Sehr geehrte Damen und Herren, Kinder und Jugendliche stehen deshalb im Zentrum der Präventionsmaßnahmen, weil es zu den gesicherten Erkenntnissen gehört, dass in diesem Alter die wesentlichen Grundlagen gelegt werden. Wir wissen, dass rechtsextremes Denken und Handeln häufig mit einem Mangel an Sozialkompetenz einhergeht. Soziale Kompetenz, Empathie und Konfliktfähigkeit müssen bereits im Vorschulalter gefördert werden, damit Kinder und Jugendliche nicht Gewalt zur Lösung von Konflikten vorziehen. Das Landesprogramm sieht sich diesen Zielen verpflichtet. In Kindertageseinrichtungen und Schulen sollen Kinder und Jugendliche demokratische Prozesse erleben. Getreu dem Motto „Was Hänschen lernt, fällt Hans nicht schwer“ sollen demokratische Beteiligungsformen, Kompromissbereitschaft, Dialog- und Argumentationsfähigkeit, Toleranz und das Wissen um Zusammenhänge einer demokratischen Gesellschaft altersgerecht vermittelt und eingeübt werden. Wir wollen in allen Kindertageseinrichtungen und Schulen in Thüringen eine demokratische Kultur entwickeln und weiterentwickeln. Verbunden mit diesen formalen Strukturen ist es das Ziel, die außerschulischen Bildungsangebote in der Jugendarbeit, der Jugendverbands- und Jugendgruppenarbeit weiter zu stärken und deren Strukturen in der Fläche zu sichern und zu verbessern. Mit ihrer Hilfe und im unmittelbaren Lebensumfeld der Kinder und Jugendlichen angesiedelt gilt es, ernsthafte Beteiligung und altersgerechte Vertretung eigener Interessen verstärkt zu praktizieren. Das Zulassen und Erleben demokratischer Aushandlungsprozesse von Kindesbeinen an ist unser Ziel. Aus der engeren Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schulen wiederum erhoffen wir uns Synergieeffekte, von de
nen die kommunalen Bildungslandschaften profitieren können. Kurz gesagt, wir sind uns darin einig, dass jede Generation neu für den Erhalt und die Sicherung unserer Demokratie eintreten und schulische und außerschulische politische Jugendbildung aufgewertet werden muss. Aus den Ergebnissen des Thüringen-Monitors und vergleichbarer Untersuchungen wissen wir aber, dass wir uns nicht auf Kinder und Jugendliche beschränken können. Ebenso müssen Familien oder Seniorinnen und Senioren aktiv in den Bildungsprozess integriert werden. Strategien auf der Basis spezifischer Lernkonzepte, etwa aus den Bereichen Gedenkstättenpädagogik oder Antidiskriminierungsarbeit, werden mit dem Landesprogramm genauso unterstützt wie demokratiepädagogische Ansätze.
Manchmal, meine Damen und Herren, müssen die Mittel im Kampf gegen Rechtsextremismus aber deutlich über die Prävention hinausgehen, etwa bei rechtsextremen Aufmärschen oder Veranstaltungen. Dann ist ein deutliches Abgrenzen, ein zielgerichtetes Entgegentreten, ein unmissverständliches Zeichensetzen, alles selbstverständlich im Rahmen des geltenden Rechts, vor allem gegenüber rechtsextremen Organisationen, Einstellungen und Aktionen vonnöten. Kurz: Dann ist Intervention notwendig. Intervention verbindet Bildung und Aktion miteinander und leistet eine unmittelbare und direkte Form der Auseinandersetzung. Auch wenn der Bereich der Intervention eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, kommt den zivilgesellschaftlichen Akteuren, also den Bürgerbündnissen, den Netzwerken und Initiativgruppen, den Vereinen und Verbänden eine besondere Bedeutung zu. Das Landesprogramm unterstützt Initiativen mit dem Ziel der Intervention auf verschiedenen Wegen.
Bevor ich jedoch die konkrete Förderung benenne, noch einige Bemerkungen zum staatlichen Vorgehen gegen Rechtsextremismus in Form von Repression. Die Polizei leistet wertvolle Arbeit etwa bei der Verfolgung politisch motivierter Straftaten, bei der Vermeidung von Gewalt, insbesondere bei Großveranstaltungen oder durch Maßnahmen gegen rechtsextreme Konzerte und einschlägige Musikszene.
