Infrastruktur im ländlichen Raum kompensieren und einen Ausgleich der Lebensbedingungen schaffen. Beispiele sind die Inanspruchnahme von OnlineDiensten für die Bestellung von Waren und Dienstleistungen, E-Government sowie Informations- und Bildungsportalen. Anders als in den städtischen Regionen ersetzen die Dienste aus dem Internet ihre zunehmend traditionellen Angebote von Schalterdiensten mit Face-to-Face-Beratung. E-LearningAngebote treten an die Stelle von traditionellen Weiterbildungen in Klassenverbänden. Schulkinder können ohne das Internet ihre Aufgaben nicht mehr erledigen. Die Menschen sind gezwungen, diese über die neuen Medien angesprochenen Dienste zu nutzen, weil sie sonst erhebliche Nachteile, Wege, Kosten, Informationsdefizite in Kauf nehmen müssen.“ Hinzu kommt die Bedeutung des Internets für die wirtschaftliche Entwicklung, ländlicher Regionen im Besonderen. Beispielsweise fehlen in fast jedem vierten Gewerbegebiet in Mecklenburg-Vorpommern laut Aussage der IHK leistungsfähige Internetanschlüsse und damit eine wichtige Voraussetzung für kleine und mittelständische Unternehmen. Auch hier - und das war meine Kritik am Anfang meines Beitrags - hätte ich mir die entsprechenden Informationen für unsere Region, für Thüringen, gewünscht. Kommunen, die nicht über zeitgemäße Telekommunikationsinfrastrukturen verfügen, können kaum mit einer Ansiedlung neuer Unternehmen rechnen. Die wirtschaftliche Situation ländlicher Räume wird durch fehlende Breitbandanschlüsse weiter verschlechtert. Der Wegzug qualifizierter, vor allem junger Menschen wird gefördert. Stichwort noch einmal: Bewertung Bundeswirtschaftsministerium.
Meine Damen und Herren, ausdrücklich betone ich, dabei handelt es sich um ein grundlegendes Phänomen, das bei allen netzgebundenen Wirtschaftsbereichen existiert. Im Zuge der Diskussion um die Bahnprivatisierung machte etwa die befürchtete Streckenstilllegung im ländlichen Raum Schlagzeilen. Hier wurde der teure Aufbau der flächendeckenden Infrastruktur zwar noch vom Staat finanziert, aber für eine völlige privatisierte Bahn wäre selbst der Erhalt und der Betrieb dieser Strecken zu teuer.
Bei der Privatisierung der Post und der Telekom wurde diese Problematik auch thematisiert. Es wurde befürchtet, dass die Privatisierung beispielsweise dazu führen könnte, dass Postfilialen auf dem Land geschlossen und Briefkästen abgebaut werden, und - es wird Sie nicht wundern, meine Damen und Herren - es geht sowohl die Zahl der Briefkästen als auch der Postfilialien seit der Privatisierung kontinuierlich zurück. Ich nenne die Zahl der Filialen: 1995 waren es noch 17.000 Filialen, 2006 nur noch 12.600 Filialen. Viele Probleme mit Telekom kennen darüber hinaus die Kunden weiter. Weitere Probleme sind z.B. die Vertragsabschlüsse mit Telekom - zu lange Lauf
Meine Damen und Herren, wenn der Markt solche unerwünschten Ergebnisse bringt oder erwarten lässt, wenn Daseinsfürsorge nicht garantiert werden kann, wäre es die konsequente Lösung, auf Privatisierung zu verzichten bzw. die betroffenen Bereiche staatlich zu organisieren. Im Falle der Breitbandinfrastruktur würde das eine rechtlich durchaus mögliche „Verstaatlichung“ bedeuten. Weil der Staat im Gegensatz zu privaten Unternehmen nicht an hohen Renditen interessiert sein muss, könnte er auch verlustreiche Regionen mit Breitband versorgen und die Kosten mit den Einnahmen aus gewinnträchtigen Regionen ausgleichen. Sieht man von der Verstaatlichung, wie ich sie eben beschrieben habe, ab, gibt es aber auch andere Möglichkeiten, eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. Eine absolute Unterversorgung von Postdienstleistungen im ländlichen Raum wird beispielsweise derzeit noch durch die verbindliche Regelung zum Universaldienst verhindert. Die sogenannte Universaldienstleistungsverordnung schreibt beispielsweise eine Mindestzahl von Postfilialen vor und bestimmt, dass Kunden nicht mehr als 1.000 m zurücklegen müssen, um einen Briefkasten zu erreichen. Ich kann das nicht nachvollziehen, aber es steht zumindest dort so in dieser Richtlinie. Stichwort Universaldienst und die europäische Richtlinie, Artikel 32.
