Ina Leukefeld

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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auch dieser Antrag hat einen langen Weg hinter sich, bis er nun heute endlich hier im Plenum landet. Es ist mittlerweile auch die dritte Auflage, dennoch will ich nicht von einem Schaufensterantrag reden und auch nicht von Heuchelei. Ich denke, dass der Antrag seine Berechtigung hat und dass es lange Zeit gewesen wäre, über die Inhalte zu reden. Die Inhalte sind wichtig, aber der Umgang mit dem Antrag ist bezeichnend für Arbeitsmarktpolitik der CDU hier im Land Thüringen - schieben auf die lange Bank, abwarten, halbherzig und auch zum großen Teil scheinheilig. Warum ist der Antrag wichtig? Der hat im Wesentlichen zwei Teile, inhaltlich - das muss man schon sagen - ist er zwar dünn, hat wenig eigene Ideen, neue schon gar nicht, aber immerhin. Ich gehe davon aus, dass die CDU-Mehrheit das heute hier im Haus ablehnen wird, das war es dann, erledigt. Wir tun das nicht, wir werden dem Antrag zustimmen, das kann ich gleich vorwegsagen, weil es hier um die Sache und um Menschen geht.
Dringend notwendig ist, unverzüglich eine Lösung für die Neustrukturierung der ARGEn zu finden. Das ist eine Aufgabe, die schon lange stand, aber alle wissen, dass es in dieser Wahlperiode nicht mehr stattfinden wird. Die Frage ist: Was wird nach dem 27.09., nach der Bundestagswahl passieren? Ich will mir gar nicht ausmalen, was passiert, wenn es eine CDU/CSU-FDP-Koalition gibt. Sie kennen auch die Situation, das Bundesverfassungsgericht hatte die Mischverwaltung aus Bundesagentur für Arbeit und Kommunen, die im Zuge von Hartz IV aufgebaut wurden, für verfassungswidrig erklärt. Wir haben von Anfang an gesagt, Hartz IV ist verfassungswidrig
und ich vermisse das Eingeständnis, dass die Situation für betroffene Arbeitslose wie für die Beschäftigten in den ARGEn unzumutbar ist. Das ist durch das Fehlverhalten der Hartz-IV-Parteien eingetreten. Wir sollten auch nicht vergessen, dass diejenigen, die sich Hartz IV ausgedacht haben, schon die SPD auf Bundesebene war. Das geht auf Ihr Konto und das müssen Sie sich auch sagen lassen. Wichtig ist, die Einigung auf neue Strukturen der Jobcenter stellt wenigstens einen Schritt in die richtige Richtung dar, es müssen aber weitere folgen. Die Totalblockade der CDU, die es gegeben hat, die kann man eigentlich nur noch als verantwortungslos bezeichnen. Sie lässt die Menschen im Regen stehen, es geht ja nicht um Banken, es geht ja nur um Arbeitslose.
Aus Sicht der LINKEN liegt es im Interesse der Betroffenen, dass die ursprünglichen ARGEn bei allen Problemen, die dort existieren, kurzsichtig eben nicht zerschlagen werden. Es geht doch nicht um Strukturen an sich, es geht darum, den Menschen bestmöglich zu helfen. Alles ist besser - das sagen auch die Fachleute - als getrennte Trägerschaft, auf die ja ursprünglich auch der derzeitige Arbeitsminister Scholz, der ja auch ein Befürworter der unsozialen Agenda 2010 war, gesetzt hatte. Wir sehen doch auch hier in Thüringen heute schon am Beispiel des Landkreises Schmalkalden-Meiningen und auch im Altenburger Land, welche Auswirkungen das für Hartz-IV-Empfänger hat. Arbeitslose stellen bei mehreren Behörden Anträge, um Arbeitslosengeld II, um Mittel für Unterkunftskosten zu erhalten. Sie werden von einem zum anderen geschickt und es gibt mehr Bürokratie als weniger. Wenn es überhaupt etwas Positives vom SGB II zu sagen gibt, dann doch das, dass es um einen ganzheitlichen Ansatz mit Leistungen aus einer Hand ging. Die generelle Kommunalisierung von Arbeitslosigkeit und Armut, meine Damen und Herren, wie sie die CDU fordert, ist falsch. Es geht bei der Massenarbeitslosigkeit um ein gesamtgesellschaftliches Problem und es darf nicht allein auf die Kommunen abgewälzt werden. Wir kennen das, delegieren nach unten, abschieben auf die Kommunen und dann von oben ganz langsam den Hahn zudrehen, finanzielle Mittel abschmelzen. Das gibt es in anderer Weise auch hier im Land Thüringen. Das wollen wir nicht zulassen und dem werden wir uns widersetzen.
Richtig ist jedoch, das muss man auch sagen, dass die dominierende Rolle der BA zugunsten größerer Einflussmöglichkeiten der Kommunen zurückgeschraubt werden muss. Aus Sicht der LINKEN ist es mittelfristig notwendig, alle Erwerbslosen gleich zu behandeln.
Wir sagen, Hartz IV muss weg und dabei bleiben wir auch. Wir wollen keine Arbeitslosen erster und zweiter Klasse, die unterschiedliche Rechte haben. Diese Ungleichbehandlung, meine Damen und Herren - und dafür muss sich auch das Land Thüringen auf Bundesebene einsetzen -, muss beendet werden. Erwerbslose brauchen gleiche Anlaufstellen und weitreichende Rechtsansprüche auf qualitativ hochwertige Fördermaßnahmen. DIE LINKE fordert, dass die bestmögliche Unterstützung von Arbeit Suchenden im Zentrum der Arbeitsmarktpolitik stehen soll und Arbeitsmarktpolitik eben nicht in ihrer eigenen Bürokratie ersticken darf. Das muss dringend verändert werden. Deshalb unsere Vorschläge für dauerhafte und langfristig gesicherte Projekte öffentlich geförderter Beschäftigung. Das kann und will die aktuelle Koalition aber im Leben nicht leisten, das ist klar, denn dazu fehlt zumindest bei der CDU der politische Wille. Die Kernfrage wird sein, wie überhaupt mit den Auswirkungen der Krise umgegangen wird, wenn, wie zu erwarten, das sagen alle, die Arbeitslosigkeit dramatisch ansteigen wird und wenn viele Betroffene aus der Kurzarbeit in Arbeitslosigkeit und letztendlich dann auch in Hartz IV ankommen werden. Darauf muss man sich jetzt schon einstellen. Da abzuwarten, eine Politik der ruhigen Hand, wie sie hier beschrieben wird, oder der eingeschlafenen Hand, Herr Minister Reinholz, ist da völlig fehl am Platz.
Der zweite Teil des Antrags von der SPD beschäftigt sich mit der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Die ist dringend nötig gerade in der aktuellen Wirtschaftskrise. Das haben wir immer gesagt. Es besteht für Arbeitsmarktakteure kein Zweifel, dass trotz intensivster Integrationsbemühungen ein Teil der Langzeitarbeitslosen keine reelle Chance und Aussicht auf Vermittlung in reguläre Arbeit auf absehbare Zeit haben wird. Der Paritätische spricht in diesem Zusammenhang in einer Studie davon - ich darf zitieren -, „dass öffentlich geförderte Beschäftigung für diese Personengruppe die Funktion hat, ihre gesellschaftliche Integration zu unterstützen und ihre soziale Teilhabe zu ermöglichen“. Das sehen wir auch so, deshalb fordern wir endlich eine aktive Arbeitsmarktpolitik durch die Landesregierung ein - das kann man gar nicht genug hier wiederholen - und nicht das, was wir gerade in den letzten Tagen erlebt haben, eine Umverteilung der überhaupt schon wenigen finanziellen Mittel aus dem Landeshaushalt, aus dem Topf ‚Arbeit für Thüringen’ beispielsweise, wie jetzt geschehen, 357.000 € aus diesem Topf zur Betreibung des jetzt in Kürze zu eröffnenden Skitunnels in Oberhof. Das, denke ich, ist Ausdruck einer verfehlten Politik der Landesregierung, nicht nur auf dem Gebiet der Arbeitsmarktpolitik.
Wir fordern ein Landesarbeitsmarktprogramm für Thüringen, so wie das auch die LAG Arbeitsmarkt
politik und viele Träger hier im Land tun. Die CDU hat dabei völlig versagt. Sie hatten in den letzten zwei Jahren nur Glück, dass mit dem konjunkturellen Aufschwung die Arbeitslosenzahlen etwas runtergegangen sind. Das Übrige hat die Statistik getan, da will ich mich jetzt gar nicht weiter auslassen. Die Arbeitsplätze, die geschaffen wurden, das sind Arbeitsplätze im prekären Bereich der Beschäftigung. Die Qualität der Arbeit mit Niedriglohn und prekärer Beschäftigung ist zu hinterfragen.
Ich will noch mal eine Zahl nennen. Wenn man sich die versicherungspflichtigen Arbeitsplätze in Gänze anschaut in den letzten zehn Jahren seit 1999, da hatten wir knapp 840.000 Personen in Thüringen in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen und jetzt im Sommer 2009 sind es etwa 717.000, also über 100.000 versicherungspflichtige Arbeitsplätze weniger. Davon arbeitet noch jeder Zweite nicht in einem normalen Arbeitsverhältnis. Ich denke, diese Kritik, die müssen Sie sich hier deutlich sagen lassen. Das ist in Ihrer Zeit der Regentschaft passiert. „Thüringen gut gemacht!“, kann man da nur sagen, top und es geht bergauf, Herr Althaus.
Bloß hinter die Kulissen darf man bei Ihren Losungen nicht sehen, da stehen nämlich reale Zahlen zur Debatte.
Wissen Sie, das mit dem Stolzsein auf die Heimat und auf Thüringen, das ist eine gute Sache. Aber die Ergebnisse und die Bedingungen, unter denen Menschen hier arbeiten und leben, die muss man sich ansehen. Ich glaube, das können Sie nicht ignorieren, jedenfalls nicht dauerhaft. Spätestens am Wahltag werden die Menschen Ihre Politik nicht ignorieren. Sie haben es heute ganz klar ignoriert, indem Sie nämlich, als hier draußen Vertreterinnen verschiedener Thüringer Initiativen gestanden haben, einfach nicht hingegangen sind. Die wollten mit dem Ministerpräsidenten, mit der Landesregierung reden und Ihnen ihre Meinung sagen. Da gehen Sie nicht hin. Ich habe mich auch ein bisschen gewundert, warum niemand von der SPD da war. Ich habe dann also die Bitte der Menschen, die dort versammelt waren aus dem Thüringer Arbeitslosenparlament, aus dem DGB, aus der Bürgerallianz gegen überhöhte Kommunalabgaben und anderen, aufgenommen, das, was sie zu sagen haben, mit hier in den Thüringer Landtag zu bringen. Sie haben dort näm
lich eine Kündigung, einen blauen Brief wegen unsozialer Politik diskutiert und mit über 2.000 Unterschriften an den Thüringer Landtag übergeben. An die Regierung konnten sie es nicht übergeben und von Ihrer Fraktion war keiner da. Ich habe mir aus dem Wäschekorb, der dann hier im Landtag deponiert wurde und den sicherlich die prekär beschäftigten Wachschutzleute weggeräumt haben, eine Handvoll gegriffen und will die jetzt hier verteilen, meine Damen und Herren. Der Ministerpräsident ist auch nicht da, es interessiert sich von der Landesregierung überhaupt nur gerade noch der zuständige Minister.
Frau Präsidentin, das mache ich auch zum Schluss, dass ich das dem Herrn Minister hinlege, der große Waschkorb steht ja bzw. ist draußen schon weggeräumt. Aber hinweisen wollte ich schon noch zumindest auf einen darin stehenden Satz. Da steht nämlich: „Wir brauchen in Thüringen eine andere Politik. Nur eine sozial ausgerichtete Politik kann einen Weg aus der Krise weisen. Die Thüringer Landesregierung hat solch eine Politik nicht zustande gebracht. Damit haben sie Ihre verfassungsmäßige Pflicht, Ihre Kraft für das wohl des Landes und das Wohl seiner Bürger einzusetzen, missachtet.“ Das ist der blaue Brief von den Menschen, die draußen leben, und die würden auch gern stolz sein, Herr Abgeordneter Günther, auf Thüringen. Das sind sie vielleicht auch, aber mit ihrer Lebenslage sind sie nicht einverstanden. Deswegen ist es ihr Recht, eine andere Politik zu fordern.
