Protokoll der Sitzung vom 13.11.2008

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße unsere Gäste auf der Zuschauertribüne und begrüße auch die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Als Schriftführer hat neben mir Platz genommen der Abgeordnete Baumann. Die Rednerliste führt die Abgeordnete Meißner.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt Herr Abgeordneter Hausold und Herr Abgeordneter Nothnagel.

Ich möchte noch mal darauf hinweisen, dass heute UNICEF-Weihnachtskarten und -Kalender im Foyer verkauft werden.

Zur Tagesordnung möchte ich Ihnen folgende Hinweise geben: Der Bericht des Gleichstellungsausschusses zu den Punkten 24 a) und b) hat die Drucksachen-Nr. 4/4608.

Bitte, Abgeordneter Höhn, Antrag zur Geschäftsordnung.

Frau Präsidentin, ich möchte den Antrag stellen auf Änderung der Tagesordnung und möchte darum bitten, mit Dringlichkeit folgenden Antrag der SPDFraktion auf die Tagesordnung des heutigen Plenums zu setzen: „Offenlegung der Ergebnisse des Thüringen-Monitors 2008“. Die Landesregierung wird aufgefordert, die aktuellen Ergebnisse des ThüringenMonitors 2008 unverzüglich vorzulegen und dem Thüringer Landtag darüber zu berichten. Zur Begründung der Dringlichkeit bitte ich ums Wort.

Bitte, Herr Abgeordneter Höhn, ich erteile Ihnen das Wort zur Begründung der Dringlichkeit.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, heute Morgen ist ein schwerer Verdacht aufgekommen. Ja, Sie brauchen das Ganze nicht ins Lächerliche darzustellen. Wer heute morgen die verschiedenen Tageszeitungen aufgeschlagen hat, muss die Vermutung haben, dass die Thüringer Lan

desregierung - und an dieser Stelle sei besonders die Staatskanzlei erwähnt - nicht mehr als Regierung, sondern als CDU-Geschäftsstelle auftritt. Was ist passiert?

Meine Damen und Herren, am 30. Juli schon - also im Sommer dieses Jahres - kündigte die Staatskanzlei an, im November den Thüringen-Monitor mit üblicherweise Regierungserklärung auf die Tagesordnung des Landtags setzen zu wollen. Die vorläufige Tagesordnung, datiert mit dem 28.10., sah dies auch noch vor. Im Anschluss hat es ganz offensichtlich Interventionen gegeben von wem auch immer. Wir denken, dass das von der Staatskanzlei ausgegangen ist. Wer heute die „Thüringer Allgemeine“ und das „Freie Wort“ gelesen hat, ahnt auch, warum das geschehen ist; denn die inzwischen bekannt gewordenen Zahlen legen nahe, dass offensichtlich die Kompetenzfragen im Thüringen-Monitor, den ja noch niemand kennt, aber offensichtlich einige Teile der Presse schon, der Thüringer CDU an diesen Stellen weniger Kompetenz zuschreiben. Auch das war sicherlich der CDU bekannt und Grund dieser Intervention. Das lässt wirklich schwere Zweifel am Amtsverständnis in der Staatskanzlei aufkommen. Dieser Verdacht darf so wirklich nicht im Raum stehen bleiben. Deshalb stelle ich den Antrag namens meiner Fraktion, dass der eben von mir vorgetragene Antrag heute im Verlaufe der Tagesordnung nach den Gesetzen abgehandelt wird. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Möchte jemand gegen die Dringlichkeit sprechen? Bitte, Abgeordneter Mohring.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ja ganz schön verwunderlich. Da sind die Sozialdemokraten heute früh aufgestanden, lesen Tageszeitung und meinen, daraus ihren Politikanspruch für den Tag begründen zu können.

(Beifall CDU)

Das ist ja ein interessanter Moment. Wir nehmen das zur Kenntnis. Gute Christen stehen auf und beten erst mal, Sie stehen auf und schauen erst mal in die Zeitung und gucken, was Sie für Politik machen können.