Meine Damen und Herren, auch im Bereich der Telekommunikation gibt es einen gesetzlich garantierten Universaldienst. Geregelt ist dieser in der EU-Universaldienstrichtlinie und im Deutschen Telekommunikationsgesetz. In § 78 Telekommunikationsgesetz werden u.a. ein Telefonanschluss und der Zugang zu Telefonzellen als Universaldienst definiert, also als Mindeststandard für jeden garantiert. Falls dieser Universaldienst nicht freiwillig bereitgestellt wird, sieht das Gesetz einen speziellen Finanzierungsmechanismus vor. „Universaldienstleistungsabgabe“ nennt sich das dann. Was den Umfang des Universaldienstes anbetrifft, ist dieser nicht mehr zeitgemäß. Wurde früher ein analoger Telefonanschluss als Mindeststandard vorgesehen, so muss aus den oben genannten Gründen heute auch und gerade ein Breitbandinternetanschluss als Grundversorgung gezählt werden. Auch die EU-Kommission hat eine solche europaweite Ausdehnung des Universaldienstes schon vor Jahren ins Gespräch gebracht. Auch ohne die europäische Universaldienstrichtlinie hätte der Deutsche Bundestag die Möglichkeit, Breitbandinternet im Telekommunikationsdienstgesetz als Universaldienst zu verankern. Dies sieht die europäische Richtlinie in Artikel 32 ausdrücklich vor. Allerdings wurde dort auch festgeschrieben, dass die Finanzierung nicht über das oben beschriebene System geregelt werden darf.
Unternehmen dürfen danach also in diesem Fall nicht zur Finanzierung herangezogen werden. Artikel 32 lautet, ich darf zitieren: „Die Mitgliedstaaten können - zusätzlich zu den Diensten im Rahmen der Universaldienstverpflichtungen nach Kapitel 2 - nach eigenem Ermessen weitere Dienste in ihrem Hoheitsgebiet öffentlich zugänglich machen, ohne dass in einem solchen Fall jedoch ein Entschädigungsverfahren mit Beteiligung bestimmter Unternehmen vorgeschrieben werden darf.“ Wenn die Unternehmen nicht an der Finanzierung zu beteiligen sind, wäre eine Alternative, die entsprechende Infrastruktur mit Steuermitteln zu finanzieren. Das könnte aber zu einem EU-rechtlichen Problem werden. Zum anderen würde das bedeuten, dass privaten Unternehmen in Ballungszentren hohe Gewinne zugestanden werden, während die Verluste im ländlichen Raum der Steuerzahler zu tragen hat. Es käme zu einer Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Verluste. Dies, meine Damen und Herren, lehnen wir LINKEN natürlich ab.
