Meine Damen und Herren, das ist eine Version des Kombilohnes, mit der Unternehmen ein Teil ihrer Lohnzahlungen aus öffentlichen Kassen subventioniert wird. Ausgerichtet ist das Konzept auf den Niedriglohnbereich, auf was auch sonst. Die erste Resonanz - und ich habe mich da sachkundig gemacht - zeigt, dass Unternehmen eher wenig diese Möglichkeit in Anspruch nehmen, denn Lohnkostenzuschüsse gibt es ja ohnehin und nicht nur für Menschen mit Mehrfachvermittlungshemmnissen. Aber vielleicht ist ja der Anreiz jetzt mit dem Zuschuss von 90 Prozent noch mal eine Verstärkung. Uns kommt es so vor, als soll hier mit öffentlichen Mitteln Unternehmen geholfen werden, Lohnkosten zu sparen. Über Wettbewerbsverzerrungen, die von der Landesregierung sonst immer beschworen werden, wird nicht geredet. Eine Klassifizierung der Arbeitslosen nach ihrem Nachteilsgrad - da gibt es eine ganze Aufteilung - finden wir übrigens zynisch.
Mit einer inhaltlichen Forderung - eine der wenigen konkreten Vorschläge in diesem Antrag - setzt sich die SPD dafür ein, Landesfördermittel für das Bundesprogramm Kommunal-Kombi einzusetzen. Wir unterstützen ganz klar diese Forderung und haben sie ja auch in der Haushaltsdebatte selbst erhoben. Es ist richtig, wir meinen auch, Kommunen müssen bei der Aufbringung des Eigenanteils mit Landesmitteln unterstützt werden. Sonst besteht die Gefahr, dass das Programm verpufft, weil keine Kommune es in Anspruch nehmen kann. Die bisher sehr niedrigen Fallzahlen für Thüringen - der Minister hat leider dazu nichts gesagt, aber ich kann aus einer Kleinen Anfrage unserer Bundestagsfraktion und der Antwort die Zahlen hier gern nachreichen: Es sind nur 21 Anträge mit 24 Stellen, die beantragt wurden. Davon wurden 11 Anträge mit 12 Stellen bisher bewilligt. Da muss man einfach noch mal Luft holen, um sich das noch mal zu vergegenwärtigen, denn das Programm an sich ist schon sehr interessant. Es bietet den Kommunen die Möglichkeit, bei einer entsprechenden finanziellen Unterstützung arbeitslose Menschen tatsächlich dort einzusetzen, wo sie sie auch im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge brauchen.
Wir stellen inhaltliche Qualitätskriterien in den Vordergrund, die realisiert sein müssen, um Fördermittel einzusetzen. Geförderte Arbeitsplätze müssen aus unserer Sicht folgende Kriterien beinhalten - ich sage das hier nicht zum ersten Mal: gemeinnützige Arbeitsfelder, existenzsichernde Entlohnung, Sozialversicherungspflicht, Freiwilligkeit und eine langfristige Förderperspektive, für Ältere auch unbefristet. Wenn diese Kriterien gesichert sind, halten wir eine Landesförderung von Kommunal-Kombi für gerechtfertigt, für sinnvoll und auch für überfällig. So könnte ein Landeszuschuss von monatlich 200 € pro Arbeitsplatz aus unserer Sicht gewährt werden. Darüber hinaus ist es denkbar, einen Qualifizierungsanteil für die Beschäftigten zu finanzieren, wie das in anderen Bundesländern auch geplant ist. Von der SPD sind mir hier in Thüringen derartige qualitative Überlegungen leider nicht bekannt, aber vielleicht hören wir dann dazu noch etwas.
