Protokoll der Sitzung vom 17.07.2014

Obwohl die Gelder aus dem Aufbau Ost in den letzten fünf Jahren um über 500 Mio. € zurückgegangen sind, investiert Thüringen weiterhin fast 50 Prozent mehr als vergleichbare westdeutsche Länder. Mit einer Investitionsquote von 13 Prozent schaffen wir gute Perspektiven für unser Land.

(Beifall CDU)

Das Land ist finanzpolitisch auf einem guten Weg, um 2020 selbstbewusst und unabhängig auftreten zu können. Klar ist aber auch: Dieser Kurs muss fortgesetzt werden!

Auch die wirtschaftspolitische Bilanz kann sich sehen lassen. Thüringen ist heute ein wirtschaftlich stärkeres Land als vor fünf Jahren. Kurz zusammengefasst: Wir haben mehr Wirtschaftskraft. Die Wirtschaftsleistung hat enorm zugelegt. Das Bruttoinlandsprodukt ist gegenüber 2009 bis 2013 um insgesamt 7 Mrd. € gewachsen - ein nominales Plus von 15 Prozent. Thüringen ist damit das Bundesland mit der größten wirtschaftlichen Dynamik.

(Beifall CDU, SPD)

Dass wir mehrfach hintereinander in ausländischen Investorenmagazinen - ich erinnere nur an das USamerikanische Investorenmagazin „Site Selection“ als dynamischster vorzugswürdigster Investitionsstandort Nummer 1 in ganz Westeuropa gelten, gehört auch zur Wahrheit unserer wirtschaftlichen Entwicklung.

Es gibt mehr Lohn: Menschen haben heute deutlich mehr Geld in der Tasche, und das bei stabilen Preisen. Der durchschnittliche Brutto-Stundenlohn ist im Vergleich von 2009 zu 2012 um 7 Prozent gestiegen. Damit haben wir keineswegs an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Nein, es ist Geld, was sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erarbeitet haben, das wirtschaftlich erwirtschaftet wurde und das auch bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ankommen muss.

Es gibt mehr Arbeit in Thüringen. Deutlich mehr Thüringerinnen und Thüringer haben einen Arbeitsplatz: Mit 56,8 Prozent hat Thüringen deutschlandweit die höchste Beschäftigungsquote.

Es gibt weniger Arbeitslose: Die durchschnittliche Jahresarbeitslosenquote ist zwischen 2010 und

(Ministerpräsidentin Lieberknecht)

2013 von 9,8 auf im Durchschnitt 8,2 Prozent gesunken. Im Juni dieses Jahres lag die Arbeitslosenquote in Thüringen bei 7,5 Prozent. Das ist gleichauf mit der Freien und Hansestadt Hamburg, die eine prosperierende Stadt in der Bundesrepublik Deutschland, in Europa ist. Damit können wir uns inzwischen messen. Wir sind auch arbeitsmarktpolitisch in der Mitte Deutschlands angekommen.

(Beifall CDU, SPD)

In Thüringen gibt es am Ende der Legislaturperiode also deutlich mehr Menschen in Arbeit und deutlich weniger Arbeitslose als vor fünf Jahren. Dabei kommt uns nicht allein die stabile Konjunktur zugute, die die deutsche Wirtschaft insgesamt trägt. Wir haben auch für die richtigen Rahmenbedingungen gesorgt. Das sieht man daran, dass nicht überall in Deutschland bei dem Wirtschaftswachstum, das wir haben, bei der Konjunktur, die in Gesamtdeutschland auf dem Aufwärtstrend ist, jedes Land auch für sich diese Rahmenbedingungen hat nutzen können, nein, es gehört auch eine aktive Landespolitik dazu. Das sieht man am größten Flächenland der Bundesrepublik Deutschland Nordrhein-Westfalen sie haben heute mehr Arbeitslose als in früheren Jahren trotz des Wirtschaftswachstums.

So hat die Landesregierung in den vergangenen fünf Jahren knapp 750 Mio. € allein für die Investitionsförderung zur Verfügung gestellt. Allerdings nicht, ohne diese Mittel im Sinne des Prinzips „Gute Arbeit“ auch an klare Bedingungen zu knüpfen - etwa an eine geringere Leiharbeitsquote, eine hohe Qualität der geschaffenen Arbeitsplätze und die Tarifbindung der Unternehmen. All das macht für uns Wirtschaft aus. Arbeitgebern und Unternehmen soll es gut gehen, aber die Beschäftigten sollen auch etwas davon haben.

