Frank Kuschel

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Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir ändern heute zum wiederholten Mal das Kommunalabgabengesetz. Ich habe aufgehört, die Anzahl der Änderungen zu zählen, ich weiß nur von den Kommentatoren, dass diese überhaupt nicht nachkommen, die Kommentare rechtzeitig zur Druckerei zu bringen. Nämlich bevor sie bei der Druckerei angekommen sind, sind sie schon nicht mehr das Papier wert, auf dem sie stehen, weil der Gesetzgeber erneut gehandelt hat oder handeln musste. Diesmal müssen wir handeln, weil das Verfassungsgericht den ursprünglichen Entwurf oder das ursprüngliche Gesetz der CDU gekippt hat. Das erzeugt natürlich Verunsicherung bei allen Beteiligten, bei den Aufsichtsbehörden, bei den Aufgabenträgern, bei den Gemeinden und bei den Bürgern. Eine Ursache ist, dass in den vergangenen Jahren insbesondere die Regierungsfraktion sich geweigert hat, tatsächlich in diesem Bereich eine Reform auf den Weg zu bringen, die den Namen verdient hat und sich von einem Finanzierungsinstrument zu verabschieden, das im 19. Jahrhundert entwickelt wurde und vielleicht damals seine Berechtigung hatte. Sie können natürlich nicht die Probleme des 21. Jahrhunderts mit Methoden und gesetzlichen Regelungen des 19. Jahrhunderts lösen, das wird immer schiefgehen. Die CDU bezeichnet oder definiert sich selbst als die Partei, die Thüringen weiterhin auch im 21. Jahrhundert führen will. Aber da müssen Sie zumindest bereit sein, die Instrumente des 19. Jahrhunderts endlich im Museum zu lassen und sich damit zu beschäftigen, wie Sie sich den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts stellen. Das machen Sie nicht, Sie halten am System weiter fest. Deshalb wird es wieder dazu führen, da braucht man kein Prophet zu sein, dass sich in absehbarer Zeit wieder Gerichte mit diesem Gesetz beschäftigen.
Aus ideologischen Gründen waren Sie ja nicht mal bereit, einige Detailfragen zu klären, die einfach nur Vollzugsprobleme betreffen. Ich werde dann noch an der einen oder anderen Stelle darauf eingehen.
Ihre Politik ist geprägt von einem Wechselbad aus Schockstarre und hektischen Aktivitäten, dann leiten Sie außergewöhnliche Maßnahmen ein, dann bedienen Sie sich einer rigorosen Rhetorik und beschwörender Gesundbeterei. Was allerdings im Ansatz überhaupt fehlt, wäre mal etwas Selbstkritik, ein ganz klein wenig Selbstkritik, und zwar zu den
Fehlleistungen dieser Misere, die Sie hier verursacht haben.
Auf dem Rücken der Bürger wird diese Misere ausgetragen. Wie verunsichert Sie sind und überhaupt nicht bereit sind, dort auch mit den Bürgern in den Dialog zu treten, macht das bisherige parlamentarische Verfahren erneut deutlich. Da weigern Sie sich, eine mündliche öffentliche Anhörung durchzuführen. Der „arme“ Herr Kölbel muss da nun als Berichterstatter erklären „aus Zeitgründen“ und hat so beschämt nach unten geschaut, weil er natürlich weiß, dass der Unterschied zwischen der schriftlichen Anhörung und der mündlichen Anhörung kein zeitliches Problem darstellt.
Aber der Vorteil der mündlichen Anhörung wäre gewesen, wir hätten mit den Sachverständigen in den Dialog treten können. Das war bei der schriftlichen Anhörung nicht der Fall. Sie haben eine öffentliche Debatte verhindert. Eine öffentliche Debatte wäre aber notwendig, weil dieses komplizierte System der Kommunalabgaben einer hohen Akzeptanz bei den Bürgern bedarf. Die erreicht man nur durch Transparenz und durch Öffentlichkeit. Wenn Sie aber nicht einmal zu einem Gesetzgebungsverfahren diesen öffentlichen Dialog wollen, da brauchen wir uns nicht zu wundern, dass die Zweckverbände ihrer Informationspflicht vor Ort nicht nachkommen, weil die sagen: Wenn der Gesetzgeber alles hinter verschlossenen Türen machen kann, warum sollen wir da ein anderes Maß an Transparenz an den Tag legen. Ihr hilfloser Versuch, die Innenausschuss-Sitzung als öffentliche Ausschuss-Sitzung zu Beginn zu definieren, wo die Öffentlichkeit gar nicht darüber informiert war, dass es eine öffentliche Ausschuss-Sitzung geben würde, war auch nur der Versuch, dass Ihr Versagen bei den demokratischen Spielregeln im Gesetzgebungsverfahren nicht weiter in der Öffentlichkeit thematisiert wird.
Wir haben mit dem jetzigen Verfahren erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Deshalb haben wir heute zu Beginn der Sitzung den Antrag gestellt, diesen Tagesordnungspunkt abzusetzen. Wir wollten der einreichenden CDU-Fraktion die Möglichkeit geben, die Verfahrensfehler zu heilen, die aus unserer Sicht gemacht wurden und die wieder zur Nichtigkeit des Gesetzes führen könnten. Das wollen wir ja verhindern. Wir wollen verhindern, dass wieder in zwei oder drei Jahren das Verfassungsgericht das Gesetz für nichtig erachtet, weil Verfahrensfehler begangen wurden.
Herr Fiedler hat in einer persönlichen Erklärung hier zu seinem Abstimmungsverhalten einfach behauptet, es gibt keine Verfahrensfehler. Das ist natürlich kein überzeugendes Argument. Deshalb will ich noch einmal aus unserer Sicht unsere verfassungsrechtlichen Bedenken darstellen. Dann hat sicherlich Herr Fiedler auch noch einmal Gelegenheit, darauf zu reagieren.
Die CDU macht eine schriftliche Anhörung. Innerhalb der schriftlichen Anhörung regen auch die kommunalen Spitzenverbände an, über die Frage zu diskutieren, ob das Gesetz nicht zum 01.01.2005 rückwirkend in Kraft gesetzt werden könnte - mehr nicht. Diesen Vorschlag greift die CDU auf - sie ist ja selbst Einreicher des Gesetzentwurfs - und legt zur Innenausschuss-Sitzung - schon das ist eine Brüskierung der anderen Fraktion, weil die nicht mal die Chance hatten, innerhalb der Fraktionen sich mit diesen Änderungsanträgen auseinanderzusetzen - einen Änderungsantrag vor, der diese rückwirkende Inkraftsetzung regeln soll.
Kein Mensch weiß aber, ob die gesetzgeberische Umsetzung dieser Anregung der Spitzenverbände tatsächlich auch dem Anliegen der Spitzenverbände entspricht. Deshalb hat das Verfassungsgericht 2004 gefordert - und wir haben sogar die Geschäftsordnung des Landtags, ich glaube § 79 ist das, dahin gehend geändert -, dass bei solchen Änderungen die Spitzenverbände nochmals anzuhören sind, damit wir hier in der Debatte einschätzen können, ob die Änderungsanträge den Anregungen in der Anhörung entsprechen. Das machen wir aber nicht, weil die CDU es nicht will. Das kann dazu führen, dass es wieder gekippt wird, denn die Umsetzung ist dann sehr widersprüchlich. Sie setzen jetzt das Gesetz rückwirkend zum 01.01.2005 in Kraft, aber die Erstattungsleistungen an die Gemeinden und Zweckverbände verbleiben beim frühesten Zeitpunkt 2010. Das ist doch eine Einladung an die Gemeinden und Zweckverbände, erneut zum Verfassungsgericht zu gehen und zu sagen, liebe Leute, warum erhalten wir denn nicht vom 01.01.2005 an diese Erstattungsleistungen im Bereich Tilgung? Sie haben ja nur geregelt, dass die Erstattungsleistungen im Bereich Zinsen gezahlt werden, aber nicht im Bereich Tilgung. Aber gerade dieser Punkt, die Nichterstattung der Tilgungsleistungen, war der Hauptpunkt, weshalb das Verfassungsgericht das Gesetz für verfassungswidrig erklärt hat. In einer solchen Situation, bei einem solchen Regelungsgegenstand regeln Sie das so widersprüchlich und hören die Betroffenen nicht mal mehr an und zerren hier das Gesetzgebungsverfahren durch und verlangen von uns, dass wir dem einfach zustimmen. Wir wollen die Poli
tik nicht nach Weimar verlagern zu neun Verfassungsrichtern, sondern wir haben hier die Politik im Haus zu machen.
Wenn Sie nicht mehr wollen, dann müssen Sie einfach gehen. Ich glaube, jeder Jurastudent, der im ersten Semester in seiner Klausurarbeit so einen Unsinn machen würde, würde aus dem Studiengang rausgeschmissen. Das ist ja das Enttäuschende, dass wir einen Innenminister haben, der Jurist ist, der aber offenbar überhaupt keine Beziehung mehr zu seiner Fraktion hat. Es kann natürlich auch sein, er will die Fraktion bewusst wieder ins Messer laufen lassen, damit er dann besser dasteht.
Anders ist das nicht zu erklären, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist einfach verantwortungslos. Ich kann nur an Sie als Jurist appellieren: Machen Sie das doch.
Sie sind ja auch ein falscher Thüringer, dass will ich mal betonen. Ich bin da tolerant. Andere sagen übrigens, Sie wären ein falscher Fünfziger, aber das würde ich nicht sagen, aber falscher Thüringer, das müssen Sie sich vorhalten lassen, die Debatte haben andere auf den Weg gebracht.
Aber hier geht es doch um eine fachliche Sache. Da sollten Sie tatsächlich mit der einreichenden Fraktion noch mal in Klausur gehen und ihnen die Verfassungsgrundsätze erklären.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben jetzt die einmalige Chance, aus diesem Beitragssystem auszusteigen, ein System, das im 19. Jahrhundert, ich wiederhole es noch mal, in Preußen entwickelt wurde. Damals war es unstrittig so, dass sich durch Investitionen im Wasser-, Abwasser- und Straßenbereich die Situation am Grundstück, was die Erschließungssituation betrifft, geändert hat. Wir thematisieren ja nicht die Ersterschließung nach Baugesetzbuch. Da sind wir uns auch einig, da muss der Grundstückseigentümer die entsprechenden Kosten anteilig tragen. Hier geht es aber um die Bestandsgrundstücke, die baulich oder gewerblich seit Längerem genutzt werden.
Das Verfassungsgericht hat doch gesagt, die Abschaffung der Wasserbeiträge ist verfassungskonform. Warum steigen wir also nicht in eine Diskussion ein, auch beim Abwasser und bei der Straße diese Beiträge abzuschaffen? Die gibt es nirgends mehr in Europa. Wenn wir von Rechtsharmonisierung in Europa reden, dann müssen wir uns doch von solchen deutschen Eigenarten, die Ulkigkeiten sind, verabschieden. Sie müssen sich mal vorstellen, der Bürger bezahlt Steuern, für die Inanspruchnahme bezahlt er Gebühren und dann soll er ganz abstrakt für die Möglichkeit der Inanspruchnahme noch mal einen Kostenanteil übernehmen. Das ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Die Europäische Union verlangt von den Mitgliedsländern, alle Entgeltsysteme nach dem Äquivalenzgrundsatz zu gestalten, also der, der es in Anspruch nimmt, soll es zahlen. Das ist ja die Ermächtigung für die Autobahnmaut und dergleichen. Überall geht man dazu über, dass der, der es in Anspruch nimmt, auch entsprechend zahlt. Das ist nun mal bei leitungsgebundenen Einrichtungen der Verbrauch und nicht die Möglichkeit der Inanspruchnahme. Zum Schluss kommen wir noch auf die Idee und sagen, weil wir hier den schönen Landtag gebaut haben, hier 88 Abgeordnete arbeiten können, muss jeder Thüringer erst einmal 1.000 € auf den Tisch legen, weil er diesen Landtag irgendwann mal in Anspruch nehmen kann. Ob er es dann macht oder nicht, ist seine Sache. Es ist doch so weit weg vom realen Leben, das müssten selbst Sie feststellen, die sehr wertkonservativ sind, dass das nicht mehr zeitgemäß sein kann. Sie brauchen jetzt 1,8 Mrd. €, um das System dieser Beitragserhebung aufrechtzuerhalten. Diese Beitragserhebung im Abwasserbereich ist auch nicht mehr in Thüringen flächendeckend. Die Hälfte der Thüringer Bürger, 1,1 Mio., sind nicht mehr von der Beitragserhebung betroffen, weil 47 Aufgabenträger diese Form der Refinanzierung ihrer Investitionen nicht mehr zur Anwendung bringen. Also nur noch die andere Hälfte, nur noch 1,1 Mio. sind überhaupt betroffen. Da muss doch die Diskussion gestattet sein, wenn das für die eine Hälfte geht, warum nicht auch für die andere Hälfte dies zur Anwendung gebracht wird. Wir brauchen jetzt 1,8 Mrd. €, um das System aufrechtzuerhalten. Wenn wir das System abschaffen würden - hier haben wir Änderungsanträge gestellt, Vorschläge gemacht, das ist auch nicht zum Nulltarif zu haben, weil Ihre Politik, Sie haben Dinge vor die Wand gefahren, unterirdisch sieht keiner, es geht ja um Leitungen, aber Sie haben es richtig vor die Wand gefahren, das kostet so viel Geld, aber unsere Vorschläge würde nur 700 bis 800 Mio. € kosten und nicht 1,8 Mrd. €. Wir hätten endlich Ruhe. So haben wir die Ruhe nicht, ich weiß, auch der 5. Thüringer Landtag wird sich, bin ich mir sicher, sehr oft mit diesem Bereich zu beschäftigen haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Titel „Beitragsbegrenzungsgesetz“ ist Zynismus pur und eine Verhöhnung der Öffentlichkeit.
