Protokoll der Sitzung vom 21.03.2018

nalen Debatte immer wieder sachlich Stellung zu nehmen. Ich gebe zu, nach dieser Aussprache und auch nach dem Wortlaut des Antrags fällt es mir als evangelischer Christ schwer, die gebotene Sachlichkeit zu wahren. Ich werde mich aber darum bemühen.

Mit dem vorliegenden Antrag wird die Landesregierung um Berichterstattung dazu gebeten, welche – auch formlosen – Vereinbarungen, Verabredungen oder Zusagen zwischen dem Freistaat Thüringen und Religionsgemeinschaften im Zusammenhang mit der Durchsuchung und dem Betreten von Räumlichkeiten anlässlich von Ermittlungsverfahren oder zur Gefahrenabwehr existieren und was genau deren Inhalt ist. Zu diesem schon sprachlich etwas unglücklich gefassten Antrag kann ich mitteilen, dass im TMMJV ein Fall einer entsprechenden Verständigung bekannt ist.

Sie wurde auf Bitte der Präsidentin des Landeskirchenamts der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland mit dem damaligen Justizminister im Jahr 2012 geschlossen. Diese Verständigung hat folgenden Inhalt: Bei Ermittlungsmaßnahmen, von denen ein Pfarrer betroffen ist, werde kurzfristig der zuständige Personaldezernent im Landeskirchenamt unterrichtet. Diese Unterrichtung solle möglichst frühzeitig – und jetzt bitte ich um Aufmerksamkeit –, jedoch nicht vor Beginn der Ermittlungsmaßnahme stattfinden. Klargestellt wurde weiterhin, dass über die Frage, ob und wann die Staatsanwaltschaft das Landeskirchenamt über substanziierte Vorwürfe gegen Pfarrer bzw. über konkrete Ermittlungsmaßnahmen bereits während des Ermittlungsverfahrens unterrichten werden, nur jeweils im Einzelfall entschieden werden kann. Entscheidend hierbei ist immer, dass die strafrechtlichen Ermittlungen nicht gefährdet werden. Eine Unterrichtung des Landeskirchenamts werde daher erst dann in Betracht kommen, wenn die Beweismittel gesichert seien bzw. die Ermittlungsmaßnahmen, wie zum Beispiel eine Durchsuchung, bereits angefangen hätten. Schließlich wurde seitens des Thüringer Justizministeriums erklärt, dass gegen die Anwesenheit eines Personaldezernenten oder eines anderen Vertreters des Landeskirchenamts bei Durchsuchungsmaßnahmen keine grundsätzlichen Einwände bestünden. Es müsse hierbei aber gesichert sein, dass der Inhaber des Hausrechts des durchsuchten Objekts mit der Anwesenheit einer dritten Person einverstanden sei. Soweit zum Inhalt.

Der Präsidentin des Landeskirchenamts wurde damals zugesagt, die vorgenannten Grundsätze in der nächsten Dienstbesprechung mit dem Generalstaatsanwalt und den Leitenden Oberstaatsanwälten vorzustellen und um entsprechende Sensibilisierung der Staatsanwälte zu bitten, die derartige Ermittlungsmaßnahmen anordnen oder durchführen. Diese Zusage wurde eingehalten, das Thema

(Abg. Herrgott)

war Gegenstand der Tagung der Leitenden Oberstaatsanwältinnen und Leitenden Oberstaatsanwälte mit dem Generalstaatsanwalt und Vertretern des Thüringer Justizministeriums, die am 18. und 19. November 2013 in Erfurt stattfand. Mit Ministerschreiben vom 7. Januar 2014 wurde der Präsidentin des Landeskirchenamts mitgeteilt, dass die Angelegenheit nochmals aufgegriffen und erörtert worden sei. Es sei daher gewährleistet, dass die Staatsanwaltschaften bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben die berechtigten Interessen der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland entsprechend den eben genannten Grundsätzen berücksichtigen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir noch ein paar Ausführungen zu dem rechtlichen Rahmen, in dem sich diese Vereinbarung bewegt. Ich denke, Ausführungen in rechtlicher Hinsicht sind schon deswegen veranlasst, weil in dem Antrag davon die Rede ist, dass der Rechtsstaat ausgehöhlt werde, dass rechtsfreie Räume entstünden und dass es rechtsstaatswidrige Privilegierungen gebe. Ich denke, es bedarf keiner weiteren Erläuterung, dass ich solchen Unterstellungen vehement entgegentrete. Ich denke auch, man sollte bei solchen Anträgen berücksichtigen, welchen Vorwurf man da impliziert, nämlich dass sich Thüringer Richter und Staatsanwälte, die einen Eid auf die Verfassung geschworen haben, rechtsstaatswidrig verhalten würden.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Starker Tobak wäre das!)