Hinzuzufügen ist allerdings auch, dass KommunalKombi im SPD-geführten Bundesarbeitsministerium erdacht wurde und die Finanzierungsprobleme durch den hohen Eigenanteil der Kommunen tatsächlich handwerkliche Mängel sind, die zunächst das Bundesministerium auch zu verantworten hat. Ebenso unverständlich ist es aus meiner Sicht, dass für die Umsetzung nicht die BA, sondern das Bundesverwaltungsamt zuständig ist. So wie in Ilmenau der Oberbürgermeister beschweren sich Kommunalpolitiker auch in anderen Kreisen, das neue Programm sei wegen des hohen Finanzbedarfs überhaupt nicht zu nutzen und die Zahlen zeigen das ja auch. Da wird ein tatsächlich existierendes Problem beschrieben. Ich denke, hier muss Landespolitik handeln, wenn sie verantwortliche Politik betreiben will. Deswegen hier die Bekräftigung für die Forderung, eine Fördermöglichkeit zu schaffen, sonst gehen uns Bundesmittel verloren, die für Projekte in den Thüringer Kommunen eingesetzt werden könnten. Das kann ja hier, glaube ich, wohl niemand ernsthaft wollen, gerade auch nach dem jahrelangen Debakel mit den GA-Mitteln, die auch nicht ausgeschöpft wurden.
Der dritte Teil des Antrags, meine Damen und Herren, zielt indirekt auf das brisante Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das im vergangenen Jahr gefasst wurde, das die organisatorische Umsetzung von Hartz IV in einem zentralen Punkt für verfassungswidrig erklärt hat. Wir wollen nicht vergessen an dieser Stelle: Hartz IV wurde von der damaligen Bundesregierung aus SPD und Grünen, gemeinsam dann auch mit Unterstützung von CDU/CSU und FDP beschlossen. Dafür sind diese fünf Parteien verantwortlich.
Wir haben von Anfang an gesagt, dieses Gesetz sei verfassungswidrig, und sind jetzt vom höchsten deutschen Gericht zumindest in dem einen Punkt bestätigt worden. Das will ich hier an der Stelle schon einmal festhalten.
Wie wir wissen, erfolgt die Betreuung der Betroffenen in Thüringen momentan überwiegend in Arbeitsgemeinschaften der Bundesagentur für Arbeit und der Kommunen. Zwei Optionsmodelle in Jena und im Eichsfeldkreis und zwei ARGE-Verträge wurden inzwischen von der BA gekündigt. Man arbeitet in getrennter Trägerschaft, die meines Erachtens, das habe ich auch hier immer deutlich gesagt, keine gute Lösung ist und vor allem auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen wird.
Gerade die ARGEn in ihrer jetzigen Form als Gemeinschaftseinrichtung von Bundesagentur und kommunalen Trägern entsprechen nach dem Urteil des Verfassungsgerichts nicht dem Grundgesetz. Überlegungen zu den Konsequenzen sind deshalb dringend notwendig. Wie wir gehört haben und auch nachlesen können, reichen die Vorschläge ja von der Kommunalisierung über die freiwillige Kooperation zwischen BA und Kommune bis hin zur Übernahme der Aufgaben durch die BA selbst. Allerdings - und das muss man hier deutlich sagen - ging ja vom Bundesarbeitsministerium die Weichenstellung im Grunde genommen auf ein sogenanntes kooperatives Jobcenter, das - und da stimme ich ausdrücklich mit dem Wirtschaftsminister überein - nichts anderes ist als eine getrennte Trägerschaft. Da ist nur ein anderes Etikett, nämlich auf Grundlage freiwilliger Kooperation, drauf. Das Ganze soll ohne eine neue gesetzliche Regelung erfolgen, zumindest bisher. Dem kann man nicht zustimmen. Wie wir nun gehört haben und auch nachlesen konnten, zeichnen sich offensichtlich neue Entwicklungen ab. Alle 16 Bundesländer sollen den Vorschlag von Scholz abgelehnt haben, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Selbst die CDU - das freut mich, das hat übrigens der Minister auch in Beantwortung meiner Mündlichen Anfrage gesagt - lehnt eine untergesetzliche Regelung ab. Die funktioniert auch nicht. Da bestand bei unserem Fachgespräch in der Fraktion mit den ARGEn und auch mit den Optionskommunen Konsens. Neue Betreuungsstrukturen müssen mit einer Gesetzesveränderung verbunden sein. Wir sagen übrigens: Inhalt vor Struktur. Das unsägliche Hartz IV-Gesetz, so wie es ist, muss überwunden werden.
