jetzt in der Rede nichts zu hören. Überhaupt, Herr Reinholz, hätte ich mir vorgestellt, wenn man von der Technologiekonzeption 2002 ausgeht, dass man da einmal hergeht und schaut, was hat da dringestanden, was ist umgesetzt worden und was ist nichts geworden. Das wäre doch ein Ausgangspunkt für eine solche heutige Debatte gewesen, aber Sie sind ja mit fast keinem Wort auf diese Technologiekonzeption 2002 eingegangen. Da gibt es nämlich einige Projekte, die hier drinstehen, die nicht realisiert werden konnten, zum Beispiel Applikationszentrum Kunststofftechnik in Ostthüringen. Da hatten Sie damals den Kreisen und den Gemeinden und Städten dort aufgegeben, sie sollen sich einmal entscheiden, wer denn den Standort haben will. Das konnte natürlich nie im Leben funktionieren, weil, wie sollen sich denn konkurrierende Städte entscheiden können, wer am Ende diesen Standort bekommt? Sie haben sich vor einer Entscheidung herumgedrückt und am Ende ist dann nach anderthalb Jahren doch irgendwie eine Entscheidung getroffen worden, aber dann war alles schon zu spät, da sind die Nutzergruppen abgesprungen, die EU hat die Finanzierung dann nicht mehr gebilligt und so ist das ganze Thema gescheitert. Wenn man in der Technologiekonzeption weiter liest, sind da noch ein paar andere Einrichtungen, die ich heute nicht finden kann: Kompetenzzentrum Fahrzeugbau, Lithographie-Development-Center. Die Liste ließe sich fortsetzen, aber vielleicht können Sie dann in dem Technologieprogramm, was ja wohl dann heute, nehme ich einmal an, beschlossen wird, darauf eingehen, wie man das eigentlich machen sollte, dass man einmal die Einrichtungen - es kann ja auch gute Gründe geben, warum aus der einen oder anderen Einrichtung nichts geworden ist -, dass man das aber irgendwo auch einmal bewertet und seine Schlussfolgerungen daraus zieht. Umgesetzt jedenfalls aus der Technologiekonzeption haben Sie, wenn auch ziemlich spät - man muss bedenken, 2002 ist die ja veröffentlicht worden und im Jahre 2005 haben Sie dann das Thüringen-Stipendium als Programm groß verkündet und ich hatte heute Mittag auch dazu eine Anfrage gestellt und da kam dann heraus, dass bis jetzt zehn, man muss es sich vorstellen in Worten, zehn Anträge bewilligt worden sind. Dieses Programm ist offensichtlich handwerklich so schlecht gemacht, dass es überhaupt gar nicht nachgefragt wird in Thüringen. Da gibt es sicherlich erheblichen Nachholbedarf. Ziel der ganzen Technologieförderung sollte es doch sein, die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen zu fördern, Forschung und Entwicklung in Unternehmen voranzubringen und die Einführung von innovativen Technologien in Unternehmen voranzubringen. Nun gibt es seit Kurzem die Studie von ExperConsult,

die Sie auch einmal erwähnt haben, die haben Sie im Ministerium auch in Auftrag gegeben und darin ist zu lesen, dass sechs von acht Forschungsinstituten sogar Einbußen bei Geschäften mit Thüringer Unternehmen zu verzeichnen haben. 55 Prozent der Betriebe und 93 Prozent der Institute wollen, dass der jeweilige andere Partner auf sie zukommt. Hier scheint es mir doch ein großes Problem der Kommunikation zu geben. Wenn man das erste Ergebnis anschaut mit den sechs von acht Forschungsinstituten, dann kann man eigentlich sagen, dass das Ziel, was man verfolgt hat, nicht erreicht worden ist.