Sie leistet wertvolle Arbeit bei Durchsuchungen und Sicherstellungen und durch organisatorische und technische Maßnahmen etwa gegen Betreiber illegaler Internetseiten. Zur weiteren Stärkung dieser Arbeit sieht das Landesprogramm vor, Schulungen über Rechtsextremismus in der Aus- und Fortbildung der Polizei zu intensivieren. Der Thüringer Verfassungsschutz liefert detaillierte Informationen über die Szene und ihre Umtriebe. Die Einrichtung von Sonderdezernaten bei den vier Thüringer
Staatsanwaltschaften, besetzt mit speziell zum Rechtsextremismus geschulten Mitarbeitern, ermöglicht eine effektive Verfolgung rechtsextremer Straf- und Gewalttaten.
Den Kommunen wird Unterstützung angeboten, um sie in die Lage zu versetzen, ihr rechtliches Handlungsinstrumentarium im Kampf gegen Rechtsextremismus im Rahmen des geltenden Rechts zu nutzen. Das betrifft insbesondere das Ordnungsund Versammlungsrecht.
Meine Damen und Herren, aus dieser kurzen Aufzählung einiger Handlungsfelder des Thüringer Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit können Sie bereits entnehmen, dass wir die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus nicht nur als Aufgabe der Gesamtgesellschaft sehen, sondern als Aufgabe der gesamten Landesregierung. Alle Ministerien verpflichten sich mit diesem Landesprogramm zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung aller Erscheinungsformen der politisch motivierten Gewalt und demokratiefeindlicher Aktivitäten. Alle Ministerien verpflichten sich innerhalb ihrer Zuständigkeiten, ihre spezifischen Möglichkeiten zur Stärkung von Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit zu nutzen. Dies setzt auch voraus, vorhandene Fördermöglichkeiten zu überprüfen und gegebenenfalls neu zu justieren. Im Klartext: Dieses Landesprogramm ist ein Landesprogramm der gesamten Landesregierung; es beschränkt sich bei Weitem nicht auf die in meinem Haus angesiedelte strukturelle Förderung und Programmbegleitung.
Sehr geehrte Damen und Herren, damit komme ich zur Strukturförderung. Auch hier fangen wir nicht bei null an. Bereits seit vielen Jahren existieren in Thüringen Strukturen der Mobilen Beratung für Demokratie und gegen Rechtsextremismus sowie eine spezielle Beratung für Opfer extremer Gewalt.
Zehn Thüringer Landkreise, Städte oder Gemeinden erarbeiten seit drei Jahren sogenannte lokale Aktionspläne für die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus vor Ort. Seit 2008 gibt es beim Landesportbund eine Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus im Sport; seit 2009 ein Elternund Aussteigerprogramm in Thüringen.
Dazu kommen zahlreiche Projekte und Programme, die bislang bereits hervorragende Arbeit bei der Bekämpfung bzw. Prävention von Rechtsextremismus und der allgemeinen Gewaltprävention geleistet haben. Dabei wollen wir uns auch in Thüringen nicht mit fremden Federn schmücken. Für das Aussteigerprogramm ist es uns gelungen, bundes- und europäische Mittel einzuwerben.
Lokale Aktionspläne, Mobile Beratung und Opferberatung sind bislang wesentlich aus Bundesmitteln und kofinanziert mit Landesmitteln gefördert worden. Die auslaufende Bundesförderung der Pro
gramme „Vielfalt tut gut“ und „Kompetent für Demokratie“ wird durch ein neues Bundesprogramm mit dem Namen „Toleranz fördern - Kompetenz stärken“ weitergeführt.
Die Förderhöhe des Bundes bleibt bundesweit bei unverändert 24 Mio. € pro Jahr. Es werden einige neue Akzente gesetzt, vor allem aber wird darin Bewährtes weiter gefördert, insbesondere die drei zuvor genannten Instrumente.
Diese Strukturelemente werden auch im Thüringer Landesprogramm eine wichtige Rolle spielen, um die lokale Ebene zu stärken. Die Förderung von Strukturen und Projekten wird auf drei Fundamenten aufbauen:
Das erste Fundament ist die Förderung von lokalen Aktionsplänen. Der Bund fördert dieses Instrument auch weiterhin mit seinem neuen Programm. Er erreicht allerdings keine flächendeckende Abdeckung. Genau aber das ist unser Ziel. Jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt in Thüringen soll die Einrichtung oder bei kreisangehörigen Städten als bisherigen und somit weiter geförderten Standorten die Nutzung eines lokalen Aktionsplans ermöglicht werden.