Lassen Sie mich in aller Kürze noch auf den zweiten Punkt des Antrags eingehen. Das ist nämlich die Forderung nach Maßnahmen auf verstärkte Nutzung des Kommunal-Kombi, der hier im Land Thüringen auch keine Rolle spielt. Ich will lhnen nur sagen: Es ist beschämend, dass bei dem Bundesprogramm mit allen Ecken und Kanten, das es vielleicht hat, einen Kommunal-Kombi als Förderprogramm herauszugeben, es in Thüringen nur ganze 78 Maßnahmen dieser Art gegeben hat, 78. Die anderen Bundesländer, auch im Osten, liegen bei über hundert solcher Maßnahmen. Sie haben das von vornherein abgelehnt. Sie haben gesagt, wir setzen auf § 16 e, das ist der Fördertopf für Menschen mit Mehrfachvermittlungshemmnissen. Sie haben das andere ihrem
Schicksal überlassen, haben die Kommunen auch hier im Regen stehen lassen. Unsere Anträge, von der LINKEN und übrigens auch von der SPD, schon im Landeshaushalt diesen Kommunal-Kombi finanziell durch das Land zu flankieren und zu kofinanzieren, haben Sie abgelehnt. Das spricht Bände. Sie vergeben sich damit viele Chancen, Menschen hier tatsächlich in Arbeit zu bringen, im Übrigen in gemeinwohlorientierte Arbeit im Interesse von Kommunen, die es ja auch nicht so dick haben und die das gern in Anspruch genommen hätten, wenn es hier eine Kofinanzierung gegeben hätte.
Zum Schluss, verehrte Kollegen von der SPD, kann ich Ihnen eines nicht ersparen, Sie haben hier den Antrag eingereicht. Bekannterweise gab es ein ganzes Maßnahmepaket auch von unserer Fraktion DIE LINKE im Bundestag, u.a. fast im Urton identisch der Punkt zum Kommunal-Kombi. Das haben Sie abgelehnt. Es haben dort drei Redner der SPD geredet - ich will es nur sagen: Wolfgang Grotthaus, Anette Kramme, dann kam auch der Herr Stöckel. Alle haben sich gegen den Antrag von der Fraktion DIE LINKE ausgesprochen und haben sich in Diffamierungen ergangen. Ich will Ihnen nur sagen: Hier anders reden, als im Bund zu handeln, wo Sie in der Verantwortung sind, wo Sie Hartz IV und alles, was damit im Zusammenhang steht, nach wie vor auch zu verantworten haben, das halte ich für außerordentlich problematisch, das halte ich für doppelzüngig. Ich meine, das müssen Sie sich schon mal sagen lassen, das nagt natürlich an der Substanz und an der Glaubwürdigkeit. Da braucht man sich über dieses und jenes gerade jetzt auch im Wahlkampf nicht zu wundern - das Ihnen nur noch mal ins Stammbuch geschrieben. Ich denke, wir stehen nach wie vor an der Seite der Betroffenen. Ich denke, man darf nicht nur reden, man muss auch handeln, letztendlich auch in konkreten Taten.
Damit komme ich zum Schluss und gebe dem Minister …
Ich habe zwei Nachfragen: Steht die Landesregierung nach wie vor noch zu der Zusage, sich mit 6 Mio. € Fördermitteln zu beteiligen? Die zweite Frage: Wenn jetzt noch einmal überarbeitet wird, wird denn dann ein energetisches Konzept auch in Verbindung mit dem Skitunnel in den Blick genommen bzw. wurde das in Auftrag gegeben? Zum Schluss will ich noch einmal sagen, die Leute sind richtig veralbert worden, da gebe ich dem Kollegen Baumann ausdrücklich recht.
Verweigerung von Mehrbedarf nach SGB II wegen chronischer Erkrankungen durch Träger der Grundsicherung für Arbeit Suchende in Thüringen?
Der Fraktion DIE LINKE sind in letzter Zeit Einzelfälle von Hartz-IV-Bezieherinnen und -beziehern bekannt geworden, in denen es um die Frage von Mehrbedarfsleistungen im Rahmen des § 21 SGB II wegen chronischer Erkrankungen geht. Dabei handelte es sich zum einen um Fälle, in denen eine Ablehnung ausgesprochen worden war, obwohl es für diese Erkrankung schon Gerichtsurteile gibt, die Mehrbedarf zuerkennen (z.B. Diabetes mellitus II). Zum anderen wurde in bestimmten Fällen für die ablehnenden Entscheidungen von den Trägern der Grundsicherung auf die „Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge (DV)“ verwiesen. Diese Empfehlungen sollen gerade im Punkt „Mehrbedarfe bei chronischen Erkrankungen“ vor einiger Zeit geändert worden sein. Außerdem gibt es Hinweise, dass die verschiedenen ARGEn in Thüringen bei tatsächlich gleich gelagerten Fällen in Fragen von Mehrbedarfsleistungen nach SGB II unterschiedlich entscheiden.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche rechtliche Bindungswirkung haben die oben genannten Empfehlungen des DV - insbesondere mit Blick auf darin vorgenommene Änderungen - und die internen Hinweise der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu § 21 SGB II, die auf diese „Empfehlungen“ Bezug nehmen, für die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter im Rahmen der Erstellung von Hartz-IV-Bescheiden?
2. Inwiefern besteht ein struktureller Zusammenhang zwischen den Mitgliedsorganisationen des DV und den kommunalen bzw. öffentlichen Trägern im Sozialbereich sowie den Trägern der Grundsicherung für Arbeit Suchende?
3. Nach welchen rechtlichen, tatsächlichen, insbesondere medizinischen Gesichtspunkten und nach welchem organisatorischen Verfahren erstellt der DV nach Kenntnis der Landesregierung seine „Empfehlungen“?
4. Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen können Bescheide über Mehrbedarfsleistungen im Rahmen des § 21 SGB II aufgehoben werden, wenn sich weder die tatsächliche Situation noch die Rechtslage seit der Erteilung des ursprünglichen Bewilligungsbescheids geändert haben?
Danke. Herr Minister, eine Frage: Wie schätzen Sie das denn aber ein, dass zu gleichen Sachverhalten unterschiedlich entschieden wird, und was soll man den Leuten da sagen?
Unregelmäßigkeiten der GFAW - Gesellschaft für Arbeit- und Wirtschaftsförderung mbH des Freistaats Thüringen?
Pressemitteilungen vom 8. November 2008 und 8. Mai 2009 zufolge soll eine Mitarbeiterin der Gesellschaft für Arbeits- und Wirtschaftsförderung mbH des Freistaats Thüringen unter Verdacht geraten sein, Urkunden gefälscht und damit Steuergelder veruntreut zu haben. Nach Presseinformationen soll ein Schaden im sechsstelligen Euro-Bereich durch falsche Subventionsbewilligungen entstanden sein.
Zwischenzeitlich wurde bekannt, dass staatsanwaltschaftliche Ermittlungen eingeleitet wurden, in der GFAW ein Antikorruptionsteam eingesetzt und organisatorische Veränderungen innerhalb der GFAW vorgenommen wurden.
Ich frage die Landesregierung:
1. Inwieweit ist nach Artikel 28 und 29 der Verordnung der Europäischen Kommission Nr. 1828/2006 vom 8. Dezember 2006 o.g. Sachverhalt als mitteilungspflichtige Unregelmäßigkeit zu werten und ergeben sich für den Freistaat daraus Pflichten?
2. Inwieweit ist der Freistaat - unter Berücksichtung der Antwort zu Frage 1 - wann der Verpflichtung nachgekommen, nach Artikel 28 bis 30 der vorgenannten Verordnung der Europäischen Kommission
festgestellte oder vermutete Unregelmäßigkeiten zu melden oder an deren Meldung mitzuwirken?
3. Worin lagen die Gründe dafür, dass das sogenannte Antikorruptionsteam Anfang des Jahres 2008 bei der GFAW installiert wurde, erste Verdachtsmomente gegen die betreffende Mitarbeiterin jedoch erst Anfang 2009 bekannt wurden?
Danke.
Ich habe nur eine Nachfrage. Sie hatten in der Antwort auf die Frage 3 gesagt, dass mit der Belegschaft zusammen dieses Antikorruptionsteam dann entsprechend der Hinweise gebildet wurde. Handelt
es sich bei der Mitarbeiterin, die seit 2007 nicht mehr mit Bescheiden zu tun hat, um dieselbe Mitarbeiterin, gegen die jetzt ermittelt wird, oder ist das jemand anderes.
Um die gleiche Person. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Krise entfaltet ihre destruktiven Wirkungen immer stärker. Das spüren wir daran und das ist ein Indikator, dass die Zahl der Kurzarbeiter erheblich gestiegen ist. In Thüringen waren das im März 2009 - eine andere definitiv gesicherte Zahl liegt ja noch nicht vor - über 42.000 betroffene Beschäftigte. Laut Aussage der LAG Arbeitsmarktpolitik liegt sie derzeit
bei über 85.000 Kurzarbeitern in mehr als 3.500 Unternehmen. Damit hat sich die Kurzarbeit in Thüringen vervielfacht und es handelt sich bei der Kurzarbeit - da gebe ich Herrn Pilger völlig recht - um ein Instrument zur Verhinderung von Arbeitslosigkeit, sonst wäre nämlich die Zahl noch höher in Thüringen und wir hätten mindestens 15.000 mehr Arbeitslose.
Es war also richtig, die Bezugsdauer zu erhöhen. Das unterstützen wir ausdrücklich. Es glaubt ja sowieso keiner mehr an ein schnelles Ende der Krise und wenn man dem Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Herrn Norbert Wall, Glauben schenkt, dann wird im nächsten Jahr die Zahl der Arbeitslosen auf über fünf Millionen steigen. Dennoch darf man, glaube ich, nicht vergessen, dass Kurzarbeit bedeutet, die öffentliche Hand übernimmt das Risiko des Arbeitsausfalls in den Unternehmen, die Arbeitsagenturen zahlen das Kurzarbeitergeld für die Teilnehmer an der Weiterbildung und eben dann auch die Sozialversicherung. Deshalb ist schon nach Nachhaltigkeit zu fragen. Ein Kriterium für Nachhaltigkeit ist, dass die Kurzarbeit mit Qualifizierung verbunden wird. Da hapert es, und zwar ganz ausdrücklich, denn bis März haben nur 1.100 Beschäftigte, das sind etwa 2,6 Prozent der Kurzarbeiter, in Thüringen an einer Qualifizierung teilgenommen. Diese Situation ist also keineswegs zufriedenstellend. Und wenn der Ministerpräsident heute in seiner Regierungserklärung von einer Qualifizierungsoffensive derzeit bei Kurzarbeitern gesprochen hat, dann ist wohl mehr der Wunsch der Vater des Gedankens. Wir haben natürlich nach Ursachen gefragt, woran liegt es. Als Erstes wurde ja eine ganze Reihe bürokratischer Hemmnisse verändert, Neujustierung der Zertifizierung, und dennoch sagen die Unternehmen, dass der bürokratische Aufwand viel zu hoch ist. Wir halten Qualifizierung für richtig, nicht nur, weil es die individuellen Chancen der Betroffenen erhöht, sondern auch den zukünftigen Fachkräftebedarf sichert und ein Mittel ist, den notwendigen Strukturwandel voranzubringen. Wir haben es nicht nur mit einer Finanz- und Wirtschaftskrise zu tun, sondern in der Tat auch mit einer Strukturkrise, wie am Beispiel der Automobilindustrie hier sehr deutlich wird. In Kurzarbeit kann man nicht überwintern, das sagen die Unternehmen, das sagt die Wirtschaft ganz klar. Es geht nicht mit „Weiter so“. Deswegen, wenn von Chancen in der Krise geredet wird, es gibt überhaupt nur eine Chance, wenn man diese Zeit jetzt nutzt, um tatsächlich den notwendigen sozialökologischen Umbau der Wirtschaft anzupacken. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit betont, ich darf zitieren: „Je länger die Krise dauert, desto weniger kann Kurzarbeit die Folgen abfedern.“ Die Forscher heben hervor, Kurzarbeit könne Arbeitsplätze nicht nachhaltig sichern, wenn nicht
dauerhafte Beschäftigungsperspektiven, sprich Umbau der Wirtschaft, erfolgen. Sie befürchten sogar, dass Kurzarbeit in bestimmten Fällen eine notwendige strukturelle Anpassung verzögert. In der Thüringer Wirtschaft wird das bestätigt. Die Konsolidierung findet derzeit auf niedrigem Niveau statt. Die Kapazitätsauslastung in Südthüringen beispielsweise liegt bei 70 bis 80 Prozent und - so der OTon der IHK beispielsweise - demzufolge wird die Personalausstattung angepasst werden müssen. Deswegen - das ist unsere Forderung, unsere Bitte - muss heute nachgedacht werden, was passiert, wenn es tatsächlich zu Massenentlassungen kommt. Erstens: Nutzen Sie die Möglichkeiten der Qualifizierung samt der Kurzarbeiterregelung so weit es geht aus. Zweitens brauchen wir Möglichkeiten für Beschäftigte, tatsächlich bei Entlassungen Auffanglösungen durch Transfer- und Beschäftigungsgesellschaften zu sichern, für die jetzt die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden müssen. Ich bedanke mich.