Nun noch mal zu den Strukturen, worüber Sie vorhin auch eine Menge erzählt hatten. Da kann ich mich noch erinnern, 2004 hatten wir schon mal eine Debatte, die hatte auch Herr Dr. Krapp vorhin erwähnt, die unsere Fraktion beantragt hatte. In dem Umfeld - also später noch mal im Wirtschaftsausschuss -, hier hatten Sie einiges dazu gesagt, da sollte eine Gesellschaft gegründet werden mit der Mehrheitsbeteiligung der LEG, die aus der STIFT Management GmbH hervorgehen sollte, damit der Begriff „STIFT“ aus dieser GmbH herauskommt, weil das nämlich Probleme geben könnte. Das ist jetzt offensichtlich die Innovativ GmbH geworden, allerdings ohne die LEG. Ich kann bis heute nicht nachvollziehen, warum Sie das am Ende nicht umgesetzt haben. Dazu haben Sie auch heute nichts gesagt. Ich kann das nicht nachvollziehen, warum man immer Dinge ankündigt mit großem Brimborium, die dann nicht umgesetzt werden, und sich dann aber auch nicht hinstellt und mal sagt, warum es nichts geworden ist. Das ist doch am Ende gar kein Problem, aber da wird dann so getan, als hätte es diese Vorstellung gar nicht gegeben. Da wird das, was dann doch entstanden ist, als großer Erfolg verkauft.

Nun noch ein paar Worte zur finanziellen Ausstattung. Im Jahre 2004 waren im Bereich der Technologieförderung und der Förderung der wirtschaftsnahen Forschung, die jetzt in Ihrem Ministerium gesamt ressortiert sind, noch mehr als 65 Mio. € im Haushalt. Im Jahr 2007 sind es gerade mal noch 36,6 Mio. €. Das sind nur noch 56 Prozent zu früheren Ausgaben. Das ist die Realität, das ist der Stellenwert, den die Thüringer Landesregierung der Technologieförderung im Jahre 2007 gibt.

Noch mal zurück zu Ihrem Antrag: Schon längst, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, hätte meiner Ansicht nach die Landesregierung die Technologiekonzeption aus dem Jahre 2002 überarbeiten und eine neue vorlegen können; stattdessen gibt es jetzt einen Antrag von Ihnen. Damit es nicht so auffällt, dass man der eigenen Regierung Beine machen muss, erfindet man flugs einen neuen Begriff, da wird dann eben aus „Technologiekonzeption“ ein „Technologieprogramm“. Was der Unterschied ist,

vielleicht können Sie uns das dann noch erklären, Herr Dr. Krapp. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Dr. Kaschuba, Die Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, der Antrag der CDU-Fraktion lautet „Technologieförderung in Thüringen“ und hat aus meiner Sicht das durchaus positive Ansinnen, einen Bericht von der Landesregierung zu fordern, was dort in den letzten Jahren geschehen ist. Das wäre zeitlich identisch, wenn auch auf den letzten Metern, mit den Aussagen zur Technologiekonzeption vom Jahr 2002, dass das gesamte Programm in den nächsten vier bis fünf Jahren evaluiert und fortgeschrieben werden soll. Insofern macht dieser Bericht schon sehr viel Sinn. Ich denke auch, dass wir zu diesen Themen hier schon gute Diskussionen hatten. Allerdings glaube ich - und da teile ich die Meinung meines Kollegen von der SPD-Fraktion -, dass es sehr sinnvoll gewesen wäre, der Minister wäre von der Ausgangsfrage ausgegangen: Was hat denn die Technologiekonzeption formuliert, welche Ziele waren formuliert, welche Aufgabenstellungen sind dort dargestellt und wie sind diese umgesetzt worden oder warum wurden sie nicht umgesetzt? Es kann ja auch passieren, dass etwas nicht umgesetzt werden kann. Das kann man ja nicht so vom Landtag aus organisieren, sondern das organisiert sich zum Teil auch in sich selbst. Wir können hier nur Rahmenbedingungen besprechen für Förderung von Technologie und Forschung. Ich denke, das sollten wir allerdings auch tun.

In dem Zusammenhang möchte ich doch darauf aufmerksam machen - wir hatten heute Morgen hier eine sehr ideologisch geprägte Debatte. Dort ist allerdings auch häufig darauf aufmerksam gemacht worden, dass insbesondere wir Lobbyistenpolitik machen und dem Lobbyismus folgen. Ich glaube, dass auch hier Lobbygruppen positiverweise einen großen Einfluss auf die Landesregierung genommen haben. Der Minister hat in seiner Rede darauf aufmerksam gemacht. Er hat sehr viel über wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen geredet, er hat über die Wirtschaft geredet, über die Kleinteiligkeit der Wirtschaft, über Großunternehmen und die Anteile, die diese insgesamt in Thüringen haben. Die beiden anderen Pole, also die außeruniversitären Forschungseinrichtungen und die Hochschulen, sind ein bisschen kürzer weggekommen, das kann passieren. Aber, ich glaube, in so einem Land wie Thü

ringen ist es nur möglich, Forschungs- und Technologieförderung in der Gemeinsamkeit all dieser Einrichtungen wirklich zu betreiben, wo man die Einzelnen auch spezifisch ausrichten muss.