Innerhalb der lokalen Aktionspläne wollen wir die Position der zivilgesellschaftlichen Akteure einschließlich der Bürgerbündnisse vor Ort weiter stärken. Ebenso wie der Bund legen wir Wert darauf, dass sowohl die Konzeption als auch die Umsetzung der lokalen Aktionspläne maßgeblich durch einen eigens dafür eingerichteten Begleitausschuss bestimmt wird.
Ziel ist es, dass Verwaltung und zivilgesellschaftliche Akteure Hand in Hand und kontinuierlich für die Stärkung demokratischer Strukturen vor Ort sorgen. Die Erfahrungen mit dem bisherigen Bundesprogramm beweisen, dass die lokalen Akteure vor Ort am besten wissen, welche Probleme vorhanden sind und mit welchen Mitteln sie bearbeitet bzw. gelöst werden können.
Wir können und wollen nicht von Erfurt aus entscheiden, welche Maßnahmen zum Beispiel im Kyffhäuserkreis, in Sonneberg, in Pößneck oder im Altenburger Land sinnvoll sind. Wir brauchen demokratische Netzwerker vor Ort, die die Strukturen kennen und die in der Region bekannt und anerkannt sind. Es gilt, diese lokalen Ressourcen aufund auszubauen, zu stärken und mit den landesweit tätigen Strukturen der Mobilen Beratung und der Opferberatung verpflichtend zu vernetzen.
Diese Stärkung der Flächen und der flächendeckende Ausbau der lokalen Aktionspläne entsprechen zudem dem demokratischen Prinzip eines Strukturaufbaus von unten. Wir brauchen das Engagement und die Erfahrungen von Bürgerinnen und Bürgern vor Ort.
Sehr geehrte Damen und Herren, das zweite Fundament der Förderung besteht in der Stabilisierung, Qualifizierung und langfristigen Sicherung der bereits vorhandenen Beratungsprojekte. Die Mobile Beratung wird bei Konflikten mit rechtextremem Hintergrund vor Ort beratend aktiv. Das Team von MOBIT unterstützt und mobilisiert lokale Ressourcen zur Bearbeitung des Konflikts. Lokale Aktionspläne und landesweit tätige Mobile Beratung sind keine Gegensätze, sondern ergänzen sich gut. Opfer rechtsextremer Übergriffe können sich an eine spezielle Opferberatung wenden, die sie betreut, berät und notfalls zur Polizei oder zum Gericht begleitet. Auch hier sollte eine enge Kooperation mit der Mobilen Beratung und den Akteuren der lokalen Aktionspläne selbstverständlich sein. Das Aussteigerprogramm unterstützt diejenigen, die sich aus der rechtsextremen Szene lösen wollen, beim Aufbau eines neuen sozialen Umfeldes. Hier werden auch Angehörige - Kinder und Partner - beraten, ermutigt und ertüchtigt, den Rechtsextremen beim Ausstieg unterstützend zur Seite zu stehen. Diese drei zentralen Strukturen der landesweiten Beratung im Freistaat sind auf Landesebene gleichsam das Rückgrat im Kampf gegen den Rechtsextremismus in Thüringen. Die Sicherung der Strukturen stand zu keiner Zeit der Erarbeitung des Landesprogramms infrage. Mit der nunmehr erfolgten Verankerung im Landesprogramm haben wir eine wichtige Verabredung des Koalitionsvertrags erfüllt.
