Protokoll der Sitzung vom 24.11.2006

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße unsere Medienvertreter auf der Zuschauertribüne.

Als Schriftführer hat neben mir Platz genommen die Abgeordnete Wackernagel und die Rednerliste führt die Abgeordnete Wolf.

Es haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Minister Wucherpfennig, Herr Minister Schliemann und der Abgeordnete Herr Dr. Pidde.

Ich möchte Ihnen folgenden Hinweis zur heutigen Tagesordnung geben: Zu TOP 9 wurde eine Neufassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit in Drucksache 4/2439 verteilt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4

Fortschreitende Zerstörung des Thüringer Waldes durch Infrastrukturmaßnahmen be- enden Antrag der Fraktion der Links- partei.PDS - Drucksache 4/2093 - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bau und Verkehr - Drucksache 4/2385 -

Das Wort hat Frau Abgeordnete Enders aus dem Ausschuss für Bau und Verkehr zur Berichterstattung.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Landtag hat den Antrag „Fortschreitende Zerstörung des Thüringer Waldes durch Infrastrukturmaßnahmen beenden“ in seiner 44. Plenartagung am 14. Juli 2006 behandelt und an den Ausschuss für Bau und Verkehr federführend, des Weiteren an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit sowie an den Ausschuss für Naturschutz und Umwelt verwiesen. Am 14. September 2006 wurde der Antrag in der 16. Sitzung des Ausschusses für Bau und Verkehr behandelt. Der Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit hat den Antrag in seiner 20. Sitzung am 22. September 2006 und der Ausschuss

für Naturschutz und Umwelt hat den Antrag in seiner 31. Sitzung am 13. Oktober 2006 beraten.

Minister Trautvetter hat zu Punkt 1 des Antrags der Fraktion der Linkspartei.PDS in der Sitzung des Ausschusses für Bau und Verkehr am 14. September 2006 angekündigt, voraussichtlich im Januar 2007 einen ausführlichen Bericht zu geben, der alle Infrastrukturmaßnahmen und die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen beinhalten werde. Zu Punkt 2 des Antrags wurden in der Sitzung des Ausschusses für Bau und Verkehr am 14. September 2006 verschiedene Auffassungen vertreten, was letztendlich zur mehrheitlichen Ablehnung des Antrags in seinem Punkt 2 führte. Zur abschließenden Empfehlung des Ausschusses für Bau und Verkehr hat es in den beiden mitberatenden Ausschüssen mehrheitlich keine andere Auffassung gegeben. Der federführende Ausschuss für Bau und Verkehr empfiehlt einstimmig die Annahme der Nummer 1 des Antrags sowie mehrheitlich die Nummer 2 des Antrags abzulehnen. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der Abgeordneten Doht, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, um es gleich vorab zu sagen, die SPD-Fraktion ist für den Erhalt der Umwelt im Thüringer Wald

(Beifall bei der SPD)

und wir werden deswegen auch dem Antrag der Linkspartei.PDS zustimmen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Die Natur ist die wichtigste Voraussetzung für den Tourismus und der Tourismus wiederum ist einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren im Freistaat Thüringen.

(Beifall bei der SPD)

So haben wir im Tourismus mehr Arbeitsplätze als z.B. im Automobilbau. Gerade deswegen ist es wichtig, eine Balance zu halten zwischen dem Ausbau des Tourismus und dem Erhalt der Natur. Wir bewegen uns hier immer in einem Spannungsfeld. Deswegen auch unsere Zustimmung zu dem Linkspartei.PDS-Antrag. Die Linkspartei.PDS hat hier einen sehr weitreichenden Antrag gestellt, aber leider hat

sie in den Ausschussberatungen die Chance völlig vertan, über dieses weitreichende Thema umfassend zu beraten. Zumindest im federführenden Ausschuss für Bau und Verkehr haben wir nur noch über die 380-kV-Leitung geredet, über alle anderen Probleme, die sich hinter diesem Antrag verbergen, nicht.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte trotzdem heute hier die Gelegenheit nutzen, noch einmal einen Abriss über dieses umfassende Thema zu geben und nicht nur bei der 380kV-Leitung stehen zu bleiben.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Wir haben in der Vergangenheit große Infrastrukturmaßnahmen im Thüringer Wald gehabt. Ich erinnere nur an die Diskussion um die Thüringer Waldautobahn. Man hat uns als SPD damals immer unterstellt, wir wollten diese Autobahn verhindern, wir wollten die wirtschaftliche Entwicklung in Südthüringen verhindern.