An dieser Stelle möchte ich auf den Lobbyismus zurückkommen. Ich denke schon, dass zum Beispiel auch die Einstellung der Mittel, die Sie aus dem Verkauf der Jenoptikanteile erlösen wollen für eine Exzellenzinitiative Thüringen oder wie auch immer Sie das jetzt nennen wollen, doch auch auf Druck verschiedener Einrichtungen zustande gekommen ist. Das unterstelle ich hier einfach, wenn ich mir das Positionspapier der Hochschulrektorenkonferenz ansehe. Dort steht zum Beispiel drin, dass laut OECD Thüringen in der Rangliste der Bildungssysteme im deutschen Sektor im Bereich Hochschulen nur Rang 13 einnimmt. Das ist ein bisschen schade, weil das eigentlich ein Teil dieses Gesamtprozesses ist. Dann formuliert die Landesrektorenkonferenz weiter, dass sie eine Forschungsoffensive verlangt, ein eigenes Forschungsförderprogramm des Landes, dass sie mindestens 15 Prozent Mittel mehr brauchen, um ihre Leistungen wenigstens auf dem derzeitigen Niveau zu halten. Ab 2008 möchte sie gern eine eigene Forschungsinitiative haben mit dem Forschungsförderprogramm Arbeitstitel „Pro Exzellent“ und sie formuliert aus: „Seitdem das HWP-Programm auf der Bundesebene weggefallen ist, gibt es in Thüringen kein einziges Forschungsförderprogramm für die Hochschulen. Andere Bundesländer wie u.a. Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern haben so etwas.“

Wir haben neben der Technologiekonzeption auch noch das Gutachten „Wissenschaftsland Thüringen“. Das spielt in diesem Kontext meiner Meinung nach durchaus eine Rolle. Wenn das nicht so ist, müssen Sie das sagen. Dort wird ein Bedarf für Forschungsentwicklung - und Technologie zählt partiell mit dazu - von 900 Mio. € für das Land Thüringen formuliert, um die Einrichtungen, die es gibt, so auszustatten, dass ihre Existenz nicht bedroht wird. Das steht in diesem Gutachten tatsächlich in dieser Form drin. Wir haben dieses Gutachten im Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien zur Diskussion gestellt, haben damals interessante Antworten bekommen. Das war, glaube ich, im Jahr 2005. Dort wurde uns gesagt, im Februar sollen dazu konzeptionelle Aussagen getroffen werden - die waren im Mai noch nicht möglich. Die Landesregierung wollte ursprünglich einen Bericht vorlegen, wie die Empfehlungen aufgenommen wurden. Allerdings haben wir einige interessante Aspekte erfahren, die auch aus der Technologiekonzeption hervorgingen. Herr Minister, Sie hatten darauf aufmerksam gemacht, dass ein An-Institut gegründet wurde. Ich würde gern fragen: Wie verhält es sich mit der Gründung weiterer An-Institute? Das ist ein Problem, das sich dargestellt hat in beiden

Konzeptionen, und zwar, um die FuE-Potenziale des Landes zu stärken auch in Bezug auf die Kleinteiligkeit der Wirtschaft, weil sie selbst keine eigenen FuE-Potenziale hat. Welche Absichten haben Sie an dieser Stelle? Das würde ich gern noch wissen, ob es bei dem einen oder den zwei An-Instituten bleibt. Selbst hatten Sie ja vor ein paar Jahren noch erklärt, dass man gar keine An-Institute braucht.

Dann haben wir in der Diskussion gefragt, wie denn diese Finanzierungen funktionieren sollen. Minister Goebel, der ja auch ein Teil dieses Prozesses ist, teilte uns mit - das zitiere ich jetzt mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, wörtlich: „Die Selbsthilfekräfte der Einrichtungen müssten mobilisiert werden.“ Das ist eine weise Antwort. Sie selbst, Herr Minister, hatten uns in Bezug auf unsere Fragen zur Verbundforschung erklärt - und Sie wissen, dass die Mittel dafür in den letzten Jahren zurückgegangen sind, wir hatten ausführliche Debatten im Landtag zu diesem Thema: Die institutionelle Förderung wurde zugunsten der Projektförderung zurückgefahren. Wir haben in dieser Debatte noch die Auskunft erhalten, dass man sich bemüht, die Mittel unterproportional zu kürzen, 40 Prozent EFRE, 60 Prozent Landesmittel. Meine Frage ist: Wie wollen Sie das künftig umsetzen in der Verbundforschung, weil es ein wesentlicher Teil auch der Technologieförderung ist?

