Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

Und ohne hier aus der Sitzung zu berichten: Die Strafvollzugskommission war damals kurzfristig in der JVA – da haben wir von den Bediensteten etwas anderes gehört; auf das Detail gehe ich hier nicht ein.

Ein zweiter betroffener Bereich in der JVA Gera war die umlaufleitende Transportbehörde, zuständig für den Transport der Gefangenen zwischen den Bundesländern und Thüringen. Für die Bediensteten der umlaufleitenden Transportbehörde ist nun die JVA Suhl-Goldlauter der Arbeitsort. Es stellt sich die Frage, ob am 2. Februar bei der Verkündung der Schließung der JVA Gera alle Konsequenzen bedacht waren. Wohl eher nicht, das kann man wirklich infrage stellen! Und dann, Herr Minister, kann man von Ihnen als Arbeitgeber in Bezug auf den Umgang mit Ihren Bediensteten etwas anderes erwarten.

(Zwischenruf Abg. Kräuter, DIE LINKE: Das ist doch Käse, was Sie da erzählen!)

Warum ist im Vorfeld nicht mit dem Personalrat in Gera gesprochen worden? Im Vorfeld, also vor dem 2. Februar. – Sie haben es in der JVA bekannt gegeben und kurze Zeit später stand es in der Presse. Da erwarte ich eigentlich etwas anderes. Und wenn ich die Verbindung zur Wirtschaft ziehe, wie da geschimpft wird, wenn Arbeitgeber ihre Angestellten entlassen und ein Werk schließen – Sie machen das hier ebenso und reden vorher nicht mal mit dem Personalrat; schließlich haben sich die Bediensteten darauf eingerichtet, bis 2020 dort zu sein, die ganze Familienplanung ist dorthin gelaufen, es geht um Arbeitswege – also den Vorwurf müssen Sie sich hier schon gefallen lassen.

(Beifall AfD)

Wie stellt sich nun die finanzielle Belastung oder Entlastung im Haushaltsentwurf 2018/2019 dar?

Sehr geehrte Damen und Herren, gespannt und voller Erwartungen, was Einsparungen durch die Schließung der JVA Gera angeht, habe ich mir den Haushaltsentwurf des Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz angesehen. Im Einzelplan 05 Kapitel 05 05 für die Justizvollzugsanstalten sind keine ersichtlich. So wurde in dem Bereich mit einer Erhöhung von 5 Millionen Euro gegenüber 2017 geplant – Gesamtausgaben für 2018: über 68 Millionen Euro. Der Freistaat Thüringen steht im Bereich des Strafvollzugs und insbesondere bei der Situation der Beschäftigten in den Justizvollzugsanstalten wie auch bei der Entscheidung über die Zukunft einzelner Standorte vor großen Herausforderungen. Sowohl die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten als auch der Personalkörper selbst müssen für die kommenden Jahre zukunftsfest gemacht werden. Dabei gilt es nicht nur auf die demografische Entwicklung zu reagieren, sondern die Bedingungen so zu gestalten, dass qualifiziertes Personal gewonnen und auch gehalten wird. Da man die gesamte Situation im Thüringer Justizvollzug betrachten muss, haben wir in unserem Antrag gebeten, zur Situation der Beschäftigten in den Justizvollzugsanstalten in Thüringen und den Auswirkungen von möglichen Standortentscheidungen zu berichten, verbunden mit der Aufforderung an die Landesregierung, ein umfassendes Landesentwicklungskonzept zum Justizvollzug mit Perspektive auf das Jahr 2025 vorzulegen. Wir haben den Termin ändern müssen, da unser Antrag zwar immer auf der Tagesordnung stand, aber nicht drangekommen ist. Wir haben ihn verlängert bis vor Ablauf des I. Quartals 2018. Die Koalitionsfraktionen haben das ein bisschen weiter gefasst, da geht es um die erste Hälfte des Jahres 2018, das heißt die Koalitionsfraktionen haben schon festgestellt, dass es kein Konzept gibt, und auch sie warten darauf. Schön zu wissen, dass das bei dem eigenen Ministerium so gehandhabt wird!

Wir beantragen die Überweisung unseres Antrags an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Auch wenn Sie schon gesagt haben, Sie werden unseren Antrag ablehnen, möchte ich Sie doch bitten, die Situation im Einzelnen zu betrachten und den Antrag mit zu beraten. Vielen Dank.

