Protokoll der Sitzung vom 21.02.2018

che einige wenige Zentren herausragen, die nicht mehr strukturschwach sind.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn das bei der Verteilung der Gelder, in der Aufstellung dieses Fonds, in der Beschreibung der Kriterien keine Berücksichtigung findet, dann brauchen wir uns nicht zu wundern, dass wir deutliche Einbrüche haben und deutliche Einbrüche über die Einbrüche im EU-Strukturfonds, beim Solidarpakt, den es dann nicht mehr geben wird, die Schuldenbremse zählt, die Einkommensteuer geht zurück, weil wir weniger Bevölkerung haben. Wer das also nicht thematisiert, braucht sich nicht zu wundern, dass es am Ende nicht kommt.

Damit spreche ich den dritten Punkt an: Der dritte Punkt ist nämlich, dass wir Ostdeutschen – und zwar untergehakt, im Verein – sowohl im Bundestag als auch in der Öffentlichkeit ständig unsere Forderungen platzieren müssen.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Sie waren bei den Koalitionsverhandlungen im Urlaub, oder?)

Da nützt es nichts, Herr Prof. Voigt, dass Sie sagen, das steht dort geschrieben. Dann nehme ich das Papier, tue es weg und schweige. Nein, wir müssen ständig auf diese Punkte hinweisen. Es gibt im Koalitionsvertrag andere – übrigens auch sehr kostenträchtige – Forderungen, die von anderen ständig thematisiert werden. Die ostdeutsche Stimme muss laut und vernehmbar auch gerade jetzt deutlich machen: Wir brauchen konkrete Unterstützung im Osten in ganz unterschiedlichen Feldern.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schließlich komme ich zur Frage der Personalia am Kabinettstisch. Meine Damen und Herren, was ich fordere – das fordern übrigens auch der Kollege Mohring und viele andere –, ist nicht die Ergänzung der Personaldebatte. Ausgehend von diesen Forderungen, die ich nur kurz angetippt habe, kommt es jetzt darauf an, dass wir jemanden am Kabinettstisch sitzen haben – Herr Prof. Voigt, da geht es nicht um irgendeinen Staatssekretär oder Abteilungsleiter, sondern da geht es um denjenigen, der am Kabinettstisch sitzt –, der mit starker Stimme aus einem starken Ministerium heraus dafür Sorge trägt, dass diejenigen, die die Forderung erheben, sie auch durchgesetzt bekommen.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Ich werbe bei der SPD für …!)

Danke für den Zwischenruf. Ich bin sehr gespannt, welches Personaltableau Frau Bundeskanzlerin vorlegt. Sie hat sich drängen lassen müssen, noch vor dem CDU-Parteitag dazu Stellung zu nehmen. Ich bin gespannt, ob Frau Wanka eine Fortsetzung

(Minister Tiefensee)

erfährt. Da brauchen Sie gar nicht mit dem Finger auf die SPD zu zeigen. Ich erwarte, dass die CDU/ CSU-Fraktion – übrigens genauso wie die SPDFraktion – dafür Sorge trägt, dass eine Ostdeutsche, ein Ostdeutscher am Kabinettstisch Platz nimmt, meine Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Ja, wir haben die Kanzlerin, jetzt kommen Sie!)

Kanzlerin ist ein ganz anderes Thema und auch die Frage, wie sie sich als Ostdeutsche positioniert.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ja, Herr Mohring geht dort hin, als Heimatminis- ter!)

Es geht darum, dass zwischen den Ressorts mit den unterschiedlichen Interessen, Prof. Voigt, eine Ostdeutsche, ein Ostdeutscher diese Themen auf die Tagesordnung setzt und streitig stellt gegenüber den Ministerinnenkollegen und Ministerkollegen, wenn es nötig ist.

Meine Kollegin Mühlbauer hat schon darauf hingewiesen, dass Prof. Voigt ganz besonders in der Kunst der Wiederholung ist. Die Wiederholung ist die Mutter der Weisheit. Deshalb muss er sich gefallen lassen, dass die Antwort auf die Wiederholung offensichtlich auch die Mutter der Weisheit ist.

Ich will Ihre drei Punkte ansprechen. Der erste Punkt ist: Sie haben gesagt, dass wir im Breitband versagen.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Stimmt doch nicht!)

Ich wiederhole gebetsmühlenartig: Lieber Prof. Voigt, Ihr Minister Dobrindt hat eine Richtlinie auf den Weg gebracht, die als Adressaten des Breitbandausbaus die Kommunen gesehen hat.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Alle anderen Länder haben es auch gemacht, nur Sie nicht!)

