Ich will Ihnen sagen, meine Damen und Herren hier in diesem Hohen Haus, je größer und breiter der politische Konsens in Zukunftsfragen ist, desto größer ist die Stabilität im Interesse der Schülerinnen und Schüler, ihrer Familien, der Lehrerinnen und
Lehrer und selbstverständlich auch der Schulträger. Ich bin selbstverständlich für konstruktive Kritik. Die brauchen wir auch. Wir brauchen auch konstruktive Kritik der Opposition, selbstverständlich brauchen wir auch den Druck der Gewerkschaften und der Verbände, aber es sollte uns darum gehen, eine Verabredung zu treffen, zu der wir auch stehen können.
Ich nenne Ihnen jetzt vier Grundsätze, die das Schulgesetz ausmachen. Da geht es erstens um ein wohnortnahes Schulangebot, zweitens geht es um die flächendeckende Absicherung eines breiten Unterrichtsangebots, drittens um einen effektiven Lehrereinsatz und damit die Reduzierung des Unterrichtsausfalls und viertens um die beste individuelle Förderung für jedes Kind, das heißt Inklusion mit Augenmaß.
Diese vier Grundsätze haben doch nichts mit grüner Politik, mit sozialdemokratischer Politik oder mit linker Politik zu tun. Das sind doch Grundsätze, die jeder anständige, vernünftig denkende Mensch unterschreiben kann.
Mein Appell an die Opposition ist: Machen Sie sich diese Grundsätze zu eigen und beurteilen Sie das Gesetz nach diesen vier Grundsätzen und nicht nur mit der ideologischen Brille. Wir wollen die Schulen fit für die Zukunft machen, davon ist die Koalition überzeugt und wir gehen konsequent den Weg zu der Thüringer Unterrichtsgarantie. Wer diesen Weg mit uns beschreiten will, sollte dieses Gesetzesvorhaben tatsächlich unterstützen.
Wie soll nun ein wohnortnahes Schulangebot erreicht werden? Das ist die zentrale Frage. Wie organisieren wir, dass die Kinder in die Schule gehen können, die in der Nachbarschaft ist? Darauf haben wir eine Antwort gegeben und wir sagen auch, jeder Schulstandort bekommt eine klare Perspektive. Das geht aber nur gemeinsam mit den Schulträgern, meine Damen und Herren.
Ja, ja, ja, Sie können darüber lachen, aber Sie müssten mal bei den Gesprächen mit den Landräten dabei sei. Fragen Sie mal Ihre CDU-Landräte und nicht unbedingt Frau Schweinsburg. Fragen Sie mal die anderen Kollegen, wie die das so sehen.
Ja, Frau Schweinsburg spricht für sich; in dem Fall, hat sie betont, spreche sie als Landrätin des Landkreises Greiz und nicht als Vorsitzende des Landkreistags. Aber ich habe sehr gute Gespräche mit
den Kolleginnen und Kollegen Landräten der CDU gehabt, aber auch anderen Landräten, in denen wir sehr pragmatisch darüber gesprochen haben, wie wir denn Schule in Zukunft organisieren können. Das ist ja die Verantwortung der Schulträger, die Schulen zu organisieren; wir geben ja nur die Instrumente an die Hand.
Ich kann es nur noch einmal sagen: Ein wohnortnahes Schulangebot bleibt in jedem Fall unangetastet und wir werden auch kurze Schulwege gewährleisten. Niemand will, dass die Schülerinnen und Schüler zu viel Zeit im Schulbus oder in dem Auto der Eltern oder Großeltern verbringen. Mir geht es darum, dass wir tatsächlich solche Regeln schaffen, die eindeutig sind, die verlässlich sind. Das Schulgesetz bietet genau diese Regeln an für die entsprechende Schulweglänge, wie viel Zeit ein Schüler von zu Hause bis zur Schule braucht.