Meine Damen und Herren, zusammenfassend: Wir LINKEN treten bei Breitbandinternetanschlüssen dafür ein, dass alle Bürgerinnen und Bürger das Recht haben, an diesem technischen Fortschritt teilzuhaben, egal in welcher Region. Wir fordern mit Blick auf das im Grundgesetz verankerte Ziel gleichwertiger Lebensbedingungen auch eine flächendeckende Grundversorgung von Breitbandanschlüssen. In diesem Zusammenhang sehen wir in der Mitfinanzierung von Unternehmen bei der flächendeckenden Versorgung auch des ländlichen Raums eine Möglichkeit, um dieses Ziel zu erreichen. Trotz oder vielleicht gerade wegen der auch im Antrag genannten Forderungen hätten wir schon gern, dass mindestens in zeitnahen Abständen über die entsprechende Situation im Land Thüringen berichtet wird. Deshalb fordere ich die Landesregierung auf, spätestens nach dem Sommer diesen entsprechenden Bericht zu liefern. Wir unterstützen den Antrag der SPD. Ich danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich muss schon sagen, ich habe mich sehr gewundert, dass die Landesregierung erst keinen Sofortbericht hält und dann doch so etwas wie einen Bericht macht. Da muss man wirklich die Punkte unter Ziffer 1 unseres Antrags noch mal zur Kenntnis geben, damit man weiß, was nicht gesagt worden ist: Dem Landtag soll zum oben genannten Ta
gesordnungspunkt berichtet werden, dabei soll insbesondere auf folgende Punkte eingegangen werden: die Situation in den städtischen Gebieten Thüringens, die Situation in den ländlichen Gebieten Thüringens, die Kenntnis der Landesregierung von der Breitbandpolitik des Bundes und die Schlussfolgerungen für Thüringen, die Kenntnis der Landesregierung von Breitbandinitiativen anderer Länder, die Möglichkeiten der Verbesserung der Datengrundlage zur Bestimmung der Versorgungslücken mit Internetanschlüssen in Thüringen aus Sicht der Landesregierung.
Das alles weiß die Landesregierung wahrscheinlich gar nicht. Sie weiß nicht, wie die Versorgung in Thüringen mit Breitbandanschlüssen aussieht. Offensichtlich hat man dann irgendwie gestern überlegt, da ist ja noch der Antrag von der SPD, was machen wir denn da? Da müssen wir ganz schnell irgendeine Initiative ankündigen - wie hieß das gleich: Breitbandinitiative Thüringen. Was das genau ist, wissen wir noch nicht, aber wir kündigen es heute erst einmal an und dann schauen wir einmal, bis zum Herbst oder bis zum nächsten Plenum kann man vielleicht schon ein bisschen mehr sagen.
Ich muss ehrlich sagen, Herr Reinholz, Sie haben das Thema verschlafen. Das ist eines der wichtigsten Zukunftsthemen. Die Breitbandversorgung haben Sie verschlafen und jetzt fangen Sie an, irgendetwas rumzuwursteln, um das Thema doch noch zu besetzen. Das ist einfach für dieses Thema, muss ich ehrlich sagen, viel zu wenig. Da hätte schon lange die Initiative von Ihnen ergriffen werden müssen.
Das Gleiche hat sich ja schon mal gezeigt, als ich dazu eine Kleine Anfrage gestellt hatte. In der Anfrage - das ist nun schon, ich weiß gar nicht, vielleicht drei Monate her - haben wir auch schon nach den Versorgungsstrukturen gefragt. Da konnten Sie auch schon nichts sagen. Also haben Sie auch die drei Monate nicht genutzt, um diese Informationen zu beschaffen. Die ganze Art und Weise, wie Sie die Antwort gegeben haben, war meiner Ansicht nach auch schon ein ganzes Stück herablassend. Wir wurden in der Antwort stattdessen lediglich auf eine Initiative des Bundes hingewiesen, die Thüringen in den kommenden drei Jahren Fördermittel aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ in Höhe von 530.000 € zuweist. Unseres Erachtens ist diese Summe für die dringend nötige Verbesserung der Situation in Thüringen viel zu gering und müsste vonseiten des Landes mit weiteren Geldern und Maßnahmen untersetzt werden. Bedenklich sind auch die
erheblichen Versorgungsunterschiede zwischen Ballungszentren und dem ländlichen Raum. Viele Gemeinden im ländlichen Raum sind nur unzureichend mit Breitbandanschlüssen versorgt.
Wir sehen hier insbesondere den ländlichen Raum benachteiligt, wobei selbst auch in Städten wie Erfurt und Jena einige Lücken bekannt sind. Weil wir ja die strukturellen Benachteiligungen nicht akzeptieren und von der wirtschaftlichen und sozialen Notwendigkeit überzeugt sind, haben wir diesen Antrag hier das letzte Mal eingebracht, der nun heute zur Behandlung kommt.