Erst mal will ich eins klarstellen: Natürlich wird der Thüringen-Monitor beraten und hier veröffentlicht, aber es gibt doch eine gute Reihenfolge. Wenn der Regierungschef auch dazu sprechen soll, macht es

Sinn, dass ihm auch genügend Zeit gegeben wird, diesen Thüringen-Monitor so zur Kenntnis zu nehmen, dass er ihn hier auch sachgerecht vorstellen kann.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ein hal- bes Jahr dürfte reichen.)

Dann kommt dazu, meine sehr verehrten Damen und Herren, darauf will ich natürlich verweisen und daran auch Ihre Groteske dieses frühen Morgens noch einmal darstellen, wir haben dieses Plenum extra so erweitert, dass wir mittwochs anfangen zu tagen, weil wir noch über 11 Tagesordnungspunkte aus den vorangegangenen Plenartagungen zu bearbeiten haben. Wir haben zwar gestern seit Nachmittag, 14.00 Uhr, hier gesessen bis in die Abendstunden und haben es gerade geschafft, weil Sie sich auch sehr ausgebreitet haben bei wenig interessanten Tagesordnungspunkten, dass wir bis abends um 20.00 Uhr gerade drei Tagesordnungspunkte der alten Plenarsitzungen abgearbeitet haben. Wir haben diese Landesregierung zu diesen Plenartagen im November gebeten, dass diesem Landtag zunächst Zeit gegeben wird, die alten Tagesordnungspunkte, vor allen Dingen - und deswegen sitzen wir doch hier - auch in Aktualität die neuen Gesetzentwürfe, unter anderem am Freitagmorgen den Gesetzentwurf des Volksbegehrens für mehr Demokratie in Thüringer Kommunen, und auch alle Anträge der Opposition, aber auch der CDU, die zu diesem Plenum eingereicht sind, abzuarbeiten. Wenn dazwischen auch noch Regierungserklärungen kommen, und Sie wissen, dass die Debatten sehr ausführlich stattfinden sollen, dann bleibt für die übrigen Tagesordnungspunkte wieder kein Raum und dann machen wir Landtag quasi nicht aus Aktualität, sondern wir machen Landtag aus Vergangenheitsbewältigung. Das wollen wir nicht, wir wollen dieses Land gut voranbringen und deshalb arbeiten wir das jetzt ab und lehnen Ihren Antrag ab.

(Beifall CDU)

Ich lasse jetzt abstimmen über die Aufnahme dieses Punkts in die Tagesordnung. Wir müssen ebenso über die Fristverkürzung abstimmen, denn die genannte Vorlage wurde nicht in der nach § 51 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu entnehmenden Frist von sieben Tagen verteilt. Also beschließen wir nicht nur über die Aufnahme in die Tagesordnung, sondern auch über die Fristverkürzung gemäß § 66 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung. Diese Frist kann mit einfacher Mehrheit verkürzt werden, es sei denn, es widerspricht jemand. Gibt es Widerspruch? Ja, es gibt Widerspruch. Damit ist eine Mehrheit von zwei Dritteln erforderlich, wenn dieser Punkt in die Tages

ordnung aufgenommen werden soll.

Ich frage, wer ist für Fristverkürzung und Aufnahme in die Tagesordnung, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen Fristverkürzung und Aufnahme in die Tagesordnung, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gibt es Stimmenthaltungen? Keine. Damit ist die erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht erreicht und der Punkt wird nicht in die Tagesordnung aufgenommen.

Gibt es weitere Anträge zur Tagesordnung? Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich sie als angenommen fest und rufe auf den ersten Tagesordnungspunkt des heutigen Tages, das ist der Tagesordnungspunkt 1

Thüringer Gesetz über das Neue Kommunale Finanz- wesen (ThürNKFG) Gesetzentwurf der Landes- regierung - Drucksache 4/3954 - dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 4/4600 - ZWEITE BERATUNG

Das Wort hat Abgeordneter Kölbel aus dem Innenausschuss zur Berichterstattung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Abgeordnete und Gäste, der Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 4/3954 unter dem Titel „Thüringer Gesetz über das Neue Kommunale Finanzwesen“, besser bekannt unter dem Begriff „Doppikeinführung“, wurde per Beschluss des Landtags am 9. April 2008 federführend an den Innenausschuss und begleitend an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen.