In der Frage einer gesetzlichen Lösung ist die Thüringer SPD nun gefordert, insbesondere ihren Parteifreunden in der Bundesregierung da auch ein bisschen Druck zu machen. Möglicherweise gehen ja die jetzt vorgelegten Eckpunkte für ein Gesetz zur Neu
ausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente in eine solche Richtung. Allerdings zeigt das auch sehr deutlich, dass unsere Kritik, die wir bisher daran geübt haben, durchaus berechtigt ist. Die freiwillige Kooperation jedenfalls ist eine Sackgasse. Sie ist ein Deckmantel für getrennte Trägerschaft und die schlechteste aller denkbaren Varianten. Ein Schnellschuss, der nicht sachgerecht ist und für die Betroffenen einen erheblichen Rückschritt darstellt, ist in der gegenwärtigen Zeit nicht tragfähig.
DIE LINKE hält qualitative Kriterien für notwendig, einen ganzheitlichen Ansatz, Hilfe und Begleitung aus einer Hand, keine neue Bürokratie - im Gegenteil - Bürokratieabbau, keine Doppelstrukturen. Wir sagen, allen Betroffenen müssen alle Instrumente der Arbeitsförderung offenstehen. Wir wollen auch keine Arbeitslosen erster und zweiter Klasse, die einen in dem Rechtskreis, die anderen in dem Rechtskreis. Die Betroffenen gehören in den Mittelpunkt der Debatte und nicht die Strukturen. Trotz des Änderungsbedarfs, und das lassen Sie mich hier auch ganz deutlich sagen, dürfen gewachsene Strukturen nicht zerschlagen werden. Regionale Netzwerke, die sich gefunden haben, müssen erhalten bleiben. Vor allem ist endlich zur Kenntnis zu nehmen, dass Massen- und Langzeitarbeitslosigkeit ein gesamtgesellschaftliches Problem darstellen.
Bei Gegenstrategien sollte ein sozialstaatlicher Ansatz gewählt werden anstatt des Diktats betriebswirtschaftlicher Kostenreduzierung, der seit einiger Zeit die Aktivitäten der Bundesagentur prägt; 6 Mrd. € Einsparungen im vergangenen Jahr sind dafür ein deutliches Zeichen. Was unter dem Begriff „Vermittlung“ firmiert, und der neue Arbeitsminister will solche Tendenzen offenbar intensivieren, ist keine Hilfe, sondern das Gegenteil. Die drastische Zunahme prekärer Beschäftigung, meine Damen und Herren, und Niedriglöhne auch hier in Thüringen - fast jeder zweite Arbeitnehmer in Thüringen ist davon betroffen, nämlich 48,2 Prozent, - resultiert aus solchen Fehlentwicklungen. Die Fraktion DIE LINKE hat dazu eine Anhörung durchgeführt, in der die Konsequenzen deutlich wurden. Ich kann es hier nur schlaglichtartig sagen, aber ich will es sagen: Weitere Abwanderungen junger Menschen, unsichere Lebensplanung, vergeudete Qualifizierung, wachsende Armut, Scheinselbstständigkeit und in der Konsequenz letztendlich drohende Altersarmut.
Unser Fazit: Es gibt viel zu tun, um den Anspruch „Gute Arbeit für alle“ auch in Thüringen umzusetzen. Die Arbeitsmarktakteure, von denen hier auch gesprochen wurde, sagen: Nötig ist eine zentrale Grundstruktur mit regionalen relativ unabhängigen Einheiten, die ihre Handlungsfähigkeit mit Blick auf Integra
tion und soziale Begleitung - das sind zwei Seiten einer Medaille - auf den einzelnen Betroffenen abstellen kann und dafür die notwendige Handlungsfreiheit hat ohne permanentes Hineinregieren der BA und ohne Begrenzung durch den Gesetzgeber.
Ich denke, wir werden über diesen Antrag hoffentlich noch weiterdiskutieren. Ich weiß nicht, ob die SPDFraktion die Verweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit anstrebt. Ich möchte das für meine Fraktion beantragen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mich zunächst bei Herrn Minister für den Bericht zum ersten Teil unseres Antrags bedanken und dazu auch noch ein paar Bemerkungen machen.