Die Breitbandschere öffnet sich immer weiter, wenn wir nichts tun. Die mangelnde Verfügbarkeit von schnellen Breitbandanschlüssen wird zum Standortnachteil von Gemeinden. Bestehende Unternehmen drohen mit Wegzug. Wir haben etliche Beispiele, wo das bereits angekündigt wird, dass man sich, wenn nicht in Kürze oder in absehbarer Zeit ein Breitbandanschluss zur Verfügung steht, nach einem neuen Standort umsehen wird. Privatleute bevorzugen bei einem Wohnungswechsel solche Immobilien, in denen ein schnelles Internet problemlos verfügbar ist. Kleine Büros und Heimarbeitsplätze können nur dort errichtet werden, wo der Anschluss halt da ist. Selbst Landesforschungsinstitute wie das IBA, also das Institut für Bioprozess- und Analysemesstechnik e.V. in Heiligenstadt, kämpfen seit Jahren mit diesem Problem. Derzeit arbeitet man dort mit einer maximalen Übertragungsrate von 886 kbit/s und dies behindert natürlich die Forschungsarbeit. Das Institut ist jetzt dran, gemeinsam mit der TU Ilmenau und der Fachhochschule Jena einen neuen Studiengang ins Leben zu rufen, und obwohl der Landkreis und seine Wirtschaftsförderung mit im Boot sitzen, gelingt es einfach nicht, einen Anbieter davon zu überzeugen, modernes Breitband einzurichten. Auch hier kommen Sie in Glaubwürdigkeitsprobleme. Nicht nur, dass Studenten mit solchen Arbeitsbedingungen nicht zufrieden sein können, nein, so ganz nebenbei untergraben Sie damit auch Ihre eigene Forschungspolitik, das heißt Ihre Initiative „Thüringer Exzellenz“, denn das Kompetenzzentrum oder Innovationsforum Grenzflächenfunktionalisierung/Biointerfaces ist somit nicht arbeitsfähig. Diese Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen - und nicht nur das.
Die steigende Nachfrage nach Breitbandanschlüssen geht einher mit einem ständig wachsenden Datenaufkommen. Vor 10 Jahren waren viele Mitbürger mit ISDN mit einer Datenrate von 64 kbit pro Sekunde ausreichend versorgt. Heute werden 2 Mbit als Standard angesehen. Die Versorgung des ländlichen Raums mit Breitbandanschlüssen wird deshalb in den kommenden Jahren eine zentrale Aufgabe sein.
Davor sollten Sie nicht die Augen verschließen und nicht nur einfach jetzt mal eine Breitbandinitiative hier kurz erwähnen, wo sie nichts zum Inhalt sagen können.
Das Ziel der Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen in Stadt und Land erfordert, nicht nur Ballungsräume, sondern auch den ländlichen Raum mit einer modernen, leistungsfähigen und kostengünstigen Kommunikationsinfrastruktur zu versorgen. Der Aufbau der Infrastruktur in den Kommunen zur Übertragung digitaler Daten stellt für die Gemeinden im ländlichen Raum eine Herausforderung dar, die als wesentlicher Baustein einer zukunftsorientierten kommunalen Ausrichtung immer mehr an Bedeutung gewinnt. Wir sind der festen Überzeugung, dass moderne Informations- und Kommunikationstechnologien wie das Breitbandinternet weiter an Bedeutung in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen gewinnen werden. Die Verfügbarkeit dieser Technologien ist notwendig, um den Bürgerinnen und Bürgern eine angemessene Teilhabe an der Informationsgesellschaft zu ermöglichen, und hat insbesondere auch im internationalen Standortwettbewerb einen zentralen Stellenwert.