Aber wir dürfen nicht vergessen: Entscheidend für die Lohnhöhe ist letztlich die Fähigkeit des Unternehmens, Gewinne zu erwirtschaften. Deswegen werden wir auch weiter hart daran arbeiten müssen, die Rahmenbedingungen für eine gute wirtschaftliche Entwicklung, für mehr Produktivität und für mehr nachhaltiges Wachstum in den Unternehmen zu festigen und weiter auszubauen. Das habe ich gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister vor einigen Wochen der Thüringer Öffentlichkeit vorgestellt. Es geht darum, jetzt auch vor allen Dingen im Bestand unserer Thüringer Unternehmen mehr Produktivität, mehr gute Arbeit zu ermöglichen.

(Beifall CDU, SPD)

Aber es gibt auch nach wie vor Bereiche, wo wir weiter nachholen müssen. Es gibt noch immer deutliche Unterschiede bei den Einkommen, trotz allen Wachstums, was wir hier haben, aber auch bei den Exportquoten. Auch hier sind wir auf dem richtigen Weg, das zeigen die Meldungen von heu

te, aber immer noch mit deutlichem Abstand zu einigen westlichen Flächenländern.

Die Kapitalkraft der Unternehmen in den jungen Ländern ist noch immer deutlich geringer als in den alten, auch in Thüringen. Noch immer bleibt der Anteil der Forschungsausgaben aus den Unternehmen selbst heraus hinter denen in den alten Ländern zurück. Umso wichtiger ist es, dass wir den öffentlichen Sektor in Thüringen hochgehalten haben und auch weiter hochhalten werden.

Ich erinnere auch an die Krise der Solarwirtschaft, die noch längst nicht überwunden ist. Auch hier hat sich die Landesregierung zum Beispiel erfolgreich gemeinsam für die Rettung des Standorts in Arnstadt starkgemacht und Perspektiven geschaffen. Und wir haben uns eingesetzt für die Anti-DumpingMaßnahmen auf Bundes- und EU-Ebene, um faire Wettbewerbsbedingungen zu erreichen.

Die noch bestehenden Defizite in der Wirtschaftsstruktur Thüringens gehen wir systematisch an. Auch mit Blick auf den zunehmenden Fachkräftebedarf ist es wichtig, Menschen, die arbeiten können und wollen, auch in Arbeit zu bringen. Unternehmen fällt es immer schwerer, freie Stellen mit geeigneten Fachkräften zu besetzen. Das ist ein Thema, was man allenthalben im Lande hört. Aus diesem Grund hat die Landesregierung unter anderem die Fachkräfteinitiative „Thüringen braucht dich“ gestartet. Mit der Thüringer Agentur für Fachkräftegewinnung und dem „Welcome Center Thuringia“ haben wir zudem Strukturen geschaffen, die die Themen Fachkräftesicherung und Zuwanderung von ausländischen Arbeitskräften effektiv aufgreifen und abdecken. Auch in der öffentlichen Verwaltung gehen wir das Thema Fachkräftesicherung an, denn eine effektive, bürgernahe Verwaltung ist ein wichtiger Standortfaktor. Deshalb reformieren wir beispielsweise das Dienstrecht, wie wir es am gestrigen Tage gemeinsam hier im Landtag getan haben. Das Ziel lautet, das Leistungsprinzip und die Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber zu stärken. Wir sind Dienstleister für die Menschen im Land und Dienstleister auch für die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Das ist unser Verständnis.

(Beifall CDU, SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, für die Thüringer Wirtschaftsförderung haben wir eine Reihe von Kernzielen formuliert:

1. Nach dem Jahr 2020 muss eine selbsttragende Weiterentwicklung der Thüringer Wirtschaft möglich sein. Dementsprechend müssen die vorhandenen Fördermittel eingesetzt werden. Für den Zeitraum 2014 bis 2020 muss gelten, dass die hierfür zur Verfügung stehenden Bundes- und EU-Mittel vom Land kofinanziert werden. Das haben wir in der Koalition auch so verabredet.

(Ministerpräsidentin Lieberknecht)

2. Wir stellen uns dem ehrgeizigen Ziel, dass wir am Ende der nächsten Legislaturperiode Vollbeschäftigung erreichen können. Das ist realistisch möglich bei der Dynamik, bei der Entwicklung der Arbeitsmarktzahlen, die wir in Thüringen haben. Wir wollen künftig einen noch stärkeren Fokus auf qualifizierte und dabei auch besser bezahlte Arbeitsplätze legen. Dabei ist klar: In Zeiten des zunehmenden Fachkräftebedarfs brauchen wir vor allem produktivitätssteigernde Investitionen in den Unternehmen. Genau das haben wir auch gemeinsam in der Landesregierung beschlossen.