Ich will auch am Anfang noch etwas anderes einschieben. Wir sind gefragt worden, warum wir diesen Antrag, den wir bereits im Februar für die Sitzung damals eingereicht haben, nicht zurückgezogen haben. Ich denke, dafür gibt es gute Gründe.
Als Erstes, ein Berichtsersuchen zu den Punkten, die wir angesprochen haben, ist notwendig. Wir haben die Zahlen dazu gehört, wir können damit weiterarbeiten. Ich werde auch zu einzelnen Punkten noch etwas sagen.
Zu der Frage „Kommunal-Kombi“ gibt es immer noch keine Lösung für den Freistaat Thüringen. Deswegen ist es weiterhin aktuell und ich denke das auch, darauf hat der Herr Minister ja auch hingewiesen, dass die Auseinandersetzung um den Punkt III unseres Antrags nicht abgeschlossen ist. An der Stelle ist es auch kein Kampfantrag der SPD-Fraktion gegen die Landesregierung, sondern wir wollen einfach die Diskussion an der Stelle weiterführen. Ich denke, da können wir auch einen Weg finden, das gemeinsam weiterzumachen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dem Bericht ist zu entnehmen, dass es in Thüringen offensichtlich gelungen ist, die Mittel zur aktiven Arbeitsmarktförderung im Rahmen des SGB II im vergangenen Jahr weitgehend zu binden, auch wenn die Zahlen, die da herumgehen, ein bisschen anders sind. Es liegt wahrscheinlich daran, welche Teile der aktiven Arbeits
marktpolitik man jeweils in den Topf hineinrechnet. Man kann insgesamt aber feststellen, dass für Thüringen die Bindung im letzten Jahr sehr gut gelungen ist und es ist auch gut, dass für das laufende Jahr anscheinend ausreichend Bundesmittel zur Verfügung stehen. Immerhin wurden die für Thüringen, ich sage es mal in Prozent, um rund 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr höher zur Verfügung gestellt.
Die Landesregierung, das ist unsere Aufforderung, sollte mit - ich sage ausdrücklich „mit“ - dafür sorgen, dass diese Mittel tatsächlich dann auch in 2008 sämtlich gebunden werden können und zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit in Thüringen eingesetzt werden. Ob die ergänzende Landesförderung, insbesondere im Bereich des ESF, mit diesem Ziel eingesetzt wird, da bleiben meines Erachtens auch nach diesem Bericht noch Fragen offen. Herr Minister, zum Punkt 6 unseres Berichtsersuchens, nämlich zu der Frage der Wohnraumsituation, haben Sie dargestellt, zurzeit gibt es keine Tendenzen, dass in den Kommunen soziale Brennpunkte entstehen oder Wohnquartiere, in denen überwiegend Menschen leben, die Hartz IV bekommen. Da würde ich Sie auf jeden Fall bitten, noch einmal genaues Augenmerk darauf zu halten und auch noch einmal mit den Kommunalpolitikern, mit den kommunalen Spitzenverbänden, zu reden. Dass Sie die Tendenz abstreiten, halte ich für gewagt. Das, was wir mitbekommen, ist, dass zumindest Angst davor besteht, dass solche Wohnquartiere entstehen könnten. Die Kommunen bemühen sich darum, das ist unstrittig, das am Ende zu verhindern, aber dass Sie die Tendenz bestreiten, halte ich für eine gewagte Aussage in dem Zusammenhang.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Ausbau der aktiven Arbeitsmarktförderung für langzeitarbeitslose Menschen ist aus zwei Gründen wichtiger denn je: Erstens, weil die Erfolgschance langzeitarbeitsloser Menschen zur beruflichen Integration auf dem Regelarbeitsmarkt dann am größten ist, wenn dort die Arbeitskräftenachfrage ansteigt. Das tut sie jetzt, aber schon malen Wirtschafts- und Arbeitsmarktforscher die ersten schwarzen Wolken an den Konjunkturhorizont. Deshalb muss aus unserer Sicht in Thüringen die aktive Arbeitsmarktförderung im Bereich des SGB II weiter ausgebaut und forciert werden. Jetzt gilt es in enger Abstimmung mit den Anforderungen der Wirtschaft, die Qualifizierung und Ausbildung im Bereich des SGB II hochzufahren. Noch sind die Möglichkeiten längst nicht ausgeschöpft. Noch habe ich nicht den Eindruck, dass die sogenannten EinEuro-Jobs tatsächlich auf den ursprünglich vorgesehenen Zweck tatsächlich zurückgeführt sind. Ich darf dabei in Erinnerung rufen, dass die SPD-Landtagsfraktion bereits mit Einführung des SGB II den Vorrang von Ausbildung und Qualifizierung immer wieder eingefordert hat. Die Landesregierung hat