Zu der die Wirtschaftskraft und Wettbewerbfähigkeit in der Region mitbestimmenden Infrastruktur gehört neben dem Straßen- und Schienennetz nunmehr auch die Datenautobahn. Sie spielt eine immer wichtigere Rolle im Informationsaustausch zwischen Unternehmen, Verwaltung, Bildungseinrichtungen und Bürgern. Die Bundesregierung selbst hat mittlerweile die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung erkannt und räumt ein, dass einer Studie zufolge bis zum Jahre 2010 neue breitbandige Übertragungstechnologien ein gesamtgesellschaftliches Wachstum von bis zum 46 Mrd. € - ich wiederhole diese unglaublich Zahl: 46 Mrd. € - anstoßen und 205.000 neue Arbeitsplätze entstehen lassen könnten. Diese Arbeitsplätze werden natürlich nicht entstehen, wenn Sie wie bisher auf alternative Methoden verweisen. Alle Methoden, die nicht auf Festnetztechnologie basieren, haben gewisse Nachteile bezüglich der Tragfähigkeit drahtloser alternativer Technologien zur Deckung von Versorgungslücken im ländlichen Raum. Es sei auf eine 2006 erstellte Studie des Instituts für Kommunikationsdienste im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums hingewiesen. Aus dieser geht klar hervor, dass diese Erwartungen, die offensichtlich auch die Thüringer Landesregierung hegt, nicht geschützt werden können und staatliches Eingreifen notwendig ist. Für die Bevölkerung entstünden beispielsweise bei satellitengestützten Lösungen enorme Anschaffungskosten, die jenseits von 320 € liegen. Das ist für viele im Land gar nicht aufzubringen. Auch Wireless LAN und WiMAX sind massenkompatibel. Wireless LAN hat etwa die doppelte Bandbreite eines schnellen Inter
netzugangs, aber daran hängt dann auch eine ganze Reihe von Haushalten und nicht nur ein DSL-Anschluss. Das senkt dann wieder die Übertragungsraten beträchtlich. Allerdings können diese Technologien sehr wohl eine sinnvolle Ergänzung sein, nämlich dort, wo die Erschließung am Ende nicht mehr zu finanzieren ist. Denn beim Verlegen der Leitung verhält es sich wie beim Wasser/Abwasser: Die Erschließung der letzten 10 Prozent kostet so viel wie die ersten 90 Prozent. An dieser Stelle sollte man überlegen, solche Technologien dann auch einzusetzen. Um dieser Situation auch angesichts des nach Privatisierung unübersichtlichen Markts gerecht zu werden, müssen umfangreiche Maßnahmen ergriffen werden, Maßnahmen, wie wir sie in unserem Antrag gefordert haben. Wir fordern nämlich die Landesregierung auf, eine kostenlose Service- und Informationsstelle zur Beratung der Kommunen einzurichten. Diese soll die Kommunen bezüglich der Breitbandversorgung beraten, die Nachfrage innerhalb der Gemeinden ermitteln und bündeln und die Gemeinden bei den Verhandlungen mit den einzelnen Anbietern unterstützen. Ferner fordern wir Sie auf, endlich auch Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ zur Deckung der Erschließungskosten für breitbandige Internetverbindungen in Gewerbegebieten sowie zur Übernahme der Anschlusskosten für Breitbandzugänge der Unternehmen in Gewerbegebieten zur Verfügung zu stellen und diese Möglichkeiten dann bekannt zu machen. Dieses hatten Sie, Herr Reinholz, auf mehrere Anfragen von mir abgelehnt. Ich weiß nicht, wie sich jetzt die Haltung der Landesregierung in dieser Hinsicht entwickelt hat.
Daneben stellt meine Fraktion die Forderung, für Thüringen ein Breitbandförderprogramm nach dem schleswig-holsteinischen Vorbild aufzulegen. Schleswig-Holstein hat im Jahre 2007 als erstes Bundesland ein eigenes Breitbandförderprogramm aufgelegt. Dieses erlaubt die Förderung aller technischen Maßnahmen, die zur Einrichtung eines Breitbandzugangs sinnvoll oder notwendig sind, bis zu einer Höhe von maximal 75.000 €. Ebenso zu 50 Prozent vom Land gefördert werden einschlägige Informationsveranstaltungen, Planungsarbeiten und Erschließungsaufwand. Antragsberechtigt sind jeweils die Kommunen. Das sind Maßnahmen, die aus unserer Sicht als Allermindestes ergriffen werden müssen, um hier endlich Bewegung in die Sache hineinzubringen. Ich bin gespannt, wie Ihre Breitbandinitiative, die Sie heute angekündigt haben, aussieht. Wenn Sie den Sofortbericht heute nicht gegeben haben, können wir ja dem auch nicht zustimmen, dass der Punkt 1 erfüllt ist. Nun weiß ich nicht, wie damit Ihre CDUFraktion umgeht, ob wir den Bericht dann das nächste Mal hören. Auf jeden Fall wäre aus meiner Sicht doch wohl kaum etwas dagegen einzuwenden, unserem Antrag insgesamt zuzustimmen. Da bin ich
jetzt gespannt, wie die CDU-Fraktion, nachdem DIE LINKE erklärt hat, sie kann dem zustimmen, sich zu unserem Antrag verhalten wird, Herr Kretschmer. Danke.
