Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

Also ist feststellbar, dass die absolute Zahl der Organspenden über die Jahre tatsächlich auch schwankt. Aber, da will ich nicht widersprechen, bundesweit haben wir einen sinkenden Trend und es handelt sich mitnichten um ein Thüringer Problem. Ich zitiere aus dem Beschlussvorschlag aller Länder, der vor wenigen Stunden zur 91. Gesundheitsministerkonferenz in Düsseldorf einstimmig abgestimmt wurde – ich darf zitieren –: Die für Gesundheit zuständigen Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder beobachten mit großer Sorge den deutschlandweiten starken Rückgang der Organspenden.

Mitnichten war die Landesregierung untätig. Wie im Thüringer Landtag 2017 beschlossen, wurde neben den vielfältigen anderen Maßnahmen, die seitens der Landesregierung seit Jahren geleistet werden – ich verweise hierzu auf die umfangreiche Berichterstattung im Thüringer Landtag in den letzten Jahren –, auch das Thüringer Bündnis Organspende gegründet. Wie im Landtagsbeschluss vorgesehen, wurden Vertreterinnen und Vertreter der Ärzteschaft und der Deutschen Stiftung Organtransplan

(Abg. Zippel)

tation sowie weitere Akteurinnen und Akteure, die am Organspendeprozess beteiligt sind, aber auch Vertreterinnen und Vertreter der Krankenkassen, der Kirchen und der Patientenverbände eingeladen, am Bündnis mitzuwirken, um die Bereitschaft der Bevölkerung zur Organspende weiterzuentwickeln und den am Organspendeprozess Beteiligten die Möglichkeit zur Vernetzung und Weiterentwicklung ihrer Arbeit zu geben. Das Bündnis hat seine Arbeit in zwei Arbeitsgruppen aufgenommen. Eine Arbeitsgruppe befasst sich mit dem Themenkomplex „Information und Aufklärung“, die andere Arbeitsgruppe tagt zur Situation in den Entnahmekrankenhäusern. Zu den Ergebnissen wird die Landesregierung zu gegebener Zeit berichten.

Lassen Sie mich nun kurz auf den Gesetzentwurf eingehen. Gemäß Artikel 74 Abs. 1 Nr. 26 Grundgesetz erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung unter anderem auf Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen. Hiervon hat der Bundesgesetzgeber Gebrauch gemacht und das Gesetz über das Transplantationswesen erlassen. Das Transplantationsgesetz ermächtigt die Länder, lediglich folgende Bestimmungen zu treffen: Erstens die Bestimmung der zuständigen Stellen zur Aufklärung und Information – § 2 des Gesetzes. Zweitens die Bildung der Lebendspendekommission gemäß § 8 Abs. 3 des Gesetzes sowie drittens die Freistellung, Unterstellung und Qualifikation des Transplantationsbeauftragten in Entnahmekrankenhäusern gemäß § 9 b Abs. 3 des Gesetzes.

In § 2 des Gesetzentwurfs der CDU-Fraktion ist vorgesehen, die zuständigen Stellen für die Aufklärung zu benennen. Die §§ 3 bis 5 des Entwurfs übernehmen die Regelungen für die Lebendspendekommission aus dem Thüringer Heilberufegesetz und die §§ 6 bis 10 beinhalten Regelungen zum Transplantationsbeauftragten, zu dem es nach § 22 Thüringer Krankenhausgesetz eine Verordnungsermächtigung für das für das Krankenhaus zuständige Ministerium gibt. Zu den im Gesetzentwurf der CDU vorgelegten Regelungen bestehen sowohl fachliche als auch rechtliche Bedenken.

Zu erstens, die Bestimmung der zuständigen Stellen zur Aufklärung und Information nach § 2 Transplantationsgesetz: Eine gesonderte Regelung der Zuständigkeit zur Aufklärung und Information gemäß § 2 Transplantationsgesetz wurde in Thüringen seit Erlass des Transplantationsgesetzes auch in den vielen Jahren der damaligen CDU-Landesregierung nicht für notwendig erachtet. Das für Gesundheitswesen zuständige Ministerium koordiniert seit jeher aufgrund der besonderen Bedeutung sämtliche Aufklärungsarbeit und Information der Bevölkerung und der Ärzteschaft mit der Deutschen Stiftung für Organtransplantation – Region Ost, der Landesärztekammer und der Landeskrankenhausgesellschaft sowie der Bundeszentrale für gesund

heitliche Aufklärung. Als Ausdruck der hohen Bedeutung wurde folgerichtig auch die Federführung für das Thüringer Bündnis für Organspende, welches alle Akteure im Bereich Organspende vernetzt, in der zuständigen Fachabteilung angesiedelt. Im Übrigen ist das Thüringer Aktionsbündnis Organspende eine Plattform zur Verbesserung der Zusammenarbeit. Es kann schon aus formalen Gründen keine zuständige Stelle im Sinne des § 2 Transplantationsgesetz sein, wie in Ihrem Gesetzentwurf vorgesehen.