Im Übrigen, meine Damen und Herren der CDU, bei diesen Kriterien, bei diesen Minuten berufe ich mich auf eine Vereinbarung des Thüringer Kultusministeriums und der Kommunen aus dem Jahr 2006 – zwölf Jahre her. Und wer war da Kultusminister? Der Mann hieß Prof. Dr. Jens Goebel von der CDU. Das waren genau 35 Minuten für die Grundschule, 45 Minuten für die Regelschule und 16 Minuten von zu Hause zur Gemeinschaftsschule, zum Gymnasium bzw. zum regionalen Förderzentrum und natürlich auch zur berufsbildenden Schule und wieder zurück. Deswegen ist das keine Neuheit, sondern das ist nur das, was damals, zwölf Jahre zurück, 2006, ausgehandelt wurde. Das bilden wir heute ab und schaffen dafür eine gesetzliche Grundlage, meine Damen und Herren. Damit wird Sicherheit gegeben.
Zweiter Grundsatz: Wie sichern wir denn nun das breite Unterrichtsangebot ab? Ja, das ist die zentrale Frage. Da bitte ich Sie einfach, bei der Diskussion zwei Dinge auseinanderzuhalten. Ich weiß, dass wir jetzt Probleme haben, den Unterricht abzusichern. Das bewegt mich genauso wie Sie. Das beschäftigt mich Tag und Nacht, am Wochenende, über Weihnachten und Neujahr, das kann ich Ihnen versprechen. Das geht mir selbstverständlich nicht aus dem Kopf. Wir haben die Register gezogen, ich habe darüber gesprochen.
Wenn wir über das Schulgesetz sprechen, dann reden wir über eine Zeit, die später einsetzt. Wir wollen mit dem Schulgesetz Bedingungen schaffen, dass die Situation, die wir heute haben, diese Misere, sich nicht wiederholt, und das sind zwei verschiedene Themen, die wir tatsächlich behandeln.
Deswegen geht es um die vorgesehene Angebotsbreite, um die Fachlichkeit und ein geordneter Schulbetrieb ist das A und O für mich. Ist eine Schule zu klein und kann durch das vorgesehene Lehrangebot nicht ausschließlich mit eigenen Lehrkräften abgesichert werden, dann soll sie zukünftig mit anderen zusammenarbeiten, denn es geht hier darum: Gemeinsam sind wir stark.
Anfang November musste ich leider am Mittelfinger operiert werden, jetzt bin ich dabei, den Mittelfinger wieder in den Normalbetrieb zurückzuführen. Ja, das gehört einfach zum Leben dazu, ich will mal ein bisschen was aus dem Leben erzählen.
Was passiert denn bei der Ergotherapie? Nicht dieser Finger allein wird bewegt, sondern mit den anderen zusammen. Gemeinsam sind sie stark, damit die Hand wieder arbeiten kann. Und genau so
muss das auch hier in der Schule passieren. In der Gemeinschaft liegt die Stärke, meine Damen und Herren.
Kooperationsmodelle sind genau dafür da, dass die Schülerinnen und Schüler ihr Recht auf Fachunterricht bekommen. Die Landeselternvertretung hat darüber gesprochen, dass es ein Recht auf diesen Unterricht gibt – selbstverständlich. Und wir wollen dieses Recht umsetzen, indem Lehrerinnen und Lehrer auch an verschiedenen Schulen unterrichten. Ich möchte nicht, dass ständig die Schulaufsicht von oben dort eingreift, sondern eine Schule muss sich selbst organisieren. Dazu brauchst du die Freiheiten und selbstverständlich auch die Eigenverantwortlichkeit.