Vielen Dank. Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, zunehmend beschäftigen mich in meinem Südthüringer Wahlkreis Probleme wie: „Das Ingenieurbüro X verliert wichtige Aufträge, weil elektronische Projektunterlagen nicht schnell genug ausgetauscht werden können“, „Die Vertretung des Versicherungsunternehmens Y verliert den Standortvorteil der Nähe zu den ländlichen Kunden, weil die neuen Angebote der Zentrale nicht schnell genug abgerufen werden können“, „Die Verwaltungsgemeinschaft Z ist nicht in der Lage, die zunehmenden EGovernment-Möglichkeiten auf Landes-, Bundes- und Europaebene zu nutzen“. Meine Damen und Herren, damit entsteht ein massiver Standortnachteil für unsere ländlichen Gebiete, der die beachtlichen Erfolge bei der sonstigen Entwicklung des ländlichen Raums konterkariert und sogar deren Nachhaltigkeit infrage stellt. Das dürfen wir auf keinen Fall zulassen, denn eine verstärkte Abwanderung aus ohnehin strukturschwachen Regionen wäre die Folge. Wie viele andere Kolleginnen und Kollegen dieses Hohen Hauses habe ich zunächst versucht, gemeinsam mit den Betroffenen, den Dienstanbietern und den Kommunen Lösungen zu finden. Das ist in mehreren Fällen auch gelungen. Die wichtigste Lösungsvoraussetzung war, dass sich genügend Interessenten vor Ort und ein interessierter Anbieter mit rentablen Technologien finden lassen. Manchmal ist nach meiner Erfahrung auch die Bereitschaft der Kommune hilfreich und notwendig, finanzielle Zuschüsse oder geldwerte Leistungen in diese Infrastruktur einzubringen. Es zeigt sich allerdings, dass mit dieser Einzelfallmethode eine hinreichende Breitbandversorgung mit akzeptablen Datenraten für den ländlichen Raum in absehbarer Zeit nicht zu schaffen ist. Deshalb muss die Politik hier aktiv werden und insofern unterstützt meine Fraktion das Grundanliegen des vorliegenden Antrags der SPD-Fraktion. Über Details wird man reden müssen. Dieser Antrag rennt auch offene Türen der Landesregierung ein, wie die heutigen Ausführungen von Minister Reinholz bereits deutlich gemacht haben, und auch Minister Sklenar hat das Problem bereits in seiner Regierungserklärung „Der ländliche Raum hat Zukunft - Starke Regionen in Thüringen“
am 15. November des vergangenen Jahres angepackt und unter anderem auf meine schriftliche Nachfrage mitgeteilt, dass es in diesem Zusammenhang auch eine finanzielle Förderung geben wird. Die soll sich allerdings nicht, wie im SPD-Antrag gefordert, aus GA-Mitteln zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, sondern aus Mitteln der GA „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ speisen - wie auch immer, über das Volumen muss man sicher noch einmal reden.
Auch auf Bundes- und Europaebene hat man inzwischen den ländlichen Raum entdeckt. Anlässlich der Bundestagsdebatte zur Schließung der Breitbandlücken im ländlichen Raum am 7. März dieses Jahres räumte der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Hartmut Schauerter, ein, dass im ländlichen Raum eine Breitbandlücke besteht, die umgehend geschlossen werden muss. Eine Task Force zur Unterstützung des ländlichen Raums wird gefordert. In Brüssel gibt es erste Überlegungen zu einer Novellierung der Telekommunikationsrichtlinie, in der die Universaldienste unter Einbeziehung von Breitbanddiensten neu definiert werden könnten - ich sage es mal vorsichtig, weil das noch am Anfang der Diskussion ist.
