Thüringer Gesetz über die Helfer- berufe in der Pflege (Thüringer Pfle- gehelfergesetz - ThürPflHG -) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/3323 - ERSTE BERATUNG
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, Anfang Juli dieses Jahres hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen sein neues Gutachten vorgelegt. Danach sollen vor allem die nichtärztlichen Berufe, insbesondere die Pflegekräfte, die ärztliche Versorgung der Bevölkerung unterstützen. Eine verbesserte Arbeitsteilung zwischen Ärzten und nichtärztlichen Fachkräften wird vorgeschlagen. Hierzu sollen die verschiedenen Berufsgruppen im Gesundheitssystem noch besser zusammenarbeiten, die Aufgabenverteilung soll optimiert werden. Ich unterstütze dieses Anliegen, es ist sinnvoll. Deshalb glaube ich auch, dass der in der Drucksache 4/3323 vorgelegte Gesetzentwurf der Landesregierung meines Erachtens genau dazu auch einen Beitrag liefert.
Wir müssen - das ist meine Überzeugung - für die Zukunft vor allem sicherstellen, dass genügend junge Leute Pflegeberufe ergreifen und entsprechend ausgebildet werden. Dazu muss in erster Linie zunächst das Image besonders der Berufe in der Pflege verbessert werden; dazu gehört die Aufwertung bzw. bessere Anerkennung der für die Gesellschaft so wichtigen Arbeit der Pflegekräfte. Weiterhin müssen wir den ausgebildeten Pflegefachkräften noch besser qualifizierte pflegerische Hilfskräfte zur Seite stellen. Ich will an dieser Stelle ausdrücklich dem Einwand begegnen, dass das dazu führen könnte, dass wir in Zukunft etwa mehr pflegerische Hilfskräfte als pflegerische Fachkräfte haben. Hier gibt es eindeutige Regelungen. Diese Regelungen besagen, wie die Relation zwischen pflegerischen Fachkräften und pflegerischen Hilfskräften besteht. Deshalb sehe ich hier an dieser Stelle keine Situation, dass die pflegerischen Hilfskräfte dann bei der Pflege das Übergewicht bekommen. Hier sind die gesetzlichen Regelungen eindeutig.
Aber wichtig ist, dass dem pflegerischen Hilfspersonal - und das ist ja nun auch da - eine bessere und eine angepasstere Ausbildung mit staatlicher Anerkennung einzuräumen ist. Dieses Gesetz soll hierfür die Voraussetzungen schaffen.
Schon heute ist abzusehen, dass die Anzahl pflegebedürftiger Menschen zunehmen wird, hier verrate ich keine Neuigkeit. Aber im Hinblick darauf ist eine gute Ausbildung auch der Helfer in der Kranken- und Altenpflege ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung in der Pflege. Dieses Ziel wird mit dem Thüringer Gesetz über die Helferberufe in der Pflege - kurz Pflegehelfergesetz - das ich Ihnen heute vorlegen möchte oder die Landesregierung vorlegt, verfolgt. Mit diesem Gesetz soll für Thüringen der notwendige landesrechtliche Rahmen für die Ausbildung der Pflegehelfer geschaffen werden. Die Thüringer Landesregierung greift damit zugleich entsprechende Vorschläge aus dem Pflegegipfel des Jahres 2004 auf. Damals habe ich alle Verantwortlichen in Thüringen eingeladen, sich an einer Allianz der Verantwortung zu beteiligen und für die langfristige Sicherung der Aus- und Weiterbildung in den Pflegeberufen Sorge zu tragen.