(Beifall CDU, AfD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schulze. Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten liegen nicht vor. Herr Minister Lauinger, Sie wollen das Wort für die Landesregierung. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, gestatten Sie mir einige Vorbemerkungen zu den Fragen, die jetzt aufgetaucht sind. Seit September – das ist richtig; ich hatte für jede Plenarsitzung einen Redeentwurf dabei, und dass der Punkt nicht drangekommen ist, können Sie nicht mir vorwerfen; das hat nicht gereicht.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Schulze, CDU: Das ist doch kein Vorwurf!)

Ich war seit September auf jedes Plenum vorbereitet, um Ihnen die Antworten hier zu geben.

Herr Möller – jetzt ist er nicht mehr da, das ist schade.

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Das ist nicht schade!)

Er hat ja vor nicht allzu langer Zeit die Nachfolge von Herrn Brandner im Justizausschuss angetreten. Vielleicht liegt es auch daran, dass er dort noch nicht so oft war, aber gerade in den letzten beiden Sitzungen war er da. Und dann hier zu sagen, er muss sich aus der Zeitung informieren, das finde ich geradezu hanebüchen. Wir haben in diesem Ausschuss stundenlang jedes Detail zu den Fragen, die er angesprochen hat, berichtet – ich gehe jetzt nicht darauf ein, was passiert ist –, aber stundenlang, bis hin dazu, dass alle Abgeordneten zum Schluss gesagt haben, dass sie jetzt keine Fragen mehr haben. Dann hier im Plenum den Eindruck zu erwecken, dass er von nichts weiß, dass ihm Informationen vorenthalten würden und er sich aus der Zeitung informieren müsse, das spricht dieser Ausschussarbeit wirklich Hohn, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Frau Schulze, auch zu Ihnen noch zwei Worte. Wir haben in diesem Ausschuss auch sehr ausführlich über die zwei Dinge geredet, die Sie angesprochen haben. Ich habe es mir aufgeschrieben: Sie haben von Ausbruch und Drogenringen gesprochen. Sie wissen oder Sie wissen es vielleicht nicht: Wir haben dort stundenlang informiert, das habe ich schon gesagt. Und wenn Sie sich diese Informationen angehört hätten, dann wären Sie vielleicht vorsichtig gewesen bei den Bemerkungen, die Sie an dieser Stelle gemacht haben.

Eine letzte Bemerkung, die ich mir noch aufgeschrieben habe. Man hat ja versucht, den Kausalzusammenhang herzustellen zwischen „Es gibt in Thüringen weniger Gefangene.“ und „Das hängt damit zusammen, dass Staatsanwaltschaft und Ge

(Abg. Schulze)

richte überlastet sind und gar nicht mehr anklagen würden.“ Auch da hilft ein Blick auf die Fakten. In dieser Legislatur hat diese Landesregierung so viele junge Richterinnen und Staatsanwälte eingestellt wie in mehreren Legislaturperioden davor zusammen nicht, um das mal ganz klar und deutlich zu sagen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir sind bei einer Zahl von über 75 eingestellten jungen Richterinnen und Staatsanwälten und diese neu eingestellten Kolleginnen und Kollegen sind zu einem Großteil bei der Staatsanwaltschaft. Die Situation der Staatsanwaltschaften hat sich also in den letzten drei Jahren dramatisch verbessert, was die Personalsituation angeht, sodass ich an dieser Stelle nur sagen kann: Erst mal die Fakten anschauen, bevor man solche Kausalzusammenhänge herstellt.

(Unruhe AfD)