damals keinen Grund gesehen, gestaltend Einfluss zu nehmen und dass Sie es nicht können, nach Ihrer Auffassung, das haben Sie heute auch wieder gesagt, und das sehen wir anders. Wir haben eine Situation, dass jetzt zunehmend die Klage der Betriebe erhoben wird, es fehlen Fachkräfte. Gleichzeitig ist der Anteil der Vermittlung aus dem SGB III in Arbeit unvermindert um ein Vielfaches höher als aus dem SGB II. Wir stellen fest, es gibt an dieser Stelle viel zu tun, weil es unter den Beziehern des SGB II nicht genutzte Ressourcen zur Fachkräftesicherung gibt. Den Menschen und den Betrieben zu helfen, ist nicht allein der Job der ARGEn und der optierenden Kommunen. Die Landesregierung hat einen Gestaltungsauftrag und sie kann mit dem ESF und mit einer abgestimmten Förderpolitik mehr tun als bisher. Ich komme später noch zu einem konkreten Beispiel.
Zweitens: Aktive Arbeitsmarktförderung und die dafür eingesetzten öffentlichen Mittel sind in zweifacher Hinsicht Mittel zur regionalen Wirtschaftsförderung. Sie helfen langzeitarbeitslosen Menschen bei der Verbesserung ihrer Lebenssituation, geben Hoffnung und bieten Chancen und stärken oft deren Kaufkraft. Sie helfen den Betrieben, das sagte ich bereits, bei der passgenauen Fachkräfterekrutierung und stärken auch dort den regionalen Wirtschaftskreislauf. Es war in den vergangenen Jahren von der Landesregierung eine sträfliche Unterlassung, nicht gestaltend in die Umsetzung des SGB II einzugreifen. Dabei sind auch Bundesmittel in Millionenhöhe für Thüringen verloren gegangen. Gut zu hören, dass mittlerweile die Arbeitsgemeinschaften und optierenden Kommunen offenbar weitgehend aus eigener Kraft in der Lage sind, diese Mittel im Thüringer Interesse zu binden. Immerhin decken sich in diesem Jahr die bereitgestellten Mittel des Bundes weitgehend mit den Planungen der ARGEn. Auch gut zu hören, dass das Projekt „Bürgerarbeit“ in Schmölln endlich weitergeführt wird und dass die erforderlichen Voraussetzungen zur Evaluation geschaffen wurden und ich hoffe, ich habe mich nicht verhört, Herr Minister, dass Sie von September 2009 gesprochen haben, bis zu dem Sie jetzt die 15-prozentigen Personalkostenzuschüsse zugesagt haben. Es ist schon bemerkenswert, was die Bundesagentur für Arbeit dort gemeinsam mit den Kommunen geschaffen hat. In Schmölln profitieren offenbar alle Akteure in der Region, insbesondere die zuvor langzeitarbeitslosen Menschen. Dieses Projekt ist aber auch ein Beweis dafür, bei aller Ausführungskritik, bei aller Frage der Höhe von Leistungen, die man stellen kann, dass trotz einer steigenden Arbeitskräftenachfrage langfristig öffentliche Beschäftigungsförderung notwendig und auch wirksam ist. Auf die Umsetzung kommt es an und die gelingt dort gut. Im Klartext bedeutet dies, dass Bürgerarbeit oder ein vergleichbares Angebot in allen strukturschwachen Regionen Thüringens benötigt wird. Zunächst bleibt zu hoffen, dass durch die Eva
luation die ideologischen Scheuklappen der Landesregierung gegenüber öffentlicher Beschäftigungsförderung abgelegt werden. Denn eines wird in unseren Gesprächen mit den Grundsicherungsämtern immer deutlicher: Das Ansteigen der Fachkräftenachfrage verstärkt den Blick auf diejenigen Langzeitarbeitslosen, die besondere Hilfe und Unterstützung brauchen. Je länger Menschen in Arbeitslosigkeit verharren müssen, umso mehr nimmt Dequalifizierung und leider häufig auch die persönliche Problematik zu. Dies nicht anzuerkennen oder zu bagatellisieren, bedeutet, eine zunehmende Spaltung in unserer Gesellschaft zu akzeptieren, ja zu forcieren. Ich hoffe, dass die Landesregierung dies endlich zur Kenntnis nimmt.