In der Zwischenzeit ist in Thüringen viel geschehen. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung hat vor 14 Tagen einen bundesweiten Bericht über die Qualität der Pflege vorgelegt. Darin wird Thüringen ausdrücklich eine - ich zitiere hier aus diesem Bericht - „positive Entwicklung in den Jahren 2004 bis 2006“ bescheinigt. Daher möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bei allen bedanken, die zu diesem guten Ergebnis beigetragen haben. Ich will, das ist ausdrücklich auch mein Wunsch, natürlich nicht sagen, dass wir uns darauf ausruhen dürfen. Auch in Thüringen werden immer wieder Mängel festgestellt, auch wenn diese sich meist auf die Pflegedokumentation oder auf die Arbeitsorganisation in der Einrichtung beziehen. Die Verbesserung der Pflege ist ein Dauerauftrag. An diesem, denke ich, müssen alle mitwirken, die in diesem Bereich aktiv tätig sind oder die in diesem Bereich auch Kontakt haben. Das war auch das Ziel der Allianz der Verantwortung, das sind unter anderem auch die Angehörigen, das sind natürlich die hauptberuflichen Pfleger, das sind aber auch Ärzte, die Kontakt haben gegenüber den zu Pflegenden und viele andere mehr. Die im Thüringer Altenpflegegesetz vom 16. August 1993 geregelte Altenpflegehilfeausbildung und die bis zum Außerkrafttreten des früheren Krankenpflegegesetzes am 1. Januar 2004 bundesgesetzlich geregelte Krankenpflegehilfeausbildung werden in dem hier vorgelegten neuen Landesgesetz gemeinsam geregelt.
Neu ist für beide Ausbildungsberufe, dass nunmehr auch Hauptschulabsolventen nach dem erfolgreichen Besuch der einjährigen Berufsfachschule im Bereich
Gesundheit/Soziales einen Zugang in die Helferausbildung in der Pflege erhalten. Wichtig sind hohe qualitative Maßstäbe für diese Ausbildungen wie auch ein gutes Verfahren der staatlichen Abschlussprüfungen. Das Gesetz sieht vor, dass diese vom Thüringer Kultusministerium innerhalb der Thüringer Schulordnungen im Sinne eines einheitlichen Niveaus der Helferausbildung festgelegt werden. Verbunden mit der landesrechtlichen Regelung der Pflegehelferausbildung ist auch die Erteilung einer staatlichen Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Gesundheits- und Krankenpflegehelfer oder auch Gesundheits- und Krankenpflegehelferin oder Altenpflegehelferin, Altenpflegehelfer nunmehr möglich. Hierdurch soll nicht nur ein Anreiz für einen solchen Berufsweg geschaffen werden, sondern wir hoffen auch, dass damit die Attraktivität des Helferberufs in der Pflege steigt.
Mit dem Thüringer Gesetz über die Helferberufe in der Pflege sollen für junge Menschen gute berufliche Perspektiven eröffnet werden, denn diese haben nach erfolgreich absolvierter Helferausbildung dann die Möglichkeit einer verkürzten Ausbildung zur Pflegefachkraft. Darüber hinaus kann sich nach einer solchen Ausbildung zur Pflegefachkraft sogar im Sinne der Durchlässigkeit der Weg bis in ein pflegewissenschaftliches Fachhochschulstudium öffnen. Ich denke, das ist sehr wichtig, denn manch einer erkennt erst später, dass er in dieser Berufsrichtung seine Profession findet. Deswegen ist es gut, dass wir diese Möglichkeiten dann auch eröffnen.
Neben diesen inhaltlichen Aspekten ist Thüringen auch verpflichtet, wie in Tagesordnungspunkt 2 heute früh oder auch eben im Tagesordnungspunkt 5, nämlich Artikel 63 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in nationales Recht umzusetzen. Dies geschieht mit diesem Gesetz. Nicht zuletzt soll mit diesem Gesetz auch eine Bereinigung des nach dem Inkrafttreten des Bundesaltenpflegegesetzes verbliebenen Thüringer Altenpflegegesetzes erfolgen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Pflegekräfte sind für Menschen verantwortlich. Hier sind fundierte Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich, aber auch gleichermaßen umfassende soziale Kompetenzen und Teamfähigkeiten, die vor allem in der Ausbildung erworben werden. Auf der Basis einer solchen soliden Berufsausbildung bieten sich vielseitige Entwicklungschancen durch berufliche Aus- und Weiterbildung und Studium. Die Entscheidung für eine bestimmte Berufsausbildung, denke ich, ist auch ein wichtiger Schritt und oft auch ein schwieriger Schritt. Wer sich für einen Pflegeberuf entscheidet, leistet gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zu einer mitmenschlichen Gesellschaft. Ich bitte um eine
Ich eröffne die Aussprache zu diesem Gesetzentwurf. Für die Fraktion DIE LINKE hat sich der Abgeordnete Kubitzki zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Pflege ist in der letzten Zeit durch eine zu sehr pauschale Betrachtung in Misskredit geraten. Indem Mängel in diesem vom Minister zitierten Pflegebericht des Medizinischen Dienstes aufgegriffen wurden, wird jetzt die Pflege durch die Boulevardpresse schlechtgeredet. Es wird der Stand - da gebe ich Ihnen recht, Herr Minister - wie er in Thüringen erreicht ist, nicht deutlich genug dargestellt. Jawohl, ich bin auch der Meinung, dass die Pflegequalität in Thüringen einen guten Stand erreicht hat. Aber es gibt keinen Entwicklungsstand, der nicht verbesserungswürdig ist, so auch unsere Pflege hier in Thüringen. Auch ich möchte bestätigen, dass die Masse derjenigen, die in der Pflege tätig sind, eine aufopferungsvolle und hervorragende Arbeit leisten, bei der viel Idealismus und Motivation gebraucht werden. Das ist nämlich auch ein Problem, dass der Pflegeberuf, wenn er gesellschaftlicher Anerkennung bedarf, dann muss er auch entsprechend dieser Anerkennung, die er bekommen soll, vergütet werden.