Aber jetzt zu den Anträgen an sich. Richtig ist: Bereits im Jahr 2014 gab es einen Staatsvertrag zum Bau einer gemeinsamen Justizvollzugsanstalt in Sachsen. Diese Entscheidung hatte auch zur Konsequenz, dass damit zwei Haftanstalten in Thüringen geschlossen werden, nämlich die Haftanstalt in Gera und die Haftanstalt in Hohenleuben. Ja, ich habe die Entscheidung zu diesem Staatsvertrag übernommen – Sie haben mich ja eben darauf angesprochen, ob ich etwas fortführe. Ja, das muss ich fortführen. Und es ist auch richtig so, dass eine alte Landesregierung Staatsverträge, die eine Vorgängerregierung geschlossen hat, fortführt. Das ist zwingend erforderlich. Von daher stand fest, dass Gera geschlossen wird. Aufgrund einer Entscheidung der alten Landesregierung stand fest, dass die beiden Standorte Gera und Hohenleuben geschlossen werden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das muss man zunächst mal als Fakt hinnehmen. Jetzt müssen wir natürlich schauen, was zwischen 2014 und 2017 passiert ist, wie die Entwicklung ist. Wir wollen die Entscheidung nicht zurückdrehen, wir haben bloß – darauf haben einige meiner Vorredner hingewiesen –, seit 2006 kontinuierlich sinkende Gefangenenzahlen, und zwar nicht dergestalt, dass sie ein Jahr mal fallen, dann wieder steigen und wieder fallen. Seit zehn Jahren geht es kontinuierlich, wie mit dem Lineal gezogen, nach unten, und zwar von 2.200 auf 1.600.

Und dann haben Sie eine Haftanstalt in Gera, die 143 Haftplätze hat, und wir haben 450 freie Haftplätze in Thüringen. Und Sie haben die Situation, dass wir in dieser Haftanstalt teilweise, in manchen Monaten, ein Verhältnis von Bediensteten und Gefangenen von eins zu eins hatten. Teilweise, in

manchen Monaten, waren nur noch 60/70 Gefangene da – und genauso viele Bedienstete. Wir haben eine Haftanstalt, die in der Innenstadt einer Stadt liegt, indes wir alle wissen, wenn Sie sich das anschauen, da hat es immer Probleme gegeben. Da hat es Probleme mit Lärm gegeben, wir haben die Sichtblendenproblematik an den Fenstern, die Haftanstalt ist alt, es gab immer wieder den Investitionsstau – Herr Helmerich hat darauf hingewiesen – und immer wieder die Forderung, dass das so in Gera nicht weitergehen kann. Dann haben wir die Situation: so viele freie Haftplätze – und teilweise nur noch 70 Gefangene in Gera. Da sage ich, die Entscheidung war richtig, die Schließung um zwei oder drei Jahre vorzuziehen, weil die JVA Gera sowieso geschlossen worden wäre – geschlossen worden wäre aufgrund Ihrer Entscheidung, um das noch mal zu sagen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dann war es eben auch richtig, sie jetzt zu schließen.

Zu dem Vorwurf, wir hätten mit den Bediensteten nicht geredet: Das ärgert mich sehr. Die Bediensteten waren die Allerersten, die es von mir persönlich erfahren haben und nicht von irgendjemandem. Ich bin dorthin gefahren und habe vor allen anderen mit allen Bediensteten geredet über diesen Fakt, dass das die Pläne der Landesregierung sind. Bevor es die Presse erfahren hat, bevor es die Oberbürgermeisterin erfahren hat, bin ich hingefahren und habe mit allen Bediensteten in einer Betriebsversammlung darüber geredet und zuvor auch den Personalrat gesprochen. Ich weiß nicht, wie man sagen kann, da liegt ein Fehler. Da sage ich ganz klar: Wir haben das Maximum dessen gemacht, was man machen kann.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir haben es ja damit nicht bewenden lassen. Wir haben immer gesagt, für uns ist es wichtig, dass wir in dieser Entscheidung auch im Nachgang mit den Bediensteten kommunizieren. Das heißt, wir haben allen immer persönliche Gespräche angeboten – von diesem Angebot haben im Übrigen alle Bediensteten in Gera Gebrauch gemacht –, um genau zu schauen, wo können wir mit diesen Bediensteten individuelle Lösungen finden, die ihren Bedürfnissen entsprechen. Genau so haben wir es getan. Ich kann Ihnen sagen, auf eigenen Wunsch haben sich zwei Bedienstete nach diesen Gesprächen entschieden, sie würden gern in die Jugendstrafanstalt Arnstadt wechseln. Vier Bedienstete haben auf eigenen Wunsch gesagt, sie würden gern nach Tonna wechseln.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das ist da, wo der eine abgehauen ist, oder?)

(Minister Lauinger)

Der Großteil der Bediensteten hat entschieden, sie würden gern nach Hohenleuben wechseln, und diesem Wunsch haben wir entsprochen. 11 Bedienstete haben sich gewünscht, sie möchten aus sozialen Gründen in die Gerichtswachtmeisterei in Gera wechseln. Auch das ist so gekommen, wie es sich die Bediensteten gewünscht haben.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Es ist ein Wunder, dass Sie Minister sind!)