Rennsteig als durchgängige Skiloipe
Die vor knapp einem Jahr (April 2008) vorgestellte Studie "Wintersport-Tourismus im Thüringer Wald" enthält zur Zukunftssicherung des Wintersports im Thüringer Wald das Projekt "Ganzjahresangebot 'Rennsteig-Loipe'“. Dabei soll der Rennsteig als längste europäische Skiloipe im Winter mit angrenzenden Loipen und der dort vorhandenen Infrastruktur vernetzt werden.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie ist der Stand der Erarbeitung des Projekts und in welchem Zeitrahmen soll die Realisierung dieser Maßnahme erfolgen?
2. Wer wurde mit der Projektentwicklung und Umsetzung beauftragt und in welcher Höhe stehen dafür finanzielle Mittel zur Verfügung?
3. Wie erfolgt die Koordinierung und Mitarbeit der betreffenden Landkreise?
4. Entspricht es der Tatsache, dass im Bereich Winterstein (Kreis Gotha) ein Teil des Rennsteigs privat veräußert wurde, und wenn ja, wer ist dafür verantwortlich und welche Auswirkungen hat das für die durchgängige öffentliche Nutzung des Rennsteigs?
Ja, ich habe eine Nachfrage, und zwar zu der ansonsten ausführlichen Antwort zu Frage 1. Können Sie doch noch mal, Herr Minister, eine Summe nennen. Sie sprachen von einem Regionalbudget aus GA-Mitteln. Aber ich hätte es gern noch mal konkreter, wie viel wird für genau diese Maßnahme eingesetzt? Das wäre die eine Frage. Die zweite Frage wäre etwas tangierend, ich frage nach der Skiloipe. Ist denn dann auch eine Mehrfachnutzung anderweitig, wenn wir über eine ganzjährige Nutzung sprechen, zum Beispiel auch als Wanderweg bzw. möglicherweise auch für Mountainbikes möglich bzw. in der Planung schon so vorgesehen?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das Thema „Fachkräftebedarf“ ist nicht zum ersten Mal Thema im Plenum und es ist schon ganz und gar kein neues Thema. Neu ist, dass Sie es als Aktuelle Stunde unter der Überschrift „Allianz für Fachkräfte“ auf die Tagesordnung gesetzt haben, meine Damen und Herren von der CDU. Ich denke, es geht vor allem darum, über das Wie zu sprechen. Als wir ganz konkrete Forderungen in Anträgen genau zu diesem Thema genau hier auf die Tagesordnung gesetzt hatten, haben wir immer von Ihnen zu hören bekommen: Das brauchen wir nicht, das ist so lästig wie ein Kropf. Insbesondere Minister Reinholz hat das immer abgewiegelt. Ich weiß ja nicht, ob der Titel, der Ihnen von einer großen Regionalzeitung verliehen wurde, „des Landes ruhigste Hand“ zu sein, nun ein Kompliment und besonders schmeichelhaft ist. Das wage ich zu bezweifeln. Viel Zeit wurde auf diese Weise vertan und nun plötzlich eine Thüringer Allianz zur Fachkräftesicherung. Was hier wie gewohnt von Ihnen großspurig der Öffentlichkeit präsentiert wird, hat wenig mit wirklichen Ansätzen zur Problemlösung zu tun. Es handelt sich, wie man es von der Landesregierung und der CDU kennt, vor allem um symbolische Politik mit dem Ziel der Eigenwerbung hier im großen Schaufenster Thüringer Landtag.
Ich meine, es ist nicht nur bedauerlich, dass ein wichtiges Zukunftsthema hier zur Wahlkampfoperette verkommt; gemessen an dem tatsächlichen Problemdruck ist das verantwortungslos. Im Übrigen steht das auch in einer Reihe mit anderen Vorgängen wie z.B. dem, dass im IV. Quartal 2008 Arbeitsmarktfördermittel für Imagekampagnen der Landesregierung benutzt wurden, statt sie tatsächlich in die Schaffung von Arbeit zu investieren. Dazu kommt, dass die Landesregierung ganz offensichtlich - und das hat gerade auch jetzt die Aktuelle Stunde zu Opel gezeigt - sich angesichts der Herausforderungen durch die globale Wirtschaftskrise doch überfordert sieht. Ich denke, wir
sollten hier über Ursachen sprechen, wie es dazu kommt, dass wir einen tatsächlichen Fachkräftebedarf im Land Thüringen haben.
Als Erstes muss man hier ganz klar die überdurchschnittliche Abwanderung aus Thüringen benennen. Das hat Gründe, meine Damen und Herren: zu wenig Arbeitsplätze, zunehmende prekäre Beschäftigung, niedrige Löhne und fehlende Lebensperspektiven. Ich glaube, dass man hier ganz deutlich noch einmal sagen muss, dass Thüringen das Land ist mit den niedrigsten Löhnen und den längsten Arbeitszeiten. Die Angleichungen der Lebensverhältnisse von Ost und West sind hier, glaube ich, noch auf einem weiten Weg. Da reichen wohlfeile Allianzen nicht aus. Ganz klar muss man sagen, notwendig sind Arbeitsplätze mit Sozialversicherung und angemessener Entlohnung. Für viele Menschen wäre ein gesetzlicher Mindestlohn eine echte Verbesserung - aber auch das haben Sie hier im Thüringer Landtag mit dem Blick auf entsprechende Bundesratsinitiativen immer verhindert.
Ein zweiter Punkt ist: gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit. Wenn ich Ihnen sage, dass Frauen in besonderer Weise davon betroffen sind, dass es nicht gilt und sie deutlich weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen, dann ist das auch keine Neuigkeit, auch darüber haben wir schon gesprochen. Da braucht man sich nicht zu wundern, warum auch überdurchschnittlich junge Frauen, die gut ausgebildet und fit sind, hochmotiviert, das Land Thüringen verlassen, weil sie hier keine Perspektive sehen. Klar ist eines zur Sicherung des Fachkräftebedarf: Notwendig ist es, in Bildung zu investieren, in eine bessere Berufsorientierung und natürlich auch eine entsprechende Ausbildung, vor allen Dingen eine betriebliche Ausbildung in Unternehmen zu sichern. Aber auch da kann man anknüpfen an das Thema Fachkräfte. Wenn in der Fachkräfteallianz in dem Text drin steht, ich darf zitieren: „zugleich für jeden Jugendlichen eine berufliche Perspektive in Thüringen zu schaffen“, so klingt das natürlich gut, das unterstützen wir auch.
Ja, das stimmt.
Wenn aber im gleichen Moment Lehramtsabsolventen nach Baden-Württemberg vermittelt werden, sind das auch Fachkräfte, die hier genau in diesem Prozess fehlen.
Wintersportmuseum Oberhof
Im Freien Wort vom 24. Dezember 2008 war unter der Überschrift "Auch Köhler kämpft für das Museum" zu lesen: "Viel Lob, aber zu wenig Geld: Der Thüringer Wintersportausstellung in Oberhof stehen schwere Zeiten bevor. Dass die Oberhofer Ausstellung große Probleme hat, ist der Fachabteilung im zuständigen Kultusministerium bisher aber unbekannt. Eine Oberhofer Bitte um Unterstützung liegt in Erfurt nicht vor."
Ich frage die Landesregierung:
1. Ist der Landesregierung bekannt, dass in Oberhof eine Wintersportausstellung besteht, die bereits 100.000 Besucher begrüßen konnte, in ihrer Fortexistenz aber finanziell und personell gefährdet ist?
2. Welchen Stellenwert misst die Landesregierung der Existenz dieser Ausstellung in Oberhof bei?
3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die Weiterführung der Ausstellung, insbesondere durch die Finanzierung von Personal, dauerhaft zu sichern?
4. Welche Unterstützung kann die Landesregierung der inhaltlichen Ausgestaltung und Ausprägung ihres Charakters als Wintersportmuseum geben?
Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, sehr verehrte Gäste! Also, Herr Bergemann, Hartz IV ist Realität, für uns hier nicht, aber für die, die da oben sitzen, das weiß ich zufallsweise ganz genau, weil ich sie kenne, für die ist es Realität.
Hartz IV ist nicht über uns gekommen von oben, vom Bundestag, es ist von Mehrheiten beschlossen worden, von einer damaligen rot-grünen Bundesregierung mit Zustimmung dann letztendlich auch der CDU/CSU. Das darf man nicht vergessen. Deswegen, denke ich, ist es richtig, wenn heute dieses Thema auf der Tagesordnung steht in der Aktuellen Stunde, dass es nicht so sehr um die Klageflut und um die Arbeit der Sozialgerichte geht,
nein, es geht um den Inhalt des Gesetzes. Das ist die Frage und wir haben hier von Anfang an - das weiß ich, weil ich gerade zu diesem Thema auch die erste Reden hier gehalten habe - gesagt, Hartz IV ist diskriminierend und das hat sich leider auch bewahrheitet.
Hartz IV ist Armut per Gesetz, Hartz IV schafft Armut.
Ich habe die IAB-Analyse noch nicht durcharbeiten können, ich bin nicht so gut wie Sie, Herr Bergemann, ich habe sie aber auch wahrgenommen vom Institut. Ich denke, wenn man wirklich die Menschen fragt, die seit Jahren mit diesen Regelsätzen, von diesen Regelsätzen leben müssen...
Ja, das ist das Thema! Da sind wir nämlich z.B. beim Bundessozialgericht, was jetzt gerade dieser Tage - Sie haben das ja auch zur Kenntnis nehmen können, ganz aktuell Klagen - zwar auf einer anderen Ebene entschieden hat, nämlich ganz aktuell das Bundessozialgericht vom 27.01.2009 und das Landessozialgericht Hessen nach mündlicher Verhandlung am 29.10.2008. Da ist belegt: Die Regelsätze, insbesondere die Regelsätze für Kinder, entsprechen nicht dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Bedarfsdeckung im Sinne gleicher sozialer Teilhabe. Insbesondere beim Regelsatz für Kinder wurde u.a. der Bildungsbedarf in keiner Weise berücksichtigt und es deckt noch nicht einmal den Tagesbedarf für eine angemessene Ernährung. Da, meine Damen und Herren, hätten beim Gesetzgeber schon längst die Alarmglocken schrillen müssen. Fundierte wissenschaftliche Untersuchungen - ich erinnere hier nur an den paritätischen Wohlfahrtsverband - haben schon vor Einführung von Hartz IV zum 01.01.2005 festgestellt, dass 420 € mindestens notwendig sind. Deswegen bleiben wir, bleibt meine Partei auch bei der Forderung, unverzüglich den Regelsatz auf 435 € inflationsbereinigt aufzustocken.