Sehr geehrte Damen und Herren, das dritte Fundament der Förderung von Strukturen und Projekten gegen Rechtsextremismus ist die Förderung von Präventionsprojekten. Hier können wir bereits auf zahlreiche gelungene Projekte zurückschauen. Um nur ein Beispiel zu nennen: 2008 haben wir eine Stelle zur Beratung gegen Rechtsextremismus im Sport innerhalb des Landessportbundes unterstützt. Im Rahmen dieser Beratung werden etwa Trainer und Übungsleiter speziell im Umgang mit Rechtsextremismus im Sportverein geschult. Mittlerweile ist eine solche Unterrichtseinheit in der regulären Trainerausbildung fest verankert. Über Veranstaltungen werden zahlreiche Sportlerinnen und Sportler und ihr Umfeld für das Thema sensibilisiert. Das Geld ist bei dieser Beratungsstelle auch deshalb gut angelegt, weil Sportvereine zu den wichtigsten gesellschaftlichen Organisationen gehören und wahrlich flächendeckend in Thüringen vorhanden sind. Im Landessportbund sind immerhin etwa 375.000 Thüringerinnen und Thüringer in etwa 3.500 Vereinen organisiert, die potenziell von der Beratung erreicht werden können. Eine weitere Organisation, die bis in den letzten Winkel Thüringens vertreten ist, sind die Feuerwehren. Mit dem Landesprogramm ist es gelungen, auch innerhalb des Thüringer Feuerwehrverbandes eine Beratungsstelle für den Umgang mit Rechtsextremismus einzurichten.
Zahlreiche weitere Präventionsprojekte werden im Laufe des Jahres ihre Arbeit aufnehmen können. An dieser Stelle möchte ich mich für die Thüringer Landesregierung nochmals bei allen Vereinen, Verbänden und Trägern solcher Projekte für die bisherige gute Zusammenarbeit bedanken.
Sie haben entscheidend zu einer erfolgreichen Arbeit bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus beigetragen. Sie haben aber auch mit großem Aufwand nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten gesucht, Anträge geschrieben und Kosten- und Finanzierungspläne aufgestellt. Sie konnten umfangreiche Bundesmittel nach Thüringen leiten, die vom Land kofinanziert wurden. Das heißt, wir können auf eine breite und vielfältige Landschaft von Präventionsprojekten in Thüringen schauen - sie haben sich etabliert. Selbstverständlich können weiterhin Anträge auf Förderung von Projekten gestellt werden. Auf nachträglichen Wunsch vieler Bürgerbündnisse haben wir einen Interventionsfonds eingeführt. Damit wollen wir in einem vereinfachten Verfahren kleinere Projekte unterstützen und sind in der Lage, bei kurzfristigen Ereignissen schnell zu reagieren.
Sehr geehrte Damen und Herren, für das Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit stellt der Freistaat Thüringen für das Jahr 2011 1,135 Mio. € zur Verfügung. Der Großteil der Förderung fließt in die drei genannten großen Bereiche - also die lokalen Aktionspläne, die vorhandenen landesweit tätigen Beratungsangebote und die Präventionsprojekte. Damit haben wir trotz Sparbemühungen in allen öffentlichen Haushalten einen kleinen Aufwuchs erreichen können. Und Sie können daran erkennen, dass dieser Landesregierung das Landesprogramm wichtig ist. Mit unserer Förderung sind wir außerdem in die Spitzengruppe der Förderung im Ländervergleich vorgestoßen. Pro Einwohner wendet lediglich der Stadtstaat Berlin mehr Geld in diesem Bereich auf; gleich danach folgen die Freistaaten Sachsen und Thüringen gleichauf.
Über die im Haushalt explizit für das Landesprogramm eingestellten Mittel hinaus kommen weitere hinzu, die ebenfalls für die Erreichung der Ziele des Landesprogramms eingesetzt werden. In meinem Haus sind es etwa die Mittel für die allgemeine Gewaltprävention und die Mittel in der Jugendförderung. Der Landesjugendförderplan wird derzeit überarbeitet. Ich gehe davon aus, dass die im Landesprogramm verankerten Zielsetzungen auch dort ihren Niederschlag finden. Das Bildungsministerium engagiert sich ebenso wie das Innenministerium oder die Landeszentrale für politische Bildung. Letztlich zieht die gesamte Landesregierung an einem Strang, um Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit in Thüringen zu stärken.
Der Bund und Europa unterstützen die Projekte in Thüringen bislang mit etwa 1,5 Mio. € jährlich. Im Rahmen der neuen Bundesprogramme „Toleranz fördern - Kompetenz stärken“ vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und „Zusammenhalt durch Teilhabe“ vom Bundesinnenministerium ist ein weiteres Engagement des Bundes in ähnlicher Höhe zu erwarten. Sie können sicher sein, dass die Landesregierung alles ihr Mögliche unternimmt, um das finanzielle Engagement des Bundes bei dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabenstellung auch zukünftig aufrechtzuerhalten.