Zur Existenzgründerinitiative „Get up“ möchte ich in diesem Moment nichts sagen, habe allerdings noch einige Bemerkungen zur Ausfinanzierung.

Sie haben hier dargestellt, welche Mittel Sie einstellen wollen. Wir müssen aber trotzdem feststellen, dass Sie in den letzten Jahren in Größenordnungen diese Fonds durchschnittlich um 10 bis 15 Prozent gekürzt haben. Der Kollege von der SPD hatte bereits darauf hingewiesen, welche Einrichtungen nicht mehr da sind oder nicht entstanden sind. Ich erinnere hier zusätzlich an das Erfinderzentrum in Ilmenau, an das Technologie- und Gründerzentrum in Erfurt, welche Probleme es da gab. Ich glaube, man muss sich auch den Problemen stellen und muss sagen, welchen Rahmen setzen wir denn eigentlich, dass es auch alles gut läuft. Es sollte sicher unser gemeinsames Anliegen sein, weil dadurch Arbeitsplätze in Thüringen entstehen könnten.

Sie können mich da gern korrigieren. Sie haben über die starke Ausfinanzierung in den Bereichen Forschung, Technologie, Wirtschaft gesprochen. Wenn wir uns die Zahlen im Haushalt ansehen, dann sinken die Mittel im Wirtschaftsministerium von gegenwärtig 28,26 Mio. € auf 25,08 Mio. € in 2008 und 27,6 Mio. € in 2009 und beim Kultusministerium ist es ähnlich. Sie nehmen also die EU-Mittel, die Bundesmittel mit rein, aber die eigenen Landesmittel sind aus unserer Sicht nicht erhöht worden. Wenn das tatsächlich so sein

sollte, möchten wir Sie auffordern, diesen Prozess noch mal zu überdenken und auch die Landesmittel zu erhöhen, sonst entsteht eine öffentliche Diskussion, die nicht so richtig der Realität entspricht.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Zu Thüringen-Stipendium und Forschungsschecks ist hier schon etwas gesagt worden. Sicher sind das Instrumentarien gewesen, die Sie einsetzen wollten, um dort bestimmte Fortschritte zu erreichen. Sie waren bei der Diskussion dabei. Auf Nachfrage, wie es zur Wirkung gekommen ist, mussten Sie immer wieder sagen, dass es nur mäßig bzw. im geringen Umfang angenommen wurde. Da muss man sich überlegen, wie man Förderinstrumentarien ausrichtet.

In diesem Zusammenhang gehe ich noch mal auf die Fragestellung der Technologiekonzeption ein. Das kann ich Ihnen an der Stelle wirklich nicht ersparen. Dort wurde z.B. festgestellt, dass in Thüringen eine Großforschungseinrichtung fehlt. Ich stelle einfach die Frage: Ist es beabsichtigt, weiterhin daran zu arbeiten, eine der Großforschungseinrichtungen nach Thüringen zu holen, um hier auch zu Schüben zu kommen, oder wollen Sie bei der bisherigen Struktur bleiben und diese Struktur stärken? In der Technologiekonzeption ist auch ausgeführt, dass trotz der Entwicklung von Kompetenznetzwerken, Technologieclustern und anderen Netzen kritische Massen gebildet werden müssen. Ich frage Sie jetzt: An welchen Standorten haben sich - einen kenne ich, das ist ja klar - diese kritischen Massen gebildet? Ich muss allerdings sagen, die Begründung für die Schließung des Technologie- und Gründerzentrums in Erfurt war unter anderem, dass hier die kritische Masse fehlt. Da frage ich Sie: Wie wollen Sie das machen, dass endogene Potenziale dennoch besser ausgeschöpft werden können und effiziente Strukturen entstehen?