Der Innenausschuss hatte zum Gesetzentwurf in seinen Sitzungen im April 2008, im Mai 2008 und zuletzt am 7. November 2008 beraten. Dazwischen erfolgte eine umfangreiche schriftliche Anhörung zum Gesetzentwurf. In vielfältigen weiteren Veranstaltungen, auch vom kommunalen Bereich in Thüringen veranlasst, konnten sich die Mitglieder des Ausschusses weiter in die umfängliche und teils problematische Materie vertiefen. Sie haben unter anderem Kenntnis genommen, dass eine Reihe Thüringer Kommunen bereits gut vorbereitet dieses neue kommunale Haushalts- und Rechnungswesen bei sich beginnen wollen. In seiner 62. Sitzung hatte der Innenausschuss mit großer Mehrheit sich für die Annahme des Gesetzentwurfs entschieden. Ein gleiches Votum hat am Vortag der Haushalts- und Finanzausschuss beschlossen. Dem Hohen Haus kann

ich deshalb die Beschlussempfehlung in Drucksache 4/4600 in diesem Sinne antragen. Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU)

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Kuschel, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Finanzsituation der Kommunen in Thüringen hat sich seit 2006 leicht verbessert, zugegebenermaßen auf sehr niedrigem Niveau. Nach wie vor liegt die Steuerquote der Kommunen noch bei rund 20 Prozent. Wir wissen, in den alten Bundesländern kann sie mit 30 Prozent herangezogen werden. Die Steuerkraft der Thüringer Kommunen ist im bundesdeutschen Vergleich immer noch sehr niedrig. Im Gegenzug besteht somit nach wie vor eine sehr hohe Abhängigkeit der Thüringer Kommunen von den Landeszuweisungen. Wir haben ein sehr hohes Niveau von Privatisierung und Verkäufen zu verzeichnen. Die Thüringer Kommunen veräußern jährlich Vermögen von rund 100 Mio. €, ohne dass sich dadurch aber die Finanzsituation grundlegend verbessert. Hinzu kommt, dass die Thüringer Kommunen aufgrund der Finanzsituation kommunale Leistungen kürzen müssen, aber auch die Belastung der Bürger zunehmend steigt. Die Investitionen, insbesondere zum Erhalt und zum Ausbau der kommunalen Infrastruktur, mussten zurückgefahren werden. Gegenwärtig investieren die Kommunen jährlich noch rund 600 Mio. €; wir waren mal bei 1,8 Mrd. in den 90er-Jahren, zugegeben, da wurde ein wesentlicher Investitionsstau auch abgearbeitet. Aber das Deutsche Institut für Urbanistik hat ermittelt, dass in den Thüringer Kommunen in den nächsten zehn Jahren etwa 15 Mrd. € zu investieren wären, um die Infrastruktur zu erhalten, also 1,5 Mrd. pro Jahr. Das heißt, die Kommunen investieren gegenwärtig nicht einmal 50 Prozent dessen, was notwendig wäre, um die Infrastruktur zu sichern. Da reden wir gar nicht darüber, dass hier auch nach wie vor noch erkennbare Infrastrukturlücken bestehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, an einzelnen Beispielen wird die prekäre Finanzsituation der Kommunen besonders deutlich. Ich verweise nur kurz auf die Situation in Suhl oder in Eisenach, in Zeulenroda-Triebes, wo sich die Stadt nicht mehr in der Lage sieht, für die kommunale Wohnungsgesellschaft eine Bürgschaft zu sichern, deshalb sollen dort die Wohnungen veräußert werden, oder in jüngster Zeit der Hilferuf aus dem Unstrut-Hainich-Kreis, der Bedarfszuweisungen angemeldet hat, die offenbar von der Landesregierung nicht gewährt werden. Die Si