Auch die Wissenschaft wendet sich verstärkt diesem Problem zu. Gleichzeitig mit unserer Plenarsitzung in dieser Woche findet z.B. in Bonn ein Workshop des wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste zum Thema „Breitbandschere - verlieren ländliche Regionen den Anschluss?“ statt. Hier deuten sich also grundsätzliche Dialoge und Abstimmungsrunden zwischen Ministerien der Landes-, Bundes- und Europaebene an, auch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, in die wir als Abgeordnete einbezogen werden wollen. Deswegen möchte ich für meine Fraktion schon an dieser Stelle beantragen, dass wir den vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zusammen mit der Landesregierung weiter bearbeiten wollen.
Dabei, meine Damen und Herren, müssen wir davon ausgehen, dass Breitbandanschlüsse grundsätzlich dem Wechselspiel von Angebot und Nachfrage im wirtschaftlichen Wettbewerb unterliegen. Sie sind derzeit nicht Teil des Universaldienstangebots der Telekommunikation nach dem Telekommunikationsgesetz und - das darf ich jetzt persönlich hier einbringen - sie werden dies wohl auf absehbare Zeit auch nicht werden. Wenn dann doch irgendwann die im SPD-Antrag angestrebten 2 Mbit/s als Universaldienst erreicht sein sollten, werden sich die technologischen Möglichkeiten und die Nachfrageparameter
schon wieder um Größenordnungen geändert haben. ISDN lässt grüßen! Deshalb muss man bei entsprechendem Bedarf sofort pragmatische Lösungen suchen und umsetzen. Dabei sind einerseits den potenziellen Anbietern wirtschaftliche Rentabilitätsüberlegungen zuzugestehen und andererseits direkte Förderung der öffentlichen Hand wettbewerbsneutral einzusetzen. Darüber hinaus gibt es genug Möglichkeiten der Politik, positiv regulierend einzugreifen, um die Breitbandsituation im ländlichen Raum wesentlich zu verbessern. Die Lösung kann nur in einer konzertierten Aktion aller Beteiligten liegen, um die Vielfalt der Angebote auszunutzen, die Erschließungskosten zu senken und - das mag im Moment widersprüchlich erscheinen, aber ich komme noch einmal darauf zurück - die Nachfrage zu steigern. Zu beteiligen sind neben den Anbietern von Breitbanddienstleistungen bzw. deren Branchenvertretern die betroffenen Kommunen bzw. deren Interessenvertretungen, die interessierten Unternehmen bzw. deren Kammern und Verbände und die zuständigen Landesministerien für Wirtschaft, Infrastruktur und ländlichen Raum. Unsere Fraktion unterstützt deshalb die von Minister Reinholz angekündigten Aktivitäten in Richtung Breitbandinitiative für Thüringen. Erste Aufgabe dieser Initiative muss es sein, über die verschiedenen Breitbandtechnologien zu informieren. Nicht überall, meine Damen und Herren, wird es das an Kupferkabel gebundene DSL-Verfahren sein, das sinnvoll und möglich ist. Deshalb ist auch die Deutsche Telekom AG als Eigentümer der aus Beständen der Bundespost stammenden flächendeckenden Kupfertelefonnetze der wichtigste, aber nicht der einzige Ansprechpartner für Breitbandinteressenten im ländlichen Raum. Noch viel zu wenig werden für diese vier Regionen Zugänge z.B. über Funktechnologien wie WLAN oder WiMi, über Satelliten wie „Astra 2 Connect“ oder bei günstigen Umständen sogar über Mobilfunktechnologien, wie UMTS oder rückkanalfähige TV-Kabelanschlüsse oder Breitbandzuführungen über Stromleitung wie PLC, in Erwägung gezogen. Für alle Technologien fallen unterschiedliche Erschließungs- und - man darf es nicht vergessen - Betriebskosten an, die man nur gemeinsam auf ein akzeptables Niveau senken kann. Hier sind die Kommunen ebenso gefordert wie die Anbieter und Nutzer, die durch Bündelung von Ver- und Entsorgungstrassen mit Kommunikationstrassen durch Nutzung von Landmarken als Funkstandorte oder mit Eigenleistungen beim Kabelnetzausbau bis hin zu finanziellen Beteiligungen Synergien finden und nutzen müssen. Dabei gibt es keine Patentlösung.
