Aber ich will Ihnen sagen, die Geburtstagsfeier findet weder in Schleiz statt, die findet auch nicht in Greiz statt, die findet bei mir zu Hause in Ronneburg statt und deswegen hören wir heute nicht eher auf.
Ich könnte eigentlich nur sagen, Frau Dr. Klaubert, Sie haben mir aus dem Herzen gesprochen, es gibt nichts mehr dazu zu sagen. Trotz alledem will ich noch auf einige Dinge eingehen. Ich, das will ich ganz deutlich sagen, finde das als ein Geburtstagsgeschenk der besonderen Art, dass heute hier im Landtag der Gesetzentwurf des Volksbegehrens beraten werden kann, denn wir haben erstmals erreichen können, dass zu einem Sachthema ein Volksbegehren erfolgreich war. 250.000 Bürgerinnen und Bürger dieses Freistaats, die wahlberechtigt sind, haben unterschrieben; 2.000 Menschen haben gesammelt - eine ganz tolle Leistung und deswegen auch herzlichen Dank für dieses Geburtstagsgeschenk.
Die CDU hat uns ja unterstellt, dass viele Thüringerinnen und Thüringer sozusagen gegriffen wurden, auf der Straße weggegriffen wurden, dass sie nicht gewusst haben, was sie da unterschreiben. Da will ich noch mal deutlich sagen, mir ist das leider nicht passiert oder Gott sei Dank nicht passiert, wie auch immer. Mir ist passiert, dass die Leute genau wissen wollten, was sie unterschreiben. Mir ist passiert, dass sie lange mit mir gestritten haben darum. Viele haben gesagt, ich unterschreibe nicht, weil ich ja sowieso nichts ändern kann, und die sind auch bei ihrer Meinung geblieben. Also wer das nicht wollte, der musste nicht unterschreiben, das will ich noch mal ganz deutlich sagen. Uns ging es ums Inhaltliche und nicht darum, dass wir irgendjemandem irgendetwas auswischen. Ich lasse mir die Freude, das sage ich Ihnen ganz ehrlich, und wir lassen uns die Freude an diesem Tag auch nicht vermiesen, ganz einfach; da können Sie machen, was Sie wollen.
Sie haben ein eilig gestricktes Gesetz in den Landtag eingebracht und Sie werden merken, dass Sie sich damit einen Bärendienst erwiesen haben. Sie wollten ganz besonders clever sein, das liegt offensichtlich an Ihrem Fraktionsvorsitzenden; jung, dynamisch und erfolgreich möchte er gern auch sein,
deswegen offensichtlich die ganz besonders clevere Strategie. Sie haben aber den Bürgerinnen und Bürgern klargemacht, dass die CDU-Politik in diesem Land nicht mehr verlässlich ist, und Sie haben ihnen klargemacht, dass Machterhalt vor Fairness geht. Deswegen haben Sie sich einen Bärendienst erwiesen und haben eine Suppe da vor sich stehen, die Sie auch selbst wieder auslöffeln müssen. Ich will Ihnen auch deutlich sagen, weil die Diskussion
gerade so angeklungen ist, Sie müssen sich natürlich auch vorwerfen lassen, dass Sie mit den Vorgängern der LINKEN in einen Topf geschmissen werden. Das sage ich Ihnen ganz deutlich - meine Vergangenheit kennen Sie ja -, weil, Sie regieren so selbstherrlich, wie die davor selbstherrlich regiert haben und früher der König.
Meine Damen und Herren, wer den verfassungsrechtlichen Pfad der Tugend verlässt, sollte über ein Navigationsgerät verfügen. Ihnen ist jedoch nicht nur der politische, sondern auch der Verfassungskompass abhanden gekommen und Orientierungslose dürfen dieses Staatsschiff nicht länger lotsen.
Dabei wäre es ganz einfach gewesen, Herrn Mohrings Versprechen vom 6. Mai 2008 - er wollte ja unbedingt wissen letztes Mal, wo er das gesagt hat, nämlich zu einer Pressekonferenz der LandesCDU -, nämlich zu warten mit eigenen Vorschlägen, bis das Volksbegehren in den Landtag kommt, einzuhalten. Es wäre ganz einfach gewesen, eine Plenarsitzung später hätten wir darüber reden können. Aber wie das so bei Überfliegern ist, Sie waren ja auch noch am 04.07. in der Sitzung des Landtags der festen Überzeugung, dass man mit so einem trockenen Thema die Bürger nicht hinter dem Ofen hervorlocken kann und dass das Bündnis es in gar keiner Weise schaffen wird, diese 200.000 Unterschriften zu sammeln. Selbst am 01.10. noch äußerten Sie, Herr Mohring, ich zitiere: „... denn ob ein Volksentscheid in einigen Monaten erfolgreich ist, kann niemand garantieren.“ Ich schließe mich der Feststellung von Frau Dr. Klaubert an: Sie haben die Leute getäuscht. Sie wussten, dass das Volksbegehren erfolgreich ist, und Sie haben so getan, als könne man das ja nicht erkennen. Das ist, denke ich, Ihr größter Fehler. Wenn man so mit den Menschen umgeht, dann hat man einfach das Vertrauen verspielt.
