In anderen Bundesländern, z.B. in Nordrhein-Westfalen oder Niedersachen, ist man da weiter, wenn auch wohl aus der traurigen Tatsache heraus, dass dort solche wohlgefälligen Entlohnungen von Abgeordneten vorgekommen sind.
Aber, meine Damen und Herren, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bleibt ein Sieg der Idee des demokratischen Prinzips der Transparenz. Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht darauf, zu erfahren, welche ideellen und materiellen Bindungen Abgeordnete in ihrer Meinungsbildung und ihrer Entscheidung beeinflussen. In anderen Staaten gehen die Regelungen zu Offenlegungspflichten viel weiter als in Deutschland; also wesentlich weiter als im Bundestag oder in unseren Landtagen. Meines Wissens zählen dazu die Schweiz, wo Abgeordnete darüber hinaus auch ihr Abstimmungsverhalten offenlegen, oder auch Schweden, wo sogar Einkommensteuererklärungen zumindest in den Grundzügen offengelegt werden.
Andere Länder, zum Beispiel die USA, die sich zwar im Moment in Finanzangelegenheiten nicht gerade sehr lobenswert hervortun, haben hinsichtlich der Abgeordnetentransparenz noch viel Weitreichenderes zu bieten als nur die Offenlegung. Dort müssen Abgeordnete bestimmte eigene Vermögensgeschäfte und die ihrer engsten Angehörigen für die Dauer ihres Mandats Treuhändern zur Verwaltung übergeben. Offenbar ist in anderen Ländern das Gespür für das Prinzip „Wes’ Brot ich ess’, des’ Lied ich sing“ als denkbare negative Beeinflussung von Abstimmungsverhalten oder Parlamentsentscheidungen schon länger zu Hause und weitaus stärker entwickelt als in Deutschland. Auf die absurde Idee, Deutschland könnte solche Regeln weniger nötig haben als diese Länder, wird ja sicherlich keiner kommen.
Doch die CDU-Mehrheit in Thüringen möchte nicht einmal einen Minimalkatalog von Regelungen zu Nebentätigkeiten und Nebeneinkünften im Abgeordnetengesetz haben. Transparenz und Machtausübung sind offensichtlich für die Thüringer CDU-Fraktion eher unvereinbare Gegensätze. Mit Ihrer Weigerung, meine Damen und Herren, werden Sie das Misstrauen der Bürgerinnen und Bürger nicht nur gegen Ihre Partei, sondern gegen Parteien überhaupt, aber auch gegen die herrschende Politik als solche nur verstärken.
Dabei haben wir, anders als die SPD-Fraktion, die Detailregelungen noch den Verhaltensregelungen überlassen. Die sind ja, vermittelt über die Geschäftsordnung, mittelbar geltendes Abgeordnetenrecht. Die
im SPD-Entwurf genannten konkretisierenden Details teilen wir in der Sache in vielen Fällen. Auch unsere Vorschläge zielen darauf, dass alle Tätigkeiten und finanziellen Engagements, die Einfluss auf die Entscheidungsfindung von Abgeordneten oder ihr Abstimmungsverhalten haben könnten, offengelegt werden müssen, und zwar ohne jeden Unterschied zwischen Tätigkeit oder beispielsweise finanzieller Beteiligung, denn auch Verquickungen über Kapitalbeziehungen können politisch korrumpieren. Das wissen wir.
Was die Vorschriften über die Ausübung des Mandats angeht, besteht zwischen dem Entwurf der Linksfraktion und dem der SPD-Fraktion kein inhaltlicher Unterschied. Die Anzeige- und Veröffentlichungspflichten sind dort detaillierter geregelt. Hier ist zu bemerken, dass sich seit letztem Sommer, also seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, auf diesem Gebiet in anderen Parlamenten einiges getan hat, was der SPD-Vorschlag nun im Detail ins Thüringer Abgeordnetengesetz bringen will. Aber die in den Gesetzentwurf gepackten Details verkomplizieren den Gesetzestext derart, dass sie den Bürgerinnen und Bürgern schlichtweg nicht mehr durchschaubar sind. Von daher wäre es nach unserer Meinung sinnvoll, einige Details eher in den Verhaltensregeln zu belassen.