Wir haben eine Weile gebraucht, die Kommunen davon zu überzeugen. Wir haben sie überzeugt. Das Interessante ist nur, Prof. Voigt, es kommt nicht darauf an, wer als Erstes den Antrag gestellt hat. Es kommt nicht darauf an, wer als Erstes den Zuschlag erhalten hat, sondern es kommt darauf an, wie die Steigerungsrate ist. Ich bitte Sie, die Zahlen von Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern oder Hessen beim Breitbandausbau mit denen Thüringens zu vergleichen und zum Zweiten die Beschleunigungsrate zu vergleichen. Dann werden Sie feststellen, dass Thüringen nicht die rote Laterne hat, wie Sie es gesagt haben.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Schauen Sie sich den Kyffhäuserkreis mal an!)

Zum zweiten Thema – der steuerlichen Forschungsförderung. Das ist genau das, was ich vorhin gesagt habe: Sie haben den ostdeutschen Ländern und denjenigen, die die Forderungen erheben, einen Bärendienst erwiesen. Wenn Sie nämlich auf der einen Seite sagen: „Die versagen beim Breitband, es nützt gar nichts, dass wir fördern“ – was nicht stimmt –, und zum Zweiten sagen: „Warum führt Thüringen nicht die steuerliche Forschungsförderung ein?“, dann kennen Sie bundesdeutsches Steuerrecht nicht. Im Gegenteil! Sie sollten sich hier hinstellen und sagen: Thüringen ist vorbildlich in der Unterstützung seiner außeruniversitären Forschung, seiner wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen und deren Verknüpfungen mit den Hochschulen und der Industrie. Das Argument ist ein Absurdum.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Das war eine Bundesratsinitiative!)

Ich komme noch einmal auf die Frage der Personalia und wiederhole mich. Es geht mir darum, dass am Kabinettstisch im Ministerrang jemand sitzt. Und lassen Sie bitte das indirekte Bashing von Westdeutschen, die hier arbeiten.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist nicht nur indirekt!)

Oder direkt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das genau können wir fast 30 Jahre nach 1989 nicht gebrauchen. Ich habe Aufbauarbeit von Westdeutschen erlebt. Hervorragend! Und in dieser Beziehung, wo hier wer arbeitet und seinen Dienst tut, braucht man keine Diskussion. Wir brauchen die Diskussion über die Posten am Kabinettstisch. Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da der Minister länger geredet hat, stehen jetzt allen Fraktionen noch mal 2 Minuten Redezeit zu. Ich sehe nicht, dass das jemand in Anspruch nehmen will. Damit schließe ich diesen Teil der Aktuellen Stunde und rufe auf den ersten Teil

a) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Unterrichtsausfall an Thüringer Schulen begegnen – Abwandern junger Lehrer in andere Bundesländer stoppen“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/5321

(Minister Tiefensee)

Als erster Redner hat sich Abgeordneter Tischner, Fraktion der CDU, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Zuschauer am Livestream! Ich möchte mit zwei guten Nachrichten beginnen. Noch nie in der Geschichte des Freistaats Thüringen seit 1990 hatten wir steigende Schülerzahlen. Noch immer ist Thüringen ein Musterland in der Qualität der Schulbildung in unserer Bundesrepublik. Aber Realität ist eben auch, noch nie war der Unterrichtsausfall in unserem Land so groß wie heute. Noch nie – abgesehen vom Jahr 1998 – sind so viele Lehrer innerhalb eines Jahres in den Ruhestand gegangen wie in diesem Jahr. Noch nie war der Spitzenplatz des Thüringer Bildungssystems so bedroht wie unter der Regierung Ramelow.

Meine Damen und Herren, mit dem Start des zweiten Schulhalbjahres verschärfen sich der Lehrermangel und der Unterrichtsausfall an den Thüringer Schulen weiter. Sie verkünden mit vielem medialen Tamtam: Jeder ausscheidende Lehrer wird durch einen neuen ersetzt. Das führt dazu, dass Sie jetzt 177 Lehrerstellen neu besetzen wollen. In Wirklichkeit aber bauen Sie weiter Stellen ab. Wir haben das in einer Kleinen Anfrage nachgefragt. Es kam heraus, dass zum Halbjahr 235 Kollegen aus dem aktiven Dienst ausgeschieden sind, 54 aus der Ruhephase. Dem stehen 177 Einstellungen gegenüber. Das heißt, Sie haben innerhalb eines halben Jahres 111 Lehrer abgebaut bzw. 74 Stellen. 74 Stellen abgebaut zum Halbjahr plus 322 Stellen im letzten Jahr, das sind fast 400 Stellen innerhalb von anderthalb Jahren weniger, die zur Verfügung stehen, und das angesichts von steigenden Schülerzahlen. Ihre Ankündigungen, Herr Minister Holter, haben in der Realität also keinen Bestand. Sie verspielen mit Ihrer symbolischen Politik den letzten Funken Glaubwürdigkeit in die Thüringer Bildungspolitik.