Aber zu Ihrem Gesetz, Herr Minister: Ich gebe Ihnen recht, eine Pflegehilfskraft, wie sie auch bei uns in der Branche genannt wird, die über Grundkenntnisse verfügt, ist besser als eine Hilfskraft, die diese Kenntnisse nicht hat. Aber es löst nicht das Problem, nämlich den Stand unserer Pflege hier in Thüringen zu halten oder zu verbessern. Der Gesetzentwurf vielmehr vermittelt den Eindruck, dass die Mängel, die unser gegliedertes Bildungssystem hier in Thüringen hat, kaschiert und andererseits gleichzeitig bestehende personelle Probleme in der Pflege damit geklärt werden sollen.
Was meine ich mit den Mängeln in unserem Thüringer Bildungssystem? Es geht nämlich um die Perspektivlosigkeit, die Hauptschüler in diesem Land haben. Es ist kaum möglich, dass Hauptschüler eine Lehrstelle bekommen, einen Beruf ergreifen können aufgrund des Bildungsstandes, den sie haben. In der Regel ist es so, dass diese Schüler in die Warteschleife gehen oder in sogenannte berufsvorbereitende Jahre oder eben auf eine Berufsfachschule. Diesen Umweg mit dieser Berufsfachschule haben Sie ja für Hauptschüler in dem Gesetzentwurf veran
kert und dabei noch nicht einmal eine zweijährige Berufsfachschule, sondern nur eine einjährige Berufsfachschule, um ihnen dann vielleicht in diesem Lehrgang, in dieser Berufsfachschule den Pflegeberuf schmackhaft zu machen, wenn sie nichts anderes finden. Getreu nach dem Motto vielleicht: Wenn du nichts findest, dann hast du immer noch den Ausweg für die Pflege. Gleichzeitig als Zugangsvoraussetzung ist im Gesetzentwurf enthalten, dass auch Realschüler die Möglichkeit haben, diese Ausbildung zu absolvieren. Da muss ich mir die Frage stellen: Hätten demzufolge auch Abiturienten die Möglichkeiten, diese Ausbildung zu beginnen? Dann weiß ich natürlich wieder, wer vorrangig für diese Ausbildung infrage kommt. Da ist schon ein Widerspruch drin, den wir sehen. Noch einen größeren Widerspruch sehe ich darin, dass es mit diesem Gesetzentwurf nicht möglich ist, dass Pflegehilfskräfte, die ohne Ausbildung schon jetzt in Pflegediensten oder Pflegeeinrichtungen arbeiten über lange Jahre, eine entsprechende Qualifizierung mit staatlicher Anerkennung zum Pflegehelfer absolvieren. Hier sehe ich noch großen Nachholbedarf und eine Reserve. Es gibt viele, die über Jahre schon in der Pflege unausgebildet Hilfskräfte- oder Helferfunktionen erfüllen, die gerne die Möglichkeit hätten, noch so eine Ausbildung mit so einer Befähigung einer staatlichen Anerkennung nachholen zu können.