Sie reden den Leuten ein, Sie würden jetzt die Beiträge begrenzen, Sie machen etwas anderes und deshalb wäre der richtige Titel „Beitragsermächtigungsgesetz“ oder so ähnlich. Sie laden die Aufgabenträger im Bereich der Abwasserentsorgung ein, weiter zu investieren. Sie haben bisher 3,5 Mrd. € investiert. Dort mussten wir 1,5 Mrd. € fördern. 1,1 Mrd. € sind Beiträge bezahlt worden, der Rest geht über Gebühren oder Kredite. Jetzt kommen noch einmal 3,5 Mrd. €. Die Fördermittel werden nicht mehr 1,5 Mrd. € betragen, das werden weniger werden. Da ist es doch keine übertriebene Hochrechnung, wenn man sagt, da steht noch einmal 1 Mrd. € Beiträge mindestens im Raum. Das müssen Sie den Bürgern sagen. Da ist doch Ihr Titel falsch. Beim Straßenausbau, den Sie nicht anfassen, drohen 240 Mio. € nur durch die rückwirkende Erhebung für Maßnahmen aus den 90erJahren. Sie sitzen hier und sagen, hier lösen Sie nicht ein Problem. In den 90er-Jahren werden einfach Straßen gebaut und nach 10 bis 15 Jahren sollen die Thüringer 240 Mio. € dafür bezahlen. Das bezeichnen Sie dann noch als seriöse Politik. Ich weiß nicht, ich habe davon andere Vorstellungen. Jeden Bürgermeister würde man zum Dorf hinausjagen, der so agieren würde. Aber Sie produzieren die Konflikte auf kommunaler Ebene und freuen sich dann, wenn die sich die Köpfe einhauen. Das ist auch keine seriöse Politik. Das ist eine Irreführung der Öffentlichkeit. Es ist aber ein Umsteuern noch möglich. 3,5 Mrd. € sollen erst noch investiert werden und das vorrangig in Leitungen. Wenn wir endlich umstellen von zentralen Anlagen auf dezentrale grundstücksbezogene Gruppenlösungen, dann ist es tatsächlich möglich, einen Großteil dieser 3,5 Mrd. € zu sparen.
Jetzt haben Sie so eine Investitionsbremse eingesetzt. Erst einmal unterstellen Sie den Kommunen oder gestehen es ein, dass Sie bisher zu groß gebaut haben. Das kann aber nicht sein, weil die Abwasserbeseitigungskonzepte das Land - alles als Fachaufsichtsbehörde - genehmig hat. Das durften die Zweckverbände überhaupt nicht allein machen. Jeder Haushalt des Zweckverbandes wird durch die Rechtsaufsichtsbehörde, das ist eine Landesbehörde, genehmigt. Jede Kreditaufnahme wird durch das Land genehmigt, kein Zweckverband kann einen Kredit ohne Land aufnehmen. Dann stellen Sie sich hier hin und sagen, die jetzigen Investitionen, das war alles nicht so sachgerecht, jetzt bauen wir mal eine Investitionsbremse ein. Das ist auch nicht seriös. Sie haben das alles mit verursacht. Klar haben auch Kommunalpolitiker, das weiß ich - Herr von der Krone ist in der CDU-Fraktion, dafür auch das Beispiel -,
natürlich auch manchmal von den Zweckverbänden gefordert, weil sie hier die Straße machen, macht doch gleich Kanal und Wasserleitung, das ist alles okay. Das ist ein Wechselspiel. Aber jetzt einfach zu sagen, durch so eine gesetzliche Investitionsbremse lösen wir das Problem, das wird nicht zum Ziel führen, sondern was zum Ziel führt, ist eine Umstellung auf eine reine Gebührenfinanzierung. Dann entsteht Kostentransparenz, dann wissen die Leute, was kostet denn das Abwasser. Sie wissen es nämlich jetzt nicht, weil wir die Beiträge haben, wir haben die Grundgebühr, wir haben die Schmutzgebühr und wir haben die Oberflächenwassergebühr, so dass keiner mehr nachvollziehen kann, wie denn überhaupt die Kostenstruktur des Aufgabenträgers ist. Wenn man aber nur noch die Gebühren hat, können wir auch einen ordentlichen interkommunalen Vergleich machen. Dann können wir überprüfen, warum im Ilmenauer Zweckverband die Abwasserbeseitigung um 30 Prozent kostengünstiger ist als im Arnstädter Zweckverband. Da kann man mal darüber diskutieren. Aber so ist diese Diskussion immer schwierig, weil wir diese vier Säulen der Finanzierung haben. Dass es eine Einladung an die Zweckverbände ist, jetzt auf Teufel komm raus noch mehr zu investieren, will ich Ihnen an einer Debatte im Abwasserzweckverband Arnstadt festmachen, noch einmal erläutern; ich hatte das schon während der ersten Lesung gemacht. Dort waren wir so weit als Verbraucherbeirat, dass der Abwasserbeitrag gesenkt wird von 3,40 € auf 2,65 pro Quadratmeter gewichtete Fläche. Jetzt sagt der Zweckverband, wir wären doch doof, den Beitrag zu senken - je höher der Beitrag, umso höher sind die Erstattungsleistungen des Landes. Das ist die Wirkung Ihres Gesetzes, genau das ist die Wirkung Ihres Gesetzes. Da werden wir nicht mitmachen. Ich kann Ihnen das versprechen, da wissen Sie, alle meine Kraft schmeiße ich in dieses Thema.
Das allein sollte ja schon Drohung für Sie genug sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben sich auch geweigert, Einzelprobleme in dem Gesetzentwurf zu lösen. Das wird auch dazu führen, dass das Gesetz wieder vor dem Gericht landet. Sie haben es aus reinen ideologischen Gründen gemacht, weil es sachliche Gründe zur Ablehnung nicht gab. Ich will das an wenigen Beispielen festmachen. Im Gesetz steht: Für unbebaute Grundstücke werden keine Beiträge erhoben, erst zum Zeitpunkt der Bebauung. Jetzt gibt es ein Anwendungsproblem seit 2005: Was ist ein unbebautes Grundstück? Nun sage ich mal, eine Landesregierung, die nicht mal das lösen kann, nämlich die Definition, was ist ein bebautes oder unbebautes Grundstück, die darf dieses Land nicht länger führen.
Sie dürften nicht einmal Bürgermeister oder Gemeinderat sein, wenn Sie das nicht wissen. Ziel des Gesetzgebers - und das haben alle Fraktionen immer wieder betont - war ja 2005 und ist es heute auch wieder, dass man sagt, von dem Grundstück, von dem kein Abwasser anfällt, das soll auch keinen Beitrag bezahlen. Jetzt haben aber wieder ganz schlaue Juristen gesagt, sobald das Grundstück eine Baulichkeit aufweist, selbst wenn es kein Abwasser produziert, gilt das Grundstück als bebaut, also wenn ein Carport drauf ist, wenn eine Hundehütte drauf ist oder sonst was. Das führt dazu, ich habe in Arnstadt jetzt ein Beispiel, 2.000 m² großes Grundstück mit einem Carport, kein Wasseranschluss, kein Abwasser und nichts, 9.400 € Abwasserbeitrag, weil der Zweckverband sagt, das Grundstück ist bebaut. Dann sagen sie, ja, wir privilegieren, weil das zweite Vollgeschoss, das Carport hat zwar gar keine Vollgeschosse, aber berechnet wird es ja mit zwei Vollgeschossen, für das zweite Vollgeschoss, das stunden wir Ihnen erst einmal, Sie brauchen nur noch 5.200 € zu bezahlen. Was der Bürger zu Ihrem Beitragsbegrenzungsgesetz sagt, das kann ich Ihnen hier mitteilen; das steht aber auch in der Petition, das können Sie auch Ihre Petitionsausschussmitglieder fragen. Übrigens haben die Zweckverbände einen vernünftigen Vorschlag gemacht, wie wir dieses Problem regeln können, indem in das Gesetz nur eine kleine Ergänzung reinkommt: unbebaute und die Grundstücke, von denen kein Abwasser anfällt. Nun frage ich Sie, meine Damen und Herren der CDU, warum nehmen Sie denn nicht wenigstens das Problem auf in Ihren Gesetzentwurf? Warum nicht mal das?
Das zweite Problem: Im Gesetz steht, die Aufgabenträger müssen die Grundstücke einteilen, Durchschnittsgrundstücke bilden in drei Kategorien, in Grundstücke, die überwiegend zum Wohnen geeignet sind. Oh, jetzt geht es los. Welches Grundstück ist denn überwiegend zum Wohnen geeignet? Es gab bereits mal ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das hat entschieden, die Garage war nicht Lebensmittelpunkt der Ostdeutschen. Immerhin, da sind wir uns mal schon sicher, ein Garagengrundstück scheint nicht zu Wohnzwecken geeignet zu sein. Bei Erholungsgrundstücken ist es aber anders, da haben Sie gesagt, das war für viele, die in der Platte wohnen, durchaus Lebensmittelpunkt. Das wissen Sie ja aber nicht, Herr Scherer, weil, Sie sind ja ein falscher Thüringer.
Da müssen Sie durch, das ist nun einmal so. Wer im Glashaus sitzt, der darf nicht …
Ich habe das leidvoll durch, ich sitze auch im Glashaus und muss auch immer aufpassen.
Ja, wenn ich mit Steinen schmeiße, da kommt auch mal etwas zurück. Aber ich halte das aus. Deswegen dürfen Sie da nicht so jetzt …
Ja, ja. Aber das können wir Ihnen noch einmal erklären mit den Garagen und Erholungsgrundstücken, das geht schon. Sie kennen ja dafür das Bundeskleingartengesetz. Das war für uns etwas Neues und die Probleme mit der Baumschutzverordnung, wenn ein Nadelbaum … Aber das ist okay. Das ist nicht Thema jetzt.
Also es ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Aber daran wird gerade bei mischgenutzten Grundstücken, also wo Gewerbe noch dabei ist, was ist ein Grundstück, überwiegende Wohnzwecke. Dafür brauchen wir eine andere Lösung. Dann haben Sie eine Kategorie „sonstige Grundstücke“. Sie haben Grundstücke für überwiegende Wohnzwecke, Sie haben gewerblich und wirtschaftlich genutzte Grundstücke und sonstige Grundstücke. Was sollen damit die Zweckverbände denn machen? Was sind denn jetzt die sonstigen Grundstücke? Da gibt es sinnvolle Vorschläge, das zu lösen. Das machen Sie nicht, warum auch immer. Ich unterstelle Ihnen, Sie wollen gar keine Lösung, Sie wollen einen Dauerkonflikt auf kommunaler Ebene und lehnen sich zurück und freuen sich, dass die Kommunalpolitiker und die Bürger sich gegenseitig die Köpfe einhauen und dann kommen Sie und machen ab und zu mal den Retter.
Das funktioniert nicht mehr.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, den Bereich Straßenausbau haben Sie überhaupt nicht aufgegriffen. Frau Taubert hat dankenswerterweise noch mal auch die Vorgeschichte dargestellt. Das zeugte davon, dass Sie nicht mehr bereit oder nicht mehr fähig sind, die Probleme dieses Landes aufzugreifen. Beides ist gleich schlimm und führt meist eine fristlose Entlassung nach sich. Das entscheidet aber der Wähler. Aber da habe ich viel Optimismus.
Es geht dort bei den Straßen - ich darf es noch einmal sagen - um 300 Gemeinden, die zurzeit noch überhaupt keine Satzung haben. 100 Gemeinden haben wiederkehrende Straßenausbaubeiträge. Es geht um 240 Mio. € für bereits getätigte Investitionen. Die Straßen müssen in einiger Zeit schon wieder gemacht werden. Da müssen die Bürger dann doppelt bezahlen. Sie, Herr Scherer, haben angekündigt, Sie können sich die sächsische Regelung vorstellen. Wir freuen uns, wir haben das schon 2005, als Bernshausen kam, und dann 2007 im Januar, als die Sachsen neu entschieden haben, gefordert und hatten hier einen Gesetzentwurf. Damals haben Sie noch völlig dagegen gesprochen. Ich habe noch einmal im Protokoll nachgelesen; da waren Sie noch völlig dagegen. Aber für mich ist der persönliche und politische Irrtum nichts Fremdes. Deswegen gestehe ich auch Ihnen zu, dass Sie sich täuschen und da ist es auch gut, dass Sie das auch eingestehen. Aber es ist eben durchsichtig, wenn Sie sagen, das machen wir erst nach der Wahl. Wir brauchen kein Gutachten, auf das Sie schon eineinhalb Jahre warten, weil die Argumentation des sächsischen OVG so überzeugend ist, das hätten wir eins zu eins übernehmen können. Dann hätten Sie unsere Gesetzentwürfe nur nehmen können. Die sind genau so überzeugend. Von daher brauchen wir nicht länger auf dieses Gutachten zu warten. Wir wissen nicht, wann es kommt. Ich vermute mal, Sie werden es nicht mehr entgegennehmen können. Das muss dann der neue Innenminister machen, auch nicht mehr die CDU als Opposition, die bekommt dann eine Kopie zur Kenntnisnahme.
