Protokoll der Sitzung vom 14.11.2008

(Beifall CDU)

Wir meinen, das ist zu wenig Demokratieverhalten. Dann, liebe Frau Dr. Klaubert, haben Sie uns ein Drama vorgetragen. Jetzt weiß ich, dass Sie kulturpolitische Sprecherin sind und sich deswegen ein Stück auskennen und zu Recht auch davon gesprochen und uns erklärt haben, dass ein Drama aus fünf Akten besteht.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, DIE LINKE: Das klassische Drama.)

Übrigens, dieses klassische Drama, was aus fünf Akten besteht, unterteilt sich dann in den Akten jeweils auch noch in Szenen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, DIE LINKE: Da wäre der Beitrag zu lang!)

Jetzt lassen Sie mich doch erst einmal ein Stück erzählen, bevor Sie schon aufgeregt hin und her hüpfen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wollen Sie Frau Klaubert jetzt eine Szene machen?)

Jetzt wissen Sie ja, dass es im Drama das retardierende Moment gibt, schlechthin die verzögerte Höhepunktsentscheidung.

(Beifall SPD)

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Da warten wir bei Ihnen schon lange drauf.)

Nun wissen Sie, dass ein Drama entweder auch Tragödie oder Komödie sein kann. Ich meine es ernst. Die Höhepunktsentscheidung, die durch das retardierende Moment hinausgezögert wird, indem sie quasi das Eintreten des Gegenteils des Erwarteten noch einmal sehr wahrscheinlich macht, dieses Moment findet regelmäßig im vierten Akt statt. Darauf will ich zu sprechen kommen, weil, wenn ich bei Ihrem Bild bleibe, wir uns im vierten Akt befinden. Nicht umsonst hat der Thüringer Verfassungsgesetzgeber zwischen dem Volksbegehren, welches abgeschlossen, erfolgreich auch für zulässig erklärt wurde, und dem Volksentscheid eine sechsmonatige parlamentarische Beratung gesetzt und das ist der vierte Akt, den wir heute hier beginnen.

Wir als CDU-Fraktion, das sage ich Ihnen ganz deutlich, wollen hier diese sechs Monate den vierten Akt in aller Ernsthaftigkeit besprechen.

(Unruhe DIE LINKE)

Wir haben das gesagt, als wir hier über unser Bürgerbeteiligungsgesetz gesprochen haben,

(Glocke der Präsidentin)

aber wir haben von Anfang an auch gesagt - und das ist auch nachlesbar -, dass das Verfahren zum Volksbegehren ein unabhängiges, für sich allein gestelltes, auch formalistisch im Gesetz klar geregeltes Verfahren ist. Dieses Verfahren ist unverrückbar. Aber Teil dieses Verfahrens, was quasi aus direkter Demokratie erwächst, findet auch jeweils am

Beginn, aber auch in diesem symbolischen vierten Akt jeweils seinen Moment im Parlament, nicht ohne Grund, weil der Verfassungsgesetzgeber auch will, dass der repräsentative Volksgesetzgeber auch die Chance hat, sich mit den Volksgesetzgebungsentwürfen sowohl am Beginn, aber auch mittendrin selbst zu beschäftigen. Nicht umsonst erlaubt er ihm, entweder in drei Alternativen den Gesetzentwurf aus dem Volksbegehren anzunehmen, den Gesetzentwurf aus dem Volksbegehren abzulehnen oder ihn in geringen Maßstäben zu verändern, wenn die Vertrauensleute dieser Veränderung zustimmen.

Wir wollen - das sage ich heute deutlich - am Beginn dieses Aktes, dieser sechsmonatigen Frist, in der wir hier im Parlament dieses besprechen, ausdrücklich und ganz offen über diese drei Varianten hier im Parlament sprechen und ich verspreche Ihnen, dass wir als CDU-Fraktion in aller Ernsthaftigkeit diese drei Varianten in den Ausschussberatungen prüfen werden.