Mit Abwarten und Hoffen auf die Selbstheilungskräfte der Wirtschaft ist es bei all diesen Menschen nicht getan. Wer hinter die Kulissen der einzelnen Schicksale sieht, wird schnell einen Zusammenhang zum Beispiel mit Kinderarmut, mit der Entstehung sozialer Brennpunkte und auch mit Altersarmut erkennen. Deshalb ist es eben auch wichtig, die Wohnsituation der betroffenen Menschen kritisch zu hinterfragen und es ist wichtig, gemeinsam mit den Kommunen soziale Brennpunkte entweder zu vermeiden oder dort, wo sie in den Städten bereits im Entstehen sind, abzubauen. Dafür werden über die Möglichkeiten des SGB II hinausgehende Instrumente benötigt und der politische Wille zur Mitverantwortung des Landes.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit komme ich direkt zum zweiten Teil unseres Antrags: Mit dem Kommunal-Kombi steht den strukturschwachen Regionen ein langfristiges Förderinstrument des Bundes zur Verfügung. Seit Ablauf der Strukturanpassungsmaßnahmen wäre es damit erstmals wieder möglich, langfristige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung für die Dauer von bis zu drei Jahren zu unterstützen. In Thüringen betrifft dies neun Regionen. Bereits im laufenden Jahr stehen Mittel des Bundesarbeitsministeriums für 3.117 Arbeitsplätze in Thüringen zur Verfügung, im nächsten Jahr dann doppelt so viel, also weit über 6.000. Der Bund fördert diese Arbeitsplätze mit 50 Prozent und stellt je Arbeitsplatz maximal 800 € bereit. Die restlichen 50 Prozent müssen bekanntlich vom Land und insbesondere auch von den Kommunen aufgebracht werden. Ich brauche ja wohl kaum zu erklären, dass die Kommunen mit der Aufbringung dieser Mittel allein überfordert sind. Dementsprechend gering, und das hat ja auch Frau Leukefeld gerade drastisch dargestellt, ist die bisherige Inanspruchnahme. Nur zur Erinnerung: Jeder dieser Arbeitsplätze hilft einem langzeitarbeitslosen Menschen, jeder dieser Arbeitsplätze bringt Jahr für Jahr zwischen 8.400 und 9.600 € Bundesmittel in unsere strukturschwache Region - in die Kommunen, die von besonders hoher Arbeitslosigkeit betroffen sind und die deshalb die Kompen
sationsfinanzierung aus eigener Kraft nicht leisten können. Jeder Euro, der dort eingesetzt wird, jeder Arbeitsplatz, der im Rahmen des Kommunal-Kombi geschaffen wird, bedeutet nicht nur Hoffnung für die davon profitierenden Arbeitnehmer, sondern bedeutet unmittelbare Stärkung der Kaufkraft in der Region. So betrachtet, ist der Kommunal-Kombi pure Wirtschaftsförderung.