Eine weitere Frage, die sich ergibt: Warum ist der Zugang möglich nach einer zweijährigen Berufsausbildung und dann noch einmal ein Jahr eine andere Ausbildung? Hängt das eventuell auch damit zusammen, wenn du in deinem jetzigen Beruf keine Chance hast, den du erlernt hast in zwei Jahren Berufsausbildung, dann hast du immer noch den Ausweg Pflege? Da muss ich gerade auch bei diesem Personenkreis sagen: Wenn sie schon zwei Jahre Berufsausbildung haben oder wollen einen Beruf ergreifen, warum haben sie sich dann nicht gleich für den Pflegeberuf entschieden?
Wie gesagt, Herr Minister, Sie vermitteln den Eindruck für einen Jugendlichen: Wenn du nichts findest in der Ausbildung, die Pflege bleibt ja immer noch offen. Ich muss aber an dieser Stelle sagen, ich hatte das eingangs bereits gesagt und Sie haben das letztlich bestätigt, Herr Minister: Der Pflegeberuf muss wirklich mit sehr viel Engagement durchgeführt werden und vor allem bedarf er einer sehr hohen Motivation. Es kann nicht nach dem Motto verhandelt werden: Wenn ich hier nichts bekomme und da nichts bekomme, die Pflege bleibt mir immer noch.
Das Hauptproblem ist eigentlich heute, dass es sehr schwer ist, in der Pflege geeignetes Pflegefachpersonal zu finden. Pflegefachpersonal wird bei uns ausgebildet, die Ausbildung wird durch die Pflegeeinrichtungen bezahlt und getragen. Aber in der Re
gel haben die Einrichtungen und Pflegedienste dann kaum etwas von dieser Ausbildung, weil diese jungen ausgebildeten Pflegefachkräfte meistens unser Land verlassen, in den alten Bundesländern eine Arbeit aufnehmen und das vor allem aus dem Grund, dass die Vergütung für ihre Tätigkeit in den Altbundesländern viel höher ist, als das bei uns auf der Grundlage der Vergütung durch die Kostenträger gewährleistet werden kann.
Zu der Problematik Kosten: Sie schreiben in dem Gesetzentwurf, für die Landesregierung ist dieses Gesetz kostenfrei, da das ja schon in Ausbildungslehrgänge eingebunden ist. Dann sagen Sie das richtig: Jawohl, die Kosten werden dann durch die auszubildenden Einrichtungen getragen. Sie schreiben auch in Ihrem Gesetzentwurf, zumindest in der Begründung: Die Wahren, die die Kosten tragen für die Ausbildung, das sind die Pflegebedürftigen, weil das nämlich damit verbunden ist, wenn die Ausbildungsvergütung in den Pflegesätzen ist, dass die Betroffenen höhere Zuzahlungen leisten müssen bzw. die Kommunen dann als örtlicher Sozialhilfeträger diese Kosten übernehmen müssen. Also ganz so, wie das in Ihrem Gesetzentwurf steht, dass diese Pflege kostenfrei ist, davon können wir nicht ausgehen.
Jetzt muss ich fragen: Dieser Fachkräftemangel, den wir in der Pflege haben - zu Recht muss ich das fragen, Herr Minister, wenn Sie da so widersprochen haben -, soll der mit Pflegehelfern ausgeglichen werden? Ich gebe Ihnen recht, es gibt in diesem Land genügend Gesetzmäßigkeiten, die den Fachkräfteschlüssel in Pflegeeinrichtungen sowohl in stationären als auch in ambulanten Einrichtungen festsetzen und festschreiben. Daran gibt es nichts zu deuteln. Aber wenn ich mir die Zugangsvoraussetzungen bzw. die Ausbildungsinhalte anschaue, die die Pflegehelfer in ihrer Ausbildung haben, dann ergibt sich doch für mich die Frage, ob es den Hintergedanken geben könnte, dass wir doch in den Fachkräfteschlüsseln in Zukunft zurückgehen könnten, weil wir ja ausgebildete Pflegehelfer haben. Ich beziehe mich dort vor allem auf den Punkt 3 bei den Ausbildungsinhalten in § 11 und auf den Punkt 4, lebensrettende Maßnahmen und der Einsatz in der häuslichen Krankenpflege, in der sogenannten Behandlungspflege. Also lebensrettende Maßnahmen - das muss ich sagen -, das lerne ich jetzt im Prinzip schon, wenn ich eine Fahrerlaubnis mache. Dann ist es grundsätzlich für die Einrichtungen verpflichtend, dass ihre Kräfte, die sie haben, egal ob Hilfs- oder Nichthilfskräfte, Ersthelferausbildung haben müssen. Aber was die Behandlungspflege betrifft, Herr Minister, da ist es in den Gesetzmäßigkeiten und in den Rahmenverträgen mit den Kostenträgern grundsätzlich nicht gestattet, dass Pflegehelfer bzw. Pflegehilfskräfte in irgendeiner Weise häusliche Krankenpflege