(Unruhe im Hause)

(Glocke der Präsidentin)

Ich muss sagen, ich finde es aus heutiger Sicht gut, dass wir eine tiefgründige Diskussion angestoßen haben

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

und dass mit der Untertunnelung des Rennsteigs hier auch eine für die Natur günstige Variante gefunden wurde. Das Gleiche betrifft die ICE-Trasse. Aber wenn wir über Zerstörung des Thüringer Waldes durch Infrastrukturmaßnahmen reden, dann reden wir eben nicht nur über die Autobahn, dann müssen wir auch über Landesstraßen, über Bundesstraßen reden - ich erwähne hier z.B. nur die geplante Neutrassierung der B 19 -, wir müssen natürlich auch über Ortsumgehungen reden. Wir haben auf der einen Seite den berechtigten Wunsch der Einwohner aus den Orten, die sehr vom Durchgangsverkehr tangiert sind, nach Ortsumgehungen. Wir müssen uns aber auch vor Augen halten, dass letztendlich jede Ortsumgehung auch wieder mit einem Stück Inanspruchnahme von Natur und Landschaft dahergeht und deswegen jede einzelne Maßnahme sehr tiefgründig geprüft werden soll.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben hier im Thüringer Landtag nicht nur einmal, sondern eigentlich fast jährlich über das Thema „Parkplätze für den Wintersport“ geredet. Auch hier müssen wir versuchen, einen Ausgleich zum ei

nen zwischen den touristischen Belangen und zum anderen zwischen den ökologischen Belangen zu finden. Wir brauchen mehr Parkplätze am Rennsteig, das ist richtig. Jeder, der sich im Winter die Situation anschaut, weiß, dass das für den Tourismus nicht förderlich ist. Wir müssen aber auch da, wo es möglich ist, über alternative Möglichkeiten nachdenken, z.B. Busshuttle.

(Beifall bei der SPD)

Ich muss es hier noch mal sagen: Es ist schlecht, dass der Skibus, der von Masserberg nach Oberhof fuhr, eingestellt worden ist. Das wären Möglichkeiten, um die Skifahrer an den Rennsteig zu bringen, ohne in großem Umfang weitere...

(Zwischenruf Trautvetter, Minister für Bau und Verkehr: Wozu braucht man einen Skibus?)

Wozu braucht man einen Skibus?

(Beifall bei der SPD)

Damit man irgendwo an der Loipe einsteigen kann, Herr Minister, und zwar nicht immer nur an einer Stelle und den gleichen Weg zurücklaufen muss, sondern da ergeben sich durchaus noch andere Möglichkeiten.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Der hat einen Fahrer, der braucht das nicht.)

Ein weiteres Beispiel, das ich hier ansprechen möchte, ist das Thema „Liftanlagen für den Wintersport“. Ich glaube, wir brauchen keine neuen Standorte mehr, sondern wir müssen die vorhandenen Anlagen modernisieren, sanieren.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Ich möchte hier noch einmal das Problem „Großer Inselsberg“ ansprechen. Hier sind wir in der Pflicht, etwas zu tun, zumal die Tourismuskonzeption gerade den Bereich um den Großen Inselsberg als einen der Standorte ausweist. Ich kann aber nicht nachvollziehen, warum wir in Ruhla einen zusätzlichen Skihang mit Lift bauen wollen, wo ich mich auf einer Höhe von 600 Metern befinde, wo ich - wenn ich mir die Klimaprognosen anschaue - wahrscheinlich in den kommenden Wintern kaum noch Schnee haben werde. Das heißt, ich muss hier...

(Zwischenruf Reinholz, Minister für Wirt- schaft, Technologie und Arbeit: Wer sagt denn, dass wir einen bauen wollen?)

Das stand des Öfteren in der Presse. Herr Minister, Sie waren leider nie mit einer gegenteiligen Meinung zitiert. Ich hätte ja gern einmal von Ihnen die Meinung gehört, wir sanieren den Großen Inselsberg und bauen das für die gesamte Region aus, zumal das ein REK ist.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen uns gerade in diesem Bereich schon überlegen, was wir tun. Ich glaube, es ist keinem geholfen, wenn wir dann in Massen Schneekanonen im Thüringer Wald aufstellen müssen, die zum einen das Klima noch mehr anheizen, den Energieverbrauch erhöhen, auf der anderen Seite auch die Kommunen in Kosten für die Betreibung hineintreiben, wobei eigentlich von vornherein abzusehen ist, dass das am Ende niemand mehr bezahlen kann.

Wir hatten in der Vergangenheit, gerade wenn es um die Infrastruktur ging, im Thüringer Wald massive Fehlentscheidungen aus meiner Sicht. Ich nenne hier nur noch mal das Beispiel Müllverbrennungsanlage Zella-Mehlis. In ein Gebiet, das als Vorranggebiet für den Tourismus ausgewiesen ist, gehört keine Müllverbrennungsanlage - so einfach ist das.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Gut, jetzt steht das Ding in Beton gegossen an der Autobahn.

(Unruhe bei der CDU)

Gerade auch mit der geplanten Anlage in Heringen werden wir noch große Probleme bekommen,