Die geschilderten Verständigungen geben die geltende Rechtslage wieder und greifen nicht in Grundrechte ein. Sie sind vielmehr vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich verankerten und strafverfahrensrechtlich ausgestalteten Schutzes Geistlicher als Berufsgeheimnisträger zu sehen. Der Schutz des seelsorgerischen Gesprächs mit einem Geistlichen ist Ausfluss des Schutzes der Menschenwürde. Geistliche sind berechtigt, über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekannt geworden ist, das Zeugnis zu verweigern. Sie genießen in diesem Umfang zudem Beschlagnahmeschutz. Auch andere Ermittlungsmaßnahmen sind grundsätzlich unzulässig, wenn sie sich gegen einen nicht selbst beschuldigten oder sonst in bestimmter Weise in die Taten anderer verstrickten Geistlichen richten und voraussichtlich Erkenntnisse erbringen würden, über die der Geistliche das Zeugnis verweigern dürfte. So weit zum strafprozessualen und zum verfassungsrechtlichen Rahmen.

Auch unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes ergeben sich gegen die Vereinbarung keine Bedenken. Die Übermittlung personenbezogener Daten des Beschuldigten kann sich auf §§ 12, 14 Abs. 1 Nummer 4 und 5 des Einführungsgesetzes zum

Gerichtsverfassungsgesetz stützen. Danach ist die Übermittlung unter anderem dann zulässig, wenn die Kenntnis der Daten aus Sicht der übermittelnden Stelle für dienstrechtliche Maßnahmen oder Maßnahmen der Aufsicht, falls der Betroffene Geistlicher oder Beamter einer Kirche ist, für die Entscheidung über eine Kündigung oder eine andere arbeitsrechtliche Maßnahme oder für eine Entscheidung über eine Amtsenthebung erforderlich ist und die Daten auf eine Verletzung von Pflichten schließen lassen, die bei der Ausübung des Berufs oder der Wahrnehmung der Aufgaben aus dem Amtsverhältnis zu beachten sind, oder in anderer Weise geeignet sind, Zweifel an der eigenen Zuverlässigkeit oder Befähigung hervorzurufen.

Was schließlich das grundsätzliche Einverständnis mit der Anwesenheit eines Personaldezernenten angeht, gestattet die Strafprozessordnung in § 106 Abs. 1 dem Inhaber der zu durchsuchenden Räume oder Gegenstände, bei der Durchsuchung anwesend zu sein. Der Inhaber kann einen anderen mit der Wahrnehmung dieses Rechts beauftragen. Folgerichtig hat die Vereinbarung das grundsätzliche Einverständnis mit der Anwesenheit des Personaldezernenten unter dem Vorbehalt des Einverständnisses des Wohnungsinhabers gestellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass es keine Vereinbarung mit Religionsgemeinschaften gibt, die außerhalb von Recht und Gesetz steht.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Antrag auf Aufhebung einer derartigen Vereinbarung geht deswegen ins Leere. Vielen Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit schließe ich jetzt die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung über den Antrag. Eine Ausschussüberweisung ist in der Debatte nicht beantragt worden. Nein. Doch, Herr Möller?

Nein, aber ich beantrage die namentliche Abstimmung.

Gut, dann stimmen wir namentlich über den Antrag der AfD-Fraktion ab und ich bitte, die Stimmkarten einzusammeln.

Hatte jetzt jeder die Gelegenheit zur Stimmabgabe? Ich sehe keinen Kollegen mehr rennen, offensichtlich scheint das der Fall zu sein. Ich schließe damit

(Staatssekretär von Ammon)

den Abstimmungsvorgang und bitte um Auszählung.

Wir haben ein Ergebnis. Es wurden 76 Stimmen abgegeben, davon 8 Jastimmen, 68 Neinstimmen, keine Enthaltungen (namentliche Abstimmung sie- he Anlage 2). Damit ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt.

(Beifall DIE LINKE)

Ich schließe damit diesen Tagesordnungspunkt und auch die heutige Sitzung. Ich darf Sie daran erin

nern: Morgen werden wir mit Tagesordnungspunkt 4 die Sitzung gegen 9.00 Uhr eröffnen. Herzlichen Dank. Einen schönen Heimweg, bis morgen.

Ende: 18.11 Uhr