durchführen dürfen. Da Hoffnungen zu wecken, dass das geht, das ist meiner Meinung nach realitätsfremd. Realitätsfremd ist vor allem auch die Frage, sie assistieren dann Pflegefachkräften. Das mag vielleicht in Krankenhäusern, das mag vielleicht in der einen oder anderen stationären Einrichtung durchaus möglich sein, weil ich da eine gewisse Konzentration habe, aber wo das generell nicht möglich ist, Herr Minister, das muss ich Ihnen sagen, das ist im ambulanten Bereich. Dort ist es schon allein aus Kostengründen nicht möglich, dass ich hier mit Doppeleinsätzen fahre, dass ich eine Pflegefachkraft einsetze, die dann eine Hilfskraft bei dem Patienten in ihrem Tourenplan anleitet. Das lassen allein die Vergütungen, die wir jetzt für diese Leistungen haben, nicht zu. Das bedeutet, dass diese Pflegehilfskräfte zumindest im ambulanten Bereich in der häuslichen Krankenpflege nicht eingesetzt werden können und in den stationären Einrichtungen dann maximal mit Anleitung oder unter Aufsicht einer Pflegefachkraft. Aber selbst da muss ich mir die Frage stellen, ob das effektiv ist, ob ich da jemanden anleite oder ob ich das nicht dann als Pflegefachkraft gleich selber mache.
Die Pflege hat sich in der letzten Zeit zu einer Wissenschaft entwickelt. Das Wissenschaftlichste mit an dieser Pflege ist das Führen der Pflegedokumentation, die Darstellung des Pflegeprozesses. Selbst das Führen der Pflegedokumentation fällt Pflegefachkräften mit einer dreijährigen Ausbildung nach wie vor schwer. Das allein wurde auch in der Berichterstattung, die Prof. Dorschner vor dem Sozialausschuss gegeben hat innerhalb seines Untersuchungsauftrags zur Pflegeeffektivität der Pflegedokumentation, noch einmal sichtbar. Das erwarten wir von Pflegehelfern, die in einem Jahr ausgebildet werden, weil grundsätzlich auch für die Pflegedokumentation die Fachkräfte verantwortlich sind.
Noch etwas zu den Zugangsvoraussetzungen, Herr Minister. Es gab schon einmal in dieser Beziehung einen Flop hier im Lande Thüringen. Ich kann mich erinnern, Mitte der 90er-Jahre wurden im Rahmen der Einführung der Pflegeversicherung, ich möchte behaupten, massenweise sogenannte Familienpflegerinnen/Familienpfleger ausgebildet mit der Zielstellung, sie zählen als Pflegefachkräfte und werden jetzt im Zuge der eingeführten Pflegeversicherung in den Pflegeeinrichtungen eingesetzt. Sie wurden auch zuerst von den Einrichtungen als Pflegefachkräfte behandelt. Plötzlich wurden die Qualitätskriterien, die Qualitätsstandards in der Pflege erhöht, was richtig war. Mit einem Schlag war festgelegt, dass diese Familienpfleger keine Pflegefachkräfte mehr sind und die Einrichtungen jetzt über eine hohe Zahl von Familienpflegern verfügen, die sie aber nicht als Pflegefachkräfte einsetzen können, die nämlich auch nur den Status eines Helfers letzten Endes
haben und die auch als Familienpfleger mit einer erst zweijährigen und jetzt sogar dreijährigen Ausbildung keine häusliche Krankenpflege durchführen dürfen, weil einem das bei jeder Kontrolle des Medizinischen Dienstes um die Ohren gehauen werden würde. Diese Familienpfleger haben bisher kaum die Möglichkeit oder nicht die Möglichkeit, dass sie noch berufsbegleitend eine zusätzliche Qualifizierung durchführen können, die sie verkürzt zur Pflegefachkraft entwickelt. Ich kann Ihnen sagen, Herr Minister, dieser Schritt, als plötzlich dieser Personenkreis nicht mehr zu den Fachkräften zählte, hat wirklich Enttäuschung bei den Betroffenen hervorgerufen, weil ihnen suggeriert wurde, ihr seid Fachkräfte und Arbeitsplätze sind genügend für euch vorhanden, und plötzlich die Enttäuschung, wir sind es nicht. Das - so