Protokoll der Sitzung vom 30.04.2015

(Beifall AfD)

Ich habe aber durchaus auch erstaunt zur Kenntnis genommen, dass es in der Bevölkerung vor Ort eine Menge Zustimmung für das Projekt gibt. Die Argumentation – ja, wir sind ja die Partei des gesunden Menschenverstands, Frau Siegesmund; wir können durchaus beiden Seiten zuhören –

(Beifall AfD)

ist dabei durchaus beachtlich. Das beginnt also bei den Gewerbesteuermehreinnahmen, die man erwartet, obwohl es da natürlich auch Wehrmutstropfen gibt.

(Unruhe SPD)

Das geht dann weiter bei der Tatsache, dass Anlieger von anderen Pumpspeicherkraftwerken – gerade auch hier in Thüringen – diese als Touristenmagnete schätzen und diese Touristenmagnete teilweise relativ lange Besichtigungsanmeldezeiten haben. Das ist eine sehr interessante Sache. Ich habe dort sozusagen den O-Ton erfahren. Die Leute kommen nicht trotz der Pumpspeicherkraftwerke, sondern wegen der Pumpspeicherkraftwerke. Ganz interessante Aussage!

Nicht zuletzt können Pumpspeicherkraftwerke – auch das ist mir als ehemaligem Energiewirtschaftler natürlich klar – abseits aller Energiewendepolitik ihren netzstabilisierenden Sinn machen. Besonders wichtig ist das bei immer instabiler werdenden Netzen, die die Energiewende ja nun mal verursacht. Da spielt nämlich die Schwarzstartfähigkeit von Pumpspeicherkraftwerken eine herausragende Rolle.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Herr Abgeord- neter, Ihre Redezeit!)

Na ja, machen Sie sich keine Sorge, die habe ich im Blick.

Für Pumpspeicherkraftwerke spricht letzten Endes auch, dass es die einzige Speichertechnologie ist, die derzeit – jedenfalls annähernd – im wirtschaftlichen Bereich gefahren werden kann. Alle anderen technischen Alternativen, so interessant die auch

sein mögen, ob das jetzt der Druckluftspeicher ist, ob das Redox-Flow-Batterien sind, ob das BleiSäure-Akkus sind, Lithium-Ionen-Akkus oder ob es die Wasserelektrolyse ist mit nachgeschalteter Methanisierung, all diese Technologien sind interessant, aber sie verfügen ohne Subventionierung über Kosten, die jenseits von Gut und Böse liegen. Da sind Sie im Bereich von 20, 30, 40 Cent die Kilowattstunde, und zwar eingerechnet des wissenschaftlichen Fortschritts bis zu einer Markteinführung im Jahr 2020 und später. Das können Sie nachlesen, da gibt es wissenschaftliche Untersuchungen, unter anderem beispielsweise der Fachhochschule Stendal, die sich mit diesem Thema beschäftigt hat. Das ist alles im Internet ablesbar. Der Erkenntnisgewinn steht Ihnen offen.

(Beifall AfD)

Im Ergebnis: Welcher Umgang empfiehlt sich also mit dem Antrag der CDU? Ich habe es schon gesagt, er gibt teilweise richtige Antworten. Die vorrangige Berücksichtigung des Naturschutzes und von Tourismusbelangen vor wirtschaftlichen Interessen ist auch uns sehr wichtig, die Intensivierung der Beteiligung von betroffenen Bürgern und Gemeinden ebenso. Daneben weist der Antrag aber, wie gesagt, in einer grundlegenden Sache in eine völlig falsche Richtung, indem er eben an der Energiewendepolitik grundsätzlich festhält und die erforderliche Diskussion über die bereits festzustellenden gravierenden Fehlentwicklungen, zu denen ich ausgeführt habe, leider die Diskussion nicht in der erforderlichen Grundsätzlichkeit führen möchte. Das ist der Grund, warum wir als AfD diesen Antrag leider ablehnen müssen.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Was?)

(Beifall AfD)

Danke schön.

Für die Fraktion der SPD hat sich die Abgeordnete Mühlbauer zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren am Livestream, werte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich vorab einmal etwas Positives sagen. Ich denke, es gibt immer etwas Positives, das man hier benennen sollte. Herr Möller, es ist gut, dass Sie heute unter uns sind und die Energiewirtschaft nicht weiter durcheinanderwirbeln mit Ihrem Halbwissen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dies kann ich nur ausdrücklich begrüßen an diesem Punkt und lieber schlagen wir Kollegen uns mit

Ihnen und Ihrem Halbwissen herum und arbeiten am Bildungsprinzip mit Ihnen die nächsten Jahre, als dass Sie tatsächlich auf die Wirtschaft auch noch Zugriff und Eingriff haben.