Diese Frage hat mit dem nichts zu tun. Sie können ein Gesetz auch durch Überfrachtung undurchschaubar machen. Es bleibt ohnehin die Frage, wo bei der von der SPD-Fraktion bevorzugten gänzlichen Abschaffung der Verhaltensregeln, die bisher dort befindlichen Regelungen zu Befangenheit bei Abstimmungen bleiben.
Etwas anderes fällt auf, meine Damen und Herren, für Rechtsanwälte gibt es eine ganz eigene Vorschrift und es ist nicht ganz klar, ob diese Berufsgruppe für Sie nun tatsächlich eine Sonderbehandlung erfahren soll. Sind die Mandatsübernahmen nun nur der Präsidentin anzuzeigen oder sollen sie auch veröffentlicht werden? Da wird man übrigens den Verdacht nicht los, dass hier ganz eigene Probleme eines Bundestagsabgeordneten Schily und die Ausflüsse seiner Rechtsstreite mit Bundespräsident Lammert grüßen lassen. Bei dieser Gelegenheit kann ich mir nicht verkneifen, daran zu erinnern, dass der gleiche Herr Schily als Bundesinnenminister mit der Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger bei Weitem nicht so zimperlich umgegangen ist.
warum wir ihn nicht detailreicher unterfüttert haben. Die Antwort fällt leicht: Uns ging es nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts um eine zeitnahe, eine grundsätzliche und eine klare Regelung. Wie das Verhalten der CDU-Mehrheit im Justizausschuss aber gezeigt hat, ist eine Regelung unabhängig davon, ob sie mehr oder weniger detailliert ist, generell nicht gewünscht.
Wie schon Herr Buse hier deutlich gemacht hat, stehen wir für eine grundlegende Reform des Abgeordnetenrechts und in diesen Kontext gehören dann auch die Regelungen über Nebentätigkeiten und Nebeneinkünfte und deren Offenlegung. Unsere Reformvorschläge für ein modernes Abgeordnetenrecht werden wir im Übrigen ständig weiterhin und aktualisiert öffentlich zur Diskussion stellen und ggf. auch hier im Landtag einbringen.
Wir stimmen zuerst ab über den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU. Dazu müssen wir zuallererst abstimmen über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/4506. Wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diesen Änderungsantrag, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist dieser Änderungsantrag mit Mehrheit abgelehnt.
Wir stimmen jetzt ab über die Neufassung des Gesetzentwurfs, die in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten in Drucksache 4/4492 enthalten ist. Wer ist für die Neufassung des Gesetzentwurfs, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diese Neufassung des Gesetzentwurfs, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltungen. Damit ist die Neufassung des Gesetzentwurfs mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen zur Schlussabstimmung über den neu gefassten Gesetzentwurf. Ihre Stimme geben Sie bitte ab durch Erheben von Ihren Plätzen. Wer ist für den neu gefassten Gesetzentwurf, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. Danke. Wer ist gegen den neu gefassten Gesetzentwurf? Danke. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltungen. Damit ist dieser Gesetzentwurf mit Mehrheit angenommen.
ratung. Wer für diesen Gesetzentwurf ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diesen Gesetzentwurf, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltungen. Damit ist dieser Gesetzentwurf mit großer Mehrheit abgelehnt.
Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf der Fraktion der Linkspartei.PDS in Drucksache 4/3194 in zweiter Beratung. Wer für diesen Gesetzentwurf ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diesen Gesetzentwurf, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltungen. Damit ist dieser Gesetzentwurf mit großer Mehrheit abgelehnt.
Wir stimmen ab über den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS in Drucksache 4/3195. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diesen Antrag, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer enthält sich der Stimme? Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt.
Thüringer Gaststättengesetz (ThürGastG) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/3950 - dazu: Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Wirtschaft, Tech- nologie und Arbeit - Drucksache 4/4466 - ZWEITE BERATUNG
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Krapp aus dem Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zur Berichterstattung.