Das wäre eine wirkliche Maßnahme für die Menschen, die davon betroffen sind, weil sie das auch konsumieren werden.
Die alte Sozialhilfe, Herr Höhn, war nicht besser. Es gibt aus meiner Sicht, wenn überhaupt, dann zwei Vorteile. Das eine ist der ganzheitliche Ansatz und das Zweite ist die Tatsache, dass Sozialhilfeempfänger auch wieder Anspruch haben auf Vermittlung. Das muss man ganz klar sagen.
Nein, nein, das haben wir ja auch immer gesagt und nie bestritten. Trotzdem ist mit Hartz IV nicht mehr Rechtssicherheit eingetreten und ich sage Ihnen, mit der Pauschalierung sind individuelle Lösungen, bedarfsgerechte Lösungen unter Beachtung der konkreten Menschen radikal abgebaut worden. Es gibt nur pauschale Festlegungen und das ist ja unter anderem auch eine Frage, die zu Widersprüchen und zu Klagen führt. Es sind einige hier schon angesprochen worden. Das ist die Frage der Problematik der Bedarfsgemeinschaften bis zur Frage der Kontrolle und der Hausbesuche und Repressions
maßnahmen, die dort stattfinden. Das ist das Thema der sogenannten „Stallpflicht für Jugendliche unter 25“, dass sie nicht ausziehen dürfen zu Hause, ohne dass die ARGE zugestimmt hat. Das sind wirklichkeitsfremde und auch nicht an den konkreten Sachverhalten orientierte Themen bei der Problematik Kosten für Heizung und Unterkunft, Energie. Wenn ich das Wort jetzt weitergeben könnte, wüsste ich genau, dass hier eine Betroffene ganz konkret zu ihrem Fall sprechen könnte, der sich seit Jahren hinzieht. Wir haben zu verzeichnen, dass es einen Widerspruch gibt, der ewig nicht bearbeitet wird, dann führt es zur Klage, in der Zwischenzeit kommen schon wieder neue Bescheide und da dreht sich eine Spirale und deswegen sagen wir, Hartz IV muss weg.
Lassen Sie mich das noch sagen, weil Sie uns vorwerfen, dass wir keine Alternativen hätten, nein, es darf keine
Arbeitslosen 1. und 2. Klasse geben, es geht um die Angleichung beider Regelkreise. Alle Instrumentarien, die dort beinhaltet sind, müssen allen Menschen zugänglich sein,
wir wollen eine bedarfsorientierte soziale Grundsicherung, die armutsfest ist.
Menschen mit und ohne Arbeit müssen in Würde leben können. Das ist unser Anspruch.
Ich danke für so viel Verständnis für die Frage. Geben Sie mir recht, dass mit der Tatsache, dass 60 Prozent der Schüler ans Gymnasium gehen, eine Aushöhlung der Regelschule stattfindet, ganz einfach, weil dort Leistungsträger fehlen, und dass man dem nur begegnen kann durch längeres gemeinsames Lernen?
Regionalverbund „Thüringer Wald“
Der Regionalverbund „Thüringer Wald“ hat eine wesentliche Aufgabe bei der Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften der Region und der Vermarktung der Destination Thüringer Wald.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie schätzt die Landesregierung die Handlungsfähigkeit des Regionalverbundes „Thüringer Wald“ ein, insbesondere hinsichtlich der personellen und finanziellen Situation?
2. In welcher Höhe sind die im Haushalt eingestellten Fördermittel in diesem Jahr geflossen?
3. Für welche Maßnahmen wurden diese Mittel eingesetzt und wie erfolgt die Kontrolle der Mittelverwendung?
4. Wie ist das Modellprojekt „Entwicklung der touristischen Infrastruktur Rennsteig/Thüringer Wald“ im Zusammenwirken von Wirtschaftsministerium, GFAW und Forst im Jahr 2009 finanziell gesichert, wer ist Träger der Maßnahme und wie viele Arbeitslose werden hier eine Beschäftigung finden?
Ich möchte mal auf die Frage 4 zurückkommen. Das firmiert ja unter der Überschrift „Tourismus und Forsten“. Meine Frage ist: Wer ist nun der Antragsteller für dieses Projekt 2009 und wer wird Träger und sind die finanziellen Mittel dafür geordnet, Herr Minister?
Da muss ich jetzt noch einmal nachfragen, mir ist es so übermittelt worden. Aber es firmiert doch unter „Tourismus und Forsten“. Das ist ja ein großes Projekt. Ich weiß, dass es im entsprechenden Ausschuss schon eine Rolle gespielt hat. Meine Frage ist: Wer hat denn den Antrag dafür gestellt und gibt es eine Antragstellung und wer wird Träger dieses Projekts für 2009?
Herr Staatssekretär, wenn man davon ausgehen würde - also Sie sehen das ja positiv -, dass es aber zum 5. Januar nicht passiert, welche Handlungsmöglichkeiten haben Sie denn dann?
Ich stelle folgende Anfrage:
Neuausrichtung arbeitsmarktpolitischer Instrumente
Die Bundesregierung plant weitreichende Änderungen der Sozialgesetzbücher II und III. Betroffen sind neben Instrumenten der aktiven Arbeitsmarktpolitik im engeren Sinne, von denen viele gestrichen werden sollen, auch die berufliche Aus- und Weiterbildung sowie Zumutbarkeitskriterien und Sanktionsmöglichkeiten.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie bewertet die Landesregierung die geplanten Veränderungen insgesamt, gemessen an der Absicht der Bundesregierung, das arbeitsmarktpolitische Instrumentarium im Sinne einer höheren "Zielgenauigkeit" weiterzuentwickeln und zu verbessern?
2. Teilt die Landesregierung den mit der Neuausrichtung verbundenen Ansatz der Bundesregierung, nach der die Weiterentwicklung der regionalen Beschäftigungs- und Infrastruktur nicht mehr zu den Aufgaben der Arbeitsförderung zählen soll und - wenn ja - aus welchen Gründen?
3. Welche Auswirkungen auf gemeinnützige Projekte in Thüringen werden aus Sicht der Landesre
gierung durch den vorgesehenen Wegfall von Förderinstrumenten, vor allem die Abschaffung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im SGB II, eintreten?
4. Ist es aus Sicht der Landesregierung angemessen und sinnvoll, die Zumutbarkeitskriterien dahin gehend zu verschärfen, dass ALG-II-Bezieher künftig eine Erwerbstätigkeit, die ihren Leistungsbezug nicht beendet, für eine andere Arbeit oder Eingliederungsmaßnahme (z.B. einen 1-Euro-Job) aufgeben müssen, und wie wird die Position begründet?
Danke schön, Herr Minister, ich habe zwei Nachfragen. Wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, sind Sie der Auffassung, dass man Beschäftigungspolitik, Arbeitsförderung durchaus auch in Zukunft mit regionaler Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik weiter verzahnen soll. Meine Frage richtet sich
dahin, dass ja die BSI-Maßnahmen bspw. Ende 2007 ausgelaufen sind. Begründet wird das mit geringer praktischer Relevanz. Wir schätzen das aber durchaus anders ein und glauben, dass gerade BSI-Maßnahmen sehr wirtschaftsnah waren. Meine Frage geht dahin, wie Sie das unter diesem Gesichtspunkt beurteilen.
Die zweite Frage ist: Es gibt ja auch Veränderungen bei Weiterbildungsmaßnahmen, die zweifelsohne ganz wichtig sind, um Integrationsfähigkeit zu erlangen. Meine Frage ist: Befürchten Sie ebenfalls einen Qualitätsverlust in der Aus- und Weiterbildung, indem die Bundesagentur in Zukunft nicht mehr verpflichtet ist, Qualität und Erfolg von Bildungsmaßnahmen zu überprüfen?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte das Problem der Anerkennung von Bildungs
abschlüssen und Integration in Arbeit ansprechen. Ärztinnen aus Russland arbeiten als Putzfrauen, Ingenieure aus dem Iran verdingen sich als Hausmeister. Trotz vorhandener Qualifikation gelingt es Zuwanderern oft nicht, ihren im Herkunftsland erworbenen Beruf in Deutschland weiter auszuüben. Mangelnde Anerkennungsmöglichkeiten und fehlende berufliche -
wo ist Ihr Problem? - Integrationsprogramme sind dafür Ursache. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie „Brain Waste“ von Dr. Bettina Engelmann und Dr. Martina Müller, die auf zwei umfassenden Befragungen basiert. Aber eigentlich müssen wir gar nicht so weit schauen und die Wissenschaft bemühen. Es ist hier schon gesagt worden, wir hatten eine beeindruckende Anhörung im Gleichstellungsausschuss. Was ich überhaupt nicht verstehe - lassen Sie mich das an dieser Stelle sagen -, dass in dem sogenannten Alternativantrag der CDU hier in Punkt 3 formuliert wird, ich darf das zitieren: „Die Erkenntnisse, die im Zuge der Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD gewonnen wurden, sollen bei der Fortschreibung des Thüringer Beitrags zum nationalen Integrationsplan berücksichtigt werden.“ Das ist sehr löblich. Aber warum beziehen Sie sich nicht auf eine Anhörung, die hier in einem Gremium, nämlich im Gleichstellungsausschuss des Thüringer Landtags stattgefunden hat, wo es im Ergebnis auch im Gleichstellungsausschuss entsprechende Empfehlungen gibt, die bestätigt wurden, die meines Erachtens das Mindeste wäre, hier benannt zu werden als Grundlage für die weitere Diskussion und die weitere Arbeit.
Meine Damen und Herren, diese Anhörung im Gleichstellungsausschuss hat uns zu vielen Fragen erheblichen Erkenntnisgewinn gebracht. Zum Thema „Arbeitsmarkt“ wurde dort herausgearbeitet, dass das Hauptproblem passförmige Angebote zur Qualifizierung für den hiesigen Arbeitsmarkt sind. Dazu kommen zu wenig Sprachkurse in den jeweiligen Fremdsprachen, fehlende Sensibilisierung und Angebote in den ARGEn, fehlende und extrem komplizierte Anerkennung ausländischer Schul- und Berufsabschlüsse.
Bitte.
Es geht nicht nur um Asylbewerber, es geht auch um ausländische Menschen, die nach Deutschland gekommen sind und hier leben, ganz klar und eindeutig. Und ein Thema war - das hat im Gleichstellungsausschuss eine große Rolle gespielt, und ich darf vielleicht noch mal verweisen auch auf die schriftlichen Anhörungen, die hier vorgelegt wurden -, beispielsweise die Frage der Integration. Hier ist vom Caritas-Verband für das Bistum Erfurt zu der Thematik „berufliche Integration“ vorgetragen und auch schriftlich formuliert worden, „Migrantinnen bringen teilweise ein sehr hohes Maß an Kompetenzen mit. Neben den Sprachproblemen stehen der Integration sehr große Schwierigkeiten in der Vergleichbarkeit von Bildungsabschlüssen und mitgebrachter beruflicher Praxis entgegen. Durch Migrationsfachdienste wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, beispielsweise bei Zusammenkünften mit Thüringer Innenministerium, Kultusministerium und Sozialministerium.“ Die Thüringer Ausländerbeauftragten haben ja auch eine Stellungnahme abgegeben und beispielsweise gesagt, dass die Förder- und Fortbildungsangebote für Migrantinnen und Migranten durch die Bundesagentur für Arbeit und die ARGEn für nicht ausreichend gehalten werden. Es ist notwendig, gezielte berufliche Anpassungs- und Qualifizierungsmaßnahmen auch in Verbindung mit Angeboten zur Fachsprache anzubieten. Vor allem muss evaluiert werden, welche Ausbildung Zugewanderte in ihren Heimatländern erworben haben, die jedoch hier nicht anerkannt werden. Hier sind passgerechte Qualifizierungsangebote für bestimmte Berufszweige sowie individuelle Förderangebote nötig, die vorhandenen Qualifikationen und Potenziale für unseren Arbeitsmarkt nutzbar zu machen. Es geht hier schon sehr klar um mehrere Gruppen von Ausländern. Wenn Sie die TA vor einigen Tagen gelesen haben, konkret am 23.10., wurde hier auch ein Beispiel von einer jungen Frau aus Russland, Dr. Varvara Anisheva, beschrieben, wo ganz klar gesagt wird, dass es ihr neben der ehrenamtlichen Arbeit in einem Verein, konkret ein Schachverein, sehr viel wichtiger wäre, Geld zu verdienen. Aber, so sagt sie, als Spätaussiedler wären meine Abschlüsse anerkannt worden, aber ich bin normal eingewandert und habe keinen deutschen Pass.