(Unruhe AfD)

Werter Herr Kollege Möller, ich bin mit Ihnen noch gar nicht fertig, reden Sie hinterher. Sagen Sie einmal, auf welchem Paralleluniversum sind Sie eigentlich unterwegs?

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin eigentlich bass erstaunt. Wir beide treffen uns in Tambach-Dietharz am Runden Tisch, wir beide sitzen nebeneinander – ich glaube, zweieinhalb bis drei Stunden –, wir beide saßen Seite an Seite, es passte kein Blatt zwischen uns. Wir beide

(Heiterkeit und Beifall AfD)

hörten den Ausführungen zu, wir beide waren zeitgleich an einem Ort, zeitgleich in einem Universum und haben zeitgleich die gleiche Veranstaltung mitbekommen. Wir haben mitbekommen, wie sich Bürger dafür einsetzen, dass es gebaut wird, wir haben die Abwägungsargumente des Landesverwaltungsamts zur Kenntnis genommen. Wir haben gehört, wie sich Bürgermeister und Bürger bedankt haben für diesen offenen Bürgerdialog, der einmalig war.

(Beifall DIE LINKE)

Wir beide haben mitgekriegt, dass außer Herrn Trautvetter, den man aber als Politikaktivisten bezeichnen kann in dem Punkt, die tatsächliche Bürgerinitiative gar nicht bereit war, gegen diese Maßnahmen mit uns an diesem Tisch zu diskutieren. Ja – ich habe es entgegengenommen. Ich fand es eine fachlich sehr kompetente Veranstaltung. Ich möchte mich hier von dieser Stelle aus noch einmal ganz herzlich beim Landesverwaltungsamt bedanken, das sehr intensiv, sehr fachlich kompetent hier abgearbeitet hat und

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Schreiben Sie mal einen Brief!)

(Beifall SPD)

auch zu Aussagen gekommen ist, die für Investoren – Trianel oder andere – Rechtsgrundlagen bilden. Wir haben noch gemeinsam Bratwurst gegessen, glaube ich – ja, um da noch ein paar Dinge beizusteuern. Andere Kollegen waren auch mit dabei, haben auch Bratwurst gegessen. Dann stieg ich in mein Auto und fuhr gen Osten. Wo Sie hingingen, wusste ich nicht. Ich las dann eine Pressemitteilung, die da hieß: AfD fordert Bürgerbeteiligung am Pumpspeicher Schmalwasser. Da dachte ich mir: Guten Morgen, Herr Möller, wo waren Sie an dem Tag, zumindest geistig?

(Abg. Möller)

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Herr Möller war nicht dabei!)

Aha! Also, Herr Möller und die AfD fanden, dass die anderen circa 60 Personen, die im Raum anwesend waren, keine Bürger waren. Ich möchte das hier auch mal über die Mikrofone zur Kenntnis geben. Also diesbezüglich, vielleicht einigen wir uns einmal auf ein Raum-Zeit-Kontinuum, bis wir vielleicht die gleichen Ansätze zum gleichen Zeitpunkt auch in gleichen Reden reden können. Danke, Herr Möller.

Herr Gruhner, bei Ihnen war ich auch ein bisschen verwundert, denn ich muss jetzt einmal ganz deutlich sagen: Wir haben hier den ganzen Tag Debatten über: Wer ist schuld mit dem Abwasser, wer hat davor was gemacht und wer danach? Dann kommen wir zu Goldisthal – und wer hat es gemacht? Die CDU! Ja – meine Güte, meines Wissens war es diese deutsche Vorgängersituation, die wir vor 1989 hatten, die diesen Beschluss hier gefasst hat, mit der Sie überhaupt nichts zu tun hatten, weil Sie ja tatsächlich auch als Demokraten erst nach 1989 erweckt worden sind und mit diesen bösen Menschen noch nie irgendwelche Gedanken geteilt haben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber – Herr Gruhner, ich habe es heute gelernt. Wer hat’s gemacht – die CDU! Es ist fast so wie bei Ricola – heißt das, glaube ich –: Wer hat’s erfunden? In dem Fall waren es nicht Sie, vor 1989 hat es hier tatsächlich nicht die CDU erfunden, also den Pumpspeicher. Wer Ricola erfunden hat, weiß ich nicht. Um es mal festzustellen: Wäre es die heutige Landesregierung – Rot-Rot-Grün – bei dieser Maßnahme Goldisthal gewesen, die uns wesentlich auch für die Region ist – fahren Sie mal hin, fragen Sie mal die Bürger vor Ort, die finden das gar nicht so ungünstig –, wären die Eingriffe, die nicht schön sind, in Natur und Landschaft, die durchaus heute auch anders betrachtet werden müssen und sollen, anders ausgefallen. In diesem Verfahren befinden wir uns, meine sehr geehrten Damen und Herren. Last, but not least, ich darf heute auch mal zitieren, es haben heute so viele zitiert. „Freies Wort“ Suhl vom 14.03., Herr Gruhner, Sie haben – glaube ich – auch zitiert, ich bin jetzt dran mit zitieren.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Prä- sidentin fragen!)