Vielen Dank. Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Thüringer Landesregierung zum Thüringer Gaststättengesetz vom 31. März 2008 wurde am 9. April 2008 in erster Lesung im Plenum des Thüringer Landtags beraten und an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit überwiesen. In seiner ersten Beratung am 23. Mai 2008 beschloss der Ausschuss eine mündliche Anhörung, die am 20. Juni 2008 stattfand. Angehört wurden der Gemeinde- und Städtebund Thüringen, der Thüringische Landkreistag, die Arbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern Thüringen, die Arbeitsgemeinschaft der Thüringer Handwerkskammern, der Hotel- und Gaststättenverband Thüringen - DEHOGA Thüringen e.V., der Verband der Wirtschaft Thüringens e.V.
und die Verbraucherzentrale Thüringen e.V. Nicht geäußert haben sich der auch eingeladene Bundesverband Schnellgastronomie und Imbissbetriebe e.V. sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund - Landesverband Thüringen. Während der Anhörung beschloss der Ausschuss auf Vorschlag der Landesregierung, zusätzlich einen Vertreter des Landesamtes für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz zu Fragen der Lebensmittelhygiene anzuhören.
Mit Datum vom 24. September 2008 hat die CDUFraktion mit der Vorlage 4/2360 einen Änderungsantrag eingebracht, der unter anderem in der abschließenden Ausschuss-Sitzung am 26. September 2008 beraten wurde. Im Ergebnis dieser Beratung liegt dem Landtag heute eine Beschlussempfehlung in Drucksache 4/4466 vor.
Anlass des Gesetzentwurfs der Landesregierung ist die Übertragung der Regelungsbefugnis für das Gaststättenrecht auf die Länder durch die Föderalismusreform. Der Entwurf orientiert sich deshalb grundsätzlich am noch gültigen Bundesgesetz. Ziel des Gesetzentwurfs ist darüber hinaus der Abbau von Bürokratie durch Deregulierung der gesetzlichen Grundlagen des Gaststättenrechts. Dies wird insbesondere durch die Ablösung des gaststättenrechtlichen Erlaubnisverfahrens durch ein personenbezogenes Anzeigeverfahren angestrebt. Weiterhin verfolgt der Gesetzentwurf das Ziel, einen geordneten und sicheren Betrieb von Gaststätten in Thüringen zu gewährleisten. Dazu werden Zuverlässigkeitsprüfungen, Auskunft und Nachschau sowie Sperrzeiten geregelt. Zum Schutz der Gäste werden spezifische Verbote zum Alkoholausschank formuliert.
Von den Anzuhörenden wurde betont, dass bereits viele Anliegen bei Diskussion des Referentenentwurfs eingebracht werden konnten. Deshalb konzentrierte sich die Anhörung nur noch auf Folgen des angestrebten Systemwechsels vom Konzessions- zum Anzeigeverfahren, die Vermeidung von Alkoholmissbrauch, die Zukunft kommunaler Einnahmen und Entwicklung kommunaler Personal- und Sachkosten im neuen Anzeigeverfahren und das Verhältnis von Gaststättenbetrieb und Vereinsleben. Im Ergebnis der Anhörung und der abschließenden Ausschussberatung werden in Drucksache 4/4466 dem Plenum mehrere Änderungen am Gesetzentwurf der Landesregierung empfohlen.
In Ziffer 1 der Beschlussempfehlung wird der Kreis der Anzeigenden um solche Gewerbetreibenden erweitert, die nicht im Geltungsbereich des Grundgesetzes gemeldet sind. Außerdem wird der Bereich nicht alkoholischer Getränke verallgemeinert.
In Ziffer 2 wird der Kreis der zur Auskunft verpflichteten Personen auf die im Gaststättenbetrieb Verantwortlichen eingeschränkt. Ebenso wird der Zeitraum, in dem die zuständigen Behörden die Räume des Gaststättenbetriebs betreten dürfen, eingeschränkt.