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE)

Aber ich will Ihnen sagen, Frau Dr. Klaubert, Sie haben vorhin vom Garten der Demokratie gesprochen: So ein Garten will gepflegt sein. Jeder, der schon einmal in einem Garten mitgeholfen hat, der vielleicht einen vor der Haustür hat oder auch einen Schrebergarten hat und die Zeit hat, darin auch zu arbeiten, der weiß, so ein Garten muss gepflegt werden, weil da Wildwuchs entstehen kann. Gute Demokraten, die im Garten der Demokratie arbeiten, die müssen darauf achten, dass dieser Garten gepflegt bleibt und nicht Unkraut von Extremisten in diesem Garten Wurzeln fasst

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Sie zer- trampeln doch die Nutzpflanzen, nicht das Unkraut!)

und damit den Garten der Demokratie mit Wildwuchs überwuchert.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Lemke, DIE LINKE: Du taugst noch nicht mal als Gartenzwerg.)

Deshalb gehört quasi, wenn man in diesem Bild des Gartens der Demokratie bleiben will und diesen Garten pflegen will, auch verantwortliches Handeln dazu. Im Übrigen gehört zur Pflege des Gartens der Demokratie auch dazu, regelmäßig in der Parlamentsdebatte Niveau zu behalten, Herr Lemke; das vermisse ich bei Ihnen, aber das habe ich auch nicht erwartet.

(Beifall CDU)

Im Übrigen - dieser kleine abschweifende Gedanke sei mir gestattet -, ich erlebe das oft bei LINKEN, die die Demokratie und Toleranz einfordern, aber regelmäßig nur als Einbahnstraße wahrnehmen, wenn sie die Toleranz ihnen gegenüber einfordern, aber jegliche Toleranz darüber vermissen lassen, dass auch neben ihnen andere Meinungen der Demokratie bestehen können. Das haben Sie vor 40 Jahren vermissen lassen und das vermissen Sie jetzt immer noch.

(Beifall CDU)

Sie haben nämlich nichts gelernt in den letzten 20 Jahren, Sie haben nichts gelernt. Es wird im Übrigen auch nicht besser, wenn zwei, drei leutselige Abgeordnete Ihrer Fraktion, wozu ich auch Frau Dr. Klaubert zähle, sich hierherstellen und sagen, dass Sie vor 20 Jahren möglicherweise ein besseres Verständnis davon hatten, wie man miteinander umgehen muss in einer Gesellschaft. Aber einem großen Teil Ihrer Fraktion und auch vor allem Ihrer Mitgliedschaft spreche ich dieses Verhalten nämlich ab und es wird nicht besser, wenn zwei, drei hier vorn stehen und das behaupten; Ihre Basis hat diesen Lernprozess noch lange nicht abgeschlossen.

Abgeordneter Mohring, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Taubert?

Am Ende.

Am Ende, Frau Taubert.

Es sei denn, es wäre eine gärtnerische Frage, Frau Taubert.

(Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Dann würde ich erst noch die gärtnerische Frage stellen.)

(Heiterkeit im Hause)

Bitte, Frau Taubert.

Also wenn Sie mir das so anbieten, Herr Mohring, dann kann ich nicht widerstehen. Wissen Sie, dass, wenn man einen biologischen Garten macht, man da auch die Brennnessel, die bei manchen als Unkraut gilt, in der Ecke stehen lässt, weil die Schmetterlinge da kommen? Ist es also nicht auch notwendig, dass man ein bisschen Wildes in der sonst so geordneten Gartenkultur hat?

Schön. Aber Sie erwarten jetzt nicht ernsthaft eine Antwort darauf.

Lassen Sie mich bitte ordentlicherweise zum Volksgesetzgebungsentwurf sprechen, weil - und wir haben das mehrmals gesagt - uns heute einige Vertreter der Sammler im Parlament zuschauen, auch die beiden Vertrauensleute. Ich will das noch einmal für unsere Fraktion sagen, damit Sie es nicht nur aus den Zeitungen lesen, aus den Zitaten, sondern auch von uns hören: Auch wir schätzen sehr, dass so viele Tausende in ihrer Freizeit sich für die Demokratie in Thüringen eingesetzt haben, und wir waren auch überrascht, dass so viele Thüringer dem gefolgt sind; aber dieses Engagement, was Sie vor allen Dingen persönlich geleistet haben, dem zollen wir hohen Respekt.