tuation bei den Kommunen ist deshalb auch kompliziert und angespannt, weil die Finanzausstattung insgesamt nicht ausreichend ist. Wir wissen, beide föderale Ebenen des Bundes und des Landes tragen hier Verantwortung, der Bund, weil die Gemeindefinanzreform keine ausreichenden kommunalen Steuereinnahmen sichert - wir hoffen, dass im Rahmen der Föderalismusreform II hier weitere Nachbesserungen erfolgen -, das Land, weil wir natürlich nach wie vor Probleme mit dem Kommunalen Finanzausgleich haben. Ich darf in diesem Zusammenhang an die Klage des Gemeinde- und Städtebundes oder einzelner Gemeinden und Städte gegen den neuen Finanzausgleich erinnern. Klar, die Situation beim Land ist nicht besser; auch das ist bekannt. Wir haben eine hohe Verschuldung mit über 15 Mrd. €. Da von Rücklagen zu sprechen, wie das die Finanzministerin macht, um so den Eindruck zu erwecken, es ist alles in Ordnung, ist natürlich ganz schön weit hergeholt,

(Zwischenruf Diezel, Finanzministerin: Sie wollen doch mehr Schulden ma- chen.)

weil so der Eindruck erweckt wird, dem Land geht es gut und die CDU-Landesregierung hat alles richtig gemacht. Dass 2007 keine Landesverschuldung in Anspruch genommen werden musste, ist kein Verdienst der Landesregierung, denn in ihren eigenen Finanzplanungen hatte sie noch eine Kreditaufnahme von 1 Mrd. € vorgesehen. Das ist also durch andere Entscheidungen zustande gekommen und Sie haben davon profitiert. Nichtsdestotrotz, während die Kommunen aus ihrer prekären Finanzsituation immer noch das Beste für die Bürger herausholen, sind Sie auf Landesebene vollkommen gescheitert und das Land steht vor der finanziellen Handlungsunfähigkeit.

(Unruhe CDU)

In dieser Situation, meine sehr geehrten Damen und Herren, diskutieren wir nun über die Einführung der Doppik, einer neuen Haushaltssystematik, die angeblich jetzt alle Probleme lösen soll. Seit Jahren wird über diese Einführung der Doppik diskutiert. Es gab eine Verständigung innerhalb der Bundesinnenministerkonferenz. Wir sind das letzte Bundesland, das jetzt diesen Schritt geht. Die Befürworter der Doppik hoffen auf mehr Effizienz. Manche Fanatiker sprechen schon voller Ehrfurcht von dem „Konzern Stadt“. Damit wird natürlich deutlich, was gemeint ist, alles kommunale Handeln soll in Produkte definiert werden, das neoliberale Gesellschaftskonzept wird hier mehr als deutlich. Aber die Finanzkrise, in der wir uns befinden, zeigt natürlich, dass dieses neoliberale Konzept zumindest in der Krise ist. Im Finanzbereich ist es vollkommen gescheitert, inwieweit es in der Realwirtschaft noch Bestand haben wird, werden die nächsten Wochen, Monate, vielleicht auch Jahre zei

gen. Also der Neoliberalismus allein kann sicherlich nicht die Lösung darstellen.

Unbestritten ist, dass nicht alles kommunale Handeln in Produkte gefasst werden kann. Die Vergabe eines Kfz-Kennzeichens - das ist unstrittig - kann man durchaus in einem Produkt erfassen, bei der Betreuung eines Sozialgeldempfängers wird es schon kompliziert, das als Produkt zu definieren. Manche Produkte, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden natürlich von den Bürgern nur sehr schwer zu akzeptieren sein und auf wenig Verständnis stoßen. Der Erlass eines Bußgeldbescheides wegen falschen Parkens, das werden Sie dem Bürger nicht als angenehmes Produkt verkaufen können, sondern das wird er immer als ordnungsbehördliches Handeln empfinden, mehr oder weniger. Die einen haben Verständnis dafür, die anderen können die Rechtsmittel ausschöpfen.

Die Doppik bringt nicht mehr Geld in die Kommunen, sie löst die finanziellen Probleme nicht, aber sie kann möglicherweise die Finanzprobleme deutlicher sichtbar machen. Das wäre auch schon was, aber nur dann wäre es hilfreich, wenn aufgrund der Verdeutlichung der Finanzkrise entsprechende Reaktionen erfolgen. Da wissen wir, da können die Kommunen ihren Beitrag leisten, aber genauso sind das Land und der Bund in der Verantwortung.