Ein Zweites, was wir Ihnen nicht durchgehen lassen, bezieht sich auf das, was im letzten Jahr das Bildungsministerium veröffentlicht hat. Letztes Jahr im Februar hat das Bildungsministerium diese Grafik veröffentlicht. Darauf steht: 237 neue Lehrerinnen und Lehrer im Thüringer Schuldienst unbefristet im Februar 2017 eingestellt. Ich frage Sie, Herr Minister Holter: Warum haben Sie so eine Grafik dieses Jahr nicht veröffentlicht? Vielleicht, weil dann deutlich geworden wäre, dass Sie in 2018 60 Stellen weniger besetzen als im Jahr 2017.

(Beifall CDU)

Sie stellen massiv weniger Lehrer ein, als in den Ruhestand gehen. Sie stellen deutlich weniger Lehrer ein als im Februar 2017. Gleichzeitig erlaubt sich die Regierung Ramelow, fast 50 Prozent der Lehramtsanwärter, die hier im Freistaat ausgebildet

wurden, den Laufpass zu geben. Wenn Referendare den letzten Tag ihrer Ausbildung nicht mit Freude begehen am Studienseminar, sondern als Trauerfeier zelebrieren, dann, denke ich, sollte dies auch dem letzten Symbolpolitiker von Rot-Rot-Grün zu denken geben.

Meine Damen und Herren, wir erwarten von der Landesregierung ein Einstellungsverfahren, das es ermöglicht, die besten Lehrer in Thüringen zu halten, hier zu gewinnen. Das gelingt nicht, indem man sie über Monate hinweg im Unklaren über ihre berufliche Perspektive lässt. Die CDU-Fraktion hat bereits im vergangenen Jahr einen Antrag zum Thema „Situation der Thüringer Lehramtsanwärter verbessern“ eingebracht. Leider wurden alle von uns vorgeschlagenen Maßnahmen von Rot-Rot-Grün abgelehnt. Glücklicherweise hat jetzt Herr Minister Holter erkannt, dass manche Vorschläge doch nicht so schlecht waren, und macht sich diese zu eigen. Das begrüßen wir, allerdings ist das ein Jahr zu spät. Eine zentrale Forderung bleibt weiter die Zulassung von Bewerbungen mit Zwischenzeugnissen, so wie es in anderen Bundesländern praktiziert wird. Und mit Blick auf das Hochschulministerium – der Hochschulminister ist leider jetzt auch schon wieder weg, der ja zuständig ist für die Lehrerbildung – frage ich mich, ob Herr Tiefensee den Warnschuss des Bildungsministers eigentlich auch verstanden hat. Denn die Ankündigung, dass der Schulminister nun höchstselbst in die Studienberatung an den Universitäten eingreifen will, ist schon bemerkenswert. Deutlicher kann ein Minister seinem Amtskollegen Untätigkeit nicht anheften.

Meine Damen und Herren, gestern – und sicherlich auch jetzt gleich wieder in den nächsten Minuten – konnten wir wieder einmal mehr Ankündigungen über Ankündigungen nachlesen: unterjährige Einstellungen, schnellere Einstellungsverfahren, materielle Anreize für Mangelfächer. Diesbezüglich, Herr Minister Holter, nur drei Fragen, die die Öffentlichkeit brennend interessieren.

Erste Frage: Wie viele Stellen haben Sie aktuell den Schulämtern zur unterjährigen Einstellung zugewiesen, abgesehen von den 13, die derzeit nicht besetzt worden sind?

Zweite Frage: Wann erhalten Schulen eine Information, ob sie eine Stelle, die bis zum August frei wird, schulscharf ausschreiben können?

Und die dritte Frage, die an uns herangetragen wurde: Wann können die ersten Referendare, die im Sommer fertig werden, mit einer Zusage für eine Stelle in Thüringen rechnen?

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Wir bleiben dabei, das Einstellungsverfahren in Thüringen gleicht derzeit einer Lotterie. Sie haben keinen Überblick über die kommenden Ru

(Vizepräsidentin Jung)

hestandswellen und Sie haben kein Konzept, welche Stelle wie, wo und wann besetzt werden soll. Ihre Personalpolitik ist eine Enttäuschung für alle Betroffenen und eine Bankrotterklärung der gesamten Regierung Ramelow.