Vom Kultusministerium ist zu erfahren, dass in diesem Jahr 11 ausländische Menschen einen Antrag zur Umwandlung ihres akademischen Titels beantragt hätten. Sechs davon wurden umgewandelt, zwei abgelehnt, der Rest wird noch geprüft. Durchaus, so wird bestätigt, sind die Umwandlungen oft mit Komplikationen verbunden. Die Verfahren dauern mitunter Monate, viel Papierkram muss erledigt werden und es ist schon eine Frage, ob es in der Mehrzahl der Berufe vom Status abhängt oder von der tatsächlichen Qualifikation.
Ich glaube, dass die Anhörung - darauf möchte ich noch mal zurückkommen - gezeigt hat, dass eine bessere Arbeitsmarktintegration unbedingt nötig ist. Dort hat auch eine Rolle gespielt, inwieweit es uns besser gelingt, die Potenziale zu nutzen, dass Menschen mit hoher Qualifikation, die auch hier dringend gebraucht werden, durch eine Anerkennung ihres Berufsabschlusses eine adäquate Tätigkeit ausüben können.
Lassen Sie mich zum Schluss noch ein anderes Problem sehr kurz ansprechen, und zwar ist das das Problem der Berufsausbildung ausländischer Jugendlicher, die im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung sind. Nach der Praxis der Arbeitsverwaltung können ausländische Jugendliche, die im Besitz einer Aufenthaltsgestattung oder Duldung sind, unter bestimmten Voraussetzungen auch in Thüringen eine Ausbildung beginnen. Die Arbeitsämter prüfen vor Erteilung der Arbeitserlaubnis lediglich, ob Lage und Entwicklung des Arbeitsmarkts die Erteilung zulassen. Auf die voraussichtliche Dauer des Aufenthalts wird nicht abgestellt. Hieraus ergeben sich sowohl für die Auszubildenden als auch für die Ausbildungsbetriebe erhebliche Nachteile. Es hat sich allerdings die Praxis in Thüringen, und das finde ich gut, weitgehend durchgesetzt, dass junge Ausländer in Ausbildung in der Regel nicht abgeschoben werden. Aber es gibt Unsicherheit im Umgang mit gesetzlichen Grundlagen, falsche Aussagen gegenüber jugendlichen Ausländern und ihren Eltern gibt es sehr häufig.
Ich habe hier auch ein ganz konkretes Beispiel vor Augen aus meiner Heimatstadt Suhl. Dort hat sich eine engagierte Frau, die will ich auch mal mit Namen benennen, Frau Roswitha Steger, sie ist nämlich für ihr Engagement mit dem Ehrenpreis „Für mehr Demokratie“ durch meine Fraktion ausgezeichnet worden,
auf die Lehrstellensuche gerade mit ausländischen Jugendlichen begeben und in vier Fällen ist es ihr ganz konkret gelungen. Allerdings waren da sehr viele Initiativen notwendig, nicht nur Berufsausbil
dungsmessen besuchen, Gespräche mit Unternehmern. Sie hat beispielsweise auch Kontakt mit dem Chef der ARGE aufgenommen, mit zuständigen leitenden Mitarbeitern der Bundesagentur für Arbeit in Südthüringen und die Probleme auf den Tisch gepackt. Es hat sich gezeigt, dass sich hier entsprechendes Engagement durchaus lohnt, weil es immer noch Vorbehalte auch bei Unternehmen gibt, ausländische Jugendliche einzustellen bzw. ihnen einen Ausbildungsplatz zu geben, dort, wo die Aufenthaltsdauer ungeklärt ist und wo es auch mögliche Risiken bei der Ausbildung gibt. Das sind Gründe, die darf man auch nicht einfach beiseite schieben. Klar ist allerdings, dass diese jungen Leute besondere Unterstützung brauchen, weil sie ihre Rechte oft zu wenig kennen, weil sie weggeschickt und auf Abwarten vertröstet werden. Deswegen ist es, glaube ich, notwendig, hier zu sagen - und wir haben in den Punkten 4 und 9 unseres Antrags entsprechende Vorschläge unterbreitet -, dass dringender Handlungsbedarf besteht, dass gehandelt werden muss. Ich bitte Sie, sich der Überweisung der Anträge an die beantragten Ausschüsse nicht zu verweigern, damit die Debatte unter anderem auch zu diesen und den anderen genannten Themen weitergeführt werden kann und dafür gesorgt wird, dass es entsprechende Schlussfolgerungen und Konsequenzen gibt. Danke.
Herr Minister, ich wollte Sie nicht unterbrechen. Sie haben klar begründet, warum Sie unseren Antrag Flüchtlingspolitik ablehnen. Kennen Sie die Empfehlung des Gleichstellungsausschusses im Ergebnis der Anhörung, Herr Minister, und lehnen Sie diese auch ab? Das wäre meine Frage.
Es geht nicht um einen Antrag. Es geht um die Empfehlung, die der Gleichstellungsausschuss im Ergebnis der durchgeführten Anhörung erarbeitet hat, die protokollarisch festgehalten sind, ob Sie diese kennen? Erstens. Und zweitens, ob Sie diese auch ablehnen?
Ich habe zwei Nachfragen. Herr Staatssekretär, Sie hatten davon gesprochen, dass eine Auslastungsanalyse in Auftrag gegeben wurde. Können Sie etwas dazu sagen, wann die denn nun vorliegt? Das wäre die eine Frage.
Die zweite Frage: Was passiert, wenn aber Unternehmen, die sich eingemietet haben, jetzt Probleme bekommen? Sie sagten, dass da keine zusätzliche Förderung vorgesehen ist. Aber was kann dort unternommen werden? Vielleicht können Sie in dem Zusammenhang noch etwas zu der aktuellen Situation im TGZ Ilmenau sagen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, vielleicht können wir die Aufmerksamkeit der CDU-Fraktion wiedergewinnen, wenn wir noch mal kurz zum Thema „Fußball“ zurückkommen. Da sind Frauen nämlich Weltmeister; das haben die Männer nicht geschafft kürzlich.
Aber ich komme auch wieder zur Ernsthaftigkeit des Themas zurück. Frau Tasch hat uns gesagt, was wir schon wussten, dass in Thüringen die besten Arbeitsmarktdaten vorhanden sind. Aber wir können auch zur Kenntnis nehmen, dass in Thüringen die niedrigsten Löhne und die längsten Arbeitszeiten vorhanden sind, was die jüngste Studie des DGB dargelegt hat. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist zwar ein schönes Postulat, aber es ist eben leider nicht Realität. 92 Prozent von Frauen und Männern sagen übrigens bei Befragungen bundesweit, dass eine Lohndiskriminierung nicht stattfinden soll und dass die unterschiedliche Bewertung von sogenannter männlicher und weiblicher Arbeit ungerecht ist.
Im Übrigen müssen bei den 92 Prozent, das liegt sehr nahe, auch konservative Männer dabeigewesen sein. Fakt ist, eine Frau in Thüringen verdient im Durchschnitt 345 € weniger als ein Mann. Ich sage Ihnen, das ist ungerecht und dafür brauchen wir tiefgreifendere Analysen und vor allen Dingen brauchen wir ein Handeln von Wirtschaft und auch von Politik. Denn da brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn scharenweise junge Frauen, gut ausgebildete junge Frauen aus Thüringen abwandern.
Meine Damen und Herren, natürlich liegt das vor allen Dingen daran, dass Frauen überdurchschnittlich in prekären Beschäftigungsverhältnissen sind. Aber es geht bei Weitem nicht nur darum. Ich will mal zwei konkrete Zahlen ansprechen aus der jüngsten Anhörung im Gleichstellungsausschuss zum Thema „Frauen in der Wissenschaft“, denn im Hochschulbereich zeigt sich diese Dynamik besonders deutlich, weil sie dort unglaublich viel schlechtere Chancen haben als ihre männlichen Kollegen. Während der Anteil der Frauen bei den Studienabschlüssen
um 0,4 Prozent über dem der Männer liegt, liegt ihr Anteil bei den Promovierenden nur noch bei 39 Prozent, bei den Habilitationen bei 22,7 Prozent und am Ende der Karriereleiter bei den C4-Professuren nur bei lächerlichen 9,2 Prozent. Das ist auch ein Beispiel von Diskriminierung, letztendlich auch von Lohndiskriminierung, denn Frauen, die es drauf hätten, die es können, werden hier nicht berücksichtigt und haben dann letztendlich auch diese Chance nicht.
Ich will noch einen Gedanken sagen zum Thema „Der Aufschwung kommt über das Portemonnaie der Männer“, liebe Frau Ehrlich-Strathausen, sofern Männer vorhanden sind in der Familie, denn besonders betroffen sind eben auch alleinerziehende Frauen und ich bin dankbar, dass meine Kollegin Dr. Ruth Fuchs diesbezüglich eine Kleine Anfrage gestellt hat. Die Landesregierung hat diese beantwortet, mehr oder weniger, aber auf jeden Fall kommt heraus, dass in Thüringen 81.000 alleinerziehende Frauen leben, von denen eben 73.000 im erwerbsfähigen Alter von 15 bis 65 sind. Wenn man sich das genau anschaut, haben 29,4 Prozent weniger als 900 € Einkommen monatlich zur Verfügung und bei weiteren 35 Prozent liegt das Einkommen zwischen 900 und 1.300 €.
Meine Damen und Herren, wenn wir hier über Kinderarmut reden, dann muss man natürlich auch sagen, dass Kinderarmut zuallererst Armut der Eltern und in dem Falle auch Armut der alleinerziehenden Mütter ist.
„Die Welt“ titelte am 09.06.2008: „Einmal Niedriglohn - immer Niedriglohn“. Nun könnten Sie sagen, das betrifft ja Frauen und Männer, überdurchschnittlich Frauen, aber sieht man sich die Aufstiegschancen an, auch da gibt es eine interessante Zahl. Während aus dem Niedriglohnbereich es nur jeder fünfte Mann schafft, in ein vernünftiges Arbeitsverhältnis zu kommen, schafft es eben nur jede zehnte Frau, und da sage ich Ihnen, hier sind strukturelle Defizite, die sind in der Gesellschaft, in der Wirtschaft angelegt und da muss man anpacken, denn wenn es so ist …
Ja, die Zeit ist um, genau, ich sehe es gerade.
Ja, wenn es so ist, dann müssen wir jetzt etwas tun, denn Altersarmut ist vorprogrammiert und das
betrifft wiederum dann die Frauen. Ich denke, diese Diskriminierung kann so nicht länger hingenommen werden, handeln Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, und Frau Tasch empfehle ich sehr, ihre Fraktion zu überzeugen, den Antrag zu stellen.
Eingliederungsbeitrag der Bundesagentur für Arbeit
Seit dem 1. Januar 2008 hat die Bundesagentur für Arbeit einen „Eingliederungsbeitrag“ zur anteiligen Deckung der Kosten der Eingliederung von Langzeitarbeitslosen an den Bundeshaushalt abzuführen. Dieser Eingliederungsbeitrag ersetzt den sogenannten „Aussteuerungsbeitrag“, der im Gesetz Hartz IV zunächst vorgesehen war. Gegen den Eingliederungsbeitrag, der aus Mitteln der Bundesagentur gezahlt wird, die von Beschäftigten und Unternehmen im Rahmen der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung aufgebracht werden, sind Klagen vor Sozialgerichten anhängig; darüber hinaus wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände fordern einen Verzicht des Bundes auf den Eingliederungsbeitrag.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie bewertet es die Landesregierung, dass Mittel der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung der Bundesagentur für Arbeit als „Eingliederungsbeitrag“ an den Bund abgeführt werden müssen?