Deswegen müssen wir darüber reden: Wie groß muss eine Schule sein, damit der Fachunterricht auch abgesichert werden kann? Denn das weiß doch jeder – selbst waren wir alle in der Schule und diejenigen, die Lehramt studiert haben und Lehrerinnen und Lehrer waren –: Die Größe der Schule und die Anzahl der Klassen bestimmen die Anzahl der Lehrerinnen und Lehrer. Das Problem besteht doch darin: Wenn ich ein kleines Kollegium und nur einen Fachlehrer habe und der mal krank wird, was ja nun mal passieren kann, da gibt es keine Vertretung oder vielleicht eine fachfremde Vertretung. Aber die Kolleginnen und Kollegen haben alle zu tun. Und je kleiner das Kollegium, je weniger Lehrerinnen und Lehrer an der Schule sind, umso größer ist die Gefahr – oder eigentlich ist es schon eine Tatsache –, dass der Fachunterricht nicht gegeben wird. Deswegen sind wir der Überzeugung, dass
über die Größe der Schule, über die Größe des Kollegiums bestimmt wird, wie der Fachunterricht abgesichert wird.
Das sind Fragen, die durch Strukturentscheidungen geklärt werden können, und dazu dient das Schulgesetz. Deswegen sind auch die Schulträger wie bereits jetzt mit dem geltenden Schulgesetz aufgefordert, vorausschauende Politik zu machen und auf die zukünftigen Bedarfe ausgerichtete Planungen für ihr Schulnetz tatsächlich vorzunehmen. Es gibt Topbeispiele in Thüringen von Landräten, die das machen; die sind super aufgestellt. Andere beharren auf den Status quo und sagen: Wir wollen uns überhaupt nicht bewegen. Das funktioniert nicht, meine Damen und Herren.
Im Übrigen, wenn wir uns über Parameter streiten: Es war eine Forderung der Landkreise, dass Parameter für die Schulen aufgestellt werden. Jetzt habe ich die aufgestellt und jetzt ist das auch nicht in Ordnung. Hier passt doch irgendwas nicht zusammen.
Wir wollen, dass alle Bildungsgänge in allen Thüringer Regionen erhalten bleiben und angeboten werden – ohne Wenn und Aber. Und das ist natürlich auch notwendig, sehr geehrte Frau Keller, liebe Birgit. Wir brauchen einen Schulnetzplan, wir brauchen Entscheidungen, welcher Standort sich wie entwickeln soll, weil wir selbstverständlich in Schule investieren wollen. Und wir investieren. Wir haben ein Verhältnis – ich will Ihnen die Zahlen sagen, Frau Keller hat sie mir noch mal kurz vor der Sitzung ins Ohr geflüstert –: 2015 330 Euro pro Schüler Schulbauinvestitionen, 2018 700 Euro pro Schüler Schulbauinvestitionen in Thüringen.
Ein Schulbauprogramm ohnegleichen, welches in Thüringen durch die Verantwortung von Birgit Keller umgesetzt wird. Das kann sich doch sehen lassen.
Nun wollen wir natürlich Thüringer sein und keine Schildbürger und wollen in die Schulen investieren, die auch tatsächlich eine Zukunft haben, um die es dann auch geht, deren Standorte erhalten bleiben. Das muss genau abgestimmt werden. Das ist das Ziel, worum es hierbei ganz konkret geht. Denn wir wollen nicht nur in die Köpfe investieren, wir wollen auch in Beton investieren, weil am Ende auch die Rahmenbedingungen – darüber wird sich ja auch zu Recht beschwert – die guten Lernbedingungen bestimmen. Wir wollen natürlich die klugen Köpfe von morgen heranbilden.
Ein dritter Punkt: Wie wird der Unterrichtsausfall reduziert? Es geht um einen besseren Einsatz der Lehrkräfte. Aufgrund fehlender Vorgaben für das
Schulnetz – seit vielen, vielen Jahren in Thüringen – kommen wir zu dem von mir erwähnten höchsten Personaleinsatz. Das müssen wir verändern, das weiß auch jeder, das ist eine einfache mathematische Aufgabe. Das kann ich als Unbekannte sozusagen hineinstellen und dann weiß ich, welches Veränderungspotenzial ich dort habe.
