Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Verwaltungs- kosten müssen Sie noch abziehen, Herr Fiedler!)

Fakt ist, dass verlässliche Zahlen bislang gar nicht vorliegen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Doch, vom Landesamt für Statistik!)

Ach, Kuschel.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Herr Kuschel oder lieber Frank, bitte!)

Ich komme am Schluss auf den Herrn Kuschel noch zu sprechen. Aber vielleicht können Sie von der AfD uns ja noch aufklären, wie Sie auf diese Summe gekommen sind. Das kann sie ja vielleicht noch vortragen. Tatsache ist, dass in Unkenntnis der exakten Höhe der durch das Land zu kompensierenden Straßenausbaukosten ein solches Vorhaben nicht zu realisieren ist. Im Zusammenhang mit dem bislang noch völlig unklaren Kosten für das Land steht auch die von der AfD vorgeschlagene Kostenerstattung für die Kommunen. So heißt es in dem Gesetzentwurf lapidar: „Die den Gemeinden zustehenden Kompensationsmittel werden ihnen über den kommunalen Finanzausgleich zugeführt.“ Das klingt erst mal gut. Dieser Vorschlag ist aus unserer Sicht nicht tragbar, da dann die Gefahr besteht, dass die Mittel dann in den Verwaltungshaushalten der Kommunen verbraucht bzw. nicht zweckgerichtet eingesetzt werden. Hier gäbe es weitaus geeignetere Ansätze, die ich Ihnen natürlich aber noch nicht präsentieren werde.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Weil Sie es nicht können. Weil Sie keine haben!)

Ach, Möller. Na, ich hatte immer gedacht – waren Sie nicht Jurist? Herr Kollege, waren Sie nicht Jurist? Also, ich habe noch nichts davon gemerkt.

Überdies bringt der Gesetzentwurf aufgrund des getroffenen Stichtags Probleme mit sich, die bei den Bürgern nur zu weiteren Ungerechtigkeiten führen würden. Fakt ist, dass gerechte und ausgewogene Lösungsansätze jedenfalls anders aussehen. Meine Fraktion verwehrt sich daher haltlosen Versprechen und Zusagen und damit letztlich auch diesem Gesetzentwurf.

Meine Damen und Herren, bevor Herr Kuschel hier zu diesem Thema dann verkündet, die von Rot-RotGrün vor etwa einem Jahr geschaffene Regelung sei das Maß der Dinge, will ich dazu noch ein paar Sätze verlieren. Das von Rot-Rot-Grün vorgelegte Änderungsgesetz zum KAG fiel in der ersten Anhörung komplett durch und wurde zum Teil gar als verfassungswidrig eingestuft. Aber selbst das eilig

geänderte und letztlich im Mai 2017 verabschiedete Gesetz ist aus Sicht des Gemeinde- und Städtebundes rechtswidrig und steht ausweislich der heutigen Presseerklärung des Gemeinde- und Städtebundes aller Voraussicht unmittelbar vor einer gerichtlichen Überprüfung.

Meine Damen und Herren, ich will Ihnen diese Pressemitteilung vom 25. April nicht vorenthalten. Wer sie noch nicht gehört und gesehen hat, Herr Präsident, ich zitiere: „Gemeinde- und Städtebund Thüringen distanziert sich deutlich von Äußerungen des Abgeordneten Kuschel zu Straßenausbaubeiträgen“.

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Können sie doch machen!)

Ja, Frau Hennig-Wellsow, Sie können ja ruhig zu Ihrem Genossen Kuschel stehen, bloß wenn das am Ende nicht geht, hilft es niemandem, auch Ihnen nicht.

„Den Printmedien vom heutigen Tage ist zu entnehmen, dass sich der Landtagsabgeordnete Kuschel (DIE LINKE) zu einem Gesetzentwurf zum Thema ‚Abschaffung der Straßenausbaubeiträge‘ geäußert hat. Dabei wird der Abgeordnete Kuschel mit folgenden Kernaussagen wiedergegeben:

1. DIE LINKE und ihre beiden Koalitionspartner haben sich erst vor acht Monaten mit Zustimmung der Kommunen auf ein Modell geeinigt, das es in das Ermessen der Kommunen legt, Straßenausbaubeiträge zu erheben.

2. Die Kommune könne auf das Erheben von Straßenausbaubeiträgen verzichten, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt würden, nämlich dass die Kommune drei Jahre keine Bedarfszuweisungen erhalten habe und zudem müsse sie über einen beschlossenen Haushalt verfügen. Dies gelte“ – und jetzt höre man, man höre! – „für 90 Prozent der Thüringer Gemeinden.