2. Ist aus Sicht der Landesregierung beim derzeitigen Verfahren von einer Zweckentfremdung von Versicherungsmitteln auszugehen?
3. Erwägt die Landesregierung eigene Aktivitäten, um einen Verzicht des Bundes auf den Eingliederungsbeitrag zu erreichen und wenn ja, welche?
Herr Staatssekretär, ich habe nur eine Nachfrage, und zwar zu 2. Sie haben gesagt, Nein, der Bundestag hat seinen Spielraum genutzt. Sie können also ausschließen, dass es eine Zweckentfremdung dieser Mittel gibt, also dieses Eingliederungsbeitrags, sondern dass der direkt wieder in aktive Arbeitsmarktpolitik zurückfließt.
Werden Sie das gegebenenfalls auch noch mal kontrollieren und darauf Einfluss nehmen?
Herr Minister, ich habe eine Frage, und zwar haben Sie gesagt, dass noch kein Mittelabfluss zu verzeichnen ist, weil es noch keine Abrufanträge gibt. Worin sehen Sie denn die Ursachen, dass es diese Abrufanträge noch nicht gibt, weil ich ganz konkret weiß, dass man eigentlich auf die Mittelbereitstellung wartet. Wir haben jetzt September, das waren ja Mittel, die schon für das ganze Jahr, natürlich unter Beachtung auch des Antragsverfahrens, eigentlich zur Verfügung stehen. Es wäre natürlich jammerschade, wenn hier die bereitstehenden Mittel nicht entsprechend auch abgerufen und ausgelastet werden. Also noch einmal die Frage nach den Gründen, die Sie sehen, warum es keine Abrufanträge gibt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Carius, ich musste jetzt tief durchatmen. Ich fand es zum Teil unverschämt, was Sie hier gesagt haben.
Es geht hier nicht um irgendwelche Lobbyisten für irgendwelche Gewerkschaften, es geht hier um die
Frage der Rechtsstaatlichkeit und, ich denke,
dafür müssten Sie genauso eintreten. In einer Sache, Herr Carius, da gebe ich Ihnen recht, das ist hochpolitisch. Wir haben ja in dieser Woche die vom DGB vorgestellte Studie zur Kenntnis nehmen können. In Thüringen gibt es die niedrigsten Durchschnittsstundenlöhne und die längsten Arbeitszeiten. Wenn Sie das gut finden und wenn Sie sagen, da stehen die Interessen der Beschäftigten gar nicht im Mittelpunkt, also ich kann die Auffassung nicht teilen und ich muss das namens meiner Fraktion ganz deutlich zurückweisen.
Einen Anteil an diesem Wettbewerb um Dumpinglöhne haben nun einmal auch die Christlichen Gewerkschaften. Ich will mich aber hier ausschließlich auf die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen beziehen, weil in der Tat unser Antrag resultiert aus der Anhörung im Wirtschaftsausschuss zu dem hier bereits zitierten Antrag der SPD.
In Reaktion auf die vorgestellte Studie hat der Wirtschaftsminister, Herr Reinholz, ja die Kritik zurückgewiesen und gesagt, in Deutschland werden Löhne und Gehälter ausschließlich von den Tarifparteien ausgehandelt. Recht hat er, ausdrücklich, aber dann muss man schon einmal nach der Rechtsstaatlichkeit und der Rechtlichkeit der Tarifpartner fragen und da gibt es eben erhebliche Zweifel bei der CGZP. Deswegen, denke ich, ist unser Antrag hier nötig. Politik steht ja auch in der Verantwortung und ich komme dann darauf zurück. Wir haben auch das gute Recht, hier diesen Antrag zu stellen und den Auftrag zu erteilen, wenn Sie dem zustimmen würden, diese Tariffähigkeit zu überprüfen.
Lassen Sie mich noch etwas zur Rechtslage sagen. Die Arbeitsbedingungen von den Beschäftigten in Leiharbeit müssen grundsätzlich dem des Stammpersonals in den Einsatzunternehmen entsprechen. Das ist der Gleichstellungsgrundsatz. Seit einer Gesetzesnovelle im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in § 9 ist das geregelt. Wir wollen keine Arbeitnehmer erster und zweiter Klasse. Das sagt noch gar nichts aus, ob man im Einzelfall auch für Leiharbeit sein kann. Aber Arbeitnehmer erster und zweiter Klasse wollen wir nicht. Es muss der Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit gelten und das ist auch gesetzlich geregelt.
Allerdings gilt das eben nur für einen Bruchteil aller Leiharbeiter. In der Mehrzahl sind Leiharbeitsbeschäftigte deutlich schlechter gestellt als Stammbelegschaften. Warum? In der Novelle des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, das durch die damalige rotgrüne Bundesregierung im Rahmen von Hartz I auf den Weg gebracht wurde, ist geregelt, dass Abweichungen vom Gleichheitsgrundsatz im Rahmen von Tarifverträgen möglich sind. Experten halten das geradezu für eine Einladung zur Umgehung und die Praxis gibt ihnen recht dabei.
Herr Carius, es wäre vielleicht schön, wenn Sie noch bis zum Schluss zuhören würden. Tarifverträge wurden geschlossen als Erstes von der CGZP. Sie ist auch für eine Vielzahl von Haustarifverträgen mit stets noch schlechteren Arbeits- und Lohnbedingungen als in den Flächentarifverträgen verantwortlich. Über die genaue Zahl der Haustarifverträge schweigt die angebliche Gewerkschaft aber, und um es ganz deutlich zu sagen, die aus vier Einzelvereinigungen bestehende CGZP ist für Dumpinglöhne in der Branche verantwortlich. Wir reden hier von Tariflöhnen, die teils weit unter 6 € pro Stunde beim Flächentarifvertrag und sogar bis unter 5 € bei Haustarifverträgen reichen. Kollege Pilger hat hier verwiesen auf die etwa 12 €, die von dem DGB ausgehandelt wurden. Das ist äußerst bedenklich, denn an die Stelle des gesetzlichen Normalfalles mit gleichem Lohn und gleichen Arbeitsbedingungen hätte nur eine ausgewogene Regelung treten dürfen, was eben hier eindeutig nicht zutrifft. Der CGZP wird deshalb aus gutem Grund vorgeworfen, mehr den Interessen der Unternehmen als denen der Beschäftigten verpflichtet zu sein. Was ist das für eine Gewerkschaft?
In der Anhörung im Wirtschaftsausschuss ist das übrigens auch von Leiharbeitsunternehmen und Branchenverbänden als Lohndumping kritisiert worden, die gesagt haben, man muss ohne Not solche Tarifverträge nicht abschließen. Zu der erwähnten Tarifgemeinschaft, lassen Sie mich das noch einmal sagen, gehören die „Christliche Gewerkschaft Metall“, die „DHV - Die Berufsgewerkschaft“, die bis 2007 Deutscher Handlungsgehilfenverband hieß, die Gewerkschaft öffentlicher Dienst und Dienstleistungen sowie die Christliche „Gewerkschaft Postservice und Telekommunikation“. Die CGZP wiederum gehört zu dem christlichen Gewerkschaftsbund Deutschlands, der nach eigenen Angaben 280.000 Mitglieder hat. Lassen Sie mich das nur noch einmal im Verhältnis zum DGB sagen, dem gehören 6,4 Mio. Mitglieder an. Zu einer der Mitgliedsgewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbundes gehört übrigens auch der Ministerpräsident Dieter Althaus. Meine Fraktion schätzt es als sehr problematisch ein, wenn ein Ministerpräsident sich öffentlich für Organisationen einsetzt, die im Zusammenhang mit Lohndumping und Gefälligkeitstarifen eine dubiose Rol
le spielen. Seine Solidarität mit genau diesen Gewerkschaften hat Herr Althaus ja auch bewiesen, indem er beim Bundeskongress des Christlichen Gewerkschaftsbundes in Erfurt aufgetreten ist und auch beim Betriebsräteseminar in Eisenach. Ich möchte ihn auffordern, sich unbedingt von solchen Vereinigungen zu distanzieren, die auf Dumpinglöhne setzen.
Meine Damen und Herren, es bestehen ernsthafte Zweifel, ob die CGZP überhaupt eine tariffähige Vereinigung darstellt. Es wurde schon gesagt, dass das Arbeitsgericht Berlin Anfang des Jahres - Zitat: „Erhebliche Zweifel an der Tariffähigkeit“ geäußert hat, unter anderem deshalb, weil die CGZP sich weigerte, die Mitgliederstärke ihrer Teilverbände - die Tarifgemeinschaft selbst hat ja überhaupt keine Mitglieder - gegenüber dem Gericht zu benennen. Leider konnte das Arbeitsgericht Berlin aus formalen Gründen in der Sache nicht abschließend entscheiden. Die Signale des Gerichts sind aber deutlich. Es zieht die für die Tariffähigkeit notwendige Sozialmächtigkeit, also Mitgliederstärke und Durchsetzungskraft, klar in Zweifel, und Kollege Pilger hat ausführlich zu dieser Frage schon gesprochen.
Einen weiteren Hinweis hat Ministerpräsident Althaus unbewusst übrigens selbst gegeben. Gegenüber dem ARD-Politmagazin „Panorama“ hat er im Februar 2007 geäußert, ich zitiere: „Ich bin auch deshalb mit in einer Christlichen Gewerkschaft, weil ich glaube, dass wir weitgehend versuchen müssen, mit Konsensverhandlungen zum Erfolg zu kommen.“ Das ist, wie ich meine, sehr aufschlussreich, denn nach Urteilen des Bundesarbeitsgerichts gehört zur Tariffähigkeit einer Gewerkschaft auch die Bereitschaft zum Arbeitskampf, um die Interessen seiner Mitglieder durchzusetzen. Darüber hinaus spricht gegen die Tariffähigkeit der CGZP die Tatsache, dass zwei ihrer Mitgliedsvereinigungen entsprechend ihrer Satzungen überhaupt nicht für die Leiharbeitsbranche zuständig sind. Unsere Fraktion fordert deshalb die Landesregierung auf, die Tariffähigkeit der CGZP gerichtlich prüfen zu lassen.
Meine Damen und Herren, wir haben ja in der heutigen Debatte von den Kritikern, Herr Carius hat das ja deutlich gemacht, gehört, dass auf die Tarifautonomie verwiesen wurde. Ich meine, das Thema ist schon ernst zu nehmen und deswegen lassen Sie mich dazu noch mal was sagen.
Natürlich gehört das Aushandeln der Tarifverträge in den Bereich der Tarifautonomie. Doch selbst da gibt es Vorgänge, bei denen staatliche Stellen - z.B. Bundes- und Landesministerien - beteiligt sind, etwa bei der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen. Hinsichtlich der Tariffähigkeit, also der Frage, ob eine Gewerkschaft rechtlich befugt ist, als Ver
tragspartner Tarifverträge auszuhandeln und wirksam abzuschließen, sind staatliche Stellen auf gesetzlicher Grundlage ausdrücklich zur Prüfung befugt. Nach § 97 des Arbeitsgerichtsgesetzes ist die oberste Arbeitsbehörde eines Landes berechtigt, beim Arbeitsgericht einen Antrag zur Überprüfung der Tariffähigkeit zu stellen. Von einem Verstoß gegen die Tarifautonomie kann also gar keine Rede sein - im Gegenteil, das Kriterium der Tariffähigkeit ist unverzichtbar für den Abschluss wirksamer Tarifverträge. Der Antrag auf Überprüfung der Tariffähigkeit ist daher auf den Schutz der Tarifautonomie gerichtet. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die CGZP Dumpingverträge abschließt und so offensichtlich gegen weitere arbeitsrechtliche Vorgaben verstößt. Das ist auch der Standpunkt des Arbeitsjuristen Prof. Schüren, den wir ja im Wirtschaftsausschuss gehört haben und der Institutsdirektor an der Universität Münster ist. Die Dumpingtarifverträge sind auch unter Beachtung des Artikel 36 der Thüringer Landesverfassung zu bewerten. Dort wird die öffentliche Hand in Form eines Staatsziels verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, die dazu beitragen, jedem die Möglichkeit zu schaffen, durch frei gewählte und dauerhafte Arbeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ich glaube, dieses Verfassungsziel ist mit dieser Form prekärer Beschäftigung und Niedriglöhnen im Land Thüringen nicht gewährleistet.