Ein nächster Punkt, den ich erwähnen möchte, ist, dass weitere entscheidende Aussagen getroffen wurden, die wir heute zum Teil auch diskutiert haben. Der Freistaat soll als Moderator zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft auftreten. Wie kommen Sie dieser Moderatorenrolle nach? Wie werden Sie der gerecht? Es sollen ja ausländische Wissenschaftler und Forschungskapazitäten ins Land geholt werden. Vielleicht können Sie diese Frage mal beantworten, wie hoch der Anteil gegenwärtig ist. Ein weiterer wesentlicher Punkt, den haben wir schon zwei Jahre vor der Technologiekonzeption diskutiert, ist, dass es ganz wesentlich eine Zusammenfassung und übersichtliche Gestaltung von Förderprogrammen geben muss. Sie haben dazu hier heute Aussagen getroffen. Wir sind aber nach wie vor der Auffassung, dass es möglich sein muss, Förderprogramme auszulegen, wo die Antragsverfahren deutlich

verkürzt werden und wo man vielleicht aus einer Hand alle Informationen bekommt.

Ein weiterer Punkt, der als Mangel in der Technologieentwicklung Thüringens betrachtet wurde, war, die Attraktivität der Arbeitsverdienste und Lebenskonditionen für hoch qualifizierte Fachkräfte zu schaffen. Wir haben heute Morgen hier über Löhne und Entlohnung und über globalen Wettbewerb gesprochen. Ich frage Sie: Wie wollen Sie das machen? Was ich sehr interessant fand, war, dass noch einmal darauf eingegangen wurde, dass man junge Menschen im Land halten muss, um dem Fachkräftemangel abzuhelfen. In der Technologiekonzeption ist ausgeführt, dass die Landesregierung sich auch mit bemühen sollte im Dialog mit den Unternehmen, dass für sie Arbeitsverträge mit einer Mindestlaufzeit und einer entsprechenden Entlohnung geschaffen werden. Das sind jetzt vielleicht Aspekte der Technologiekonzeption, die Sie so sehr nicht im Auge hatten. Sie hatten mehr die neuen Fördereinrichtungen/Förderinstrumentarien im Auge, aber ich glaube, das andere gehört unbedingt dazu.

Auch zur Grundlagenforschung haben Sie einiges gesagt, aber aus unserer Sicht heben Sie immer wieder ab auf angewandte Forschung und sagen dann, die Grundlagenforschung, die ist aber bei den außeruniversitären Einrichtungen, bei den MaxPlanck-Instituten, Leibniz-Gemeinschaft usw. verankert. Eine Ausfinanzierung auch in diesem Bereich wäre sicher sehr zukunftssichernd.

Nun möchte ich noch auf einen konkreten Punkt eingehen. In Thüringen gibt es neben dem Thüringer Business-Wettbewerb, der aufgrund von Einsparungen nur noch von nachrangiger Bedeutung für die Förderung von Hochtechnologie und Gründungen ist, nur noch lokale Gründerinitiativen. Wir fragen Sie: Wie wollen Sie das regeln? Wollen Sie das überhaupt regeln? Unsere Nachbarn in Sachsen und Sachsen-Anhalt haben mit ihren Netzwerken dort vorbildliche Strukturen geschaffen. Vielleicht können Sie darauf noch einmal antworten und wir möchten eigentlich, wir erwarten eigentlich auch, dass Sie sich noch einmal zu den Schwerpunktsetzungen äußern, die auch in der Technologiekonzeption beschrieben waren. Werden die fortgesetzt oder haben Sie andere Schwerpunktsetzungen? Herr Minister Reinholz war ja immer in gewisser Weise ein Fan der Automobilindustrie neben allen anderen Dingen; vielleicht können Sie noch einmal sagen, wie Sie sich die Schwerpunktsetzung für die Technologiekonzeption wünschen.

Ich möchte nur eines sagen, auch in Gedenken an die Debatte von heute früh: Vielleicht ist es der Landesregierung möglich, darüber nachzudenken, dass der Widerspruch nicht nur ein Widerspruch um des

Prinzips willen sein kann, sondern auch, um etwas voranzubringen, und dann könnten wir vielleicht auch zu einer gemeinsamen Diskussion zu dem Thema kommen. Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dr. Krapp zur Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Minister Reinholz hat dargestellt, dass sich technologische Forschung und Entwicklung in Thüringen außerhalb der innerbetrieblichen FuE-Abteilungen inzwischen auf vier Säulen stützen: auf die universitären Forschungseinrichtungen, auf die außeruniversitären Forschungseinrichtungen, auf die öffentlich geförderten Innovationsinfrastruktureinrichtungen und auf die wirtschaftsnahen Forschungsinstitute.