3. Es gelte bei allem der Koalitionsgrundsatz: ‚Wir beschließen nichts gegen den Willen der Kommunen.“ Das sagt Kuschel. „Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen stellt fest, dass alle drei Kernaussagen nicht zutreffend sind und hält es für inakzeptabel, auf diese Art und Weise in einer für die Bürgerinnen und Bürger ausgesprochen wichtigen und auch emotionsbehafteten Thematik Politik zu machen.

Wir stellen fest, dass der Gemeinde- und Städtebund Thüringen in seiner Stellungnahme vom 26. April 2017 und in der mündlichen Anhörung am 27. April 2017 sehr deutlich gemacht hat, dass auf kommunaler Seite die beschlossene Neuregelung nicht mitgetragen werden kann. Eine Zustimmung der Kommunen in Thüringen zu diesem Gesetz liegt nicht nur nicht vor, sondern – und das weiß“, nehme ich mal an, „Herr Abgeordneter Kuschel

auch – es wird sogar in Erwägung gezogen, die neuen Regelungen zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen gerichtlich überprüfen zu lassen. Die Entscheidung hierzu soll Anfang Mai in einer Landesausschussklausur in Gera getroffen werden. Hierzu hatte der Gemeinde- und Städtebund Thüringen unter dem 21. März 2018 eine Pressemitteilung verfasst, die auch heute noch vollständig Gültigkeit entfaltet […].“ Die lese ich Ihnen nicht noch vor, aber das war mir einfach zu wichtig.

(Beifall CDU)

„Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat versucht, über das zuständige Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales verbindlich zu erfragen, in wie vielen Fällen in den Gemeinden die Voraussetzungen dafür vorliegen, auf Straßenausbaubeiträge ab dem Jahr 2019 verzichten zu können. Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat uns wiederholt bestätigt, dass diese Zahlen nicht erfasst würden. Die von Herrn Kuschel genannte Prozentzahl von 90 % ist daher nicht belegt und aus Sicht unseres Verbandes einfach aus dem Ärmel geschüttelt;“ so kennen wir ja Herrn Kuschel – das war jetzt von mir, „der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hält es für absolut unrealistisch, dass in Thüringen über 750 Gemeinden diese Voraussetzungen erfüllen und fordert den Abgeordneten Kuschel in diesem Zusammenhang auf, Belege für seine wiederholt getroffenen Aussagen zu liefern.

Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat bisher darüber hinaus nicht bemerkt, dass der Koalitionsgrundsatz:“ – hören Sie zu, die Koalitionäre – „,Wir beschließen nichts gegen den Willen der Kommunen.‘ besteht. Sowohl im Bereich der Straßenausbaubeiträge als auch beim Kommunalen Finanzausgleich ist dieser Grundsatz jedenfalls nicht beachtet worden. Wir würden es sehr begrüßen, wenn die Verantwortungsträger in der Koalition uns diesen Grundsatz bestätigen könnten, müssen aber nach derzeitigem Sachstand davon ausgehen, dass es sich hier um eine einzelne, nicht abgestimmte und nicht den Tatsachen entsprechende Auffassung eines einzelnen Abgeordneten handelt.“

Meine Damen und Herren, ich habe das deswegen vorgelesen, damit man noch mal weiß, was der zuständige Verband uns dazu entsprechend sagt. Wir sind ja auch ständig mit dem Gemeinde- und Städtebund in Kontakt und reden natürlich darüber, weil das ein Thema ist, das es schon so lange gibt, wie es Beiträge gibt. Das ist nichts Neues, ob die verschiedenen Koalitionen – Große Koalition und alles, was es so gab, mit SPD und so weiter, das ist ein ewiges Thema. Deswegen, meine Damen und Herren, ist es für uns wirklich wichtig.

Ich will noch mal darauf verweisen: Das Innenministerium hat erst Anfang dieses Jahres die sogenannten Anwendungshinweise für den Bereich des

Straßenausbaubeitragsrechts neu gefasst und im „Thüringer Staatsanzeiger“, Ausgabe 7/2018, veröffentlicht. Dort heißt es unter Punkt 1.1.1: „Für die Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung von Ortsstraßen […] und beschränkt öffentlichen Wegen ist die Beitragserhebung durch die bindende Sollvorschrift in § 7 Abs. 1 Satz 3 [Thüringer Kommunalabgabengesetz] zwingend“. Herr Minister, das ist Ihres – nur wenn Sie mir nebenbei noch ein Ohr leihen könnten. Bereits am 21.03.2018 hatte der Gemeinde- und Städtebund in einer Presseerklärung noch mal umfangreich auf die Probleme hingewiesen.

Meine Damen und Herren, das wird dort keine Verbesserungen bringen und auch Rot-Rot-Grün hat nicht den Stein der Weisen in Form von Ausbaubeiträgen geschaffen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist eine deutliche Verbesse- rung! Wohl!)