Genau dem soll die Überprüfung der Tariffähigkeit dienen. Nicht unwichtig ist auch, dass die Finanzierung der CGZP sich äußerst intransparent darstellt. In der Sendung „Report Mainz“ im Dezember 2007 wurde über eine Leiharbeiterin berichtet, die bei der Einstellung in ihrer Firma eine Beitrittserklärung zur CGZP unterschreiben musste. Der Mitgliedsbeitrag soll gleich direkt vom Lohn abgezogen worden sein. Das sind, meine Damen und Herren, unhaltbare Zustände gerade im Hinblick auf Nachrichten über weitere Pseudogewerkschaften wie die AUB, die von Unternehmen schlicht gekauft wurde. Das hat Herr Pilger hier auch zum Ausdruck gebracht.
Meine Damen und Herren, der Landtag als Gesetzgeber und Kontrollorgan für das Handeln der Exekutive hat nicht zuletzt wegen seiner Bindung an Verfassungsvorgaben die Pflicht, dann politisch aktiv zu werden, wenn ihm Anhaltspunkte benannt werden, die auf eine Verletzung von Grundrechten oder anderen zwingenden Rechtsvorgaben hinweisen. So darf meines Erachtens es der Landtag nicht sehenden Auges geschehen lassen, dass möglicherweise nicht tariffähige Gewerkschaften in rechtswidriger Weise Tarifverträge abschließen und die Folgen dann von den Betroffen auszubaden sind. Daher hat der Landtag die oberste Arbeitsbehörde des
Landes zum Handeln aufzufordern.
Schließen möchte ich mit einer Einschätzung des Arbeitsrechtlers Prof. Dr. Markus Stoffels von der Universität Osnabrück, der zur Tariffähigkeit der CGZP äußerte, Zitat: „Eine baldige gerichtliche Klärung dieser äußerst praxisrelevanten Frage wäre sehr wünschenswert.“ Deshalb dieser Antrag und deshalb, meine Damen und Herren, bitte ich um Ihre Zustimmung.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, „Armut kann immer nur das sein, worauf wir uns verstän
digen“, sagt der Armutexperte Ullrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Wir wissen und es ist auch schon gesagt worden, betroffen sind viele, Langzeitarbeitslose, Alleinerziehende, ausländische Menschen, Familien mit vielen Kindern. Betroffen sind aber auch zunehmend Menschen aus der bislang für sicher gehaltenen Mitte der Gesellschaft. Leute, die Arbeit haben, aber schlecht bezahlt werden, Akademiker, die keine Anstellung finden, Facharbeiter, die ihr Leben lang gearbeitet und dann ihren Job verloren haben. Sie rutschen schnell in die Hartz-IV-Armutsfalle ab. Angespartes muss aufgebraucht werden. Leben auf Sozialhilfeniveau ist vorprogrammiert und Rente mit Abstrichen ebenfalls. Das, meine Damen und Herren, sind persönliche Schicksale, aber Einzelfälle sind es nicht, denn sie haben gesellschaftliche Ursachen. Wer also über Armut und Reichtum reden will, der braucht als Erstes Problembewusstsein, Herr Panse, und den Willen, die Ursachen und Konsequenzen zu analysieren. Wenn Sie hier sagen, der soziale Ausgleich in Deutschland funktioniert und schließen sich dem Urteil der DIW an, das haben Sie ausdrücklich gesagt, die CDU in Thüringen schließt sich dieser Meinung an, dann möchten wir das bezweifeln.
Ich gebe Ihnen recht, dass ein Bericht allein nichts ändert, aber ich muss ja erst einmal in die Situation eindringen, ich muss analysieren, um dann in der Lage zu sein - und das ist dann der eigentliche Auftrag -, Konsequenzen abzuleiten, Schlussfolgerungen zu ziehen und eine Strategie zur Bekämpfung und zur Beseitigung von Armut überhaupt zu entwickeln. Aber da muss ich erst einmal anerkennen, dass es sie gibt, und zwar hier und heute. Einstein sagte einmal, Herr Panse, „Phantasie ist besser als Wissen“, ich glaube, wir sollten dort auch nicht nur nach den finanziellen Dingen schauen, sondern Armutsbekämpfung muss viel mehr umfassen. Lassen Sie mich eines noch sagen: Gleichheit schafft keine Gerechtigkeit, haben Sie gesagt und zielen wohl ab auf eine gewisse Art von Gleichmacherei. Für uns ist Gleichheit der Menschen in ihren existenziellen Lebensgrundlagen unverzichtbar. Ich muss Ihnen sagen, meine Fraktion DIE LINKE wird sich mit Armut in Thüringen und in Deutschland nicht abfinden, da werden wir immer etwas dagegen machen.
Notwendig ist auch, dass man Betroffene, ihre Vertretungen, ihre Erwerbsloseninitiativen...
Ach, wissen Sie was, wir reden über hier und heute, Herr Emde und nicht über irgendwelche sozialistischen Visionen. Ganz konkret hier und heute und da gehen Sie einmal an den runden Tisch der sozialen Verantwortung, der in diesem Jahr noch seine 100. Sitzung machen wird, gehen Sie einmal ins Arbeitslosenparlament und reden Sie mit den Leuten. Ich kann der Sozialministerin nur empfehlen und, ich glaube, sie wird das auch aufgreifen, genau diese betroffenen Menschen auch in die Analyse und auch in die Erarbeitung der Schlussfolgerungen mit einzubeziehen.
Festzustellen ist, meine Damen und Herren, dass die gesellschaftliche Spaltung in Deutschland rasant zunimmt. Der Soziologe Heinz Bude hat in einem gerade erschienenen Buch betont, dass sich dabei das Gesicht der Ungleichheit, da geht es nicht um Gleichheit, er stellt das Gesicht der Ungleichheit fest, wandle. Es geht heute darum, wer drin ist und wer draußen ist. Die Betroffenen nennt Bude die „Ausgeschlossenen“, ausgeschlossen aus der Gesellschaft. Es gibt auch den neuen Begriff „das abgehängte Prekariat“ und das, meine Damen und Herren von der CDU, das können Sie auch nicht wollen. Erwerbsarbeit ist längst keine Garantie mehr, nicht zum Prekariat zu gehören, nicht arm zu sein. Mein Thema ist „Arm trotz Arbeit“. Das wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Institut der Hans-BöcklerStiftung hat ermittelt, dass in Deutschland 32 Prozent aller Vollbeschäftigten eine Anstellung im Niedriglohnbereich haben. Das heißt, sie beziehen weniger als 75 Prozent des durchschnittlichen Bruttolohns. Bei 2,5 Mio. dieser Beschäftigten lagen die Einkommen sogar unterhalb der 50-Prozent-Marke und Thüringen ist aufgrund der besonders niedrigen Löhne stark betroffen. Im IAB-Betriebspanel, was jetzt herausgegeben wurde, wird mitgeteilt, dass in Thüringen die Ost-West-Lohnangleichung seit 1996 „ausgeblieben ist“. Die Quote stagniert seitdem bei 71 Prozent West, weil Thüringen flächendeckend Niedriglohnland ist. Im Jahre 2006 erhielten bundesweit bereits 880.000 Erwerbstätige neben ihrem Lohn Arbeitslosengeldleistungen, also Arbeitslosengeld II. Im Jahre 2007 stieg ihre Anzahl noch einmal auf durchschnittlich 1,3 Mio. und das ist eine Zunahme um 48 Prozent. In Thüringen ist es so, dass trotz einer Vollzeitarbeitsstelle 22.000 Menschen noch von Hartz IV abhängig sind. Besonders betroffen - auch das wissen Sie - sind hier in Thüringen Frauen. Auch Menschen mit vermeintlich sicheren und gut bezahlten Arbeitsplätzen geraten inzwischen zunehmend unter Druck, denn der Trend geht in Richtung prekärer Beschäftigung. Der Kollege Pilger hat schon was dazu gesagt. Ich will das nur in einigen Stichworten untermauern. Niedrige Löhne, Abbau sozialversicherungspflichtiger Stellen,
Mini- und Midijobs, zeitlich befristete Anstellungen, Zunahme von Leiharbeit, Auslagerung von Geschäftsbereichen und Scheinselbständigkeit müssen hier schon genannt werden. Wenn gesagt wird, wir haben einen Zuwachs an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung - das ist richtig -, dann überprüfen Sie mal die Qualität dieser Arbeitsplätze, weil mehr als die Hälfte dieser Arbeitsplätze prekäre Beschäftigungsverhältnisse beinhalten. In dem IAB-Betriebspanel, was ich gerade angesprochen habe, kann man auf Seite 13 noch mal nachlesen gerade zum Thema Leiharbeit, weil es hier auch eine Rolle gespielt hat: „Leiharbeit wandelt sich vom Instrument einer Reaktion auf einen Nachfrageboom zu einem Instrument dauerhafter Kostensenkung.“ Das, glaube ich, kann nicht gewollt sein. Unsicherheit und die Angst vor Armut sind damit in der Mitte der Gesellschaft angekommen mit dramatischen Folgen. „Unsichere Arbeit, unsicheres Leben“, so lautete der Titel einer Anhörung meiner Fraktion im Februar. Droht die Beschäftigungsperspektive zu schwinden, stehen Lebensentwürfe auf der Kippe - das war ein Fazit. Wir haben hier eine Dokumentation zusammengestellt. Ich hätte sie gern dem Wirtschaftsminister gegeben, Frau Ministerin Lieberknecht, aber ich gebe sie Ihnen, er ist ja eh nicht da, und ich glaube, das ist auch ein Stück weit Analyse und auch Handlungsstrategie, die daraus entnommen werden kann.
Wir wissen, meine Damen und Herren, dass Ungelernte und gering Qualifizierte ein hohes Armutsrisiko tragen. Es handelt sich aber nicht nur um ein Problem abhängig Beschäftigter. Bei den Selbstständigen ohne Mitarbeiter leben heute 10 Prozent unterhalb der Armutsgrenze. Freiberufler, vor allem im Weiterbildungsbereich, können von Honorarverträgen oft nicht mehr existenzsichernd leben. Gleiches gilt übrigens für den Wissenschaftsbereich, weil es Dauerbeschäftigung in Vollzeit im Grunde nur bei Professoren gibt. Befristete Arbeitsverhältnisse, Teilzeit, Praktika sind anstelle des Normalarbeitsverhältnisses gegeben. Sie finden hier drin, Frau Ministerin, auch eine Dokumentation von genau einem Kollegen der Friedrich-Schiller-Universität in Jena, der zu diesem Thema gesprochen hat.
Thüringen nimmt, wie schon gesagt, im bundesweiten Vergleich leider eine negative Spitzenposition als Niedriglohnland ein. Das hat angesichts des zunehmenden Fachkräftebedarfs große Auswirkungen. Ich sage Ihnen, das ist schon längst zum Standortnachteil geworden. Denn die Initiative Re-Thüringen wird nicht funktionieren, wenn Pendler oder potenzielle Rückkehrer als Fachkräfte in Thüringen deutlich weniger verdienen als im Westen. Der Kollege Pilger hat es schon gesagt, selbst der Wirtschaftsminister hat das ja jetzt verstanden und fordert plötzlich ein höheres Lohnniveau.
Ich kann es Ihnen nicht ersparen, dass ich an dieser Stelle noch einmal nachdrücklich unsere Forderung nach einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn aufmachen will. In Frankreich wurde gerade jetzt der Mindestlohn fortgeschrieben, im Übrigen auf 8,71 €, und ich denke, da kann man schon mal schauen, da sind französische Verhältnisse vielleicht Maßstab auch für eine Entwicklung in Deutschland.