Deswegen ist es wichtig, dass wir alles, was in unserer Macht steht, unternehmen, um tatsächlich den Unterricht zu gewährleisten und damit auch den Unterrichtsausfall Schritt für Schritt zu minimieren. Dafür, dass das nur Schritt für Schritt geht, werbe ich um Verständnis. Es geht nicht Knall auf Fall. Es stehen hier nicht Tausende von Lehrern, die in den Schuldienst wollen, es ist auch nicht so, dass wir ausreichend Stellen im Moment haben. Also das alles zusammenzubringen, das ist eine hohe Kunst, und dann noch abzusichern, dass auch in jeder Schule – auch noch im kleinsten Dorf in Thüringen, auch in großen Städten mit wachsenden Schülerzahlen – das alles abgesichert ist.
Das alles zusammenzubringen und dann noch eine vorausschauende, verantwortungsvolle Politik zu machen – Sie wissen doch, dass die Schülerzahlen bis in die Hälfte der 20er-Jahre steigen, aber Mitte der 2030er-Jahre sinken sie auf einmal wieder und Lehrerinnen und Lehrer, die heute angestellt werden, haben ein Berufsleben von 40/45 Jahren vor sich –, das gilt es im Blick zu haben. Wir haben eine momentane Situation, wir haben eine mittelfristige Situation, wir haben eine langfristige Situation. Ich glaube, Frau Taubert, da sind wir uns beide einig: Wir müssen eine vorausschauende Politik betreiben, auch was die Einstellung von Lehrerinnen und Lehrern betrifft. Deswegen ist mein Ziel: Jede Stunde muss fachgerecht gegeben werden durch gut ausgebildetes Personal, selbstverständlich – heute, morgen und übermorgen. Das ist genau die Linie, die wir hier verfolgen.
Deswegen geht es um die Mindestklassengrößen, nur deswegen. Und natürlich, ich habe den Grundsatz genannt, meine Damen und Herren: Die kurzen Schulwege müssen unangetastet bleiben.
Schulklassenobergrenzen legen wir nicht mehr fest, das hatten wir vor, aber die werden allein schon durch die Größe der Klassenräume bestimmt, das versteht sich von selbst. Aber wir wollen den Schulträgern freistellen, Obergrenzen selbst festzulegen, wenn es denn notwendig ist, um Schülerströme entsprechend zu steuern. Das heißt, wenn die Unterrichtsabsicherung die höchste Priorität in der Politik der Landesregierung – auch in meiner Politik – hat, dann müssen wir diese Grundsätze beachten, aber auch – wie schon ausgeführt – die örtlichen Gegebenheiten.
Nun ist es so: Mit wem soll ich denn kooperieren? Die Nachbarschule ist schon voll, die kann gar nicht mehr. Dann kann man nicht kooperieren. Wenn die Nachbarschule an der Kapazitätsgrenze oder darüber ist, funktioniert das nicht. Oder wenn in der Nachbarschaft keine Kooperationsmöglichkeiten bestehen, ist Kooperation auch ausgeschlossen. Sie wissen, Sie haben das Gesetz gelesen, in § 41 stehen viele Ausnahmekriterien formuliert, die auch dazu führen, dass Schulstandorte erhalten bleiben. Deswegen sollte man die bei der Betrachtung der ganzen Debatte über Schulstandorte mit einbeziehen. Selbstverständlich. Wir haben das mit den Landräten diskutiert, wir haben auch bereits Entscheidungen getroffen, wo Schulen, die die Parameter, die im Gesetzentwurf jetzt vorgesehen sind, nicht erreichen, dass diese Schulen auch mit den Schülerzahlen, die sie heute haben und in der Perspektive haben werden, erhalten bleiben, weil es in der Region gar kein anderes wohnortnahes Schulangebot gibt. Es wäre ja absurd, Entscheidungen zu treffen, die dazu führen, dass ganze Regionen ausgedünnt werden von Schulen. Das ist nicht unsere Politik, sondern wir wollen, dass den Kindern ein entsprechendes Angebot zu Hause gemacht wird. Darum geht es, meine Damen und Herren.