glaube, behaupte ich - sollte auch mit der Pflegerhelferausbildung nicht passieren, weil ich der Meinung bin, dass der Bedarf für diese Pflegehelfer in diesem Land sehr gering ist unter den gegenwärtigen gesetzlichen Bestimmungen. Die gesetzlichen Bestimmungen müssen beibehalten werden, müssen verbessert werden, um hohe Qualitätsstandards zu halten. Das heißt also, ich befürchte, dass wir mit diesem Gesetz Hoffnung bei jungen Menschen entwickeln, um ihnen eine berufliche Perspektive zu geben, und dass diese Perspektive nach der Ausbildung wie eine Seifenblase zerplatzt, indem nämlich die Einstellungsvoraussetzungen nicht so gegeben und so rosig sind, wie ihnen das vielleicht geschildert wird. Diesen Flop, wie wir das schon einmal mit den Familienpflegern hier in diesem Land hatten, möchte ich den jungen Menschen einfach ersparen. Ich sehe vor allem Handlungsbedarf, dass wir mehr dafür tun müssen in diesem Land, dass wir wirklich Pflegefachkräfte ausbilden, Fachkräfte, und dass wir vor allem nach Möglichkeiten suchen - aber wir werden ja noch einen Diskussionspunkt oder Tagesordnungspunkt zur Pflege vielleicht am morgigen Tag haben -, dass wir vor allem etwas dafür tun müssen, dass die Arbeit anerkannt wird, dass sie ordnungsgemäß vergütet wird und dass wir damit vor allem junge Pflegefachkräfte hier in diesem Land halten können. Darin sehe ich vor allem eine Hauptaufgabe der Landesregierung und damit möchte ich auch, dass die Landesregierung in die Pflicht genommen wird. Ich bin dafür, dass wir langjährigen Hilfskräften, die in der Pflege eingesetzt sind, die Möglichkeit geben, berufsbegleitend und nicht auf deren Kosten und nicht auf Kosten der Pflegeeinrichtungen eine Ausbildung in kurzer Zeit zu absolvieren, so dass sie aufgrund ihrer Berufserfahrungen, der Erfahrungen, die sie haben, und der vorangegangenen Ausbildung, z.B. Familienpfleger, schnell zu Pflegefachkräften ausgebildet werden können.
Herr Minister, es geht um Qualität in der Pflege und die kann nur vorrangig mit Pflegefachkräften erfüllt
werden. Wir müssen dafür sorgen, dass diese Pflegefachkräfte hier in diesem Land bleiben. Helferausbildung mit Grundkenntnissen ist gut, aber wir sollten uns darüber im Klaren sein, die Handlungen und die Tätigkeiten, die sie durchführen können, werden immer nur niederschwellige Angebote in der Pflege sein und werden niemals Leistungen sein, die einer Fachkraft bedürfen. Sie sehen, Herr Minister, es wird im Sozialausschuss noch viel Diskussionsbedarf geben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin erfreut, dass uns die Landesregierung einen Gesetzentwurf über Helferberufe in der Pflege vorlegt. Es ist dies auch ein Schritt, der dem Erhalt und der Verbesserung der Qualität in der Pflege dient. Dies ist durch die aktuellen Geschehnisse der letzten Wochen ein erfreulicher Schritt in die richtige Richtung. Herr Kubitzki, ich kann Ihnen und Ihren Befürchtungen an dieser Stelle leider nicht folgen, dass es für diese Berufsgruppe keinen Bedarf geben wird. Gestattet sei mir jedoch die Frage, warum wir erst heute diesen Gesetzentwurf vorgelegt bekommen? Es sind doch seit dem Erlass des Artikels 63 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 gut zwei Jahre vergangen, in denen der Landesregierung bekannt war, dass bis zum 20. Oktober dieses Jahres eine gesetzliche Regelung des Landes für die Helferberufe in der Pflege erlassen werden muss. Wie wir nun, liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem knapp verbleibenden zeitlichen Rahmen eine gewissenhafte Bearbeitung des vorliegenden Entwurfs realisieren sollen, bleibt wohl das Geheimnis der Landesregierung, aber das sind wir bei Gesetzentwürfen zum Jahresende doch des Öfteren gewohnt. Bedauerlicherweise hat man hier zwei Jahre verstreichen lassen und hat somit auch bei der betroffenen Berufsgruppe nicht unbedingt zur Vermittlung von Sicherheit beigetragen.