Lassen Sie mich zu den letztgenannten ein paar Worte sagen. Diese Säule ist Resultat des Versuchs, aus der Not eine Tugend zu machen. Die Not bestand 1990 darin, dass vielen unbestritten kompetenten FuE-Abteilungen von DDR-Kombinaten die Basis verloren ging, weil diese wegen fehlender wirtschaftlicher Kompetenz am plötzlich offenen Weltmarkt von der Treuhand zerlegt, verkauft oder schlicht liquidiert wurden. Viele ehemalige FuE-Kollektive - wie man damals sagte - haben sich damals selbst auf den Weg in die Marktwirtschaft gemacht. Dieses Selbstbewusstsein wurde von Anfang an von der Thüringer Landesregierung honoriert, indem finanzielle und infrastrukturelle Unterstützung gegeben wurde. Gleichwohl waren die ersten Jahre nicht einfach, denn dieses Modell einer dezentralen FuEKapazität war neu und stieß auf viele Vorbehalte. Auch die Frage der wettbewerbsneutralen Förderung war nicht einfach zu beantworten. Schließlich kann man heute - und das sollte man auch mit Freude tun - feststellen, dass sich die meisten wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen am globalen Markt etabliert haben. Bis auf Ausnahmen, von denen Herr Dr. Schubert eine genannt hat. Nicht zuletzt wird das durch das inzwischen eingeführte Kürzel WINAFO, wirtschaftsnahe Forschungseinrichtung, dokumentiert.

Meine Damen und Herren, dafür ist vor allen den Frauen und Männern zu danken, die sich von einer Notsituation nicht abschrecken ließen, sondern sich selbstbewusst als Gründer neuartiger Firmen selbst halfen. Zu danken ist aber auch der Hilfe zur Selbsthilfe, die der Freistaat von Anfang an leistete. Des

wegen möchte ich auch noch einmal auf den Evaluierungsbericht von ExperConsult zurückkommen, der schon vom Minister, aber auch von Dr. Schubert angeführt wurde. Er stammt vom März dieses Jahres. Ein Satz hat mich besonders beeindruckt und wenn ich darf, möchte ich den zitieren, Frau Präsidentin: „Gerade der spezifische Mix von wissenschaftlicher Kompetenz und praxisorientierter FuE-Kompetenz macht sie zu einem Instrument der Wirtschaftsförderung, das in dieser Form in Westdeutschland, aber auch in Europa nur selten zu finden ist. Die wirtschaftsnahen Forschungsinstitute stellen damit eine besondere und in Teilen in Deutschland einmalige Art von technologischen Zentren dar.“ Der Erfolg dieser WINAFO’s erklärt sich nicht zuletzt daraus, dass ihr Angebot vor allem dem Mittelstand zugute kommt, der gern auf externe FuE-Dienstleister zurückgreift, da eigene FuE-Kapazitäten oft nicht rentabel, flexibel oder leistungsfähig genug sind. Die WINAFO’s, also die wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen, haben sich auch dadurch verdient gemacht, dass sie sich beim Aufbau von Clustern und Netzwerken aktiv betätigt haben - Cluster wie OptoNet-Region Jena oder Automotive Thüringen oder Netzwerke wie INPROSYS in Südthüringen oder PolymerMat in Rudolstadt. Der vorrangig mittelständischen Struktur unserer Industrie ist deshalb auch die öffentliche Innovationsinfrastruktur zugedacht, die durch den Freistaat inzwischen aufgebaut wurde. Ich denke dabei an die STIFT, die in der neu geordneten Nachbarschaft zur Thüringen innovativ GmbH und BATT GmbH auf ihre Kernaufgaben zurückgeführt wurde. Einige Früchte dieser Kernaufgabe sind zum Beispiel das APZ Ilmenau, das MAGZ und das APZ in Erfurt oder zukünftig das CIB in Weimar. Daneben hat der Freistaat den Ausbau der traditionellen Technologiekompetenzen Thüringens, also Optik, Feinmechanik und Mechatronik, Biotechnologie und Materialtechnik, systematisch durch die Förderung entsprechender Landesinstitute ausgebaut sowie zwei Fraunhofer-Institute hierher geholt. Genau gesehen ist nur eines dieser Fraunhofer-Institute Thüringer Traditionen zuzuordnen, das Fraunhofer-Institut Angewandte Optik und Feinmechanik in Jena. Das andere Fraunhofer-Institut in Ilmenau steht für digitale Medientechnologien, die bekanntermaßen noch nicht sehr alt, gleichwohl aber bedeutend sind. Mit dieser Ansiedlung ist eine neue technologische Kompetenzlinie nach Thüringen gezogen worden, die aber noch nicht so weit mit der Thüringer Wirtschaft verwurzelt ist wie z.B. die Optik. Deshalb wird die Medienbranche auch nicht in der Matrix Technologie/Branchen geführt, die noch 2002 dem Technologiekonzept zugrunde gelegt worden war. Das MAGZ in Erfurt, oder jetzt als Kindermedienzentrum besser bekannt, ist eine Brücke, die den Weg der Medientechnologien in eine prosperierende Kindermedienbranche in Thüringen bilden soll. Ich erinnere mich noch lebhaft an die Diskussionen, die