Ach die Grünen, die überall abgeschmiert sind – aber hier wollen sie uns immer noch erzählen, wie wichtig sie sind. Arbeiten Sie erst mal dran, dass Sie noch da und dort einen Gemeinderat oder einen Bürgermeister kriegen, Herr Kollege Adams.

Deswegen noch mal, meine Damen und Herren, ich und meine Fraktion sagen mitnichten, es ist alles wunderbar und wunderschön. Das kann wohl keiner hier im Hause sagen, außer vielleicht der AfD, die meint, mit zwei Seiten ist alles geregelt. So einfach ist die Welt nicht. Obwohl Bayern jetzt neue Wege gehen will, Hessen neue Wege gehen will und viele in Bewegung sind, muss man trotzdem zuerst die Rechtsprechung sehen, man muss sehen, was passiert eigentlich in dem Land. Der Gemeinde- und Städtebund fragt ja nicht zu Unrecht, was passiert eigentlich, wenn die eine Kommune das bisher so gemacht hat, jetzt sind sie fusioniert, jetzt kommen die nächsten. Da gibt es teilweise ein Verwirrspiel, da geht es bis zu 20 Jahre zurück – wir haben das schon mehrfach hier diskutiert. Deswegen ist es nicht so einfach.

Wir wehren uns auch dagegen, Herr Kuschel,

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ganz wichtig! Wenn es mich nicht gäbe!)

dass die Linke das einfach hier so auf den Tisch legt, dass man hier den Buhmann bei der Kommune sucht und dass man den Buhmann nach unten schiebt. Wo Sie herhaben, dass 90 Prozent der Kommunen in Thüringen das leisten können, das müssen Sie mir mal erklären.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ma- che ich gleich, Herr Fiedler!)

Bisher habe ich nur gehört, wir brauchen eine Gebietsreform, weil die alle usw. – ich habe nur andere Dinge gehört. Jetzt auf einmal stellen Sie sich hier hin und sagen, die Kommunen können das 90 Prozent erfüllen. Also, es liegt doch nicht an Rot-Rot-Grün, es liegt an den Kommunen da unten und dann kommt in Klammern der Bürgermeister, in Klammern der Gemeinde- und der Stadtrat. Sie haben es ja erst vor gar nicht all zu langer Zeit erleichtert, dass die Bürgermeister besser abgewählt werden können. Was denken Sie, was draußen losgeht? Wir haben das jetzt schon: Im Dorf X passiert das eine und im Dorf Y 5 Kilometer weiter passiert genau das Gegenteil. Sie legen es darauf an, dass man mit solchen Äußerungen, die Sie in der Presse tun, den Leuten suggerieren, was wollt ihr denn, es liegt doch nur an den Kommunen vor Ort, die können doch gefälligst entscheiden, dass sie jetzt die Beiträge nicht mehr ziehen. Dann müssten die Koalitionäre den Kommunen erst mal richtiges Geld geben, was sie nicht haben. Sie stehen mit dem Rücken an der Wand und haben nichts.

(Beifall CDU)

Dann noch zu suggerieren – das ist böswillig, Herr Kuschel –, dass doch 90 Prozent der Kommunen dazu in der Lage wären, ist noch schlimmer als der Gesetzentwurf der AfD, weil das die Leute draußen noch total wuschig macht, weil die dann hingehen und …

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Müller, DIE LINKE: Es gibt Kommunen, die bauen gleich zwei Brunnen!)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Du musst mal ruhiger machen!)

Ich mache überhaupt nicht ruhiger, weil mich das empört, wie Sie hier mit dem Bürger umgehen. Die AfD rennt vorneweg und verspricht alles und Kuschel wusste schon immer, wie alles besser geht. Das ist doch wohl die Krönung, die ich hier seit Langem erlebt habe.

(Beifall CDU)

Der normale Bürger draußen, der gutwillige normale Bürger, sagt: Was ist denn nun wahr? Die AfD verspricht, das können wir alles abschaffen, das sind die Besten und die Schönsten.

(Beifall AfD)

Die Linke sagt, wir haben doch ein Gesetz gemacht, nur die böswilligen Kommunen setzen es nicht um. Das ist unseriös, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

Deswegen sage ich Ihnen ganz klar: Meine Fraktion wird sich weiterhin intensiv mit der gesamten Materie beschäftigen.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Kommt da auch mal ein Vorschlag?)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und dann?)

Ach, ihr könnt es gar nicht abwarten? Wir wollen erst mal Fakten und Zahlen haben. Wenn der Innenminister das nicht liefert, werden wir ihn mit Kleinen Anfragen und Ähnlichem bombardieren, dass wir endlich mal Zahlen und Fakten bekommen. Nicht dass der Kuschel solchen Mist erzählt in diesem Thüringer Landtag und das unwidersprochen bleibt.