Protokoll der Sitzung vom 09.05.2008

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Gumprecht?

Ja, natürlich.

Frau Dr. Scheringer, wie würden Sie denn bewerten, wenn das Standortregister des Bundesamts für Verbraucherschutz sich so irren würde wie Sie und um nahezu 10 km daneben läge. Schmölln und Altenburg sind doch ein Stück auseinander.

(Zwischenruf Abg. Hausold, DIE LINKE: Aber nur ein Stück.)

„Region“, das ist ein dehnbarer Begriff. Man kann natürlich „Region“ ganz konkret auf einen Wahlkreis beziehen. Man kann aber „Region“ auch auf mehrere Wahlkreise beziehen. Sie werden doch wohl nicht leugnen - also ich weiß ja nicht, wo Sie jetzt ganz genau wohnen, das habe ich natürlich nicht nachgeschaut -, dass Sie aus der Region kommen. Oder was wollten Sie mit der Frage bezwecken?

Der Herr Abgeordnete hat eine Frage gestellt. Sie haben geantwortet. Herr Abgeordneter Gumprecht, haben Sie eine weitere Frage?

(Zuruf Abg. Gumprecht, CDU: Nein.)

Nein. Dann rufe ich für die CDU-Fraktion Abgeordneten Sonntag auf.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, nachdem ich hier so nett aufgefordert worden bin, noch ein paar Worte dazu zu sagen, will ich dieser Aufforderung auch gerne nachkommen.

Frau Scheringer-Wright, Sie haben sehr viel gesagt und ich habe das Gefühl gehabt, man kann damit auch so ein Thema, was ja durchaus eine gewisse Brisanz hat, völlig zerreden. In dem Antrag geht es zwar um den Genmais von Monsanto 810, aber ich habe mich inzwischen mal kundig gemacht: Die Bürger vor Ort, die haben nicht so sehr was gegen den, sondern sie haben generell etwas gegen Anbau von Genmais. Die Gründe dafür, wenn ich mal auf das sehe, was mein Vorredner, der Christian Gumprecht, erwähnt hat, sind nachvollziehbar. Ich will auch diesen vielen Informationen von Ihnen und von den anderen Vorrednerinnen und Vorrednern nichts hinzufügen, aber ein Argument ist mir noch wichtig, das haben Sie alle völlig außen vor gelassen. Dieser Anbau soll jetzt in Schmölln erfolgen. Nur wenige Kilometer davon entfernt über die Landesgrenze in Zeitz steht eine Anlage, das habe ich der Publikation entnommen, da wird stolz verkündet, dass die jährlich 750.000 t Getreide verarbeitet, ich sage es jetzt mal ganz vornehm, verarbeitet.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Verbrennt.)

Sie haben es gesagt, verbrennt. Wir wissen, dass Palmöl mittlerweile ein Exportartikel geworden ist der besonderen Güte, und zwar aus dem einfachen

Grund, nicht weil er zur Ernährung gebraucht wird, sondern weil er als Energieersatzstoff, sage ich mal so, verwendet werden soll.

Meine Damen, meine Herren, wir Deutschen, und es waren eine ganze Reihe von Beiträgen heute - vor allem von der Seite der LINKEN-Fraktion - zu diesem Thema gekommen, wir sind ja stolz darauf, dass wir eine gewisse Vorreiterrolle beim Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen einnehmen. Da wird nicht gefragt, wo die herkommen. Der Klimawandel ist ein Thema gewesen in mehreren Beiträgen heute. Und wenn, Frau Scheringer-Wright, aus dem Munde von LINKEN-Abgeordneten der Gottesbezug kommt wie von Ihnen vorhin, da bin ich vorsichtig, dann haben Sie meistens irgendwas vor.