3. Wir unterstützen die in Thüringen ansässigen Unternehmen - das heißt, nicht nur, aber vor allem kleine und mittelständische Unternehmen - in ihren Wachstumsbemühungen. Darum geht es. Wirtschaft, die in der Region verankert ist, die Mitspieler, die bei vielen gesellschaftlichen Fragen bis hin zur Stärkung des Ehrenamtes in unseren Kommunen tätig sind, die wollen und müssen wir als bleibende Mitspieler in unserem Land und für unsere Heimat unterstützen.

(Beifall CDU, SPD)

4. Über die reine Zuschussförderung hinaus geht es uns auch darum, gute Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen sicherzustellen und den Zugang zu Wagnis- und Beteiligungskapital zu sichern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, allerdings nutzt auch der größte Fördermittelbescheid wenig, wenn es am Ende an guten Ideen fehlt. Ideen, aus denen Innovationen und letztlich gute Produkte entstehen können. Darum geht es letztlich. Gute Ideen, nicht Fördermittel, sind der Treibstoff für unsere Wirtschaft.

Neben den klassischen Wirtschaftsförderprogrammen ist deswegen vor allem die Forschungs- und Technologieförderung für die hiesigen Unternehmen von besonderer Bedeutung. Wir wollen, dass in Thüringen Innovationen entstehen und auf dieser Basis noch mehr Wertschöpfung in Thüringen stattfindet. Die Rahmenbedingungen dafür haben wir in den vergangenen fünf Jahren noch weiter verbessert. Die Förderung wurde noch stärker strategisch ausgerichtet. Letztes Glied in der Kette dieser Entwicklung ist die vor Kurzem von der Landesregierung verabschiedete und auch schon mit dem EUKommissar Dr. Hahn, als er hier war, dem Regionalkommissar, Regionale Innovationsstrategie „RIS3“.

Wir haben noch mehr Raum für neue Ideen gegeben. Thüringen hat sich zu einem etablierten Wissenschafts- und Forschungsstandort entwickelt, der national und auch international wahrgenommen wird. Mit dem „Thüringer Innovationszentrum Mobilität“ in Ilmenau, dem Innovationscluster „Green

Photonics“ in Jena, dem „GreenTech-Campus“ in Hermsdorf

(Beifall CDU)

- ja, ein bisschen Bekenntnis aus der Region ist immer angesagt - oder dem „Thüringer Zentrum für Maschinenbau“ in Südthüringen haben wir in Thüringen neue „Denkfabriken“ eröffnet. Auch hier rauchen die Köpfe und nicht wie in früheren Jahrzehnten die Schlote.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die ressortübergreifende Forschungsstrategie der Landesregierung setzt einen passgenauen Rahmen: Schwerpunkte sind die wichtigen Zukunftstechnologien, darunter Photonik, Mikro- und Nanotechnologie sowie erneuerbare Energien. Seit 2009 hat das Land mehr als 135 Mio. € für den Ausbau der Forschungsinfrastruktur bereitgestellt.

Darüber hinaus haben wir das Landesprogramm „ProExzellenz“ zur Förderung der Spitzenforschung in Höhe von 20 Mio. € bis 2019 neu aufgelegt. Mit der Forschungsinitiative „E hoch 4“ entwickelt sich Thüringen zum grünen Motor der erneuerbaren Energietechnologien. Auch der Ausbau des Forschungscampus Beutenberg in Jena und die Aufnahme des Instituts für Photonische Technologien e.V. in die Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz sind eindrucksvolle Belege einer erfolgreichen Thüringer Forschungspolitik, die längst auch im Bund, die nicht nur in Berlin, sondern die international angekommen ist.

Undenkbar wäre das Wissenschaftsland Thüringen ohne seine Hochschulen. In den vergangenen Jahren haben wir die nötigen Entscheidungen getroffen, um sie auch für die Zukunft gut aufzustellen. So erhalten alle neun Thüringer Hochschulen eine Zukunftsgarantie.

Mit der Rahmenvereinbarung III stellt das Land bis 2015 insgesamt 1,56 Mrd. € zur Verfügung 121 Mio. € mehr als in der vorangegangenen Finanzierungsperiode. Somit ist für eine stabile Basis gesorgt.