Sie hätten Ihr Versprechen halten können, denn in Artikel 82 Abs. 7 besitzt das Parlament die Möglichkeit, eine Konkurrenzvorlage zum Volksbegehren im Rahmen von dessen Beratung im Landtag zu verabschieden. Die CDU-Fraktion hätte sich mit einer solchen Handlungsweise der direkten Demokratie in Stadt und Land und damit den Bürgern direkt stellen können und ihren Gesetzentwurf gemeinsam mit dem Gesetzentwurf des Volksbegehrens abstimmen lassen können. Offensichtlich, meine Damen und Herren von der CDU, hat Sie da der Mut verlassen, haben Sie Angst bekommen vor der eigenen
Courage. Hätten Sie doch mal den Bürger mit befragt, da hätten wir doch gesehen, welches der bessere Gesetzentwurf gewesen wäre. Bis heute machen Sie den Thüringerinnen und Thüringern weiß, dass man nur bei gutem Willen auch jetzt noch alles zum Guten führen könnte, die beiden Sprecher des Volksbegehrens müssten sich nur ein wenig bewegen.
Sie erinnern die Initiative an die bestehende Rechtslage und sagen, auch das möchte ich wieder zitieren aus der Pressemitteilung der CDU: „Erfolgreiche Volksbegehren können im Landtag entweder angenommen, abgelehnt oder in veränderter Form angenommen werden, sofern das Grundanliegen gewahrt wird.“ Das hilft Ihnen aber nichts, Herr Mohring. Es hilft nichts.
Das ist sogar selbst organisiert. Ich muss sagen, Ihr Gutachter spricht mir ja aus dem Herzen. Ich habe ihn vor einiger Zeit kennengelernt - und wissen Sie, in welcher Zeit? Als wir über den Gesetzentwurf gemeinsam beraten haben. Da war ich von ihm sehr enttäuscht, weil er gesagt hat, wir sollen nicht so kleinlich sein. Wir haben uns viel Mühe gegeben, als wir damals den Gesetzentwurf erarbeitet haben und auch als die Initiative ihren Gesetzentwurf erarbeitet hat. Wir haben genau geschaut, was ist für Thüringen die richtige Lösung. Da ging es gar nicht um Populismus und überhaupt nicht darum, dass man die Leute schnell auf die Straße bringen will und Bambule machen will. Sondern da ging es darum, dass wir mehr direkte Demokratie bei den Leuten ankommen lassen wollten, damit sie selber entscheiden können auch zwischen den Wahlen und damit sie weiterhin Spaß auch an Politik haben, denn das ist doch das, was uns so sehr fehlt.
Der Gutachter sagt ausdrücklich, dass nach der Thüringer Verfassung keine von Ihnen beabsichtigten Änderungen des Gesetzentwurfs des Volksbegehrens im Verfahren stattfinden dürfen, die darf es nicht geben. Da möchte ich Ihnen das Zitat doch noch mal sagen aus dem Gutachten, ich möchte das gern vorlesen, das ist der Punkt 12: „Weicht der Gesetzesbeschluss des Landtags im Verfahren nach Artikel 82 Abs. 6,“ - es ist Abs. 7 - „§ 19 Thüringer BVVG vom Wortlaut des Volksbegehrens ab, so erfüllt das vom Landtag beschlossene Gesetz das Grundanliegen des Volksbegehrens nur, wenn es allen vorgeschlagenen Regelungen so weit Rechnung trägt, dass die Durchführung des Volksbegehrens als
unnötige Förmlichkeit erscheine. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn das Parlamentsgesetz über das politische Anliegen des Volksbegehrens hinausgeht oder wenn es sich auf redaktionelle Abweichungen beschränkt.“ Nun kann mir doch gar keiner sagen, dass die Amtsstubensammlung eine marginale Abweichung ist, aber selbst das geht ja nicht mehr, auch der Gutachter weist darauf hin, es ist alles vorbei. Wir können jetzt nur noch über den Gesetzentwurf entscheiden und Sie müssen schauen, wie Sie da wieder herauskommen.
Ein Wichtiges, das hat mir auch gut gefallen, weil man sieht, dass der Gutachter Verfassungsrechtler ist und auch ein Freund der direkten Demokratie, er weist unter Punkt 5 b) darauf hin, dass die Gesetzgebungskompetenz des Landtags nicht dazu missbraucht werden darf, dass das Verfahren der Volksbegehrensgesetzgebung ad absurdum geführt wird.