Warum sage ich das? Meine Damen, meine Herren, man kann zu dem Anbau von genverändertem Mais stehen, wie man will. Es gibt durchaus die von Christian Gumprecht erwähnten Risiken, die man beachten sollte. Aber, und hier möchte ich meine Vorrednerin, Frau Becker, zitieren, sie hat gesagt, wir sollten die Interessen der Menschen nicht so einfach abtun. Sie hat gesagt „der Menschen“ und nicht „der Thüringer Menschen“, auch nicht „der Schmöllner Menschen“. Und wenn Sie sich mal vergewissern, meine Damen und meine Herren, dass wir es derzeit erst mal nur mit einer Verteuerung und einer Verknappung von pflanzlich produzierten Nahrungsmitteln weltweit zu tun haben und das mit Sicherheit keine vorübergehende Erscheinung sein wird, dann müssen das wir durchaus mal in Abwägung ziehen. Wir wissen ja, dass weltweit genmanipulierter Mais durchaus eingesetzt wird, mit Erfolg eingesetzt wird und von vielen Ländern deshalb eingesetzt wird, weil die - ich habe jetzt erst vor Kurzen einen Beitrag gehört - nachvollziehbar der Meinung sind, dass damit wesentlich höhere Erträge eingefahren werden können, sprich wesentlich mehr Menschen ernährt werden können. Deshalb können wir uns in Deutschland, bin ich der Meinung, in Mittelthüringen und in Schmölln, nicht so ohne Weiteres nach dem Prinzip „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ gegen genveränderte Nahrungsmittel einsetzen, Pflanzen einsetzen, wenn wir auf der anderen Seite wissen, dass wir mit dem Import von pflanzlichen Rohstoffen für Energiegewinnung genau vielen Menschen in der Welt die Nahrungsgrundlage, ich will nicht sagen entziehen, das wäre brutal, aber zumindest verknappen.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Anfrage durch Frau Abgeordnete Scheringer-Wright?

Frau Scheringer-Wright, ich bin gern bereit, Ihnen die Frage zu beantworten.

(Heiterkeit im Hause)

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Jetzt ist es zu spät, die Chance ist vorbei.)

Daher, meine Damen, meine Herren, bitte ich Sie, bei Ihrer Entscheidung zu diesem Antrag die von mir vorgetragenen Argumente mit einzubeziehen. Ich weiß, dass Sie als Abgeordnete Thüringens sich in erster Linie für die Thüringer Menschen verantwortlich fühlen, aber lassen Sie bitte die anderen in Regionen, die auf Nahrungsmittel dringender angewiesen sind, nicht gänzlich außen vor. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich Abgeordneter Dr. Schubert zu Wort gemeldet.

(Beifall SPD)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke mal, von der SPD sollte auch ein Abgeordneter reden, der aus der Region kommt. Ich werde auch bloß eine Stunde etwas dazu sagen, also keine Angst, dass es allzu lange dauert.

Vorab möchte ich erst einmal die Frage von der amtierenden Präsidentin beantworten, die sie in ihrer Einführungsrede gestellt hatte. Ich werde dem Antrag zustimmen. Es geht in diesem Antrag nicht generell gegen die Gentechnik, sondern es geht um den gentechnisch veränderten Mais MON 810. Da sind viele Fragen noch nicht geklärt, von Gefahren, die davon ausgehen können, bis hin zu der Bienenproblematik, die man auch nicht unterschätzen sollte.

Eine wichtige Sache betrifft das Altenburger Land im Allgemeinen. Wir hatten jahrelang den Ruf, der größte Umweltproblemkreis des Freistaats Thüringen zu sein, mit Rositz, mit der Wismut, mit der Braunkohle, mit vielen anderen Problemen. Das haben wir mittlerweile hinter uns gebracht; darüber redet eigentlich kaum noch einer heute. Die meisten Probleme sind beseitigt. Das Altenburger Land wird mit anderen Dingen in Verbindung gebracht. Aber jetzt sind wir natürlich wieder in den Ruf geraten, der einzige Kreis in Thüringen zu sein, wo gentech

nisch veränderter Mais angebaut wird. Das halte ich schon mal für ein Problem. Dazu kommt noch das spezielle Landwirtschaftsproblem. Auch die Landwirtschaft hatte zur Wendezeit einen ganz schwierigen Stand bei uns im Kreis. Da waren natürlich vor der Wende die Güllelagerung, die Gülleausbringung. Das alles ist, denke ich mal, beseitigt worden. Die Landwirtschaft hat wieder einen guten Ruf im Altenburger Land und darüber können wir froh sein. Wir haben gute Voraussetzungen, die auch genutzt werden können. Aber durch diesen Anbau jetzt ist dieser gute Ruf zumindest in Gefahr wieder verloren zu gehen. Aus diesem Grund lehne ich den Anbau dort ab. Jetzt ist er einmal erfolgt, das kann man nicht ändern, aber trotzdem kann man hier seine Position dazu kundtun. Deshalb also werde ich genauso wie der Rest meiner Fraktion dem Antrag zustimmen. Danke.

(Beifall SPD)

Für die LINKE hat sich noch einmal Frau Abgeordnete Dr. Scheringer-Wright gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Sonntag, was ich Sie eigentlich fragen wollte, war: Glauben Sie wirklich - ach da sind Sie - dass, wenn man in Thüringen transgenen Mais anbaut, dann in Zeitz kein Getreide mehr für die Bioäthanol-Herstellung verwendet wird? Wie soll denn das zusammenhängen? Sie haben erzählt, in Zeitz wird das Getreide verbrannt oder verwendet, um Bioäthanol herzustellen, das sollte man nicht vergessen und deswegen könnte man nicht gegen den Anbau von transgenem Mais sein. Das sind zwei völlig verschiedene Sachen. Was Sie weiterleiten wollten...