Mit der Hochschulstrategie 2020 richten beide Partner - Land und Hochschulen - jetzt das Augenmerk auf das Jahr 2020 und darüber hinaus. Damit jede Hochschule nationale und internationale Sichtbarkeit erreicht, sollen zukunftsträchtige Bereiche gezielt entwickelt und Kooperationen zwischen den Hochschulen weiter ausgebaut werden.

Das Land sorgt im Gegenzug für eine verlässliche Finanzierung der neu geschaffenen Strukturen, indem den Hochschulen ab 2016 die wissenschaftsspezifischen Kostensteigerungen vollständig ersetzt und zusätzlich ein Strategiebudget in Höhe von 1 Prozent des jährlichen Zuschusses zur Verfügung gestellt werden. Das ist eine tolle Leistung. Ich frage Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren

(Ministerpräsidentin Lieberknecht)

Abgeordneten, wo gibt es das sonst in einem deutschen Flächenland? Wir sind hier Spitze für unsere Hochschulen, für unsere Forschung, denn das ist Zukunft für Thüringen.

(Beifall CDU, SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, wir setzen bei unseren Ausgaben klare Prioritäten, und das bei insgesamt sinkenden Haushaltsvolumina. Dazu zählt neben Wissenschaft und Forschung insbesondere auch die Bildung. Denn Bildung schafft Chancen. Frühkindliche Bildung, individuelle Förderung als zentrales Prinzip an den Schulen, leistungsfähige Hochschulen und eine innovative Forschungslandschaft machen Thüringen zu einem erfolgreichen Bildungsland, und zwar in der gesamten Kette von der frühkindlichen Bildung über unsere berufliche Bildung, über die akademische Bildung bis hin zu den Professoren und Akademikern, die für unser Land arbeiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, mit dem neuen Kita-Gesetz von 2010 hat Thüringen bundesweit Maßstäbe gesetzt. Als erstes Bundesland hat der Freistaat den kleinsten Thüringerinnen und Thüringern einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem ersten vollendeten Lebensjahr und eine Betreuungszeit von 10 Stunden täglich garantiert. 2.500 zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher wurden neu eingestellt. Dank des verbesserten Personalschlüssels und klaren Regelungen für die räumliche Ausstattung der Kitas hat sich die Qualität der frühkindlichen Betreuungs- und Bildungsangebote in Thüringen deutlich erhöht. Mit der Weiterentwicklung des Thüringer Bildungsplans für Kinder bis zehn Jahre wird sich die Qualität der Bildung weiter erhöhen.

(Beifall CDU, SPD)

Der Kindergarten, eine Thüringer Erfindung - wie so vieles, wo ich immer sage, aus dem Land der Originale, auch der Thüringer Kindergarten ist ein Zeichen für dieses Land der Originale -, ist eine Thüringer Erfolgsgeschichte. Mehr als 88.000 Kinder besuchen einen Kindergarten oder werden von einer Tagesmutter betreut. Das ist jedes zweite Kind unter drei Jahren sowie 97 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen. Auch dies ist ein Spitzenwert in Deutschland. Zugleich haben wir das Angebot eines Thüringer Erziehungsgeldes für jene Eltern aufrechterhalten, die sich dafür entscheiden, ihr Kind überwiegend oder ganz zu Hause zu betreuen.

(Beifall CDU)

Damit haben wir eines unserer zentralen Ziele in der Bildungs- und Familienpolitik erreicht: Wahlfreiheit für die Eltern. Sie treffen die Entscheidung, der Staat stellt die Rahmenbedingungen zur Verfügung, die diese Entscheidungsfreiheit überhaupt erst ermöglichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, jedes Kind ist einzig und hat seine Stärken, die es zu entdecken und zu fördern gilt. Deshalb wurde im Thüringer Schulgesetz und in der Schulordnung die individuelle Förderung eines jeden Schülers in das Zentrum der pädagogischen Arbeit gerückt. Ziel ist, den bestmöglichen Lernerfolg bei allen Kindern und Jugendlichen zu sichern. Dabei gehen das Fördern und das Fordern Hand in Hand. Dass sich die Anstrengungen lohnen, bestätigen die unterschiedlichen Schulleistungsstudien, die Thüringen an der Spitze der Länder sehen, so der „Chancenspiegel 2013“ der Bertelsmann Stiftung, der „Bildungsmonitor 2013“ des Instituts der deutschen Wirtschaft und die IQB-Ländervergleichsstudie der Kultusministerkonferenz.