Das war doch der Grund, warum Sie ganz schnell einen Gesetzentwurf eingebracht haben. Es wird doch ad absurdum geführt, wenn Sie die Gesetzesgrundlage, nämlich die Kommunalordnung aus dem Jahr 2005, schnell verändern, nur damit dieses Volksbegehren ins Leere läuft. Ich will Ihnen das mit der Amtsstubensammlung noch mal klarmachen. Am Ende ist es so, dass, wenn man gegen eine Entscheidung des Bürgermeisters vorgehen will im Rahmen eines Bürgerbegehrens oder eines Bürgerentscheids, man ins Büro des Bürgermeisters gehen und dort dagegen unterschreiben muss. Was Sie da von den Leuten verlangen, das ist wirklich unverfroren.
Ich denke, das Gutachten hat Ihnen ganz deutlich bescheinigt, dass Sie mit demokratischen Entscheidungsprozessen auf Kriegsfuß stehen. Deswegen, meine Damen und Herren, brauchen wir Rechtsklarheit. Wir müssen wissen, wie der Bürgerwille in Zukunft vor der Willkür einer Mehrheitsfraktion geschützt werden kann. Deshalb sind wir auch bereit, dem Wunsch des Bündnisses entgegenzukommen und eine gerichtliche Klärung anzustreben. Es kann nicht sein, dass wir für alle Zukunft Bürgerbegehren und Bürgerentscheide und auch Volksbegehren und Volksentscheide in Thüringen nicht haben werden, nur weil ein paar Leute im Landtag das so wollen. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst Ihnen, Frau Abgeordnete Taubert, alles Gute zum Geburtstag, viel Gesundheit und vielleicht auch in den nächsten Lebensjahren das gewisse Maß an Toleranz, was nämlich auch dazugehört,
weil ich finde, dass Alter jedenfalls nicht davon befreit, auch Jüngeren gegenüber Respekt zu bezeugen.
Nichtsdestotrotz ist es natürlich schön, gerade an Ihrem Geburtstag heute zu dem Gesetzentwurf zu sprechen. Wenn ich schon nicht zu Ihrem Geburtstag kommen darf, dann versuche ich vielleicht, Ihnen trotzdem einige Höhepunkte zu Ihrem Geburtstag von hier vorn aus zu schenken.
Wenn sich die Aufgeregtheit bei der Opposition gelegt hat, kann ich ein Stück weitermachen. Wir wissen, dass es für Sie ein ganz besonderer Tag ist, zu Recht. Das hat auch unser Gutachter Prof. Peter-Michael Huber, der auch Kuratoriumsmitglied bei „Mehr Demokratie“ e.V. in Deutschland ist, gesagt. Zuallererst ist natürlich auch direkte Demokratie immer auch ein Mittel der Opposition. Das ist ein guter Teil der Demokratie und wir begrüßen, dass es dieses Wechselspiel in der Demokratie gibt. Wir sind heute Morgen ein Stück überrascht, dass Sie, Frau Dr. Klaubert, zunächst dieses Wechselspiel der Demokratie zwischen repräsentativer Demokratie auf der einen Seite - das ist das, was wir hier machen - und direkter Demokratie - das ist das, was alle Bürger machen außerhalb dieses Parlaments - infrage stellen.
Ein Stück tun Sie mir auch leid, weil Sie dieses Wechselspiel so infrage stellen. Eine gute Demokratie macht genau aus, dass die einen, die für eine gewisse Zeit gewählt sind, die legitimiert sind für eine gewisse Zeit, ihre Verantwortung hier im Parlament wahrnehmen, aber natürlich sollen auch alle außerhalb dieses Parlaments Teilhabe an Demokratie haben können. Das, was Sie unterstellen, tun Sie durchweg durch all diese Debatten, die wir in diesen vielen Jahren geführt haben, dass Sie sagen, dass direkte Demokratie Vorrang vor repräsentativer Demokratie haben soll.
Wir sind deshalb auch ein Stück überrascht, weil Sie nichts anderes gemacht haben als gestern schon die SPD, indem Sie Ihre Begründung, diesen langen Weg jetzt zum Gesetzentwurf, der heute im Landtag vorliegt, zwar beschrieben haben, aber Sie haben sich zum Inhalt und zum Gesetz selbst aus berechtigten Gründen wenig geäußert. Aber Sie haben eins gemacht, was gestern auch schon die SPD gemacht hat, Sie haben aus Zeitungen zitiert.
Da sind wir schon wieder am frühen Morgen in der ersten Debatte und wir erleben es am zweiten Tag in diesen Plenartagen hier im Thüringer Landtag, dass Oppositionsarbeit zuallererst immer daraus besteht, Zeitung zu lesen und daraus einen Politikanspruch für den Tag zu formulieren.