In Ziffer 3 werden die spezifischen Verbote zum Alkoholausschank so präzisiert, dass Verführungen zu sogenannten Flatrate-Partys und ähnlichen Alkoholexzessen hart sanktioniert werden können. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Unternehmen des Thüringer Gastgewerbes erzielten nach vorläufigen Angaben im Mai 2008 nominal 1,8 Prozent weniger Umsatz als im Mai 2007. Real bedeutet dies sogar ein Minus von 4,2 Prozent. Bundesweit liegen die Umsatzverluste im Gastgewerbe im Mai 2008 gegenüber Mai 2007 bei 0,6 Prozent, nominal ist ein Umsatzplus von 1,9 Prozent zu verzeichnen. Es gibt also durchaus nennenswerte Differenzen zwischen der Thüringer Situation und bundesweit. Die sinkenden Umsätze führen zu einem weiteren Rückgang der Beschäftigtenzahlen. Von Januar bis Mai sank die Zahl der Beschäftigten im Thüringer Gastgewerbe um 8,3 Prozent, wobei der Rückgang der Teilzeitbeschäftigten 10,5 Prozent und die Zahl der Vollzeitbeschäftigten um 6,4 Prozent Rückgang zu verzeichnen hatten. Die Talfahrt des Thüringer Gastgewerbes setzt sich also weiter fort.
Das Landesamt für Statistik meldet das Halbjahresergebnis 2008. Der Umsatzrückgang betrug im Juni 2008 nominal 3,7 Prozent und real 6,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Beschäftigtenzahl ist im 1. Halbjahr 2008 um 8,6 Prozent gesunken, die Zahl der Vollzeitbeschäftigten um 6,8 Prozent und die der Teilzeitbeschäftigten um sage und schreiben 10,5 Prozent.
Worin liegen nun die Gründe für diese negative Entwicklung, meine Damen und Herren? Sicherlich nicht in der bislang bestehenden Gaststättenregelung auf Bundesebene, und ich hoffe auch nicht, dass die Landesregierung der Auffassung ist, dass die bestehenden Branchenprobleme, die wir hier in Thüringen haben, mit diesem Gesetz, was uns vorliegt, gelöst werden können. Hier bringt die Festschreibung des
vereinfachten Zugangs für Gastronomen in das Gastgewerbe mit Sicherheit keine entsprechenden Punkte.
Der mit dem Umstellen des Genehmigungsverfahrens auf ein Anzeigeverfahren verbundene Systemwechsel wird unserer Meinung nach mehr als kritisch zu betrachten sein, und wir sehen uns mit dieser Meinung nicht allein. Frau Präsidentin, ich darf aus der Stellungnahme des Gemeinde- und Städtebundes zitieren: „Diese beabsichtigte Systemumstellung wird von unseren Mitgliedern äußerst kritisch gesehen, dies sowohl im Interesse der Verbraucher, die durch die bisherige integrierte Konzession in jeder Hinsicht präventiv vor möglichen Gefahren bewahrt werden konnten, als auch im Interesse der Gaststättenbetreiber, die ihre zum Teil kostenintensiven Investitionen bisher im Vertrauen auf eine umfassend geprüfte Konzession tätigen konnten. Bei einer rein nachträglichen Kontrolle und daraus folgenden Schließungsverfügungen könnten hier künftig Fehlinvestitionen in erheblichem Maße drohen. Vor diesem Hintergrund spricht sich eine deutliche Mehrheit unserer Mitglieder gegen den beabsichtigen Systemwechsel aus.“
Die Kontrollmöglichkeiten durch Fachaufsichtsbehörden und die Sicherstellung der Einhaltung von Vorschriften durch Fachaufsichtsbehörden werden durch diesen Gesetzentwurf stark reduziert, wenn nicht ganz und gar abgeschafft. Auch dazu, Frau Präsidentin, noch einmal ein Zitat mit der Meinung des Gemeinde- und Städtebundes: „Nach dem Gesetzentwurf sollen entsprechende Gefahren für die Allgemeinheit künftig nicht mehr präventiv durch Versagung einer Erlaubnis oder entsprechende Auflagen durch die Gaststättenaufsichtsbehörde verhindert werden können.“ - und später - „Eine Sicherstellung der Einhaltung durch entsprechende präventive Auflagen wäre danach nicht mehr möglich.“
Im Rahmen der Anhörung, meine Damen und Herren, wurden weiterhin Bedenken geäußert, dass der Verbraucherschutz auf der Strecke bleibt und das ist tatsächlich so, denn die Frage bleibt: Erhalten die die lebensmittelrechtlichen Vorgaben kontrollierenden Stellen rechtzeitig Informationen über Einrichtungen und Veranstalter und ist man dann kurzfristig in der Lage, auch die notwendigen Aufgaben, die diese Einrichtungen dann erfüllen müssen, tatsächlich zu erfüllen. Wer prüft die Eignung der Räume aus bautechnischer und lebensmittelhygienischer Sicht und vor allen Dingen wann - ein halbes Jahr oder ein Dreivierteljahr nach Inbetriebnahme der entsprechenden Einrichtung oder noch später oder erst, wenn die ersten gesundheitlichen Probleme aufgetreten sind? Wie will man die fachliche Eignung des potenziel
len Gastwirts bewerten? Dazu noch einmal ein Zitat, Frau Präsidentin, dieses Mal vom Thüringer Landkreistag: „Oftmals konnten potenzielle Gewerbetreibende, welche aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation nach der bisherigen Regelung als unzuverlässig einzustufen wären, in beratenden Gesprächen mit der Gewerbebehörde sachkundig informiert werden und haben von einer Antragstellung abgesehen.“ Das heißt, dort konnte präventiv Vorsorge getroffen werden. Das will das Gesetz in Zukunft nicht mehr, nein, es schafft sogar Möglichkeiten dazu ab.