ich als ehemals Zuständiger für Medien in der Thüringer Landesregierung mit dem für Wirtschaft Zuständigen hatte. Damals herrschte noch allgemeines Misstrauen gegenüber dem Gedanken, dass Medientechnologien wirtschafts- und arbeitsplatzrelevant werden könnten. Inzwischen hat sich diese Einstellung dankenswerterweise grundlegend geändert. Da diese Technologien den größten Gewinn nur im Zusammenhang mit Medieninhalten erzeugen, sind wir mit dem Kindermedienzentrum oder MAGZ für entsprechende Firmengründer wohl auf dem richtigen Weg.

Ich komme noch einmal auf das Bild der Matrix zurück aus der Technologiekonzeption 2002, in der Branchen und Technologien miteinander in Beziehungen gebracht werden. Umgekehrt zum eben genannten Fall Medientechnologien und Medienbranche existiert in Thüringen inzwischen eine interessante Branche für alternative Energien, ich denke an Solarenergien oder auch Bioenergien, da sind unsere Landwirte ganz vorn dran. Es fehlt aber meiner Ansicht nach die korrespondierende wissenschaftlich-technologische Kompetenz in Form entsprechender Einrichtungen.

Neben den von Minister Reinholz heute vorgetragenen Maßnahmen zur Strukturierung von Verfahren, Finanzierungen und Evaluierungen unserer Technologielandschaft ist in dem von unserer Fraktion geforderten Technologieprogramm deshalb auch eine inhaltliche Arbeit für solche strategischen Technologiefelder gefordert. Ich möchte hier einmal einen Amerikaner mit ins Spiel bringen. Nicht umsonst spricht Jeremy Rifkin, er ist Präsident der Foundation on Economic Trends in Washington, von einer „dritten industriellen Revolution“, die uns bei der Gestaltung der zukünftigen Energiepolitik bevorsteht. Er postuliert für Deutschland und die Europäische Union eine Energieagenda mit fünf Pfeilern:

1. Steigerung der Energieeffizienz fossiler Brennstoffe,

2. Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen,

3. kommerzielle Einführung erneuerbarer Energien,

4. Einführung einer Wasserstoffwirtschaft und

5. Entwicklung intelligenter dezentraler Stromnetze.

Nun mag das mancher für Utopie halten, die vielleicht nicht in den Thüringer Landtag gehört, aber, meine Damen und Herren, der Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit dieses Landtags ist im August des vergangenen Jahres mit dem Wasserstoffbus, von Brennzellen gespeist und angetrieben, durch die Stadt Hamburg gefahren. Wir haben

eine Brennzelle zur Stadtteilversorgung der Hafenstadt in Augenschein genommen und wurden in einer Firma darüber informiert, dass die erste Weiterbildungswelle für Heizungsinstallateure zum Einsatz von Brennzellen in Eigenheimen bereits läuft. Die Zukunft hat also bereits begonnen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Woher bekommen die den Wasserstoff?)

Der Wasserstoff wird aus regenerativer Energie gewonnen. Das wurde uns von Vattenfall versichert.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wo steht das Windrad dazu?)

Da werden wir uns erkundigen, wo das steht. Aber es ist uns versichert worden, aus Windenergie.