Insgesamt - das zeigen die Erfahrungen der Länder, die bereits die Doppik zur Anwendung bringen - ist die Doppik eher ein System für verliebte Kämmerer oder für solche Leute wie mich, die sehr gern mit den Zahlen jonglieren

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das stimmt.)

(Zwischenruf Diezel, Finanzministerin: Ganz genau, das stimmt!)

und versuchen, damit Politik abzubilden. Aber darum geht es ja nicht. Wir wollen kein System, das nur wenige durchschauen und beherrschen, sondern wir wollen ein System, das auf Akzeptanz bei den Bürgern stößt, und wir wollen natürlich eine Finanzausstattung bei den Kommunen, die sie in die Lage versetzt, ihre zugewiesenen Aufgaben sachgerecht zu erfüllen.

(Beifall DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die stärkere Beachtung des Vermögens auf der kommunalen Ebene im Rahmen der Haushaltswirtschaft ist durchaus sinnvoll. Die Frage stellt sich nur, brauchen wir dafür die flächendeckende Einführung der Doppik, und zwar zum jetzigen Zeitpunkt? Wir wissen, ein Teil

des kommunalen Handelns wird bereits unter Einbeziehung des Vermögens abgebildet, so in den Eigenbetrieben. Wir sprechen auch dort von der erweiterten Kameralistik oder von der Kosten-Leistungs-Rechnung. Überall dort, wo Entgelte kalkuliert werden, Gebühren, da wird bereits die Vermögensseite mit berücksichtigt. Wir halten den Zeitpunkt der Einführung der Doppik für fragwürdig, und zwar weil wir die Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform in Thüringen noch nicht abgeschlossen haben. Sie müssen hier noch mal erklären, warum wir jetzt den Gemeinden die Möglichkeit eröffnen, ihr Haushaltssystem umzustellen und in den nächsten Jahren wird es unstrittig noch erhebliche Strukturveränderungen auf der kommunalen Ebene geben.

Wir haben es hier mit hohen Einführungskosten zu tun. Allein der Ilm-Kreis - dort bin ich Kreistagsmitglied - muss für die erste Phase der Einführung nur für Software und Schulung über 500.000 € aufbringen. Die Erfahrungen von 1993/94, als in Thüringen schon einmal eine grundlegende Strukturveränderung auf der kommunalen Ebene stattgefunden hat, haben gezeigt, dass nach den Strukturveränderungen viele Systeme, die damals im Bereich der EDV zur Anwendung gekommen sind, nicht miteinander zu vernetzen waren. Das heißt, es sind im erheblichen Maße weitere Umstellungskosten dann entstanden. Aus diesen Erfahrungen heraus sollten wir tatsächlich überlegen, ob wir nicht erst im Zusammenhang mit einer Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform diese Doppik auch auf der kommunalen Ebene einführen. Der Versuch, abgestimmte Softwaresysteme einzusetzen - das hat die Beratung im Haushalts-, aber auch im Innenausschuss gezeigt -, ist gescheitert, ist auch gescheitert am Widerstand der kommunalen Ebene, die in der Regel nicht bereit war, sich von ihren jetzigen Vertragspartnern im Bereich der EDV zu verabschieden. Ich bin davon überzeugt, mit einer zielgerichteten Förderung des Landes wären da andere Ergebnisse erzielbar gewesen. Das hätte in der Folge Kosten gespart, auch wenn es erst einmal dem Land Kosten verursacht hätte. Also in der Folge hätte man Kosten einsparen können. Die Anhörung hat auch gezeigt, dass die beratende Firma in diesem Bereich, nämlich die Mittelrheinische Treuhand - die begleitet uns in diesem Lande schon über viele, viele Jahre -, nicht bei allen tatsächlich so angekommen ist. Der Bürgermeister von Heiligenstadt hat in seiner Stellungnahme an den Innenausschuss erhebliche Kritik an der Arbeit der Mittelrheinischen Treuhand geübt. Die Mittelrheinische Treuhand wurde nach unserem Kenntnisstand vom Land ausgewählt, in diesem Prozess die beratende Funktion durchzuführen. Offenbar war damit die kommunale Ebene zumindest nicht in Gänze einverstanden.

Wir haben auch damit Probleme, dass die Landesregierung beabsichtigt, die Doppik als Optionsmodell