Zu zweitens, Bildung der Lebendspendekommission gemäß § 8 Abs. 3 Transplantationsgesetz: Die Errichtung der Lebendspendekommission ist gemäß § 17 h Thüringer Heilberufegesetz der Landesärztekammer übertragen. Es gibt also eine Regelung, es gibt keinerlei Änderungsbedarf. So wie sich das die CDU vorstellt, sehr geehrte Damen und Herren, geht das nicht. Sie wollen die Aufgabenübertragungen aus der im Thüringer Heilberufegesetz geregelten Selbstverwaltung herauslösen. Dann müssen Sie sich aber auch Gedanken darüber machen, wie eine rechtskonforme Kostenregelung geht. Ein Bezug auf die Gebührenordnung der Landesärztekammer ist nämlich nicht möglich. Ich stelle also fest, dass ich bisher keinen Handlungsbedarf sehen kann.

Aufklärung und Information gemäß § 2 Transplantationsgesetz werden über das Ministerium koordiniert. Die Lebendspendekommission gemäß § 8 Abs. 3 Thüringer Transplantationsgesetz ist gemäß § 17 h Thüringer Heilberufegesetz errichtet.

Zu drittens, Freistellung, Unterstellung und Qualifikation der Transplantationsbeauftragten in Entnahmekrankenhäusern gemäß § 9 b Abs. 3 Thüringer Transplantationsgesetz: Die eigentlich substanziellen Regelungen im Gesetzentwurf betreffen mithin nur die Ermächtigung zur landesrechtlichen Bestimmung der erforderlichen Qualifikation und organisationsrechtlichen Stellung der Transplantationsbeauftragten sowie deren Freistellung von ihren sonstigen Tätigkeiten in Entnahmekrankenhäusern.

Wenden wir uns nun dem Regelungsgehalt zur Freistellung der Transplantationsbeauftragten zu. Sie verweisen im Problemaufriss zum Gesetzentwurf auf die Organspendezahlen in Bayern – wir haben jetzt schon sehr viel über Bayern gehört –, welche im vergangenen Jahr angestiegen sind, und führen diese Entwicklung auf die seit 2017 bestehende verbindliche Freistellungsregelung für die Transplantationsbeauftragten in bayerischen Krankenhäusern zurück. Sie sind der Auffassung, dass mit der Übernahme der konkreten Freistellung der Transplantationsbeauftragten von je 0,1 Stellenanteil pro zehn Intensivbetten mit dem von Ihnen vorgeschlagenen Thüringer Gesetz zur Ausführung des Transplantationsgesetzes die Zahl der Organspender auch in Thüringen zunehmen würde. Diese

(Staatssekretärin Feierabend)

Betrachtung greift aus Sicht der Landesregierung zu kurz. Die Spendezahlen in den Bundesländern unterliegen – wie bereits ausgeführt – grundsätzlich jährlichen Schwankungen. Das belegen zum Beispiel die Spendezahlen 2017 in anderen Bundesländern. Nicht nur in Bayern gab es eine Steigerung der Spendezahlen im Jahr 2017 im Vergleich zum Vorjahr. Auch die Region Mitte der Deutschen Stiftung Organtransplantation mit den Ländern Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland weist eine deutliche Steigerung der Spendezahlen um 12 Prozent aus. Anders als in Bayern gibt es in diesen drei Ländern jedoch keine konkreten Freistellungsregelungen für die Transplantationsbeauftragten in den landesrechtlichen Bestimmungen. Trotzdem sind höhere Spendezahlen im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen.

Wenn wir im letzten Jahr den Erlass der Verordnung dem Landtag zugesagt haben, so war es trotzdem notwendig und auch unsere Pflicht, weitere Entwicklungen auf Bundesebene zu berücksichtigen. Es zeichnete sich nicht zuletzt durch die Forderung der Patientenverbände – Sie haben es gesagt, Herr Zippel –, ab – auch im Kanon aller Länder außer Bayern, die das schon geregelt hatten –, dass eine konkrete und einheitliche Freistellung der Transplantationsbeauftragten auf Bundesebene zwingend geboten ist. Dies deckt sich mit den bereits 2012 erhobenen Forderungen. Der Bundesgesetzgeber ist bereits 2012 zu einer bundeseinheitlichen Freistellungsregelung für die Transplantationsbeauftragten aufgefordert worden. Schließlich wurde seinerzeit nicht nur die verpflichtende Bestellung von Transplantationsbeauftragten, sondern auch deren Finanzierung bundeseinheitlich geregelt.