So haben Sie es ja mit uns die letzten Jahre gemacht, Herr Fiedler, aber ich kann es Ihnen ja dann erklären und erläutern. Das mache ich schon gern.
So, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf noch einmal kurz zusammenfassen: Erhebliche verfassungsrechtliche Probleme, was das Verfahren betrifft. Wir werden das überprüfen lassen, Herr Scherer. Meine sehr verehrten Damen und Herren der CDU, für uns ist das Verfahren heute nicht abgeschlossen. Es wird eine Fortsetzung geben, weil wir nicht wollen,
dass erneut nur Gerichte entscheiden. Wir wollen hier die Arbeit machen.
Zweitens: Wir wollen den Ausstieg aus den Abwasserbeiträgen, raus aus den Straßenausbaubeiträgen.
Übrigens, Baden Württemberg hat unter Führung der CDU - Sie brauchen hier gar nicht auf uns zu hören oder auf die Bürger, das ist sicherlich für Sie zuviel verlangt, weil Sie haben ja so einen Grundsatz in Ihrer Politik: Politik macht so viel Spaß, wenn da der Bürger nicht wäre. Das ist das Einzige, was stört. Da haben Sie Ihren Beruf verfehlt, das ist eben das Problem. Aber Sie können doch mal in Baden Württemberg mit Ihren CDU-Freunden diskutieren, die haben die Straßenausbaubeiträge abgeschafft, die fallen aber auch unter die Regelung des Grundgesetzes. Damit kann ich mir nicht vorstellen, dass es da noch große verfassungsrechtliche Hürden geben soll. Die Stadtstaaten Hamburg und Bremen hatten die nie und die anderen europäischen Staaten schon gar nicht, von daher fehlt Ihnen nur der politische Mut oder der Wille.
Es kann auch sein, dass Ihnen der politische Wille fehlt. So teuer ist es gar nicht im Vergleich zu dem, was Sie in den letzten Jahren im Bereich Abwasser in den Sand gesetzt haben oder in die Erde, da sind die Folgekosten noch unüberschaubar. Aber es wird nicht zum Nulltarif zu haben sein, das ist auch klar. Es wird schon noch teuer, das haben Sie aber zu verantworten.
Neben diesen grundsätzlichen Dingen sagen wir, Sie haben bewusst wieder Teilprobleme nicht aufgegriffen und gelöst. Das wird erneut zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führen. Und Sie haben den gesamten Bereich Straßenausbaubeiträge nicht erfasst, obwohl die Vorschläge schon seit Jahren dalagen, nicht erst seit den Änderungsanträgen von DIE LINKE und SPD.
Von daher beantragen wir noch einmal die Rücküberweisung an den Innenausschuss als federführenden Ausschuss, um zumindest die formellen, die verfassungsrechtlichen Verfahrensfehler zu heilen. Da kann auch noch einmal über die inhaltliche Auseinandersetzung gestritten werden. Wir sind doch nicht in der Not, das vor der Wahl zu entscheiden. Der Innenminister hat auch gesagt: Straße machen wir nach der Wahl.
Wir haben Zeit bis 2010
und Sie müssen nur unserem Gesetzentwurf zustimmen. Das haben wir ja als Übergang und dann haben wir noch 16 Monate Zeit, um in Ruhe darüber zu diskutieren, unter welchen Voraussetzungen wir aus den Abwasser- und Straßenausbaubeiträgen aussteigen können. Die Bürger erwarten diesen Ausstieg
und, ich bin überzeugt, Sie erwarten es letztlich zu Recht. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, da Frau Groß nicht bereit war, meine Zwischenfrage zuzulassen, bin ich noch mal ans Rednerpult. Man kann das einfach nicht so stehenlassen, mit welcher Dreistigkeit Sie, Frau Groß, hier die Öffentlichkeit belügen.
Sie waren selbst im Innenausschuss, am Mittwoch war Haushalts- und Finanzausschuss, da waren andere Vertreter Ihrer Fraktion da. Ich gehe mal davon aus, Sie kommunizieren. Da haben Sie erfahren, dass der Ministerpräsident - wir haben das nämlich thematisiert - ein sogenanntes Beitragsmoratorium erlassen hat. Dabei wurden von Frau Finanzministerin 3 Mio. € außerplanmäßige Ausgaben bereits bewilligt, und zwar für den Fall, dass das Gesetz zum jetzigen Zeitpunkt nicht verabschiedet wird, sondern es eine Übergangslösung geben muss. Wie kommen Sie dazu, hier zu behaupten, wenn wir heute dem Gesetz nicht zustimmen, bricht die Welt zusammen und die Leute müssen mehr bezahlen? Das ist einfach gelogen.
Ihre eigene Landesregierung hat alle Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die bisherigen Privilegierungstatbestände auch ohne gesetzliche Neuregelung erst einmal weitergelten, weil der Ministerpräsident ein Moratorium erlassen hat. Das ist aber Ihr Ministerpräsident, der wird Sie doch wenigstens vorher informiert haben? Gestern im Haushaltsausschuss waren die CDU-Mitglieder etwas überrascht, die haben gefragt, ob sie wenigstens mal einen Zettel bekommen, was er da überhaupt reingeschrieben hat. Da wurde gesagt, das ist das Wort des Ministerpräsidenten. Okay. Dann habe ich in die Geschäftsordnung geschaut, aber da steht nichts dazu drin. Es ist Ihr Ministerpräsident, jetzt müssen Sie hier die Öffentlichkeit schon wahrheitsgemäß informieren und nicht Ängste schüren, indem Sie behaupten, wenn Ihr grottenschlechtes Gesetz nicht durchgeht, geht es den Bürgern angeblich noch schlechter. Das stimmt nicht.
Eine weitere Anmerkung, Frau Groß: Einen CDUInnenminister könnte es nur geben, wenn wir als LINKE mit der CDU eine Koalition machen.
Die haben wir aber ausgeschlossen und damit erübrigt sich eine weitere Diskussion darüber.
Jetzt noch mal zu Ihrer Verängstigung der Leute. Sie haben kein Vertrauen mehr in Ihre eigenen Argumente und verstecken sich deshalb hinter dem Verfassungsgericht, indem Sie immer wieder behaupten, Beitragsabschaffung würde Gebührenerhöhung zur Folge haben.
Das stimmt nicht, nein. Das Verfassungsgericht hat ein Urteil aus dem Jahr 1981 zitiert. Ich darf Sie daran erinnern, der Freistaat Thüringen ist 1990 entstanden und Sie berufen sich auf eine Rechtsprechung aus einer Zeit, da gab es Thüringen überhaupt noch nicht. Was ist denn das für eine Rechtspolitik? Lassen Sie sich doch einfach von der kommunalen Praxis leiten. Die kommunale Praxis gibt Ihnen die Argumente. Ich habe gesagt, 47 Aufgabenträger haben keine Beiträge. Da ist nicht ein Aufgabenträger dabei, der überproportional hohe Gebühren hat. Warum denn nicht? Müsste doch. Wenn die Stadt Erfurt keine Beiträge erhebt, müsste die Stadt Erfurt zumindest höhere Gebühren haben als das Umland. Das ist aber nicht so.
Herr Grob, schauen Sie bei sich in den Wartburgkreis. Ich wohne zwar nicht dort, aber ich habe zwischenzeitlich mehr Informationen aus dem Wartburgkreis als Sie. Das merkt man auch hier; Sie vertreten hier nicht den Wartburgkreis, man hört Sie ja nicht. Ich mache das und ich kümmere mich um die Probleme.
Das müssen Sie mal den Leuten erklären. Es gibt da zwei große Zweckverbände. Eisenach-Erbstromtal, da trägt, glaube ich, Herr Köckert Verantwortung, die machen etwas, was wir immer gut finden, die haben keine Grundgebühr. Im südlichen Wartburgkreis müssen die Leute erst einmal 214 € Grundgebühr hinlegen, da haben sie noch keinen Tropfen Wasser und Abwasser. Der Nordkreis hat einen Beitragssatz von 2,52 € pro Quadratmeter, der Süden 3,48 €. Nun erklären Sie mal den Leuten, in welchem Zusammenhang Gebühren und Beiträge stehen. In Eisenach müssten die Gebühren viel höher sein, weil die ja einen niedrigeren Beitrag haben als im Süden. Nein, es ist genau umgekehrt. Der Süden hat hohe Beiträge und hohe Gebühren. Nun erklärt mir nicht, weil da die Kernstadt Eisenach drin ist, wo 40.000 Leute auf relativ engem Raum versorgt werden, denn die Investitionen im verdichteten urbanen Raum sind viel kostenaufwendiger als im ländlichen Bereich. Das nivelliert sich im Wesentlichen.
Die kommunale Praxis belegt das doch überhaupt nicht. Ich will Ihnen mal sagen, der Herr von der Krone ist jetzt wieder da und der Herr von der Krone kann Ihnen das genau erklären.
Zweckverband Arnstadt - ich muss immer auf das Beispiel eingehen, weil ich da im Verbraucherbeirat bin, da bin ich gewählt worden, Herr Scherer. Solche Praxisarbeit würde Ihnen auch guttun, weil Sie dann wissen würden, was Politik vor Ort anrichtet. Deswegen legen wir viel Wert darauf, dass Landtagsabgeordnete sehr weit unten auch politisch tätig sind. Aber der Herr von der Krone kann das der Fraktion erklären, auch Ihnen, weil Sie mir ja keinen Glauben schenken brauchen.
Arnstädter Zweckverband - Wasser: 3,6 Mio. € musste er an die Bürger zurückerstatten. Er durfte
geplante 20 Mio. € nicht erheben. Er konnte die Wassergebühren senken und kann seit 2008 eine jährliche Gewinnausschüttung von 300.000 € an die Mitgliedsgemeinden, auch an die „so arme“ Gemeinde Ichtershausen, vornehmen. Das ist die Konsequenz. Das heißt, der Gebührenpflichtige bezahlt noch allgemeine Ausgaben aus dem Haushalt. Da wollen Sie mir irgendwas erzählen, dass Beitragsabschaffungen automatisch zu höheren Gebühren führen. Das ist nicht so. Deswegen, Frau Groß, meine Bitte, halten Sie sich zurück und verängstigen Sie die Leute nicht weiter. Danke.
Danke, Frau Präsidentin, Sie entscheiden immer. Wenn Frau Groß nicht den Mut hat, eine Frage zuzulassen sicherlich aus Verunsicherung mit Blick auf die Antwort und der Innenminister auch nicht,
dann muss ich noch einmal hier vorgehen. Es muss etwas klargestellt werden, Herr Innenminister, und zwar, was Sie hier behauptet haben, was den Zweckverband Kyffhäuser betrifft. Mir ist neu, dass der Bürgermeister von Artern dort Verbandsvorsitzender ist; er ist Verbandsmitglied. Der ist nicht Verbandsvorsitzender. Das ist offensichtlich gelogen.
Sie haben hier einfach offensichtlich gelogen. Da muss ich natürlich sagen, wenn einem Innenminister in seiner Hilflosigkeit schon nichts weiter einfällt als hier durch so ein Einzelbeispiel zu versuchen dar
zustellen, dass angeblich wir etwas fordern und unsere Kommunalpolitiker vor Ort ganz anders agieren, dann ist das ungehörig.
Da erwarte ich von Ihnen einfach eine Entschuldigung.
Als Innenminister sollten Sie das machen; wir werden sofort den Bürgermeister Wolfgang Koenen informieren. Vielleicht gab es da eine Veränderung, aber vorige Woche war er noch nicht Verbandsvorsitzender. Aber ich will Ihnen sagen, was in dem Zweckverband gelaufen ist. Diese Entscheidung, die alten Regelungen wieder zur Anwendung zu bringen, hat nicht die Verbandsversammlung getroffen, sondern die Werkleitung hat für sich in Anspruch genommen, es gibt ein Gesetz und wir vollziehen das. Da haben die Verbandsversammlung, die Bürgermeister kein Mitbestimmungsrecht mehr. Das ist Ihr Gesetz, wo die kommunale Gemeinschaftsarbeit - Sie haben die Bürgermeister zum Teil einfach auch in ihrer Kompetenz beschnitten, haben es einfach in die Verwaltung getan und die haben selbst entschieden und Ihre Rechtsaufsicht hat mitgewirkt. Die Rechtsaufsicht im Kyffhäuserkreis hat nämlich gesagt, was interessiert uns das, was Herr Althaus sagt. Das hatte ich ja vorhin thematisiert, so ein Moratorium ist ja nirgends geregelt, das ist ein Angebot. Wir haben den Vorschlag eines gesetzlichen Moratoriums gemacht, dann wäre es verbindlich,
weil wir der Gesetzgeber sind und nicht der Ministerpräsident ein Gehabe an den Tag legen muss wie ein Fürst und sagt: Gnade meiner
gewähre ich mal so ein Moratorium. Wenn Sie wollen, dass die Zweckverbände keinen Unsinn machen in so einer Übergangsphase, dann hätten Sie unserem gesetzlichen Moratorium zugestimmt und da wäre die Sache geregelt gewesen.
Das Geld ist ja da. Die Finanzministerin hat die 3 Mio. € schon als außerplanmäßige, überplanmäßige Ausgabe genehmigt. Die sind schon genehmigt. Wir im Haushaltsausschuss werden ja darüber nur noch informiert. Nicht mal wir als Landtagsabgeordnete ha
ben ja ein Recht, darüber mitzudebattieren. So weit zu bestimmten Verfahrensweisen, was Demokratie betrifft hier in diesem Haus, was die Landesregierung hier so fabriziert. Aber hören Sie bitte auf, hier an Einzelbeispielen Leute in ein falsches Licht zu rücken. Stehen Sie für Ihre eigene Politik,
die brauchen wir nicht zu teilen, aber Sie sollten hier mit Argumenten und nicht mit Lügen vom Rednerpult gehen. Da bin ich einverstanden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, und dann noch einmal Herr Innenminister, Sie sind Jurist und vielleicht deshalb betriebswirtschaftlich nicht ganz so mit der Materie vertraut,
aber Sie haben ja eine Landesregierung und viele Ministerien, und da gibt es sicherlich auch Leute, die betriebswirtschaftlichen Sachverstand haben. Das war übrigens damals das Angebot auch an Herrn Gasser und an Sie - ich bin ja ein ehrenamtlicher Geschäftsführer eines kommunalen Bildungsvereins und wir machen unsere Mandatsträger fit. Wir lernen solche Dinge, weil wir nicht alles wissen, aber manchmal tut Ihnen das auch gut. Ich sage noch einmal, Sie haben ja gesagt, die Gebührenumstellung spart keine Kosten, das ist auch wieder eine Fehlinterpretation. Allein durch die Gebührenumstellung werden Kosten gespart. Ich will jetzt noch einmal versuchen, Ihnen das sachlich darzulegen. Dadurch, dass der Zweckverband über die Gebühren eine hohe Kostentransparenz sichern muss, entsteht ein öffentlicher Druck, eine Wechselwirkung zwischen den Verbrauchern und dem Zweckverband und er wird sich jede Investition genau überlegen, weil die sofort auf die Gebühren durchschlägt. Wenn der Zweckverband aber Beiträge völlig unabhängig vom Verbrauch erheben kann, sondern irgendwie prognostisch bis 2034 denken soll, im Arnstädter Zweckverband geht die Globalberechnung bis 2034, wir wissen manchmal gar nicht, was für Auswirkungen zum Beispiel die Wirtschaftskrise oder Finanzkrise im Oktober hat, das wissen wir nicht. Da sollen die Zweckverbände bis 2034 die Investitionen planen. Bei der Gebührenumstellung passiert eben das nicht. Dadurch entsteht natürlich ein anderes Verständnis zu Kosten und zu Investitionen. Das spart, das ist nachweisbar, weil die Zweckverbände dann ihre Investitionen immer kritisch prüfen. Deshalb sollten Sie den Mut einfach haben, weg von den Beiträgen, weg von einem verbrauchsunabhängigen Investitionsverhalten, hin zu einem Investitionsverhalten, was dem Be
darf und dem Verbrauch entspricht. Da sparen wir Millionen. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, selbstverständlich hat Herr Mohring recht, wenn er hier Umfrageergebnisse zum Verschuldungsverbot zitiert, dass auch Wähler der LINKEN natürlich sich grundsätzlich für ein Verschuldungsverbot aussprechen, weil Verschuldung immer auch ein Element von Einkommensumverteilung ist, und zwar von unten nach oben. Aber, Herr Mohring, Sie müssen dann vollständig zitieren, gerade die Anhänger der LINKEN sagen, ein Verschuldungsverbot geht nur dann, wenn wir endlich mehr soziale Gerechtigkeit im Bereich der Staatseinnahmen, also der Steuern schaffen. Das verschweigen Sie hier. Insofern sind die Umfrageergebnisse durchaus ein Beleg dafür, was die Menschen in diesem Lande wollen. Sie wollen eine geringere Staatsverschuldung, wenn es geht gar keine, aber andererseits wollen immer mehr oder haben immer mehr Leute erkannt, dass das nur funktionieren kann, wenn wir uns endlich mit der Einnahmeseite in diesem Lande beschäftigen, Einnahmeseite sowohl Kommunen, Länder als auch der Bund. So lange wir diese Frage nicht gelöst haben, ist es tatsächlich nicht sachgerecht, aber es ist auch politisch verantwortungslos, in der gegenwärtigen Situation den Staat in die Handlungsunfähigkeit zu führen durch verfassungsrechtliche Vorgaben.
Sie haben formuliert, Herr Mohring, die CDU will mehr soziale Marktwirtschaft. Die CDU hat in den letzten Jahren alles dafür getan, diesen Sozialstaat, und zwar in asozialer Art und Weise zu zerstören, in asozialer Weise zu zerstören.
Jetzt kommen Sie auf den Gedanken und sagen, Sie wollen das wieder reparieren. Ich sage, wir sind uns ja durchaus bewusst, dass der politische Irrtum auch zur Politik gehört. Aber Sie vermitteln hier den Eindruck, als wäre die Situation, in der wir jetzt sind, irgendwie vom Himmel gefallen und Sie müssen hier jetzt retten. Der Sozialstaat, der kann tatsächlich gerettet werden, aber nicht durch eine so selektive Maßnahme wie ein Verschuldungsverbot, sondern da müssen wir uns wirklich mit den Einnahmen be
schäftigen. Ich werde darauf noch einmal zurückkommen.
Wie haben Sie den Sozialstaat zerstört? Steigende Kinderarmut. Klar hat Thüringen die geringste Arbeitslosenquote, aber wir sind auch beim Lohnniveau bis unten. Das ist nämlich der Preis, den die Beschäftigten dafür gezahlt haben. Wenn Ihre Theorie immer stimmt, dass angeblich geringere Löhne und Lohnverzicht der Wirtschaft dient, müssten wir hier wirtschaftspolitisch blühende Landschaften und zumindest ein höheres Niveau haben als gegenwärtig. Sie haben Hartz IV in diesem Lande gemeinsam mit SPD und Grüne eingeführt, das ist Armut per Gesetz. Wer mit Hartz-IV-Empfängern zu tun hat, weiß das. Es ist doch völlig - ich sage es noch einmal - asozial, bei denen auch noch das Kindergeld mit dem Regelsatz zu verrechnen.
Bei uns wird das Kindergeld nicht mit unseren Diäten verrechnet, aber bei denen, die von künftig 359 € leben müssen, da wird das Kindergeld angerechnet. Was ist denn das für eine Politik? Oder Rente mit 67. Damit haben Sie alles dafür getan, dass das Gemeinwesen gefährdet ist. Sie haben damit Verfassungsbruch begangen, Artikel 1 „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Darum müssten Sie sich kümmern, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die Unternehmen und die Vermögen wurden in diesem Lande seit 2000 jährlich um rund 40 Mrd. € entlastet. Das, was als Gegenleistung versprochen war, nämlich existenzsichernde Arbeit, die ist ausgeblieben.
Die kommen ja nicht mehr ohne Staat zurecht. Die funktionieren nicht mehr ohne Staat. Das Bankenwesen funktioniert nicht mehr ohne Staat. Die Wirtschaft funktioniert nicht mehr ohne Staat. Da philosophieren Sie hier immer noch und sagen: Die Marktkräfte werden das schon in irgendeiner Art und Weise richten. Das ist nicht so. Aber wenn der Staat hilft - das ist ja richtig, dass wir helfen - dann müssen wir uns aber auch Gedanken machen, dass natürlich jeder nach dem Leistungsprinzip sich an der Finanzierung des Staates entsprechend beteiligt.
Das, was Sie jetzt fordern, müssen Sie sich mal überlegen, wenn Sie das mal auf den privaten Bereich umlegen. Da nehme ich mal uns selbst, das können wir alle nachvollziehen: Wir haben ungefähr ein Einkommen von 50.000 € im Jahr aus der Tätigkeit als Landtagsabgeordnete - mancher macht ja noch nebenbei etwas.
Das heißt, bei der jetzigen Schuldenbremse im Bund hätte ich einen Kreditrahmen von 175 € bei einem Jahreseinkommen von 50.000 €.
Wenn Sie das jetzt im privaten Bereich sehen, eigentlich müssten die Banker zu Ihnen kommen und müssten sagen: Habt Ihr einen Patscher? Ihr macht uns den ganzen Finanzmarkt kaputt. Die Kreditwirtschaft ist natürlich eine wesentliche Säule dieses Systems. Der Staat war da auch Nachfrager. Schon allein dieses Beispiel macht deutlich, welche Hemmnisse Sie dann einführen. Es hat doch keinen Zweck, wenn Sie die Staatsaufgaben nur fiskalisch betrachten. Das Difu-Institut hat gesagt, wir haben einen Investitionsbedarf in den nächsten 15 Jahren von 704 Mrd. €. Da könnte man sagen, wir machen keine Verschuldung mehr, wir investieren nicht mehr und machen die Augen zu, dass Infrastruktur verfällt. Die Folgekosten sind viel höher. Ich hatte die Gelegenheit vor 1989, das zu erleben, was es heißt, wenn Infrastruktur zerfällt. Da waren auch andere dabei. Herr Schröter hat mitgemacht, Frau Diezel, Herr Mohring war in der Karriereleiter Gnade seiner späten Geburt noch nicht so weit oben. Heute wäre er 1. Sekretär der Bezirksleitung der FDJ Gera, bin ich überzeugt. Aber er hätte bestimmt auch einen Hochschulabschluss.
Das heißt, das muss man ja mit betrachten, weil Daseinsvorsorge sich nicht nur fiskalisch bezieht, sondern wir müssen auch Infrastruktur und dergleichen mit berücksichtigen. Auch das spricht gegen eine Schuldenbremse.
Jetzt wird immer gesagt, der Staat gibt zu viel aus, deswegen müssen wir das begrenzen. Jetzt haben unabhängige Wirtschaftsinstitute mal die Staatseinnahmen gemessen am Bruttoinlandsprodukt ermittelt. Die Staatseinnahmen sind von 2000 bis 2008 von 7,5 auf 6,8 Prozent gesunken. Die Staatsausgaben sind im gleichen Zeitraum von 7,8 auf 7,3 Prozent
gesunken. Also es stimmt nicht, wie immer dargestellt wird, dass der Staat angeblich zu viel einnimmt und zu viel ausgibt. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt ist der Nachweis nicht zu erbringen. Es ist natürlich klar, dass doch jede Kostenentwicklung sich auch in den öffentlichen Haushalten niederschlägt auf der Ausgabenseite. Insofern müssen natürlich auch die Staatseinnahmen sich an diesen Kostenentwicklungen beteiligen. Wer dann von ungerechtfertigten Steuermehreinnahmen spricht, der ruiniert volkswirtschaftlich dieses System. Aus dieser Denke müssen wir raus und das bedient die CDU auch mit einer Neiddiskussion, indem sie immer wieder sagt, wir wollen Steuern erhöhen. Aber Ihre Leute wie Herr Zimmermann als Wirtschaftstheoretiker - schlagen eine Mehrwertsteuererhöhung auf 25 Prozent vor - mit welcher Folge? Das bereiten Sie verfassungsrechtlich vor, diese Politik, nämlich eine weitere Umverteilung von unten nach oben, denn die Mehrwertsteuererhöhung trifft uns nicht als Abgeordnete, wir konsumieren genau noch so, aber es trifft die, die von Hartz IV leben müssen, von anderen Transferleistungen oder von niedrigen und mittleren Einkommen.
Das bereiten Sie verfassungsrechtlich vor. Sie bereiten also verfassungsrechtlich vor den weiteren Abbau oder die Zerstörung des Sozialstaates mit Ihren jetzigen Aktivitäten.
Warum - damit will ich abschließen - schlagen Sie denn nicht vor, dass wir in der Verfassung einen Grundsatz aufnehmen, dass jeder verpflichtet ist, entsprechend seiner Leistungsfähigkeit sich an der Finanzierung des Gemeinwesens zu beteiligen? Das wäre doch ein Verfassungsgrundsatz. Es steht zwar drin, dass Eigentum verpflichtet,
aber das hat ja nicht zu mehr Steuergerechtigkeit und dergleichen geführt. Da appelliere ich wirklich auch an die SPD, darüber nachzudenken, was sie im Rahmen von rot-grüner Bundesregierung tatsächlich mit dazu beigetragen hat. Sie hat die CDU regelrecht dazu eingeladen, die Finanzierung des Gemeinwesens völlig infrage zu stellen.
Nochmals, auch wir als LINKE sehen das Problem der Staatsverschuldung, aber wir sehen die Lösung darin, dass das Gemeinwesen ordentlich und sozial
gerecht finanziert wird. Dazu brauchen wir sicherlich auch Konjunkturmaßnahmen und dazu braucht man auch Regelungen, wie mit den bisherigen Schulden, die aufgenommen wurden, die auch nicht vom Himmel gefallen sind, umgegangen wird. Aber so eine isolierte Betrachtung und jetzt einfach nur einmal zu sagen, weil es der Stimmungslage in der Gesellschaft entspricht, das ist klar, wenn Sie hier vor den Landtag gehen oder auch die Zuschauer auf der Tribüne fragen, jeder wird sagen, na klar, Schuldenbremse ist doch etwas Schönes. Nur, Sie müssen die Konsequenzen sowohl volkswirtschaftlich als auch sozialpolitisch und gesellschaftlich hier darlegen. Wenn Sie tatsächlich zu Ihrem Wort stehen, dass Sie wieder mehr soziale Markwirtschaft wollen, dann müssen Sie schon mit anderen Konzepten kommen als hier nur mit der Schuldenbremse. Danke.
Danke, Frau Präsidentin. Ich würde gleich zwei Nachfragen stellen wollen.
Darf ich die gleich nacheinander stellen?
Danke, Frau Präsidentin. Herr Minister, inwieweit ist es denn jetzt für die Rechtsaufsichtsbehörde in Kenntnis dieses Fakts zwingend geboten, eine Prüfung vorzunehmen? Anders formuliert, kann auch durch Hinweis eines Dritten an die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde die Behörde veranlasst sein, zwingend eine solche Prüfung vorzunehmen?
Die zweite Frage - Sie hatten gesagt, auch Amtsträger, kommunale Amtsträger, Mandatsträger unterliegen dem Zurückhaltungsgebot, dem Neutralitätsgebot: Wie bewerten Sie denn in diesem Zusammenhang die Kandidaturen vieler Bürgermeister und Landräte auf den Listen unter dem Schlagwort „Scheinkandidatur“ und sie können die Wahl gar nicht annehmen? Da ist doch immer davon auszugehen, dass natürlich der Bürger weiß, dass diese Personen Bürgermeister und Landräte sind. Sehen Sie da nicht Handlungsbedarf, das nun endlich mal aus der Welt zu schaffen?
Vorgänge in der „Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU Thüringen“
Medienberichten war zu entnehmen, dass einem Erfurter Unternehmer, der aus der sogenannten „Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU Thüringen“ ausgetreten ist, vom Vorsitzenden des Kreisverbandes Ilm-Kreis jener Vereinigung deshalb Sanktionen bei der Auftragsvergabe angedroht worden sind.
Ich frage die Landesregierung:
1. Inwieweit haben sich welche Landesbehörden mit welchen Ergebnissen mit dem beschriebenen Vorgang in der sogenannten „Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU Thüringen“ (MIT Thü- ringen) beschäftigt?
2. Hat die MIT Thüringen öffentliche Fördermittel erhalten und wenn ja, wann, in welcher Höhe und zu welchem Zweck?
3. Findet eine Kooperation der Landesregierung mit parteinahen Wirtschaftsverbänden wie der MIT Thüringen hinsichtlich der Ausgestaltung der Wirtschaftsförderpolitik statt und wenn ja, bezogen zum Beispiel auf die 4. Wahlperiode des Thüringer Landtags, in welcher Form?
4. Plant die Landesregierung, aufgrund des oben genannten Vorgangs bei der MIT Thüringen gegebenenfalls ausgereichte Fördermittel zurückzufordern, und wie wird diese Entscheidung begründet?
Herr Minister, laut Satzung dieser Mittelstandsvereinigung gehören Sie als Wirtschaftsminister mit beratender Stimme dem Vorstand dieser Mittelstandsvereinigung an. Inwieweit erklären Sie in diesem Zusammenhang, dass Sie ausschließlich aus den Medien über diesen Vorgang in Kenntnis gesetzt wurden; hat sich der Vorstand nicht mit der Sache beschäftigt?
Zweitens: Wie kann es sein, dass in einem Parteiverein ein Wirtschaftsminister eines Freistaats - die Landesregierung unterliegt ja auch einer Neutralitätspflicht - per Satzung Vorstandsmitglied mit beratender Stimme ist? Können Sie das mal erklären? Das stinkt doch wirklich stark nach Verquickung von Parteiinteressen und Handeln der Landesregierung.
Entschuldigung, Frau Präsidentin, meine Meldung war zu zaghaft, danke. Herr Staatssekretär, Sie hatten gesagt, die Kontaktbereichsbeamten verfügen im Regelfall auch über ein Diensthandy. Wenn jetzt
aber keine Freisprecheinrichtung im Fahrzeug vorhanden ist und der Kontaktbereichsbeamte angerufen wird, wie macht er das. Er dürfte ja eigentlich das Handy nicht benutzen. Gibt es da eine Dienstanweisung, wie er in dem Fall zu verfahren hat, oder wäre es nicht sinnvoller gewesen, wenn man dem Polizisten schon ein Diensthandy gibt, dann auch eine Freisprechanlage zur Verfügung zu stellen, so dass er auch während der Autofahrt erreichbar ist? Das Diensthandy ist ja nicht einfach so für den Freizeitbereich gedacht.
Danke, Frau Präsidentin. Herr Minister, Sie haben gesagt, es ist ein transparentes Verfahren, was die Sportstättenförderung betrifft. Wie erklären Sie dann, dass im Fall der Sportstätte, also der Sportanlage Obertunk in Arnstadt ein Finanzierungsmodell zur Anwendung kommt, wo in Bauabschnitten gebaut werden darf, zunächst die Stadt ihre Eigenmittel zum Einsatz bringt und ein förderunschädlicher Maßnahmebeginn des Landes befürwortet wurde und in einem vergleichbaren Fall, nämlich im Falle des Burgseestadions in Bad Salzungen, die Landesregierung ein solches Herangehen aus grundsätzlichen Erwägungen ablehnt? Wie weit steht das mit Ihrem Anspruch nach Transparenz, weil die unterschiedliche Bewertung für den Außenstehenden nicht nachvollziehbar ist.
Danke, Frau Präsidentin.
Angekündigter Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes
Der Ministerpräsident hat Ende Oktober 2007 während einer Pressekonferenz angekündigt, dass die Landesregierung einen Gesetzentwurf zu Veränderungen im Straßenausbaubeitragsrecht dem Landtag zuleiten will.
Den Fraktionen wurde Anfang Februar 2008 ein diesbezüglicher Referentenentwurf, Sechstes Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes, zur Kenntnis gegeben. Zur Vorbereitung möglicher Landesregelungen hat die Landesregierung im Sommer 2008 ein Gutachten bei Prof. Dr. Brenner in Auftrag gegeben.
In Beantwortung der Kleinen Anfrage 2506 in Drucksache 4/4525 und in der 63. Sitzung des Innenausschusses des Thüringer Landtags hat die Landesregierung mitgeteilt, dass die Vorlage des Gutachtens im Frühjahr 2009 vorgesehen sei.
Ich frage die Landesregierung:
1. Aus welchen Gründen wurde bisher das Gutachten zur Vorbereitung des angekündigten Gesetzentwurfs zu Änderungen im Straßenausbaubeitragsrecht der Landesregierung noch nicht zugeleitet?
2. Bis wann wird das Rechtsgutachten des Prof. Dr. Brenner der Landesregierung und dem Landtag vorliegen?
3. Was sind die Kernaussagen des von der Landesregierung beauftragten Rechtsgutachtens des Prof. Dr. Brenner?
4. Bis wann will die Landesregierung den angekündigten Gesetzentwurf zu Änderungen im Straßenausbaubeitragsrecht dem Landtag zuleiten?
Danke, Frau Präsidentin. Ich würde gleich vom Recht Gebrauch machen, die beiden Nachfragen zu stellen. Danke.
Herr Staatssekretär, in der Innenausschuss-Sitzung wurde auch aus dem Vertrag zitiert, in dem es auch um den Termin der Vorlage ging - da stand Frühjahr 2009. Das ist ja definiert im Kalender. Die Frage: Wenn sich das jetzt verzögert hat, ist ein neuer Endtermin vertraglich vereinbart? Wenn ja, wann ist der definiert? Wie erklären Sie sich, dass ein Gutachter der Landesregierung vom Sommer 2008, jetzt haben wir bald Sommer 2009, also über ein Jahr, für ein derartiges Rechtsgutachten Zeit bekommt, wo doch am 30. August ein neuer Landtag gewählt wird und auch eine neue Landesregierung? Es deutet vieles darauf hin, dass Sie einfach vor der Landtagswahl nicht mehr die Karten auf den Tisch legen wollen. Würden Sie das bestätigen?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Taubert, das Gesetz hat eine viel längere Geschichte, die geht nicht erst 2004 los, denn aus unserer Sicht war die reine Übernahme der gesetzlichen Regelungen 1991 aus den alten Bundesländern ein grundsätzlicher Fehler, ein Fehler deshalb, weil wir in Thüringen, wie in den anderen neuen Bundesländern auch, eine ganz andere Eigentümer- und Vermögensstruktur hatten und insofern dieses Finanzierungsmodell, das unterstellt, dass Eigentümer gleichzeitig vermögend sind, das funktionierte nie. Das hat übrigens auch Ferdinand Kirchhof in seinem Gutachten 2004 im Auftrag der Landesregierung aus meiner Sicht überzeugend dargelegt. Er hat damit die Abschaffung der Wasserbeiträge begründet, weil er gesagt hat, die Eigentümerstruktur in den neuen Bundesländern und in Thüringen ist immer noch, selbst nach 20 Jahren, eine andere als in den alten Bundesländern. Es ist ja bekannt, ich stelle ab und zu einmal eine Anfrage an die Landesregierung, damit auch der Innenminister,...
Ab und zu nur, ich könnte noch mehr, Herr Innenminister, aber ich akzeptiere, dass Sie noch etwas anderes zu tun haben. Jeden Tag drei? Okay, das ist schon eine Herausforderung für Sie. In einer solchen Anfrage hatte ich einmal hinterfragt, wie viel Bezieher von Arbeitslosengeld II denn Grundstückseigentümer sind? Fast 15 Prozent der Bezieher von Arbeitslosengeld II sind im selbst genutzten Wohneigentum, das sind zwischen 15.000 und 20.000. Daran sieht man schon, wir haben hier in Thüringen eine andere Eigentümerstruktur und insofern beginnt die unendliche Geschichte der Kommunalabgaben bedauerlicherweise schon 1991. Ich befürchte, das Jahr 2009 wird nicht das Ende sein. Das ist bedauerlicherweise so, weil einfach der Mut fehlt, dieses überalterte Finanzierungsmodell, das 1884 in Preußen entwickelt wurde, das es nur noch in der Bundesrepublik gibt, in keinem anderen europäischen Land gibt es ein vergleichbares Modell, infrage zu stellen und einfach darüber zu reden, ob es denn Alternativen gibt. Je länger wir natürlich warten, umso schwieriger wird es. Jetzt geht es um viel Geld, weil schon eine gewisse Entwicklung vonstatten gegangen ist, aber wir werden nicht müde und führen immer wieder diese Diskussion über die Sinnhaftigkeit der Erhebung von Abwasser- und auch
Straßenausbaubeiträgen. Ich kann mich noch daran erinnern, als ich seit 1992 immer wieder diese Diskussionen entfacht habe, wurde ich bis 2004 als derjenige bezeichnet, der verfassungswidrige Forderungen stellt und durch das Land zieht und dann hat die CDU selbst die Wasserbeiträge abgeschafft.
Und jetzt hat das Verfassungsgericht gesagt, es ist okay mit all den Problemen, da gebe ich Ihnen, Frau Taubert, durchaus recht. Für jemanden, der sich auch wissenschaftlich mit diesem Thema beschäftigt, ist natürlich, wenn er in dieser alten Denkweise des besonderen Vorteils usw. verharrt, dann stellen sich schon verfassungsrechtliche und auch abgabenrechtliche Probleme. Wenn man sich aber von dem Grundsatz dieses besonderen wirtschaftlichen Vorteils einmal trennt, kommt man zu anderen Bewertungen. Was ich nicht teile, Frau Taubert, ist die Sache, dass die Fehler des Gesetzes nur mit Geld heilbar wären. Darauf komme ich jetzt noch. Die einfache Hochrechnung, weil die CDU es jetzt ausgerechnet hat, es kostet 2 Mrd. €, wenn man 25 Prozent der Beträge stundet und wenn wir die Beträge vollständig abschaffen, Sie haben 4 Mrd. € gesagt, dann wäre es noch teurer. Das teilen wir auch nicht, weil wir einen anderen Lösungsansatz haben, der, das gebe ich zu, immer schwieriger umzusetzen ist, je länger wir warten, deshalb ist auch Zeitdruck und es erfordert jetzt Mut. Ich gebe Ihnen recht, es wird nicht aufkommensneutral sein, aber wir brauchen erheblich weniger Geld ausgeben, als die Landesregierung jetzt geplant hat, wenn sie unseren entsprechenden Konzepten dann auch folgen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Althaus hat heute früh an manchen Stellen ganz Erstaunliches formuliert. Das waren Worte, die hat man vor einigen Monaten und Jahren von ihm nicht in dieser Deutlichkeit gehört. Er hat z.B. formuliert, dass die Proteste der Bürger, die von 1995 bis 2004 immer wieder aufgeflammt sind, zu Recht waren. Ich kann mich noch erinnern, Herr Fiedler hat es immer wieder formuliert, die waren angeblich alle durch DIE LINKE und durch mich aufgehetzt. Das hat er hier mehrfach getan. Jetzt hat Herr Althaus offenbar sich noch mal erkundigt, sich noch mal belesen oder in Gesprächen ist er zur Erkenntnis gekommen, die Proteste waren berechtigt. Jetzt wäre es an der Zeit, sich einmal bei mir zu entschuldigen. Das wäre ja jetzt eine große Geste.
Ich lege darauf aber keinen Wert. Wenn Sie unseren Vorschlägen folgen, ist das auch okay, dann brau
chen Sie sich persönlich bei mir nicht zu entschuldigen. Natürlich hat Herr Althaus auf das Problem verwiesen, dass es sich hier um eine Erblast aus der DDR handelt. Da bitte ich einfach noch mal gerade auch Herrn Mohring, zu akzeptieren, dass wir nie infrage gestellt haben, dass es einen Investitionsstau im Bereich Wasserver- und Abwasserentsorgung gab. Es geht aber um die Art und Weise der Refinanzierung. Da fordern wir andere Modelle. Es geht uns um die Diskussion dieser Modelle und dazu komme ich noch einmal. Es geht uns nicht um die Frage, dass wir die Abwasserpolitik der DDR hier in irgendeiner Art und Weise rechtfertigen wollen. In der DDR ist tatsächlich mit Infrastruktur sehr fahrlässig umgegangen worden. Das hatte ökonomische Ursachen, das wissen wir. Das Wirtschaftssystem ist daran gescheitert, nicht nur an wirtschaftlichen Fragen, auch an politischen Fragen ist die DDR gescheitert. Sie laufen immer nur Gefahr, wenn Sie für das Heute und Morgen keine Lösung haben, dann eine Diskussion weit in der Vergangenheit zu suchen. Das wird uns nicht voranbringen. Aber ich akzeptiere noch einmal - das kann sich Herr Mohring aufschreiben, wenn er das nächste Mal das zitieren will -, wir haben auch erkannt, dass die Infrastruktur in der DDR nicht dem Stand der Technik entsprach und dass da Nachholbedarf bestand. Das stellen wir nicht infrage, aber die Art und Weise der Finanzierung unter Beteiligung der Bürger, das ist Diskussionsgegenstand. Ihr Gesetzentwurf, meine sehr geehrten Damen und Herren der CDU, ist der endgültige Offenbarungseid, dass Ihre Abwasserpolitik in Thüringen gescheitert ist.
Das wussten wir vorher schon, aber in dieser Deutlichkeit - da bin ich Ihnen wirklich dankbar, weil Sie insbesondere in der Begründung zum Gesetzentwurf eine sehr überzeugende Argumentation verwandt haben, so dass nur diese Schlussfolgerung „Offenbarungseid“ zum Tragen kommen kann. Ich komme auf die Zahlen noch zurück, die sprechen dort Bände und sie sind nicht von uns. Wir gehen davon aus, dass die Zahlen richtig sind. Daraus wird deutlich, dass diese Abwasserpolitik gescheitert ist. Sie ist gescheitert, weil Sie sehr frühzeitig auf zentrale Lösungen und auf Lösungen aus Beton gesetzt haben. Sie haben bisher 3,6 Mrd. € investiert. Rechnen Sie das mal auf den Einwohner um - 1.500 € pro Einwohner. Da sind 1,1 Mrd. € Fördermittel reingeflossen. 1,1 Mrd. € haben die Bürger als Beiträge gezahlt. Der Rest ist über Gebühren refinanziert worden. Da sind wir uns doch im Klaren auch in Kenntnis der Zahlen, die jetzt noch folgen, weitere 3,8 Mrd. € sollen noch mal in Beton investiert werden. Da sollen die Bürger noch mal 1,3 Mrd. € Beiträge bezahlen, da sind wir irgendwo zwischen 7 und 8 Mrd. €. Rechnen Sie das auf die Einwohner
um, da sind wir fast bei 4.000 € pro Einwohner. In den alten Bundesländern liegt die durchschnittliche Investitionssumme pro Einwohner bei 1.500 €. Jetzt wollen Sie mir doch nicht sagen, dass in den alten Bundesländern die Standards der Abwasserbeseitigung niedriger sind als in den neuen Bundesländern. Das glaube ich nicht und von daher bin ich überzeugt, bei dieser Abwasserpolitik ging es gar nicht so sehr um ökologische Fragen. Da betone ich noch einmal: Die Belastung des Grundwassers und der Fließgewässer aus häuslichen Abwässern beträgt ganze 6 Prozent. 94 Prozent sind andere Herkunftsbereiche. Mit einem gigantischen Aufwand versuchen wir, die Qualität der Fließgewässer und des Grundwassers dadurch zu verbessern, dass wir ausgerechnet bei diesen 6 Prozent gigantische Investitionen machen mit veralteten Technologien, nämlich in Beton, anstatt auf neue innovative Dinge zu setzen, dezentrale Anlagen, ökologisch orientierte Anlagen wie Teichanlagen und dergleichen; die wären billiger. Es ging nur um das Geldverdienen in diesem Bereich und da haben sich viele eine „goldene Nase“ verdient. Die Kommunalpolitiker waren oft zu unerfahren und haben sich oftmals Konzepte aufschwatzen lassen, die gigantisch teuer sind. Deswegen richtet sich der Vorwurf gar nicht da hin, aber der Vorwurf richtet sich an die Leute, die die Landesregierung rübergeholt hat als sogenannte Aufbauhelfer, die dem tatenlos zugesehen haben, wie die Kommunen dort mit offenem Visier in die Falle tappten. Sie sind in die Falle getappt und mit den Konsequenzen haben wir jetzt zu leben und die Bürger sollen das letztlich bezahlen. Es ging um Geschäft, es ging um Profit und deshalb muss sich die CDU vorwerfen lassen, sie war Lobbyist einer Abwasserindustrie, um kein anderes Wort zu gebrauchen - manche sprechen ja da von anderen Strukturen, die in Südeuropa und auch zunehmend in Osteuropa verbreiteter sind. Die haben hier ihr Unwesen getrieben und da waren CDU-Politiker, auch herausragende CDU-Politiker, mit beteiligt, wenn ich mal an Herrn Jürgen Gnauck erinnern darf, der diese unsinnige Struktur in Thüringen mit geschaffen hat, aus drei Aufgabenträgern 222 Aufgabenträger zu entwickeln. Jetzt haben wir noch 150 Aufgabenträger und dafür mussten wir schon 400 Mio. € Strukturhilfe in die Hand nehmen - 150 Aufgabenträger bei 2 Millionen Einwohnern! Das verursacht allein Transaktionskosten in der Struktur, wenn wir dort ansetzen würden, dann hätten wir schon finanzielle Spielräume, um tatsächlich andere Kostenentwicklungen zumindest abzudämpfen. Es ist da aber nichts in Sicht. Zumindest gibt uns das Urteil etwas in die Hand, indem das Gericht gesagt hat, die Zweckverbände haben nicht die gleichen Rechte wie Gemeinden. Damit kann natürlich der Gesetzgeber aus öffentlichem Interesse in die Struktur von Zweckverbänden leichter eingreifen.
Nein, das habe ich nicht. Da können wir ja in den Dialog treten, Herr Innenminister; ich bin im Gegensatz zu Ihnen lernfähig. Bei mir gehört der politische Irrtum auch zur Biografie. „Die Partei, die Partei hat immer recht“ - das haben andere für sich in Anspruch genommen seit 1990. Ich gehöre da nicht dazu.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das jetzige Agieren der CDU hat auch so ein wenig den Verdacht, wir machen mal wieder Wahlversprechen, koste es, was es wolle - diesmal nur 1,8 Mrd. €. Ich habe mal ausgerechnet, für 1,8 Mrd. € könnten wir in Thüringen sieben Jahre das Abwasser für alle Bürger entgeltfrei reinigen. Da habe ich nur mal die laufenden Kosten genommen.
Das kostet jetzt nur das Lösen dieses einen Problems, um mal die Dimension hier klarzumachen.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist natürlich auch eine Einladung an die Aufgabenträger, ihre Investitionspolitik so fortzusetzen, wie sie in den 90erJahren mal geplant war. Es ist eine Einladung, weiter auf Teufel komm raus zu investieren, denn gegebenenfalls übernimmt ja all das, was unter Privilegierung fällt, das Land. Da kann ich sogar Zweckverbände verstehen, die das in Anspruch nehmen, anstatt zu überlegen. Es ist ja so - und da komme ich zu dem Offenbarungseid: Zum ersten Mal wird eingestanden, dass offenbar in Anlagen investiert wurde, die gar nicht in Anspruch genommen werden, denn 500 Mio. privilegierte Beiträge sollen vom Land erstattet werden. Das heißt, die CDU geht davon aus, diese Flächen werden niemals in Anspruch genommen, werden niemals an eine Abwassereinrichtung angeschlossen. Da fragt man sich aber, warum sind denn dann nicht gleich die Planungen darauf abgestellt worden, dass man diese Flächen gleich rausrechnet. Dann hätte man Anlagen anders dimensionieren können. Insofern gestehen Sie mit diesem Gesetzentwurf ein, dass zu viel sinnlos investiert wurde, nämlich mindestens 500 Mio. €. Als wir das immer gesagt haben, wir investieren zu viel in Beton, da wurden wir dafür kritisiert, dass wir Panik machen. Es wird ja noch schlimmer. Wenn wir weitere 20 Prozent der Bevölkerung verlieren, rechnen Sie es aus, 30 Kubikmeter Abwasser pro Einwohner im Jahr, wenn wir weitere 400.000 Einwohner verlieren, dann wissen Sie, wie viel Ab
wassermenge noch verlorengeht. Wie reagieren wir darauf, wenn die Anlagen dastehen, Großanlagen? Dann spülen wir mit Trinkwasser, das kostet dann wieder.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Land kann hier nicht sagen, das haben alles die Kommunen gemacht, denn das Land hat diese Investitionen gefördert, bisher mit 1,1 Mrd. €. Das heißt ja, die Kommunen wurden animiert. Ich weiß noch, die Förderrichtlinie zur Förderung abwassertechnischer Einrichtungen war so ausgerichtet, je höher die Kapazität der Anlage, umso höher der Fördersatz.
Es ist zwar lange her, aber damit haben Sie grundsätzliche Entscheidungen getroffen. Wenn einmal so eine Anlage steht, da ist doch der Rückbau kaum noch möglich. Deswegen müssen jetzt viele Kommunen, Aufgabenträger, Zweckverbände versuchen, krampfhaft weitere Anschlussnehmer an die zentralen Kläranlagen anzuschließen, weil die Anlagen dastehen. Das verursacht jetzt erst einmal Kosten. 80 Prozent aller Investitionskosten entfallen auf die gigantischen Leitungssysteme. Sie funktionieren im ländlichen Raum kaum, weil zu wenig Abwasser anfällt, also müssen sie gespült werden, das verursacht höhere Unterhaltungskosten und belastet die Abwassergebühr.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu den Strukturen der Aufgabenträger habe ich schon etwas gesagt. Wir haben gegenwärtig 68 Prozent Anschlussgrad. Das hat uns 3,5 oder 3,6 Mrd. gekostet. Sie wollen, um den restlichen Anschlussgrad zu erhöhen, also für die verbleibenden 32 Prozent, noch einmal fast 4 Mrd. zum Einsatz bringen. Das geht nicht, da müssen Sie umdenken. Da haben Sie das Wassergesetz auf den Weg gebracht. Sie haben es ganz geschickt gemacht, Sie haben sich aus der Verantwortung gestohlen und wieder einen Konflikt auf die kommunale Ebene runtergedrückt. Sie haben nämlich geregelt, Sie lehnen sich zurück, der Aufgabenträger soll entscheiden, welche Gebiete dauerhaft nicht an zentrale Kläranlagen angeschlossen werden.
Sie haben doch vorher die zentralen Anlagen gefördert, verdammt noch mal.
Nein, das ist kein Quatsch. Sie müssen mal mit mir eine Woche durch dieses Land ziehen, da können Sie sich das anschauen.