Aber lassen Sie mich kurz etwas zum Inhalt des vorliegenden Gesetzentwurfs sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Im ersten Teil sind allgemeingültige Formalien geregelt. Hier sehe ich keinen weiteren Diskussionsbedarf. Diese Formalien haben sich bereits bei anderen Gesetzen bewährt. Anders hingegen ist dies beim zweiten Teil des vorliegenden Gesetzentwurfs und hier, Herr Kubitzki, haben wir doch einige Übereinstimmungen.
Probleme sehe ich bei den Formulierungen des § 11, Ausbildungsziel, der hier sehr allgemeinen Aussage, „Pflegefachkraft bei der Durchführung der Behandlungspflege zu unterstützen“. Dies könnte bei den Betroffenen zu Irritationen führen, da die Durchführung von Behandlungspflege ausschließlich in die Hoheit der Pflegefachkräfte fällt. Dieser Sachverhalt gibt auch immer wieder Anlass, bei Qualitätsprüfungen in der Pflege dies zu bemängeln, weil gerade Pflegehelfer in die Behandlungspflege eingebunden wurden. Ich frage hier, wo beginnt und wo endet die Unterstützung? Weiterhin problematisch sehe ich auch - wie Herr Kubitzki - die Zugangsvoraussetzungen für eine Ausbildung zu einem Helferberuf. Ob man hier die höherwertigen Schulabschlüsse nicht automatisch als erfüllte Zulassungsvoraussetzung ansehen kann, wird wohl im weiteren Verfahren zu klären sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wo jedoch der Ermessensspielraum der Ausbildungsbetriebe eindeutig zu weit geht, das ist bei der Ausbildungsvergütung. Ich bin doch etwas verwundert, hier von Herrn Kubitzki überhaupt nichts darüber gehört zu haben. Den Ausbildungsbetrieben wird die Möglichkeit eingeräumt, 75 Prozent der Ausbildungsvergütung als Sachleistung zu gewähren. Führt man sich vor Augen, dass ein Auszubildender oder eine Auszubildende einen Anspruch auf eine Vergütung von ca. 400 € hat - diese Zahl ist nicht aus der Luft gegriffen -, so können 300 € als Sachleistung gewährt werden und es werden dann lediglich noch 100 € als tatsächliche Vergütung gezahlt. Ich frage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann das wirklich unser Wille sein? Ich sage hierzu ganz klar: Nein. Diese Relationen müssen umgekehrt werden, um hier eine allgemein verträgliche Regelung zu beschließen. Da ich einmal beim Thema „Vergütung“ bin: Sicher, dies kann nicht in diesem Gesetz geregelt werden, aber ich glaube schon, dass in diesem Zusammenhang diese Diskussion angeschoben werden muss. Ist es bisher gängige Praxis, dass Pflegehilfspersonal, egal ob mit oder ohne Ausbildung, gleich vergütet wird, stelle ich mir schon die Frage: Welchen Anreiz hat es dann für jemanden, sich dieser Ausbildung zu unterziehen? Hier muss ein Umdenken sowohl bei einigen Trägern als auch bei den Kostenträgern erfolgen. Der Logik der Pflegeberufe folgend, hat man sich bei der Erstattung der Kosten für die Ausbildung an die bestehenden Regelungen der Fachkräfteausbildung angelehnt. Ich will nun nicht unbedingt behaupten, dass mich diese Regelung glücklich macht, doch leider sind hier andere aus meiner Sicht dem Gedanken der Solidargemeinschaft wesentlich näherkommende Varianten in den zurückliegenden Jahren per Gerichtsentscheid gekippt worden. Ich finde es nicht gerecht, dass Bewohner einer Pflegeeinrichtung, welche ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung nachkommt und aus
bildet, hierfür mehr zahlen müssen, als Bewohner einer Einrichtung, welche ihr Personal nur auf dem Markt rekrutiert und selber nicht in die Ausbildung junger Menschen investiert. Doch ich sagte es schon, hier ist man an gerichtliche Entscheidungen gebunden.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es ist gut, dass nun auch für die Helferberufe in der Pflege bindende gesetzliche Regelungen getroffen werden. Gänzlich vermisse ich jedoch Angaben zu den Rahmenlehrplänen. Soll es zu einer wirklichen Verbesserung der Qualität der Ausbildung für die betroffenen Berufsgruppen kommen, ist dies aus meiner Sicht unerlässlich.