Sehr geehrte Damen und Herren, wer so viel Geld der Steuerzahler in die Hand nimmt, um Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit zu stärken, der ist natürlich auch verpflichtet, sorgsam damit umzugehen. Aber das ist nur ein Aspekt. Der viel wesentlichere Aspekt ist die Bedeutung, die wir dem Programm beimessen. Wir wollen, dass die im Programm formulierten Ziele möglichst rasch, effektiv und mit hoher Qualität in die Tat umgesetzt werden. Deshalb sind im Landesprogramm eine unabhängige Evaluation und wissenschaftliche Begleitung aller Strukturen und Projekte vorgesehen. Jeder, der Geld aus den Töpfen des Landesprogramms bezieht, wird verpflichtet, mit der wissenschaftlichen Begleitung zusammenzuarbeiten und an der Evaluation der Arbeit mitzuwirken. Die Ergebnisse sollen öffentlich diskutiert und zur Optimierung der Maßnahmen eingesetzt werden.
Ein gern kolportiertes Missverständnis möchte ich von Anfang an vermeiden und richtigstellen: Die Evaluation und wissenschaftliche Begleitung wird nicht mit der Absicht der Kürzung von Fördermitteln oder der Sanktionierung von Trägern eingesetzt. Es geht der Landesregierung um Transparenz und Optimierung. Diese Transparenz bei der Evaluation wird übrigens auch für alle anderen Maßnahmen gelten. Jede Förderung aus dem Landesprogramm wird veröffentlicht.
Bei der Förderung von Präventionsprojekten im Freistaat werden wir also Bewährtes fortsetzen und mit neuen innovativen Ideen und Projekten ergänzen. Ein wichtiges Ziel des Landesprogramms ist die Vernetzung und Bündelung der Kräfte. In der Vergangenheit haben wir hin und wieder feststellen müssen, dass einzelne Strukturen oder Projekte nichts oder zu wenig voneinander wussten, obwohl sie mit ähnlichen Zielen und mit ähnlichen Zielgruppen oder am gleichen Ort tätig waren.
Ähnliches gilt auch für die Zusammenarbeit der Behörden und Institutionen. Die Kooperation der Akteure ist verbesserungsbedürftig. Umso wichtiger ist es, die Zusammenarbeit in Zukunft zu verbessern und für einen verbindlichen Erfahrungsaustausch zu sorgen. Dazu sind im Landesprogramm regelmäßige und landesweite regionale Tagungen und
Konferenzen vorgesehen. Diese Konferenzen dienen auch einer kontinuierlichen Weiterentwicklung des Landesprogramms selbst, denn wir verstehen das Landesprogramm nicht als in Stein gemeißelt, sondern als dynamischen Prozess. Dementsprechend sind sowohl alle Ministerien als auch externe Expertinnen und Experten einschließlich der Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerbündnisse kontinuierlich in die Auswertung und Weiterentwicklung eingebunden. Die Verbesserung der politischen Kultur im Freistaat hin zu mehr Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit ist ein Prozess, meine Damen und Herren. Es liegt in der Natur der Sache, dass dies ein unabgeschlossenes Projekt und eine permanente Aufgabe ist. Der Erfolg wird nicht zuletzt davon abhängen, wie die in diesem Landtag vertretenen Parteien und ihre Mitglieder draußen im Land diesen Prozess konstruktiv unterstützen. Ich hoffe, dass wir alle daran gemeinsam arbeiten.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch kurz auf den Prozess der Erarbeitung des Landesprogramms eingehen. Im Koalitionsvertrag war vorgesehen, dass die Erarbeitung in einer Arbeitsgruppe aller relevanten Akteure erfolgen solle. Also haben wir zunächst alle relevanten Akteure zu einer Auftaktsitzung eingeladen. Wenn wir den einen oder anderen Akteur zu Beginn vergessen haben, dann lag das nicht in unserer Absicht. Wir haben dies im weiteren Verlauf der Erarbeitung korrigieren können. Alle relevanten Akteure haben über Richtung, Konzeption, Inhalt des Landesprogramms diskutiert, angeregt von einem Impulsreferat von Dr. Michael Edinger von der Universität Jena. Dr. Edinger ist als Mitverfasser des Thüringen-Monitors bekanntlich ein ausgewiesener Experte und Kenner der Thüringer Situation. Ihm gebührt an dieser Stelle besonderer Dank auch für die Erstellung der aktuellen Bestandsaufnahme zu Gefährdungen der demokratischen Kultur in Thüringen.