Meine Damen und Herren, um 100 potenzielle Abnehmer zu erhalten, aus deren Gebühren sich die Infrastrukturinvestition refinanzieren muss, benötigt man nach derzeitigen Berechnungen einen Ortsteil innerhalb einer Gemeinde mit mindestens 600 Einwohnern. Da die Thüringer Siedlungsstruktur eine
sehr niedrige Bevölkerungsdichte aufweist, kommen dabei relativ große Flächen zusammen, die im Allgemeinen große Erschließungskosten nach sich ziehen. Allein von den etwa 1.000 Thüringer Gemeinden haben nur etwa 500 überhaupt diese Mindestgröße, ganz abgesehen davon, dass die Zahl der vielen noch kleineren Ortsteile sogar bei rund 2.000 liegt. Daran kann man den Umfang des Problems einer flächendeckenden Breitbandversorgung nur erahnen.
Um zu einem gesicherten Wissen über die potenzielle räumliche Nutzerverteilung zu kommen, schlägt die SPD in Punkt 6 ihres Antrags vor, dass die Bundesnetzagentur auf gesetzlicher Grundlage diese Daten erheben solle. Der Antragsteller verkennt dabei, dass die Bundesnetzagentur sowohl aus datenschutzrechtlichen als auch aus wettbewerbsrechtlichen Gründen eine solche Datenerhebung gar nicht veranlassen kann. Das Nutzerpotenzial ist also nur auf freiwilliger Basis im Rahmen der vom Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit angestrebten Breitbandinitiative für Thüringen zu ermitteln. Insofern hat Wolfgang Kopf, das ist der Leiter der politischen Interessenvertretung der deutschen Telekom AG, mit seiner zugegebenermaßen provokanten Äußerung nicht ganz unrecht. Er sagt, ich darf zitieren: „Nachholebedarf gibt es, aber nicht auf der Angebotsseite, sondern auf der Nachfrageseite.“ Nicht die einzelne Nachfrage ist damit gemeint, sondern gebündelte und hinreichend refinanzierbare Nachfragecluster auch im ländlichen Raum.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch wenn ein wichtiges Unternehmen der Telekommunikation zurzeit den Eindruck erweckt, dass es mehr mit internen Kommunikationsproblemen zu kämpfen hat als mit den Kommunikationsproblemen seiner Kunden, bin ich doch optimistisch, dass sich die erfolgreiche Entwicklung preiswerter Telefonverbindungen auf vorrangig marktwirtschaftlicher Basis in der Vergangenheit in absehbarer Zukunft auch für schnelle Breitbandverbindungen im gesamten Freistaat Thüringen wiederholen lässt. Vielen Dank.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit beende ich die Aussprache. Es ist beantragt worden, diesen Antrag an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zu überweisen. Wer für diese Überweisung ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Überweisung, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme?
Keine Stimmenthaltung, keine Gegenstimmen, damit ist dieser Antrag einstimmig an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit überwiesen.
Regierungserklärung zur Kabinettsumbildung Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/4074 - Neu- fassung -
Wünscht die Fraktion der SPD das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Damit eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort Abgeordneten Matschie, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen. Herr Ministerpräsident, Sie weigern sich ja nach wie vor, eine Regierungserklärung abzugeben. Ich sage Ihnen ganz offen, ich habe den Eindruck, langsam versteht Sie niemand mehr.
Sie haben eine Kabinettsumbildung gemacht und haben zwei Drittel des Kabinetts ausgetauscht. Sie haben das damit begründet, dass Sie Vertrauen erhalten und zurückgewinnen müssen, was im Umkehrschluss ja heißt, dass Sie Vertrauen verloren haben vor dieser Kabinettsumbildung. Sie haben diese Kabinettsumbildung dann gründlich verstolpert, statt neuem Vertrauen haben Sie eigentlich ein Desaster angerichtet kommunikativ. Es wäre eigentlich nur natürlich, wenn Sie jetzt versuchen würden, mit einer Regierungserklärung die Dinge wieder auf die Bahn zu setzen. Das ist das, was die Öffentlichkeit von Ihnen erwartet.