(Zwischenruf Abg. Müller, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jetzt hör doch mal zu, was er sagt!)

Also wir haben mit den Bediensteten geredet, haben ihre Wünsche aufgenommen, haben geschaut, ob sie umsetzbar sind, und sie waren tatsächlich in allen Fällen umsetzbar. Das muss man einfach mal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall DIE LINKE)

(Unruhe CDU)

Ich bitte um etwas mehr Ruhe.

Damit nicht genug: Ich war vor zwei Wochen in Hohenleuben, habe mir angeschaut, wie das Zusammenwachsen dieser beiden Belegschaften funktioniert, habe mit allen gesprochen. Ich zitiere Ihnen mal aus einem Gespräch mit zwei Bediensteten, die zuvor in Gera waren, die mir gesagt haben: Na klar wussten wir, dass es so in Gera nicht weitergehen kann; und unterm Strich, Herr Minister, mit dem Abstand von zwei Monaten, die Sie jetzt da waren, war es die richtige Entscheidung. – Und wenn Ihnen die Bediensteten dann selber sagen: Jetzt haben wir in Hohenleuben eine Situation, in der wir tatsächlich so besetzt sind, dass alle Angebote wieder wahrgenommen werden können, dass wir ein planbares Wochenende haben, dass wir planbare Freizeiten haben – und sie sagen: Ja, jetzt ist der Schlüssel so, dass wir hier sehr gut arbeiten können – und: Im Ergebnis war es die richtige Entscheidung – dann muss ich Ihnen sagen, verstehe ich Ihre Kritik tatsächlich nur zum Teil.

Wir haben die Bedingungen in Hohenleuben auch durch die Sanierung eines Hafthauses wieder verbessert; alle wussten, dass gerade die Arbeitsbedingungen in Hohenleuben – es ist ja das große Plus der JVA Hohenleuben, wenn Sie sie kennen, dass sie zwar eine alte Haftanstalt ist, die aber extrem gute Arbeitsbedingungen für die Gefangenen bietet, im Übrigen ganz im Gegenteil zu Gera. Und auch die Personalsituation: In Hohenleuben sind mehr als 50 neue Bedienstete eingetroffen, aber nur 30 neue Gefangene. Das heißt, unterm Strich

werden Sie – und ich lade Sie ganz herzlich dazu ein, gern auch mit mir zusammen nach Hohenleuben zu fahren; dann schauen wir uns mal an, was aus der Zusammenlegung geworden ist, reden mit den Bediensteten; und dann bin ich gespannt, ob Sie nicht tatsächlich danach ein anderes Bild von der Situation haben.

Was bedeutet die Schließung der JVA Gera für den Justizvollzug in Thüringen insgesamt? Ja, wir verfügen seit dem 21. Oktober inklusive der Jugendarrestanstalt noch über sechs Justizvollzugseinrichtungen. Sobald die JVA Zwickau-Marienthal den aktiven Betrieb aufnimmt – und das ist Ergebnis dieses Staatsvertrags – wird die Justizvollzugsanstalt Hohenleuben geschlossen. Sie alle wissen, dass Bauherr dieser Maßnahme in Sachsen die Landesregierung von Sachsen ist, das ist im Staatsvertrag ganz klar so verabredet. Das heißt, Thüringen hat dort ein Mitspracherecht, was die Gestaltung angeht; wir sitzen auch in allen Ausschüssen, aber Bauherr ist das Land Sachsen. Das heißt, bisher haben wir aus Sachsen die Mitteilung, dass sich der Bau tatsächlich leicht verzögert hat, aber dass ansonsten die Baumaßnahmen dort laufen und dass wir – und das ist Stand des Staatsvertrags – davon ausgehen können, dass die Justizvollzugsanstalt in Zwickau 2020 ihren Betrieb aufnimmt. Und dann haben wir eine Situation, in der nach dem Staatsvertrag auch Hohenleuben geschlossen wird. Das ist die Situation. Bisher haben wir keinerlei Indizien, dass sich an der Gefangenenzahl etwas ändert und dass sich an der Situation, die man dem Staatsvertrag zugrunde gelegt hat, auch tatsächlich etwas ändert.

Herr Minister Lauinger, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Lehmann?

Ja.

Frau Lehmann.