Selbstverständlich, meine Damen und Herren, kann eine solche Gruppe von annähernd 60 Personen keinen Text für ein Landesprogramm erarbeiten. In solch einem Rahmen ist es einfach nicht möglich, jede Passage intensiv zu diskutieren, wenn in absehbarer Zeit ein Ergebnis erzielt werden soll. Dies gilt umso mehr, wenn von Anfang an klar ist, dass die Auffassungen sehr weit auseinanderliegen. Dies, meine Damen und Herren, war nie zu übersehen und nie zu überhören. Der eigentliche Text des Landesprogramms wurde daher in einer kleinen Arbeitsgruppe erstellt. Für die konstruktive Mitarbeit in dieser Gruppe danke ich herzlich allen Vertreterinnen und Vertretern der evangelischen und katholischen Kirche, der jüdischen Landesgemeinde, des Deutschen Gewerkschaftsbundes, des Verbandes der Wirtschaft Thüringen, des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen, des Thüringischen Landkreistages und der beteiligten Fachressorts der Thürin
Auch in dieser Gruppe waren regelmäßig über 20 Personen beteiligt. Die Arbeit war nicht leicht, auch hier gab es weit auseinanderliegende Vorstellungen. Aber der gemeinsame Wunsch, ein Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit auf den Weg zu bringen und das möglichst zeitnah, hat die Arbeit des kleinen Arbeitskreises bestimmt. In vielen Diskussionen wurde die Kompromissbereitschaft aller Akteure manchmal auf das Äußerste strapaziert. Es mussten einige grundlegende Entscheidungen getroffen werden. Oft wurde miteinander um einzelne Worte, aber immer das will ich auch sagen - kultiviert gerungen. Ohne die von Toleranz, Einfühlungsvermögen und fachlicher Standfestigkeit bestimmte kluge Moderation von Oberkirchenrat Christhard Wagner wäre das Ergebnis nicht möglich gewesen, da bin ich mir sicher und deswegen danke ich ihm ganz besonders.
Zusammenfassend stelle ich fest, dass die praktizierte Arbeitsweise in der kleinen Arbeitsgruppe dem Titel und dem Auftrag des Landesprogramms folgte. Erforderlich war in jeder Sitzung von allen Teilnehmern die Bereitschaft zu demokratischen Aushandlungsprozessen, die Toleranz gegenüber dem Andersdenkenden und die Offenheit gegenüber anderen Positionen. Solche Prozesse, meine Damen und Herren, kann man nicht anordnen. Man kann sie auch nicht zeitlich erzwingen. Sie brauchen Zeit und ein beachtliches Maß an gegenseitigem Vertrauen. Auf diesem Hintergrund war die Arbeit im kleinen Arbeitskreis sehr konstruktiv. Bei aller Unterschiedlichkeit wurde das Landesprogramm letztlich einmütig verabschiedet.
Die Fortschritte im Landesprogramm sollten in einer Zwischenphase noch einmal in der großen Arbeitsgruppe gespiegelt werden. Bekanntlich verlief dieser Versuch der Information aufgrund unüberbrückbar auseinander liegender Auffassungen einiger Akteure weitgehend ergebnislos. Aufgrund der Erfahrung haben wir es nachfolgend für konstruktiver erachtet, das Arbeitsergebnis der kleinen Arbeitsgruppe in vier Regionalkonferenzen öffentlich zu diskutieren. In einer abschließenden Anhörung konnten alle Mitglieder der großen Arbeitsgruppe ihre Einschätzung zum Programm abgeben, wovon allerdings nur ein Teil Gebrauch machte.
Ich möchte mich bei all denen in der großen Arbeitsgruppe und in den Bürgerbündnissen bedanken, die den gesamten Prozess konstruktiv, aber auch kritisch unterstützt haben. Auf diesem Weg ist z.B. in der Folge der Regionalkonferenzen und der zuvor genannten Anhörung die Forderung nach einer Unterstützung eines neuen Verbotsverfahrens
der Bundesregierung gegen die NPD vor dem Bundesverfassungsgericht, sobald begründete Aussicht auf Erfolg besteht, ebenso aufgenommen worden wie eine stärkere Berücksichtigung der Vertreter der Bürgerbündnisse im Programmbeirat des Landesprogramms.