Frau Abgeordnete, bringen Sie mal bitte meinen Schriftführer nicht in die Verlegenheit, auch noch antworten zu wollen.

(Heiterkeit im Hause)

Ich müsste dann rein nach Geschäftsordnung ordnungspolitisch handeln und das will ich niemandem noch zumuten.

Gut. Als ich dann gemerkt habe, dass Sie mit der Verwertung von dem Getreide, der Verbrennung des

Getreides eigentlich auf die Ernährungslage in der Welt, auf den Welthunger abgezielt haben, habe ich mir gedacht, dann kann ich nur diese ein Frage stellen und beantwortet bekommen. Herr Sonntag, ich vertrete die Menschen hier in Thüringen, das ist richtig, damit identifiziere ich mich auch. Aber ich habe u.a. drei Jahre in Westafrika gearbeitet, wo es genau darum ging, Förderung von Kleinbauern, wo es genau darum ging, eine gute Ernährungslage sicherzustellen. Ich kann Ihnen versichern, die Versprechungen, die Monsanto und andere Konzerne heute machen, dass wir mit gentechnisch veränderten Pflanzen die Welternährung sichern, die sind genauso hohl und trügerisch und werden sich nicht erfüllen, ähnlich wie mit der Grünen Revolution der 60er-Jahre gerade in Afrika.

(Beifall DIE LINKE)

Es sind ganz andere Maßnahmen, die immer mehr wieder zu Hunger führen. Ich habe es eigentlich schon genannt, das ist der Neoliberalismus, der sich wahnsinnig durchgesetzt hat in den 90er-Jahren. Als ich 1990 in Afrika war, da hat Ghana, die ghanaische Regierung Kredite beantragt und die Weltbank hat gesagt, sie bekommen die Kredite nur, wenn sie ein Strukturanpassungsprogramm durchführen, was bedeutet hat, dass die keinen müden Cedi mehr an Subvention geben durften, ganz im Gegenteil zu Amerika und Europa, überhaupt keine Subventionen mehr für die Bereitstellung der Nahrungsmittel im eigenen Land. Dass Sprit nicht mehr subventioniert werden durfte, das hat doch zu einem Zusammenbruch der Nahrungsmittelproduktion geführt. Das hat die Leute in wahnsinnig schwierige Situationen gebracht. Der Welthunger und die Nahrungsmittelknappheit jetzt hängen mit vielen Sachen zusammen, aber u.a. auch damit, dass Nahrung gehandelt wird wie jedes andere Gut und an Börsen Profite damit erzielt werden zulasten der Menschen, die die Nahrungsmittel eigentlich bräuchten, um ihr Überleben zu sichern. Das sind die wahren Gründe, die liegen in der Weltwirtschaftsordnung begründet und nicht ob wir transgene Pflanzen einsetzen oder nicht. Ich sage Ihnen, wenn Sie auf dieses Pferd setzen, dann haben wir den Kampf gegen den Hunger schon verloren. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Mir liegen jetzt keine weiteren Redeanmeldungen mehr vor.

(Unruhe CDU)

Herr Abgeordneter Blechschmidt, dürfte ich erst einmal feststellen oder fragen, ob sich Widerspruch da

gegen erhebt, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist?

Das wollte ich Ihnen jetzt gerade sagen, kein Widerspruch.

Gut. Dann kommen wir nämlich zur Nummer II des Antrags und ich nehme an, dass Ihr Geschäftsordnungsantrag darauf abzielt. Bitte, Herr Abgeordneter Blechschmidt.

Eine Einzelabstimmung zu Punkt 1 und Punkt 2 und zu Punkt 1 hätten wir gern namentliche Abstimmung.

Dann stimmen wir zuerst aus II. den Punkt 1 namentlich ab und ich bitte die Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln.

Ich nehme an, es hatte jeder die Möglichkeit, seine Stimmkarte abzugeben. Es kann ausgezählt werden.

Mir liegt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu Punkt II.1 des Antrags der Fraktion DIE LINKE vor. Es sind 80 Stimmen abgegeben worden, 36 haben mit Ja gestimmt, 42 mit Nein und es gab 2 Enthaltungen. Damit ist die Nummer 1 des Antrags mit Mehrheit abgelehnt (namentliche Ab- stimmung siehe Anlage 2).

Wir kommen nun zur Abstimmung über die Nummer 2 aus der Ziffer II. Wer dieser zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Damit ist auch die Nummer 2 aus II. abgelehnt.