(Beifall CDU)

Aber eines will ich sagen und da will ich noch einmal darauf zurückkommen, Frau Dr. Klaubert, was Sie gesagt haben: Uns Undemokratie und fehlendes Verständnis zu unterstellen - was meinen Sie eigentlich, wie wir in dieses Parlament mit Mehrheit gekommen sind bei der Wahl 2004? Denken Sie, dass wir mit der Strickleiter in dieses Parlament eingezogen sind und wie die Räuberbanden uns auf die Mitte dieser Mehrheitsbänke gesetzt haben. Wir sind vom Volk gewählt worden, weil wir auch Verantwortung tragen wollen,

(Beifall CDU)

und wir wehren uns dagegen, dass Sie uns unterstellen, weil wir die Mehrheit in diesem Parlament haben, dass wir mit dieser Mehrheit nicht verantwortlich in der Demokratie umgehen. Das unterstellt, dass Sie es machen würden, wenn Sie gottverdammt hoffentlich nie die Mehrheit in diesem Hause hätten.

(Beifall CDU)

Das will ich auch noch einmal ganz klar sagen, weil auch das in den letzten Wochen und Monaten eine Rolle gespielt hat. Was haben Sie nicht alles un

terstellt und was haben von Ihnen bestellte Rechtsprofessoren und Verwaltungsrechtler nicht alles in Interviews in den Zeitungen in den letzten Monaten gesagt, die haben von Verfassungskrise gesprochen, die haben von verfassungspolitischem Amoklauf gesprochen und jetzt steht fest in dieser Woche, auch weil wir wollten, dass jemand aus „Mehr Demokratie“ e.V. in Deutschland selbst darauf schaut, weil wir als CDU-Fraktion gesagt haben, wir wollen uns gar nicht sicher sein allein, dass das gilt, was wir aus der Verfassung herauslesen, was wir aus dem Thüringer BVVG herauslesen, ob das wirklich auch in der Interpretation so stimmt. Deswegen haben wir im September dieses Jahres Prof. Dr. Peter-Michael Huber gebeten, dann soll er doch bitte draufschauen. Jeder, der ein Stück auch in die Vergangenheit schaut, weiß, dass Peter-Michael Huber auch schon für die Opposition in dieser Frage gutachterlich tätig war und weiß Gott ihm nicht unterstellt werden kann, dass er in dieser Frage auf Unionsseite steht. Deshalb sollte er für uns klären: Ist das, was wir getan haben, in diesen letzten Wochen und Monaten im Parlament auf dem Boden der Thüringer Verfassung und des Grundgesetzes und auf dem Boden der Gesetze, die dieses Parlament verabschiedet hat? Und das steht fest, weil es im Gutachten ganz klar, unverrückbar auch genannt ist: Das, was dieses Parlament getan hat, fußt auf dem Boden unserer Thüringer Verfassung und entlarvt Ihre Debatte als Lügendebatte.

(Beifall CDU)

Jetzt sind wir in der Debatte zum Volksgesetzgebungsentwurf. Wir haben darüber lange gesprochen, inwieweit das Parlament Ideen daraus aufgreifen darf, inwieweit das Parlament daraus auch ein Stück selbst vorangehen darf. All das haben wir gutachterlich klären lassen. Wir haben nicht umsonst diese Transparenz auch in der Öffentlichkeit hergestellt, weil wir einen offenen Prozess darüber führen wollen, was jetzt richtig ist und in welchem Zusammenspiel direkte Demokratie außerhalb des Parlaments und repräsentative Demokratie innerhalb des Parlaments gemeinsam so funktionieren, dass diese beiden Säulen von Gesetzgebung auch nebeneinander stattfinden können. Deshalb ist richtig, was Prof. Huber gesagt hat, dass es in seiner Interpretation der Thüringer Verfassungslage den Gleichrang beider Gesetzgebungswege und beider Säulen von Demokratiegestaltung in Thüringen gibt. Wir wissen, dass der Thüringer Verfassungsgerichtshof darüber hinaus gesagt hat, dass er sogar einen Vorrang repräsentativer Demokratie aus der Verfassung heraus auslegt. Huber sagt, es gibt mindestens den Gleichrang. Aber es gibt auf jeden Fall nicht - und das interpretiert niemand, der seriös die Thüringer Verfassung interpretiert - einen Vorrang von direkter Demokratie. Weil es keinen Vorrang von direkter

Demokratie gibt, vor allen Dingen auch keine Sperrwirkung gegenüber der repräsentativen Demokratie, steht dem, dass das Parlament seine ureigenste Aufgabe, nämlich gesetzesinitiativ zu werden und diese Gesetze zu verabschieden, nach dieser Interpretation der Thüringer Verfassung nichts entgegen. Genau von diesem Recht hat dieses Hohe Haus Gebrauch gemacht.