Wie kann die Übereinstimmung der Gewerbebetriebe mit dem öffentlichen Interesse festgestellt werden? Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf - und ich bleibe dabei - kann es durchaus passieren, dass sich ein Gewerbetreibender mit seiner Nachtbar gegenüber einer Kindertagesstätte oder Schule niederlässt oder eine Diskothek in Friedhofsnähe betrieben werden kann. Herr Kölbel, Sie erinnern sich, in Gera hatten wir ähnliche Probleme, Herr Bornkessel dürfte es auch wissen. Mit der alten Gesetzlichkeit war das unproblematisch regelbar, mit der neuen steht es in den Sternen.
Die IHK Erfurt, meine Damen und Herren, hat im Juli dieses Jahres ein Informationsmaterial für Existenzgründer im Gastgewerbe herausgegeben, unserer Meinung nach ein durchaus sinnvoller Leitfaden für angehende Gastwirte und Hoteliers. Dieses Papier bietet gute Ansätze, um nicht nur Existenzgründern, sondern auch bestehenden Unternehmern im Gastgewerbe Unterstützung für die Ausübung ihres Gewerbes zu geben. Es muss nur sinnvoll genutzt und propagiert werden. Aber die klaren Regelungen der bisherigen Gesetzgebung werden damit in keiner Weise ersetzt.
Fazit: DIE LINKE lehnt den vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung zum Thüringer Gaststättengesetz aus den eben genannten Gründen ab.
Wenn man der Unternehmerschaft im Gastgewerbe helfen will, damit diese wieder aus dem Umsatztief herauskommt, sollte man andere Wege beschreiten. Ein Gesetz, welches Bürokratie abbauen soll, aber gleichzeitig wichtige Kriterien und Kontrollmechanismen wie Umwelt- und Verbraucherschutz, Arbeits- und Gesundheitsschutz oder auch das Jugendschutzgesetz weitestgehend unberücksichtigt lässt, kann unsere Zustimmung nicht finden. Die Industrie- und Handelskammer Südthüringens hat kürzlich erst die Einführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für das Beherbergungsgewerbe gefordert. 22 von 27 EU-Staaten wendeten lediglich einen ermäßigten Umsatzsteuersatz an. Beispielsweise seien es in der Schweiz nur 3,6 Prozent, in Frankreich 5,5 Prozent, in Spanien und Polen 7 Prozent, in den Niederlanden 6 Prozent. Die Wettbewerbsnachteile der
deutschen Unternehmen im Hotelbereich sind gegenüber den konkurrierenden Tourismusländern durchaus enorm. Sich für die Senkung des Mehrwertsteuersatzes im Beherbergungsgewerbe im Bundesrat stark zu machen, wäre ein deutliches Signal dieser Landesregierung an die Unternehmen der Branche, dass sie es ernst meinen mit dem Willen der Unterstützung, nicht aber das mit der heißen Nadel gestickte Gaststättengesetz so, wie es hier vorliegt. Hier sehen wir - da sind wir uns mit Landkreistag und Gemeinde- und Städtebund einig -, dass dieser Gesetzentwurf abzulehnen ist, jedenfalls die in ihm vorgeschlagenen Verfahrensweisen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.