Aus den zuvor kurz angerissenen Punkten sehe ich noch einigen Gesprächsbedarf zu dem uns vorliegenden Gesetzentwurf und beantrage daher im Namen meiner Fraktion die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Minister hat schon sehr umfangreich dieses Gesetz erläutert und wir können uns dann, wie bereits beantragt und was von mir auch unterstützt wird, noch im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit sehr umfangreich mit dem Gesetz beschäftigen.
Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetzesvorschlag betreten wir Neuland. Erstens, weil es ein völlig neues Gesetz ist und nicht, wie sonst oft üblich, vorhandene Gesetze ergänzt, und zweitens, weil der Freistaat das einzige Bundesland ist, das ein solches Pflegehelfergesetz vorlegt. Andere Bundesländer haben oder beabsichtigen gerade die Anerkennung und die Ausbildung der Pflegehelferberufe in mehrere einzelne Gesetze zu untergliedern.
Meine Damen und Herren, die öffentliche Diskussion um die Pflege nimmt in den letzten Monaten einen sehr breiten Raum ein. Dies hat speziell nach der Vorlage des jüngsten Pflegeberichts des MDK zugenommen. Eine große deutsche Zeitung titelte mit der Schlagzeile „Skandalös“. Der Bericht des MDK enthält zwar einen Rückgang der Vorkommnisse gegenüber seinem vorhergehenden Bericht, aber
die Zahl der Vorkommnisse ist nach wie vor hoch und jedes dieser Vorkommnisse in einem Heim ist ein Fall zu viel. Darum hat auch nun inzwischen die Diskussion um die Qualität der Pflege einen viel breiteren Raum eingenommen, was ich sehr begrüße. Bisher ging es hauptsächlich bei der Diskussion um die Frage der Finanzen; wie kann ich Pflege finanzieren? Nun diskutieren wir - und, ich denke, das ist wichtig - über Qualität. Das vorliegende Gesetz leistet einen ganz kleinen Beitrag dazu, denn es beinhaltet sowohl die Ausbildung als auch die Anerkennung der Helferberufe in der Pflege, und es vereint zweitens zwei Berufsgruppen, nämlich die des Altenpflegehelfers und die der Gesundheitspflege- oder Krankenpflegehelfer miteinander. Es schafft damit Klarheit, indem es gerade Sicherheit auch für die Ausbildungsberufe gibt, was uns vorgegeben ist.
Meine Damen und Herren, der Pflegebedarf nimmt in einer immer älter werdenden Gesellschaft grundsätzlich zu und der Bedarf wächst besonders außerhalb der Familie. Das heißt, wir werden künftig mehr Menschen im Bereich der Pflege brauchen und wir werden auch mehr Menschen haben, die dort tätig sein müssen. Ich bin überzeugt, dass auch die Anforderungen an die Pflege, Herr Kubitzki, sicherlich differenzierter sein werden, denn neben den ausgebildeten Pflegefachkräften werden auch diese qualifizierten Pflegefachkräfte tätig sein.
Meine Damen und Herren, mit dem Gesetz regeln wir die Ausbildung und die Anerkennung. Wir regeln aber auch Themen, die bereits angesprochen wurden, Fragen: Was ist denn das Ausbildungsziel? Wie hoch soll denn die Ausbildungsvergütung sein? Ich denke nicht, dass in dieses Gesetz Fragen des Ausbildungsplans, der Rahmenplanung hineinkommen. Das war immer, und das ist bei anderen Berufsgruppen auch so, im Kultusbereich gelegen. Deshalb, denke ich, werden wir uns im Ausschuss umfänglich darüber unterhalten können.
Meine Damen und Herren, ich beantrage hiermit nochmals die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit.