Protokoll der Sitzung vom 16.09.2005

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen 22. Plenarsitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne.

Ich begrüße ebenfalls unsere Gäste auf den Zuschauertribünen und insbesondere recht herzlich die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Als Schriftführer hat neben mir Platz genommen Frau Abgeordnete Ehrlich-Strathausen. Die Rednerliste wird der Abgeordnete Carius führen.

Es haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Abgeordneter Fiedler, der Abgeordnete Höhn und der Abgeordnete Ohl.

Wir fahren in der Tagesordnung fort und ich rufe auf Tagesordnungspunkt 7

a) Thüringer Familienfördergesetz Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/1200 - ERSTE BERATUNG

b) Familienförderung erhalten - Kindergärten sichern Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/1192 -

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung ihres Gesetzentwurfs? Bitte, Herr Minister.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, für die Landesregierung möchte ich das Thüringer Familienfördergesetz in den Landtag einbringen. Gestatten Sie mir aber erst einmal ein paar Vorbemerkungen.

Wir erleben zurzeit eine sehr intensive öffentliche Debatte zu diesem Gesetz. Die Debatte ist kontrovers und auch sehr emotional. Das ist bei einem solchen Thema nicht anders zu erwarten und ich finde die kontroverse Debatte auch in Ordnung. Denn Demokratie ist nicht Harmonie, sondern Demokratie ist Streit, und zwar Streit um die besten Lösungen. Was ich aber nicht in Ordnung finde, wenn Kinder in diesem Streit instrumentalisiert werden.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Kinder reagieren auf Streit von Erwachsenen höchst sensibel. Sie verstehen Streit nicht und fühlen sich in der Regel selbst schuldig. Wer Kinder um ein paar rührseliger Bilder willen zu Demonstrationen missbraucht, disqualifiziert sich als verantwortlicher Erzieher.

(Beifall bei der CDU)

Und ich sage das auch und gerade in Richtung des SPD-dominierten Landesvorstandes der AWO.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns hier streiten, hier ist der richtige Ort

(Zwischenruf Abg. Buse, Die Linkspar- tei.PDS: Ihr Gesetzentwurf ist …)

und demonstrieren Sie von mir aus auch, aber halten Sie bitte Kinder aus diesem Streit heraus, Sie schaden ihnen damit und tun das Gegenteil von dem, was Sie vorgeben zu tun.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Herr Minister Zeh, auch das haben Sie noch gar nicht...)

Im Übrigen, Herr Matschie, ich habe in der letzten Zeit viele Kindergärten besucht, darunter auch fünf AWO-Kindergärten. Ich erlebe eine große Diskrepanz zwischen den Äußerungen der AWO-Funktionäre und den AWO-Mitarbeitern.

(Beifall bei der CDU)

Vor wenigen Tagen sagte mir die Leiterin einer Kindertageseinrichtung der AWO - und ich habe Sie extra gefragt, ob ich das zitieren darf, und Sie sagte, ja, das könne ich zitieren -,

(Unruhe bei der SPD)

es gebe wohl kaum ein Gesetz, das intensiver diskutiert worden wäre als das Familienfördergesetz. Sie bedanke sich ausdrücklich dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger ausreichend Gelegenheit hatten, ihre Bedenken, ihre Anregungen und Sorgen auch einzubringen - Originalton einer Leiterin einer AWO-Kindertagesstätte.

Also, meine Damen und Herren, so denken die Mitarbeiter der AWO vor Ort.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Aber meine Leiterin …)

(Beifall bei der CDU)

Ich habe mich sehr darüber gefreut, das können Sie sich natürlich denken, denn unser Anliegen war es von Anfang an, die Menschen in die Diskussion mit einzubinden.

(Beifall bei der CDU)

Unlängst las ich in einer Tageszeitung, sehr kritisch kommentiert, dass mittlerweile nun schon der fünfte überarbeitete Entwurf vorläge. Nun, das stimmt natürlich so nicht. Im April wurde das Gesetz veröffentlicht,

(Heiterkeit bei der Linkspartei.PDS)

nein, das Konzept und nicht das Gesetz, im April wurde das Konzept veröffentlicht, am 12. Juli der erste Entwurf im Kabinett verabschiedet, danach begann die schriftliche und mündliche Anhörung und heute legen wir den zweiten Entwurf dem Landtag vor. Dennoch, wenn in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit mehrere Änderungen der Entwürfe registriert wurden, dann spricht das gerade für die Ausführlichkeit der Debatte und dass wir für Änderungen stets aufgeschlossen waren und auch sind. Und letztlich, meine Damen und Herren, ist auch egal, wie viele Änderungen auf dem Gesetzgebungsweg von der Öffentlichkeit registriert werden, wenn wir am Ende ein gutes Gesetz verabschieden - und davon bin ich felsenfest überzeugt, dass wir ein gutes Gesetz verabschieden werden -, dann haben wir für die Familien in Thüringen ein gutes Werk vollbracht.

Meine Damen und Herren, ich bleibe nach wie vor bei meiner Einschätzung: Die Thüringer Familienoffensive ist das modernste und innovativste Familienfördergesetz, das in einem Landesparlament in Deutschland eingebracht worden ist.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS, SPD)

(Beifall bei der CDU)

Wissen Sie, mir ist völlig unverständlich, mit welcher Häme und Ignoranz Sie von der Opposition darauf reagieren.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Sie müssten doch aus den Verfahren vor fünf Jahren klug geworden sein. Erinnern Sie sich doch mal, vor viereinhalb Jahren haben wir das heute gültige Kindertagesstättengesetz verabschiedet. Mit wie vielen Kübeln von Abfälligkeit haben Sie damals das Gesetz begleitet.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, Die Links- partei.PDS: Das ist doch einfach gar nicht wahr, Herr Minister Zeh.)

Doch, doch. Frau Thierbach, gestern las ich Herrn Ramelow. Ich zitiere, Herr Ramelow sagt: „Das bisherige Thüringer System der Integration von Hort, Kindertagesstätte und Schule sei bundesweit vorbildlich und wird nun auf dem Altar des Sparzwangs geopfert.“

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Der Abgeordnete Huster sagte damals zu dem gleichen Gesetz, was Herr Ramelow heute so hochlobt im Landtag: „Dieses geänderte Gesetz ist das Gegenteil von Familienfreundlichkeit“ - damals - „und es ist das Gegenstück ihrer Sonntagsreden.“

(Unruhe bei der CDU)

(Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, was ist nun richtig, wer ist denn hier bescheuert?

(Zwischenruf Abg. Thierbach, Die Links- partei.PDS: Wir haben überhaupt nicht von „bescheuert“ geredet.)

Herr Huster hat damals gesagt das „Gegenteil von Familienfreundlichkeit“ und Herr Ramelow zitiert, es wäre „bundesweit vorbildlich“.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren...

(Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich bitte um Ruhe.