Die Argumente dazu sind mehrfach ausgetauscht. Sie von der CDU wollen keinen gesetzlichen Mindestlohn, allen voran der Thüringer Ministerpräsident. Ich will Ihnen aber eines sagen und möchte gern den früheren US-Präsidenten Franklin Roosevelt zitieren, der hat nämlich 1933 gesagt, ich zitiere mit Ihrer Genehmigung: „Unternehmen, deren Existenz lediglich davon abhängt, ihren Beschäftigten weniger als einen zum Leben ausreichenden Lohn zu zahlen, sollen in diesem Land kein Recht mehr haben, weiter ihre Geschäfte zu betreiben.“
Wir brauchen einen gesellschaftlichen Konsens, dass man von Vollzeit leben können muss, dass Arbeit nicht arm macht.
Viele negative Folgen sind schon benannt worden. Ich will das hier nicht wiederholen. Das ist schlimm, aber eins möchte ich Ihnen noch sagen. Noch schlimmer ist in meinen Augen die Abhängigkeit, in die sich Menschen aufgrund von Armut begeben. Abhängigkeit in der Familie, aber auch Abhängigkeit vom Staat. Armut ist eben mehr als Einkommensarmut. Sie berührt alle Lebensbereiche. Dass aber heute mit Armut und Abhängigkeit eine Entwürdigung und Diskriminierung und auch Kriminalisierung von beispielsweise Hartz IV-Empfängern einhergeht, das kann ich Ihnen an dieser Stelle nicht ersparen. In der Öffentlichkeit ist bekannt, dass es nicht nur bei Lidl und Telekom unerhörte Überwachungsmaßnahmen gibt, sondern eben auch in besonderer Weise bei Hartz IV-Empfängern. Da ist ja einiges auch in der Öffentlichkeit bekannt geworden.
In der Beantwortung meiner Kleinen Anfrage in Drucksache 4/4097 wird deutlich, dass die Landesregierung ein starkes Anwachsen der sogenannten Hausbesuche konstatieren musste, aber im Übrigen kaum aussagefähig war. Wir, meine Fraktion, hat kürzlich zu einem Fachgespräch eingeladen, in dem Juristinnen, Betroffene und Erwerbslosenini
tiativen über ihre Erfahrungen mit der heutigen Überwachungspraxis gesprochen haben. Ich sage Ihnen, es ist haarsträubend, was sich dort zum Teil abspielt und wie Menschen von ARGEn und ihrem Außendienst und sogar von beauftragten Dritten, z.B. angeheuerten Detektiven, behandelt werden. Ich möchte exemplarisch an einem konkreten Beispiel deutlich machen, wovon ich spreche. Es handelt sich um einen Hartz IV-Bezieher aus Rudolstadt, der mich ausdrücklich gebeten hat, seine Situation hier öffentlich zu machen. Bevor es zu einem persönlichen Gespräch zwischen uns kam, bei dem er mir seine Geschichte erzählte und den Schriftverkehr mit der ARGE und die Aktenlage mit den Klagen und Urteilen zeigte, hat er mir folgende E-Mail geschrieben. Ich habe die leicht gekürzt, damit es nicht zuviel wird, aber das ist sein O-Ton, ich zitiere: „Ich habe Ihren Bericht über die Bespitzelung in ARGEn mit Verzweiflung gelesen. Bei mir ist das auch so, obwohl ich behindert bin. Ich quäle mich seit einem Jahr mit der ARGE herum. Ich habe in einem Dorf bei Rudolstadt als Untermieter mit schriftlichem Mietvertrag gewohnt. Meine Vermieterin ist 13 Jahre älter wie ich. Ab 01.07.2007 wurde ich aber mit ihr durch die ARGE ‚verheiratet’. Ich habe meine zwei Zimmer gehabt und die Küche und Bad habe ich mit benutzt. Leute in meinem Dorf wurden ausgehorcht und das alles hinter meinem Rücken. Es war immer eine reine Wohngemeinschaft. Ich habe vom 01.07.2007 bis zum 31.10.2007 keine Leistungen bekommen. Im Oktober 2007 war eine Gerichtsverhandlung, wo ich mich verpflichten musste, umzuziehen.“ Ich sage das mal, er hat einen Vergleich angenommen. „Vom 01.08. bis 01.12.2007 bekam ich keine Kosten der Unterkunft. Die Klage läuft noch. Im Juli 2007 habe ich gar keine Leistungen erhalten. Ich musste vier Monate betteln, dass ich überleben konnte. Vor kurzem musste ich kämpfen, dass meine Ehrenpension“ - er meinte die Opferrente von 250 € - „nicht mit in das Arbeitslosengeld II angerechnet wird. Ich stehe wieder unter Beobachtung. Ich fühle mich wieder verfolgt. Mein Trauma mit der Stasi ist in mir wieder hochgekommen. Ich habe sämtliche sozialen Kontakte verloren und leide unter Depressionen. Ich bitte um Hilfe. Niemand will mir helfen. Ich stehe ganz allein da.“ Soweit das Zitat, die konkreten Orte habe ich weggelassen. Meine Damen und Herren, ich nenne dieses Beispiel hier sehr bewusst und ich kann Ihnen sagen, wie sehr ich bewegt war während und nach diesem Gespräch. Ich habe den Mann gefragt, ob er weiß, wen er um Hilfe bittet und er wusste es.
Leider kann man altes Unrecht nicht aus der Welt schaffen. Unrecht ist Unrecht, aber man hat heute einen Vorteil, altes Unrecht ist schlimm und es ist Geschichte und unveränderbar. Aber hier und heute, darum bitte ich Sie, ich sage das ganz bewusst, ich, dass wir gemeinsam dafür sorgen, neues Unrecht
zu verhindern. Politik muss sich dafür einsetzen …
Ja, sagen Sie das dem Kollegen, der war bei mir. Warum ist er denn nicht zu Ihnen gegangen, Herr Wehner? Die Frage möchte ich Ihnen mal stellen. Weil er schon lange weiß, dass er von Ihnen keine Hilfe mehr kriegt.
Politik muss sich dafür einsetzen, dass Menschen, die in Armut leben ….
… dass Menschen, die in Armut leben,...
Politik muss sich dafür einsetzen, dass Menschen, die in Armut leben, Auswege aufgezeigt werden, dass sie konkrete Hilfe bekommen und nicht noch zusätzlich gedemütigt werden. Dieser Ansatz geht weit über eine notwendige Berichterstattung über die reale Situation in Thüringen hinaus. Das ist auch nicht nur eine Aufgabe der Sozialministerin.
Lassen Sie mich zum Abschluss den renommierten Journalisten und Chef des Innenressorts der Süddeutschen Zeitung Heribert Brandel zitieren. Er hat kürzlich geschrieben …
Es ist keine Arroganz. Ich hätte mich nicht hier hinstellen müssen, Herr Jaschke, und das sagen müssen. Da gehört auch ein bisschen was dazu. Ich weiß schließlich, wer ich bin, und ich kenne meine Verantwortung, die ich in der Vergangenheit hatte und zu der ich da stehe, und ich kenne die auch hier und heute. Deswegen habe ich es gesagt.
Jetzt noch mal das Zitat von dem Herrn Heribert Brandel zum Abschluss: „Der Armuts- und Reichtumsbericht ist ein Bericht zur Lage der Demokratie, weil eine Demokratie, in der immer mehr Menschen am gesellschaftlichen Rand leben, nicht gut funktionieren kann.“ Ich bitte Sie, das ernst zu nehmen. Ich beantrage die Überweisung beider Anträge an den Sozialausschuss namens meiner Fraktion.
Giftunfall im CD-Werk in Albrechts
Nach Medienberichten hat bei der CDA Datenträger Albrechts GmbH, die der landeseigenen Thüringer Industriebeteiligungsgesellschaft gehört, bereits im Januar 2008 ein Betriebsunfall stattgefunden, in dessen Folge ein Kontaktgift aus einer Klimaanlage ausgetreten ist. Bei mehreren Mitarbeitern sollen Vergiftungssymptome wie Kopfschmerzen, Lähmungen und Übelkeit bestanden haben. Erst drei Wochen nach dem Unfall wurde durch die CDA eine Materialprüfanstalt mit Untersuchungen an Komponenten der Klimaanlage beauftragt. Dem Thüringer Landesbetrieb für Arbeitsschutz und technischen Verbraucherschutz wurde der Unfall offenbar erst nach etwa sieben Wochen gemeldet.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Informationen liegen der Landesregierung über den Unfall im CD-Werk in Albrechts und den damit zusammenhängenden Folgeaktivitäten vor?
2. Wie schätzt die Landesregierung die Gefahren ein, die für Mitarbeiter der CDA, die Bevölkerung und die Umwelt bestanden?
3. Wie beurteilt die Landesregierung das Notfallmanagement der CDA-Geschäftsführung?
4. Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus dem Vorfall?
Herr Minister, wir haben das auch der Presse entnehmen können, aber vielleicht können Sie uns noch einmal sagen: In welcher Größenordnung wird es denn dort Landesförderung geben? Es würde mich schon zweitens interessieren: Kommt es aus der Städtebauförderung oder woher wird das jetzt eingesetzt?
Und der Fördermittelantrag ist noch nicht gestellt?
Im Zuständigkeitsbereich der ARGE Sömmerda soll innerhalb der vergangenen vier Wochen an einen Teil der ALG-II-Leistungsbezieher ein Schreiben der WGS Wohnungsgesellschaft Sömmerda mbH verschickt worden sein des Inhalts, dass zwecks Abgeltung von Nebenkostennachzahlungen die Adressaten bei einem Nachzahlungsbetrag von 100 € und mehr mit der ARGE einen „Ratenvertrag“ abschließen sollen. Außerdem werden die Betroffenen in der Information der Wohnungsgesellschaft aufgefordert, eine komplette Nebenkostenabrechnung für 2007 bei der ARGE einzureichen. Bei den Adressaten des Anschreibens handelt es sich nach meiner Information um Leistungsempfänger bzw. Mieter, deren Mietzins, eingeschlossen Nebenkosten, direkt von der ARGE an das Wohnungsunternehmen überwiesen wird. Nach geltender Rechtslage und Rechtsprechung (vgl. z.B. Urteil des Sozialgerichts Chem
nitz vom 29. Januar 2008 Az.: S 27 AS 3206/07 zu Betriebskostennachzahlung und Beschluss des Sozialgerichts Hildesheim vom 2. April 2008 Az.: S 13 AS 476/08 ER zu Heizkosten) hat die ARGE Nebenkostennachzahlungen für den Leistungsbezieher bzw. Mieter vollumfänglich in der tatsächlichen Höhe zu übernehmen. Da die Kosten für Unterkunft und Heizung im Falle der Betroffenen nach meiner Information direkt von der ARGE an das Wohnungsunternehmen in Sömmerda gezahlt werden, stellt sich hier vor allem die Frage nach der Notwendigkeit des o.g. „Ratenvertrages“.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Informationen liegen der Landesregierung zum oben geschilderten Vorgang im Zuständigkeitsbereich der ARGE Sömmerda vor?
2. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung unter rechtlichen Gesichtspunkten zum Handeln der ARGE Sömmerda im vorliegenden Fall, insbesondere mit Blick auf etwaige interne Durchführungsvorschriften der Bundesagentur und vorhandene Rechtsprechung von Sozialgerichten?
3. Welche vergleichbaren Vorgänge im Zuständigkeitsbereich der ARGE Sömmerda und darauf erfolgte Reaktionen von Betroffenen sind der Landesregierung aus früheren Jahren bekannt?
4. Gab es - soweit der Landesregierung bekannt - in anderen ARGEn oder optierenden Kommunen in Thüringen in entsprechend gelagerten Fällen eine vergleichbare Vorgehensweise?
Herr Minister, zwei Fragen habe ich. Erstens: Werden Sie, nachdem das jetzt in Sömmerda konkret geworden ist, aktiv werden mit Ihrer Fachaufsicht und das noch mal überprüfen, wie das in anderen Kreisen gehandhabt wird? Das wäre die erste Frage.