Darf ich? „Bei der CDU, so der Eindruck, hat der Wähler nach 25 Jahren Dauerregierung schon nicht mehr erwartet, dass die Versprechen aus dem Wahlkampf wirklich gehalten werden.“ Diesbezüglich wundert es keinen, dass sie davor das gesagt haben und danach jenes gesagt haben, das findet

sogar der Kommentator im „Freien Wort“ als gesetzliche Grundlage.

(Unruhe CDU)

Und weiter: „Das Landesverwaltungsamt hat die vom Investor eingereichten Unterlagen daraufhin untersucht, ob sie mit den Grundsätzen der Raumordnung und der Landesplanung in Einklang zu bringen sind.“ Die Behörden haben also geschaut, ob bei der zu Zeiten des Antrags geltenden Rechtslage Gründe gegen den Bau sprechen.

(Zwischenruf Abg. Kellner, CDU: Nicht zu fassen!)

Ganz offensichtlich ist dies nicht der Fall. Und, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, das Verfahren haben wir vor der Wahl eingeleitet. Diesbezüglich – hoffentlich – befinden Sie sich noch auf dem Boden der Rechtsprechung. Ich glaube, es wundert Sie nicht, wenn ich Ihnen sage, dass wir Ihren Antrag ablehnen werden, weil er überflüssig, weil er tendenziös, weil er geschichtsvergessen und weil er noch – das Schlimmste – wirtschaftsfeindlich ist und – ich finde – für Ihre Fraktion und das, was Sie geleistet haben, eigentlich peinlich.

Werte Landtagsverwaltung, lassen Sie mich die kleine Anmerkung machen: Ich habe Zeiten mitgekriegt, in denen Sie doch etwas effektiver bei der Prüfung von Titeln und von Anträgen waren, und ich wünsche, wir kommen wieder zu einer sachlichfachlicheren Beurteilung dieser ganzen Sache zurück. Ich freue mich zwar, dass Sie nun endlich, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, Ihr Herz für die Natur entdeckt haben, ich habe lange darum gekämpft und lange daran gearbeitet und es war auch immer eines meiner Lieblingsthemen, aber darüber haben Sie vergessen, dass Sie Verantwortung, die Sie jahrelang als Regierungspartei hier mitgetragen haben, nun aber auch in Ihrer Oppositionsrolle übernehmen müssen.

(Beifall DIE LINKE)

In der letzten Legislatur haben Sie sich der Verantwortung noch gestellt und waren bei dem Pumpspeicherwerk Schmalwasser am Ende der Legislatur nur mit Blick auf die Wahl zu einer für mich nicht nachvollziehbaren Wende gekommen. Deutlich wird für mich und hoffentlich auch für die Bürger und Bürgerinnen, Sie interessiert der Naturund Landschaftsschutz nur dort, wo Sie – auf Wählerpotenzial schielend – unerwünschte Vorhaben verhindern. Ich frage mich ernsthaft: Welche Energiepolitik wollen Sie denn eigentlich? Bezüglich der Energiepolitik ist die CDU die neue Dagegen-Partei. Da hatte man klarere Vorstellungen, ich erinnere Sie gern: Unter Federführung unseres ehemaligen SPD-Wirtschaftsministers Machnig und dem Eindruck von Fukushima haben wir hier in diesem Raum in der letzten Legislatur verbindliche Verein

barungen zur Energiewende beschlossen und wollten die und wollen die, da stehe ich heute noch dazu, auch gemeinsam voranbringen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Landesregierung unter Ihrer Führung, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, beschloss, bis 2020 den Anteil der regenerativen Energien am Nettostromverbrauch von damals 24 auf 45 Prozent zu steigern. Auch der gemeinsam getragene Trendatlas Thüringen 2020 unterstrich die Anstrengung des Freistaats, die vereinbarten Ziele zügig umzusetzen. Eines dieser gemeinsamen Ziele lautete: den Ausbau der Netzinfrastruktur und der Energiespeicher zu forcieren.