Ja, machen Sie das mal, die CDU glänzt dort meist durch Abwesenheit und lassen die Kommunalpolitiker und die Bürger aufeinander los und sich die Köpfe einschlagen und Sie ziehen sich zurück. Das ist einfach unanständig.
Sie entziehen sich einfach Ihrer Verantwortung.
Wenn ich eingestehe, dass ich Mist gebaut habe, muss ich dafür geradestehen. Ich mache das beispielhaft. Okay.
Jeden Tag.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Wassergesetz ist ein guter Ansatz, aber die Aufgabenträger können mit dem Problem nicht alleingelassen werden. Nicht sie können allein über dezentrale Einrichtungen entscheiden, weil das Land weitestgehend vorher zentrale Einrichtungen geplant hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hatte schon dazu gesagt, die Erstattung der gestundeten Beiträge oder die Privilegierung ist ein Eingeständnis, dass diese Grundstücke überhaupt nicht an eine Anlage angeschlossen werden sollen, damit sind die Anlagen überdimensioniert. Da sehen wir aber durchaus einen Ansatz. Wir bitten wirklich, insbesondere auch den Umweltminister, weil der die fachlichen Dinge begleitet, der Innenminister ist eher für die rechtsaufsichtlichen Dinge zuständig, wir brauchen einen Dialog mit den Aufgabenträgern: Was machen wir mit den 3,9 Mrd. €, die noch nicht investiert sind? Wo können wir dort tatsächlich ein
sparen? Wir sind überzeugt, bei einer konsequenten Orientierung auf dezentrale Anlagen kann ein Großteil dieser 3,9 Mrd. € gespart werden. Dann stellt sich manche Frage anders dar, aber da dürfen Sie heute nicht das Signal aussenden, investiert mal die 3,9 Mrd., weil 25 Prozent übernehmen wir auf alle Fälle. Das ist das falsche Signal.
Wir können uns im Ausschuss darüber - ich lasse mich gern belehren, Herr Mohring, wenn ich da etwas verkehrt interpretiert habe, dann können wir das gern im Ausschuss beraten. Ich habe es so interpretiert. Ich will nur nicht, dass tatsächlich die Aufgabenträger vom Gesetzgeber dieses Signal bekommen, also lassen Sie uns darüber diskutieren.
Das Rumdoktern am System wird uns nicht davon befreien, dass wir uns im Landtag nicht mehr mit der Sache beschäftigen müssen. Ich will auf zwei Dinge hinweisen. Auch dieser Gesetzentwurf löst rechtliche Probleme nicht, wenn man im System verbleibt, es bleiben also rechtliche Unsicherheiten und Anwendungsprobleme. Das wissen Sie. Seit vier Jahren streiten die Aufgabenträger und die Bürger: Was ist ein nicht bebautes Grundstück? Der Wille des Gesetzgebers war es bei der Privilegierung, dass nur das Grundstück beitragspflichtig sein soll, wo auch Abwasser anfällt. Das war der Grundgedanke, deswegen soll das unbebaute Grundstück erst dann beitragspflichtig werden, wenn es bebaut wird. Jetzt haben wir viele Grundstücke, da steht nur eine Garage, ein Carport oder ein Schuppen drauf. Da sagen die Aufgabenträger, gilt als bebaut nach Thüringer Bauordnung, also beitragspflichtig. Da verstehen die Leute wieder nicht, warum sie für ein Grundstück mit einer Garage einen Abwasserbeitrag bezahlen sollen, obwohl kein Abwasser anfällt. Da sehen wir, das lösen wir mit dem Gesetzentwurf nicht. Oder die Frage: Wie ist die 130-Prozent-Regelung zustande gekommen? Sie erscheint sehr willkürlich und ich vermute, dass irgendwann ein Gericht auf diese 130-Prozent-Regelung kommt, weil man sagt, warum nicht 125 Prozent oder 145 Prozent. Die 130-Prozent-Regelung...
Nein, gibt es nicht. Gut, zeigen Sie es mir, ich lese es gern nach. Ich lese so gern. Wir haben es nicht gefunden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit 1994 versucht der Thüringer Landtag und die Landesregierung das Gesetz so hinzubiegen, dass es rechts
sicher ist, dass der Bürger damit hinkommt und die Aufgabenträger, und es ist nicht gelungen. Deswegen stellen wir die Frage: Ist es wirklich reformierbar? Da bitten wir die Landesregierung, die CDU, aber auch die SPD sich dem Dialog darüber nicht zu verweigern, ist es wirklich reformierbar. Auch die Frage der Bürgerbeteiligung, da wurden Verbraucherbeiräte eingeführt als völlig wirkungslos. Herr von der Krone weiß das. Wir in Arnstadt sind gemeinsam in einem Verbraucherbeirat. Es hat 10 Jahre gedauert, bevor der Zweckverband gesagt hat, wir machen einen. Jetzt lassen die uns mit ausgestreckter Hand einfach verkümmern. Da sagt der Zweckverband, wir beantworten einfach Fragen nicht. Herr von der Krone, der den Schlamassel verursacht hat, der soll ihn jetzt reparieren, er hat ja die Fronten gewechselt. Er war mal Vorsitzender, also Chef des Zweckverbands und ist jetzt stellvertretender Chef des Verbraucherbeirats. Das ist auch interessant. Aber das haben wir geschickt gemacht, weil wir dachten, der kennt sich ja aus. So, aber er macht es eben nicht, sondern lässt es zu, dass die Werkleitung einfach sagt, Fragen beantworten wir nicht, warum auch. Da sitzen wir da, schauen uns an und zum Schluss verliert man die Lust und dann haben die Bürgermeister das geschafft, was sie wollten. Die Bürger wenden ich völlig entnervt ab, der Bürgermeister von Arnstadt verklagt seine Bürger, weil die ein Bürgerbegehren machen. Ich frage mich, was in diesem Land los ist, also völlig unbrauchbar.
Jetzt die Frage: Warum halten Sie noch an dem überalterten System so krampfhaft fest und versuchen daran rumzudoktern.
Herr Scherer, Sie sind ja feige, Sie sind richtig feige. Ich habe Sie als mutigen Menschen eingeschätzt, aber Sie sind feige. Sie verstecken sich hinter dem Verfassungsgerichtsurteil und sagen, die hätten dort reingeschrieben, Abwasserbeiträge können nicht abgeschafft werden.
Anstatt sich hinzustellen und zu sagen, ich will sie nicht abschaffen, das wäre doch ein Wort. Aber den Mut haben Sie nicht, Sie verstecken sich hinter neuen Verfassungsrichtern.
Das ist auch nicht gerade die feine Art als Innenminister. Sie sind ja auch für die Polizei zuständig.
Wenn die Polizisten so feige wären wie Sie, ach dann großer Gott, dann hätten wir nicht die Aufklärungsquote, auf die Sie so stolz sind. Das heißt, Sie sollten genauso viel Mut zeigen wie Ihre Polizisten und dann funktioniert das. Also sagen Sie den Leuten, was Sie wollen, und verstecken Sie sich nicht hinter dem Verfassungsgericht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf erinnern, von den 2,2 Mio. Einwohnern in Thüringen sind 1,1 Mio. -
ja, ja, gut, dann sind es 2,4 -, aber 1,1 Mio. sind von den Problemen der Beitragserhebung in Thüringen nicht mehr tangiert, nicht mehr betroffen, weil 47 Aufgabenträger - und das sind besonders große, z.B. die Stadt Erfurt und das gesamte Umland - kennen diese Form der Refinanzierung abwassertechnischer Einrichtungen nicht mehr. Herr Scherer, jetzt müssen Sie auch mal sagen, wenn Sie sagen, das geht nicht, dann handeln ja offenbar ein Teil der Aufgabenträger verfassungswidrig - das unterstelle ich denen nicht. Aber die Frage ist doch, wenn schon die Hälfte der Thüringer Bevölkerung nicht mehr davon betroffen ist, warum dann nicht zumindest diskutieren, dass die andere Hälfte davon auch befreit ist.
Wir haben es untersucht, die Aufgabenträger, die keine Beiträge erheben, die haben nicht die höchsten Gebühren, weil ja immer der kausale Zusammenhang hergestellt wird. Es gibt natürlich einen kausalen Zusammenhang und ich kann nicht nur die Beiträge abschaffen und alles auf die Gebühr umlegen, das geht nicht, da muss ich auch ein bisschen hinsichtlich der Bilanzierung etwas machen, da lässt das Gesetz ja manches verschwommen zu, z.B. Verzicht auf die Verzinsung des Eigenkapitals, das wäre eine Maßnahme, um kostendämpfend zu wirken. Darüber kann man diskutieren. Übrigens hatte Herr Baldus das mal thematisiert, als der noch Innenstaatssekretär war, er hatte nur das Problem, dass in Ihrer Fraktion offenbar keine Bereitschaft war oder keine Leute waren, die diese betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge nachvollziehen wollten, aber die gibt es. Deswegen fordern wir Sie noch mal auf: Was für 1,1 Mio. Thüringerinnen und Thüringer geht, muss auch für den Rest zumindest diskussionswürdig sein, und nicht gleich von vornherein sagen, das geht nicht. Ich weiß ja, warum Sie keine Beiträge abschaffen wollen, Sie
haben Angst davor und wollen nicht, dass dann der Bürger weiß, was die Behandlung - es geht um Fäkalien - der Fäkalien kostet. Denn wie ist es denn jetzt? Der Bürger muss Beiträge bezahlen, er bezahlt eine Grundgebühr, er bezahlt eine Einleitungsgebühr und er bezahlt eine Oberflächenwassergebühr. Zum Schluss weiß er überhaupt nicht, was kostet denn die Behandlung dieser Fäkalien. Wenn wir die Beiträge abschaffen, dann haben wir eine reale Kostenstruktur und dann kann man auch interkommunal vergleichen
und dann kann man Fragen stellen. So wird das verschleiert und das ist vielleicht ein Grund dafür, dass Sie sich so vehement dagegen wehren.
Meine Damen und Herren, noch zwei Anmerkungen - die Erste: Wir vermissen eine Regelung für die Straßenausbaubeiträge. Das ist der zweite Komplex, 2007 angekündigt, ich hatte ja heute die Anfrage gestellt. Man versteckt sich hinter einem Gutachten. Ich darf daran erinnern, wir haben jetzt das Urteil, wir haben aber die Entscheidungen aus Sachsen. Wir haben andere Länder, die ja anders verfahren. Baden-Württemberg hat die Straßenausbaubeiträge schon vor mehr als 10 Jahren abgeschafft. Da könnte man ja mal mit Baden-Württemberg in den Kontakt treten. Ich weiß nicht, warum wir auf ein Gutachten über ein Jahr warten. Ich kann Ihnen doch sagen, was in dem Gutachten drinsteht, nämlich das, was Sie in Auftrag gegeben haben. Das kenne ich doch, das ist doch nun nicht so, dass das nun ein wertneutrales Gutachten wird.
Aber Sie wollen vor den Landtagswahlen nicht Farbe bekennen, da wollen Sie nicht sagen, was ist. Da müssen Sie mal überlegen, 300 Kommunen können ihren Bürgern nicht sagen, was wird mit den Ausbaumaßnahmen, die seit 1991 realisiert wurden. Wir müssen ja bis 1991, wenn wir das Gerichtsurteil des OVG in der jetzigen Rechtslage anwenden, bis 1991 rückwirkend, 20 Jahre rückwirkend, die Straßen sind schon längst wieder verschlissen und werden jetzt das zweite Mal gebaut. Das geht nicht und deswegen muss eine Lösung her.
Da Sie nicht handeln, haben wir den Gesetzentwurf der CDU zum Anlass genommen und zunächst ei
gene Änderungsanträge erarbeitet, die werden wir nachher in die Ausschuss-Sitzung einbringen, weil wir wollen, dass sie mit in die Anhörung kommen. Ich gehe mal davon aus, die CDU wird das nicht verweigern, weil wir natürlich wollen, dass die Anzuhörenden sich auch mit unseren Änderungsanträgen auseinandersetzen. Dann können wir das Für und Wider diskutieren. Es war gar nicht so leicht, Änderungsanträge dort zu formulieren, wenn man im System bleibt, weil, es ist tatsächlich so, 20 Jahre Fehlentwicklung sind nur schwer korrigierbar. Eigentlich müsste man sagen: Schluss und wir fangen neu an.
Aber ich glaube, es ist uns gelungen. Unser Ziel bleibt die Abschaffung der Abwasserbeiträge und der Straßenausbaubeiträge, aber als Zwischenlösung sagen wir: Vorrang der Gebührenrefinanzierung und ein Verrechnungsmodell mit bereits gezahlten Beiträgen, weil wir kein Förderprogramm für Banken wollen. Sie machen jetzt wieder ein Förderprogramm mit Banken, weil, die meisten dieser 1,9 Mrd. € sind Zinsen, die zu bezahlen sind. Das ist nicht unsere Aufgabe, das Wohl und Wehe der Banken im Blick zu haben, sondern unsere Aufgabe ist, den Landeshaushalt, den kommunalen Haushalt und die Bürger im Blick zu haben. Bei den Straßenausbaubeiträgen wollen wir keine Rückwirkung, weil wir wollen, dass die Gemeinden vorher entscheiden bevor sie bauen, wie sie es refinanzieren. Und wir wollen dort die sächsische Regelung als Mindestlösung, also dass die Gemeinden selbst entscheiden können, ob und in welcher Höhe Beiträge erhoben werden. Auch dort wollen wir als Alternative, dass Gemeinden auf Beiträge verzichten können, wenn sie im Rahmen der Grundsteuererhebung dann die entsprechende Refinanzierung auch der Straßenausbaumaßnahmen realisieren.
Insgesamt eine spannende Diskussion, deshalb auch spannend vor den Landtagswahlen, da können die Wähler dann die unterschiedlichen Konzepte vergleichen und können auch davon ihre Wahlentscheidung abhängig machen. Insofern sind wir durchaus der CDU-Fraktion dankbar, dass sie den Mut hatte, das Gesetz vorzulegen, Mut, den die Landesregierung bedauerlicherweise nicht aufgebracht hat. Aber es ist egal, die Bürger haben jetzt die Möglichkeit, diese Diskussion öffentlich zu verfolgen. Insofern werden wir unseren Beitrag dazu leisten, dass tatsächlich noch vor den Landtagswahlen hier im Landtag eine entsprechende Entscheidung getroffen wird. Danke.
Danke für die Frage. Wir haben jetzt unsere Modellrechnung grob abgeschlossen. Unser Modell wird insgesamt zusätzliche Kosten von 700 Mio. € verursachen. Ihr Modell kostet 1,9 Mrd. €, ohne dass sicher ist, dass es funktioniert.
Unseres funktioniert und kostet nur 700 Mio. €. Das ist eben der Unterschied. Da wissen wir, die 700 Mio. € hat die CDU zu verursachen. Das werden wir sagen. Sie haben das Ding richtig vor die Wand gesetzt. Herzlichen Glückwunsch. Danke.
Danke, Frau Präsidentin, ich muss nur was richtigstellen, damit das nicht so im Raum stehenbleibt. Also was die NWA betrifft. Ich meine, es ist lange her. Die NWA, die drei Aufgabenträger der Wasserver- und Abwasserentsorgung, waren Treuhandbetriebe. Sie sind 1990 in Treuhandvermögen überführt worden.
Die Investitionen, die getätigt wurden von 1990 bis 1992 - darauf stellt Herr von der Krone ab - sind von der Treuhandanstalt auf den Weg gebracht worden. Die Frage ist natürlich, ob die damalige PDS einen Einfluss auf die Treuhand hatte.
Nach meinem Kenntnisstand hielt er sich sicherlich stark in Grenzen. Das wollte ich nur klargestellt haben. Der Zweckverband Arnstadt ist zum 01.01.93 gegründet worden.
Da sind dann anteilig die Schulden der Treuhand auf die Zweckverbände übertragen worden. Aber es ist keinesfalls so, dass das irgendwie ein volkseigenes Unternehmen war, danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beschließen heute einen Gesetzentwurf, durch den die erste Landgemeinde in Thüringen Realität wird.
Die CDU feiert dieses als einen Erfolg, wir haben aber hier wieder ein Beispiel, wie die CDU - wie auch in der Vergangenheit - Stillstand als Entwicklung den Bürgerinnen und Bürgern in Thüringen verkaufen will.
Die Landgemeinde ist und bleibt nichts anderes als eine Einheitsgemeinde mit einer etwas weiter ausgestalteten Ortschaftsverfassung.
Die erweiterte Ortschaftsverfassung haben wir seit Jahren gefordert. Wir sind darüber froh, dass die CDU hier ihre Blockadehaltung aufgegeben hat.
Aber dieser Sache jetzt einen neuen Namen zu geben und damit vorzugaukeln, als würde die CDU für die Zukunft dieses Landes stehen, ist schon weit hergeholt. Die Landgemeinde hat nach wie vor wie die Einheitsgemeinde als untere Einwohnergrenze die 3.000 Einwohner.
Ich frage Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie Gemeinden in Thüringen sich künftig den neuen Herausforderungen stellen können in einer solch kleingliedrigen Struktur - ich erinnere an solche Projekte wie Bürgerhaushalt oder Bürgerkommune -, das ist in diesen Strukturen nicht lösbar. Im Übrigen ist Bürgernähe kein Problem von Entfernungen. Man kann nah neben dem Rathaus wohnen und trotzdem ist die Verwaltung ganz weit weg, weil sie sich nämlich gegenüber dem Bürger abschottet. Bürgernähe hat also etwas mit Verfahren zu tun und mit Einbeziehung von Bürgern in kommunale Entscheidungen und hat nichts mit Entfernungsangaben in Metern oder Kilometern zu tun.
Wir unterstützen den Gesetzentwurf trotzdem, weil in dem einen Fall eine Verwaltungsgemeinschaft in eine Einheitsgemeinde, von der CDU „Landgemeinde“ genannt, umgewandelt wird und wir der Überzeugung sind, dass die Verwaltungsgemeinschaft in den 90er-Jahren ihre Daseinberechtigung hatte, um kommunale Selbstverwaltung zunächst in Thüringen zu entwickeln, aber spätestens sich seit 1999 herauskristallisiert hat, dass diese Verwal
tungsstruktur zunehmend hemmend wirkt, unwahrscheinliche Kosten durch Mehrfacherledigungen verursacht und zu weit vom Bürger weg ist.
Deswegen ist nach unserer Überzeugung die Verwaltungsgemeinschaft ein Auslaufmodell, außer dort, wo die Bürger ausdrücklich mit dieser Struktur zufrieden sind. Wir wollen aber, dass das die Bürger entscheiden und nicht nur die Bürgermeister und Gemeinderäte.
Deshalb können wir uns durchaus vorstellen, dass im Rahmen von Bürgerentscheiden auch die Verwaltungsgemeinschaftsstruktur übergangsweise noch Fortbestand hat. Grundsätzlich sind wir aber der Überzeugung, dass dieses Modell auslaufen wird. Hier, im konkreten Fall in der Region Neudietendorf, sind die kommunal Verantwortlichen offenbar auch zu dieser Einsicht gekommen. Wir unterstützen auch die Freiwilligkeit, solange dadurch zukunftsfähige Strukturen geschaffen werden. In beiden Fällen werden künftige Entwicklungen nicht blockiert, insofern ist dieser Strukturveränderung zuzustimmen, obwohl wir uns nicht sicher sind, ob nicht in einigen Jahren erneut in diesen beiden Regionen über weitere Strukturveränderungen diskutiert und entschieden werden muss. Das bringt natürlich keine Ruhe in die kommunalen Strukturen rein, sondern wird eher auch zu Verunsicherungen führen, aber das hat die Landesregierung in diesem Land zu vertreten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben einen Änderungsantrag eingebracht, der bereits im Innenausschuss zur Abstimmung stand. Die CDU hat uns dort eigentlich inhaltlich, insbesondere Herr Fiedler, völlig aus dem Herzen gesprochen.
Herr Fiedler, Sie haben ja ein Plädoyer für Bürgerbeteiligung abgegeben
und auch auf die Neuregelungen verwiesen, die übrigens heute in Kraft treten. Ab heute haben die Thüringer und Thüringerinnen nicht mehr die rote Laterne mit Blick auf Bürgerbeteiligung, sondern wir sind jetzt im guten Mittelfeld. Wir sind davon überzeugt, dass die Bürger davon Gebrauch machen.
Insofern haben wir es zwar bedauert, dass die CDU einige Zeit gebraucht hat, um zu dieser Erkenntnis zu kommen, und es war nicht ganz freiwillig, sondern das war der Druck von 250.000 Bürgern, der letztlich zu dieser Einsicht geführt hat - aber immerhin, wir wollen das durchaus anerkennen. Wo die CDU dann aber doch nicht über ihren Schatten springen konnte, zumindest nicht im Innenausschuss, war, dass man dieses neue Element auch in dem konkreten Fall aufgreift, weil es tatsächlich in der Region Neudietendorf einen heftigen Streit gab und gibt, ob der jetzige Name „Nesse-Apfelstädt“ tatsächlich die Region so repräsentiert. Jeder Außenstehende kann mit diesem Namen sicherlich nur schwer etwas anfangen und muss zunächst erst einmal auf der Karte schauen, wo das liegt. Neudietendorf ist eher bekannt, allein schon wegen dem „Aro“. Von daher sind wir überzeugt, wir sollten uns als Gesetzgeber zurückhalten, was die Namensgebung betrifft, und sollten das den Bürgerinnen und Bürgern überlassen. Es stellt sich aber die Frage gerade für die CDU, warum sollen das erst Bürger beantragen und warum soll das die Hürde des Bürgerbegehrens erst noch nehmen müssen, das verzögert das Verfahren noch. Warum sagen wir nicht gleich als Gesetzgeber, lasst die Bürger entscheiden und schreiben nicht gleich ins Gesetz, dass die Namensgebung letztlich durch einen Bürgerentscheid durch die Bürgerinnen und Bürger bestimmt wird. Das würde überhaupt keinem wehtun. Die Bürger würden erkennen, dass der Landtag es ernst meint mit einer Frage wie Bürgerbeteiligung und kommunaler Selbstverwaltung.
So müssen jetzt die Bürger aktiv werden und zunächst ein Bürgerbegehren beantragen, um dann die Namensänderung vorzunehmen. Das bedauern wir ausdrücklich, deswegen auch heute noch einmal unser Änderungsantrag. Vielleicht weil heute Öffentlichkeit hergestellt ist, überdenkt die CDU hier noch einmal ihre ablehnende Haltung und kann unserem Änderungsantrag letztlich folgen.
Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen. Unseren Änderungsantrag habe ich erläutert. Sicherlich kann Herr Fiedler hier noch einmal seine sehr überzeugenden Argumente vortragen und dafür sorgen, dass seine Fraktion dann diesem Antrag zustimmt. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden dem Rat der CDU nicht folgen und uns in Zurückhaltung üben,
denn dieses Land braucht Dynamik und die CDU steht für Stagnation.
Deshalb wäre es unverantwortlich, wenn wir uns dem Verhalten der CDU anpassen würden. Insofern nehmen wir unseren Auftrag als Opposition ernst und treiben Sie vor uns her.
Wir haben gerade im Bereich Kommunales durchaus erstaunliche Entwicklungen vollzogen. Wir haben inzwischen mehr Bürgerbeteiligung. Wir haben ein Finanzausgleichsgesetz, das vom Grundsatz der Bedarfsermittlung ausgeht, aber das haben Sie doch nicht wegen einer politischen Einsicht auf den Weg gebracht, sondern einfach nur, weil die Opposition und die Bürger dieses Landes Sie dazu getrieben haben.
Das werden wir weiter machen, denn der Weg ist erfolgreich.
Am 30. August haben die Wähler dann die Entscheidung, ob weiter eine Partei die Regierungsverantwortung behält, die für Stagnation steht, oder ob unsere Konzepte aufgegriffen werden, weil sie den Bürgern durchaus vermitteln, dass wir in der Lage sind, Thüringen voranzubringen. Wir sind lernfähig, wir haben nie für uns in Anspruch genommen, dass unsere Vorschläge im Kern die alleinige Wahrheit sind. Wir haben übrigens auch einen Lernprozess durch, was die Zeit vor 1989 betrifft. Da haben Sie auch noch Nachholbedarf, denn Sie haben einfach einen Beschluss gefasst,
dass für Sie die Zeit vor 1989 nicht stattgefunden hat.
Wir stehen zu unserer politischen Verantwortung,
auch zur persönlichen Verantwortung. Da zeigt sich, wer sich intensiv mit Geschichte auseinandersetzt und die Lehren zieht, ist auch in der Lage, die Probleme von heute und morgen zu lösen. Da Sie die Geschichtsauseinandersetzung verweigern, sind Sie nicht in der Lage, auch nur ansatzweise Lösungen für heute und morgen anzubieten. Das ist einfach so,
wir sind lernfähig und wir praktizieren Demokratie
gemeinsam mit den Bürgern. Herr Fiedler, im konkreten Fall in Neudietendorf müssen Sie jetzt zumindest - das sind ja eher Ihre Partner - mal mit der evangelischen Kirchgemeinde reden. Es könnte jetzt sein, dass die der CDU irgendwie böse sind, denn die haben nämlich erhebliche Bedenken, dass wir im Gesetz einfach den Namen festschreiben und dann sagen Sie, dann sollen mal die Bürger vor Ort sehen, wie sie damit zurechtkommen. Warum signalisieren wir als Gesetzgeber nicht den Bürgern, ihr könnt selbst entscheiden und schreiben das gleich ins Gesetz hinein, weshalb nicht?
Sie brauchen ja nicht auf uns zu hören, sondern das ist ein Vorschlag der Evangelischen Kirchgemeinde in Neudietendorf.
Das sind doch aber Ihre Partner, auf die können Sie doch wenigstens hören, wenn Sie schon nicht auf uns hören. Von daher überdenken Sie das noch mal.