Der vorliegende Verordnungsentwurf der Landesregierung zur Regelung der Freistellung sieht derzeit noch eine konkrete Freistellungsregelung für die Transplantationsbeauftragten in gleicher Weise wie seinerzeit im Bundesrat gefordert vor. Die Freistellung der Transplantationsbeauftragten soll mit 0,1 Stellenanteil je zehn Intensivbetten erfolgen. Das hat Bayern im Ausführungsgesetz so umgesetzt und die bayerische Freistellungsregelung ist auch eins zu eins im Gesetzentwurf der CDU übernommen worden. Ausweislich des aktuellen Koalitionsvertrags von CDU, CSU und SPD soll die Forderung der Länder und der Patientenverbände nach einer bundeseinheitlich konkreten Freistellungsregelung nun endlich in Bundesrecht umgesetzt werden.

Ich darf Ihnen mitteilen, dass gestern Abend Herr Bundesminister Spahn im Kamin zur Gesundheitsministerkonferenz angekündigt hat, diese bundesgesetzliche Regelung noch im September vorzulegen.

Insofern kann es keine landesrechtliche Regelung zur Freistellung der Transplantationsbeauftragten mehr geben. Es wird – und das ist auch gut so –, seit 2012 von den Ländern gefordert, eine einheitliche bundesweite Lösung geben. Landesrechtlich sind letztlich nur noch Qualifikationen und organrechtliche Stellung der Transplantationsbeauftragten zu regeln. Insofern werden wir unsere Verordnung modifizieren, auch gern mit Ihnen diskutieren im Ausschuss und diese auch entsprechend regeln wollen.

Der Verordnungsentwurf der Landesregierung sieht hier fachlich auch mit der Deutschen Stiftung für Organtransplantation und der Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen abgestimmte Vorgaben vor. Der Gesetzentwurf der CDU will hier jedoch Regelungen treffen, die in der Praxis zu Schwierigkeiten bei der Umsetzung führen. Lassen Sie mich hier nur zwei Probleme kurz aufzeigen.

Zum Beispiel ist die Forderung nach einer mindestens dreijährigen Leitungstätigkeit im Umfang von mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit zu prüfen. Erfüllen die Transplantationsbeauftragten in Thüringen diese Forderung, sind langjährige aktive Transplantationsbeauftragte denn abzuberufen, wenn sie die nicht erfüllen, und wer ersetzt sie? Der Verordnungsentwurf sieht hier ganz klar den Facharztstandard und die mehrjährige intensivmedizinische Erfahrung vor. Das ist aus fachlicher Sicht geeignet und hinreichend konkret, um in Krankenhausleitungen umgesetzt zu werden.

Große Bedenken haben wir auch, wenn nicht bestellt werden darf, wer Weisungen eines Arztes untersteht, der in dem Krankenhaus an der Entnahme von Organen oder Gewerbe beteiligt ist. Diese Forderung muss fachlich untersetzt werden. Der Transplantationsbeauftragte organisiert die Prozesse im Krankenhaus. Wenn es um die Vermeidung von Interessenkonflikten im konkreten Einzelfall geht, dann muss hier erklärt werden, worin diese bestehen, denn in kleineren Krankenhäusern wird diese Forderung sonst nicht umsetzbar sein.

Sehr geehrte Damen und Herren, die regierungstragenden Fraktionen haben sich hier schon dafür ausgesprochen, den Gesetzentwurf im Ausschuss zu beraten, und das ist auch richtig so. Es ist ein wichtiges Thema, im Ausschuss auch weiter über Organspende zu reden. Die Landesregierung wird sich mit dem Verordnungsentwurf im Ausschuss auch an dieser Debatte beteiligen und ich hatte schon aufgezeigt, wie unsere Positionen dann auch im Ausschuss zu diskutieren sein werden. Lassen Sie uns das vertieft auch im Ausschuss machen. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Staatssekretärin Feierabend)

Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden, zunächst an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen, der CDU-Fraktion, der AfDFraktion und des Abgeordneten Krumpe.

Ich gehe davon aus, dass der Gesetzentwurf auch an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz überwiesen werden soll. Das ist so. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen von allen Abgeordneten des Hauses. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz überwiesen.

Die Federführung liegt, gehe ich davon aus, im Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind auch alle Abgeordneten des

Hauses. Zur Kontrolle: Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Das kann ich nicht erkennen. Damit ist der Gesetzentwurf federführend an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit überwiesen.

Bevor ich die heutige Plenartagung schließe, möchte ich noch bekannt geben, dass sich 5 Minuten nach Ende der Plenarsitzung der Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten im Raum F 004 zu einer außerplanmäßigen Sitzung trifft und die Landespressekonferenz jetzt zum Sommerfest einlädt.

Ich schließe die heutige Plenarsitzung und wünsche ein schönes Sommerfest.

Ende: 18.56 Uhr