Schmölln hat mit seinem Projekt „Bürgerarbeit“ und der Umsetzung bewiesen, dass ausreichend sinnvolle Arbeitsfelder in kommunaler Zuständigkeit zu akquirieren sind. Das Land Sachsen-Anhalt hat das erkannt und stellt eine Landesförderung von 25 Mio. € bereit. Es ist mir unverständlich, dass die Landesregierung hier diese Chance nicht ergreift und - ähnlich wie in Sachsen-Anhalt - für ein Landesprogramm sorgt.
Ich möchte auch auf die Bemerkung vom Minister an der Stelle eingehen, dass er ja gar nicht könnte, weil Bundes-ESF-Mittel eingesetzt werden. Das ist die halbe Wahrheit. Für den Lohnkostenzuschuss von maximal 500 € werden reine Bundesmittel eingesetzt. Wenn man auf den Zuschuss des Bundes zu den Sozialversicherungsbeiträgen an der Stelle verzichtet, dann verzichtet man auf Bundes-ESFMittel und kann mit Landes-ESF-Mitteln ersetzen. Das heißt also, Sie könnten es mit einer Förderung aus ESF-Töpfen des Landes machen. Sachsen-Anhalt wird diese Möglichkeit nämlich rechtlich genauso geprüft haben, wie wir das gemacht haben, und dort werden 25 Mio. € zur Verfügung gestellt. Die 500 € Lohnkosten pro Monat sind reine Bundesmittel und verhindern nicht, dass Landes-ESF-Mittel zur Ergänzung an der Stelle eingesetzt werden können.
Es ist an dieser Stelle auch nicht mit dem Hinweis auf den § 16 a des SGB II getan. Natürlich ist dort die mögliche Förderung aus Mitteln des SGB II und damit des Bundes höher, aber im Vergleich zu Kommunal-Kombi wird mit dem § 16 a des SGB II ein anderer und ein sehr eingeschränkter Personenkreis gefördert. Der hat mit dem, was wir mit KommunalKombi wollen, gar nichts zu tun. Es handelt sich dort um Menschen mit mehrfachen Benachteiligungen zur Integration in den Arbeitsmarkt. Der Kommunal-Kombi hingegen bietet denjenigen die Chance einer längerfristigen Förderung, die allein aufgrund der Arbeitsmarktsituation in den betroffenen Regionen keine Chance zur beruflichen Integration haben.
Es wird deutlich, dass bei diesem Personenkreis die Benachteiligung der Arbeitslosen einzig und allein in der Region besteht, in der sie leben. Diesen Menschen helfen weder das Abwarten und die damit verbundene Dequalifizierung noch Ein-Euro-Jobs, noch befristete Maßnahmen, die immer wieder mit erneuter Arbeitslosigkeit enden. Deshalb wäre ein klug konzi
piertes ergänzendes Landesprogramm dringend erforderlich. Die Landesregierung würde damit den Menschen und den Kommunen helfen, die Bundesmittel für Thüringen binden und einen Beitrag zur Vermeidung künftiger Altersarmut leisten. Nicht mehr und nicht weniger wollen wir mit unserem Antrag erreichen. Oder anders gesagt: Unternimmt die Landesregierung nichts zur Umsetzung des Kommunal-Kombi in Thüringen, dann schadet sie den Kommunen, schadet der Thüringer Wirtschaft und nimmt über 6.000 langzeitarbeitslosen Menschen die Chance, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun zum dritten Teil unseres Antrags: Wir haben in der Berichterstattung der Landesregierung feststellen können, dass die Arbeitsgemeinschaften zwischen Kommune und Bundesagentur für Arbeit in Thüringen offenbar immer besser funktionieren. Nur so ist auch zu erklären, dass die Umsetzung aktiver Arbeitsmarktförderung im Vergleich zu den Anfangsjahren des SGB II immer besser gelingt. Das deckt sich auch mit unserem Eindruck bei den Besuchen in den Wahlkreisen.
Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist die Weiterführung der mehr und mehr erfolgreichen Arbeit in den bisherigen ARGEn zumindest in der bisherigen Organisationsform langfristig nicht möglich. Ich will heute nicht darüber diskutieren, ob die optierenden Kommunen oder das vom Bundesarbeitsminister vorgeschlagene Modell kooperativer Jobcenter oder andere mögliche Organisationsformen der richtige Weg sind. Die noch bevorstehende wissenschaftliche Auswertung der Ergebnisse der ARGEn und der optierenden Kommunen wird uns da auch noch weitere Erkenntnisse bringen. Unabhängig davon behaupte ich, dass es den Stein des Weisen dort sowieso nicht gibt. Aber was wir brauchen, ist Verlässlichkeit in der Förderung langzeitarbeitsloser Menschen und keinesfalls eine neue Verunsicherung. Was wir brauchen, ist der Erhalt der Förderung aus einer Hand. Erforderlich ist eine öffentliche Dienstleistung, die den Sorgen und Nöten der Menschen gerecht wird. Die künftige Umsetzung des SGB II ist für die davon abhängigen Menschen von existenzieller Bedeutung. Das gilt für Empfänger des SGB II und es gilt für die Beschäftigten in den Grundsicherungsämtern. Hier hat das Land eine politische Verantwortung, und zwar jetzt. Deshalb ist es an der Zeit, die bisherigen Erfahrungen schnellstmöglich auszuwerten und einen Standpunkt aus Thüringer Sicht zu erarbeiten.
Deshalb liegt uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, ausdrücklich daran, dass der Teil III unseres Antrags an den Wirtschaftsausschuss überwiesen wird. Wir haben ein großes Interesse daran, auch aufgrund der Aussagen, die der Minister hier in seinen Bemerkungen zu der Haltung zur Weiterentwicklung ge
troffen hat, weiter an einem Weg zu arbeiten, der aus dem Interesse der betroffenen Menschen heraus entwickelt wird. Wir haben auch in dieser Frage bereits mit den Kollegen auf der Bundesebene Diskussionen geführt, haben auch unsere Vorstellungen schon eingebracht. Wir entwickeln sie weiter, aber auch wir sind noch nicht am Ende dieses Prozesses. Das, habe ich gehört, geht Ihrerseits hier genauso, wenn Sie als Arbeitsminister bei der Arbeits- und Sozialministerkonferenz auftreten. Auch Sie müssen sehen, was ist leistbar. Worum es uns geht - und das sollten wir gemeinsam weiter diskutieren - ist, entwickeln wir doch die aufgrund des Urteils notwendige zukünftige Struktur nicht anhand der Frage, was ist unter- oder übergesetzlich oder verfassungsrechtlich notwendig, sondern daran, was für die betroffenen Menschen am besten ist. Eins ist, glaube ich, unstrittig, die Lösung muss auf jeden Fall heißen, alle Leistungen aus einer Hand. Der Auffassung sind wir von der Thüringer SPD auch. Deswegen meine herzliche Bitte: Lassen Sie uns zu dem Teil III im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Technologie weiterdiskutieren. Ich bitte Sie ausdrücklich noch einmal aufgrund der Ausführungen, die ich zur Frage der Wirkung des Kommunal-Kombis gemacht habe, darum, dem Teil II des Antrags zuzustimmen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, auf den umfangreichen Bericht unseres Ministers muss ich nicht nochmals eingehen, diesen tragen wir vollumfänglich mit.
Meine Damen und Herren, die Situation am Arbeitsmarkt verbessert sich erfreulicherweise kontinuierlich weiter - ein Fakt, den man sicher auch seitens der Opposition nicht grundsätzlich infrage stellt. Das haben wir heute auch hier gehört. Wir freuen uns immer wieder, wenn neue Tiefstände bei Arbeitslosenquoten gemeldet werden. 12 Prozent für Thüringen und in sieben Regionen unter 10 Prozent sprechen hier eine deutliche Sprache für die gute Wirtschaftspolitik der Landesregierung.
Unbestreitbar ist aber auch, dass wir uns mit der Situation nicht zufriedengeben können und der sich trotz aller Bemühungen verfestigten Langzeitarbeitslosigkeit entgegenwirken müssen. Unbestreitbar ist
auch, dass der leichte wirtschaftliche Aufschwung gerade die Langzeitarbeitslosen eben nicht oder kaum erreicht. Ich gehe später genauer darauf ein.