Protokoll der Sitzung vom 14.12.2018

zuhören können. Aber es hilft eben nicht nur das Zuhören, man muss es dann tatsächlich verstehen und man muss dann, wenn man nicht aus dem Fach kommt – das ist ja nicht schlimm, das macht ja nichts –, vielleicht auch ein paar Leute im Ministerium haben,

(Beifall CDU)

denen man vertraut und die einem die praktischen Auswirkungen der Überlegungen, die Sie hier bringen, auch mitteilen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wer macht denn die Schulnetzplanung?)

Und, meine Damen und Herren, das ist das Stichwort: Sie brauchen kein Gesetz zur Festlegung der Schulnetze. Sie brauchen kein Gesetz zur Festlegung von Schulgrößen oder zur Einflussnahme auf die Schulträger. Das Ministerium muss nur seine

Kompetenzen wahrnehmen und das aktuell geltende Schulgesetz endlich auch anwenden und nicht davor kneifen.

(Beifall CDU)

Und zwar steht im aktuellen Schulgesetz, § 41 – Schulnetzplanung –: „Schulnetzpläne werden von den Schulträgern […] aufgestellt und fortgeschrieben.“ Absatz 5: „Die Schulnetzpläne sowie ihre Fortschreibung bedürfen der Zustimmung des für das Schulwesen zuständigen Ministeriums.“ – Ohne sie passiert also gar nichts. – „Diese ist zu versagen, wenn der vorgelegte Plan“ – und jetzt kommt es; da steht alles drin, was Sie hier vorhin begründet haben – „den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Anforderungen nicht entspricht […].“ Was sind die Anforderungen, die zum Versagen durch Ihr Ministerium führen könnten? Es sind die Zahlen: wenn die „erforderliche Anzahl von Parallelklassen (Mindestzügigkeit) sowie die Grundsätze der Klassen- und Kursbildung“ nicht erreicht werden, die „durch Richtlinien des für das Schulwesen zuständigen Ministeriums bestimmt“ werden. Sie haben alles im Gesetz drin. Und es gibt sogar noch einen sehr, sehr wichtigen Satz, den Sie – ja – angedeutet haben, aber nicht in den Mittelpunkt gestellt haben. „Die Schulnetzplanung soll ein möglichst vollständiges und wohnortnahes Bildungsangebot sichern […].“ „Vollständig und wohnortnah“, dazu zählen wir nicht nur die Grundschulen.

(Beifall CDU)

Sie haben also nach dem aktuellen Gesetz alle Möglichkeiten. Es ist unverschämt, den Schulträgern jetzt den Schwarzen Peter zuschieben zu wollen. Machen Sie im Ministerium endlich das, wozu Sie mit dem Gesetz verpflichtet sind. Und, meine Damen und Herren, die Festschreibung von Mindestgrößen zur Regelung der Schulnetzplanung im Gesetz stellt einen massiven Eingriff in das verfassungsmäßig verbriefte Recht der kommunalen Selbstverwaltung dar.

(Beifall CDU)

Aus Sicht der CDU-Fraktion muss die Schulnetzplanung auch in Zukunft in den Händen der Landkreise und kreisfreien Städte liegen. Richtgrößen müssen wie bisher durch gemeinsame Empfehlungen des Bildungsministeriums und der kommunalen Spitzenverbände festgelegt werden. Herr Minister, heute haben Sie das erste Mal in Ihren Reden auf diese Richtlinie Bezug genommen. Es geht nicht nur um die Fahrzeiten, es geht auch um die anderen Sachen, die gemeinsam mit den Spitzenverbänden auf Augenhöhe festgelegt werden sollten. Die Schulträger brauchen diese Flexibilität, um den regionalen Gegebenheiten hier in Thüringen auch Rechnung tragen zu können.

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil die Regierung Ramelow inzwischen selbst erkannt

hat, wie viele Schulen in Existenznöte getrieben werden sollen, haben Sie jetzt Kooperationsmodelle und Ausnahmen definiert.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Das stand schon von Anfang an drin!)

Der Bildungsausschuss des Thüringer Landtags besuchte im Jahr 2016 die Region Südtirol. Deutlich wurde bei den Gesprächen vor Ort vor allem eins – wir hätten die Finanzministerin mitnehmen sollen; wir hätten Sie mitnehmen sollen, Frau Taubert; es ist ja nicht in Bayern, es ist Südtirol, also so groß sind wir auch nicht mehr –, deutlich wurde bei den Gesprächen vor Ort vor allem eins, meine Damen und Herren Kollegen: Sprengelschulen sind kein Sparmodell. Sie sparen nicht bei den Betriebskosten, Sie sparen nicht bei den Dienstreisekosten, Sie sparen nicht bei den Beförderungskosten und Sie sparen schon überhaupt nichts beim Lehrereinsatz, was heute das Hauptargument von Herrn Minister Holter war. Meine Damen und Herren, ich habe so das Gefühl immer, dass die Kolleginnen und Kollegen der Koalition annehmen, dass die Lehrerinnen und Lehrer zu Hause oder in den Lehrerzimmern sitzen, Däumchen drehen, weil sie irgendwie keinen Unterricht haben, und wir können die mal noch ein bisschen durch die Gegend schicken, um die Ressourcen zu heben. Diese Ressourcen sind nicht da!

(Beifall CDU)

Nehmen Sie doch endlich zur Kenntnis, dass der Lehrerüberhang der 90er- und 2000er-Jahre vorbei ist. Er ist vorbei. Es gibt schlicht keine Ressourcen, die zur Verfügung stehen, um die Sprengelschulen wirklich umzusetzen. Es gibt sie nicht, die Ressourcen. Und auch da verstoßen Sie wieder gegen Ihren eigenen Grundsatz, dass Sie mit dem Schulgesetz die Frage der Ressourcen klären wollen. Denn wir alle haben doch im letzten Landtagswahlkampf gemerkt, besonders die SPD hat es im Wahlergebnis gemerkt, dass mit der überzogenen Inklusion, mit zu viel, was da reingepumpt worden ist, wir die Schulen überfordert haben, weil die Frage der Ressourcen nicht geklärt ist. Und nun hat man ja gedacht, bei dem Gesetz/in Ihrem Koalitionsvertrag wird es endlich eingesehen – aber es ist nicht der Fall.

(Beifall CDU)

Mit Ihrer Konzeption der Kooperationsmodelle verstoßen Sie gegen Ihre eigenen Maßstäbe. Und noch viel schlimmer: Die unter § 41c immer wieder jetzt laut genannten Ausnahmen für Schulgrößen sind keine Ausnahmen. Ich habe das Gefühl bzw. bin mir nicht sicher, ob Sie wirklich die Schulträger, Eltern und Lehrer in Thüringen für völlig blöde halten.

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wer ein bisschen lesen kann, der merkt, dass das alles Kann-Ausnahmen sind,

(Beifall CDU)

alles Kann-Ausnahmen – und damit es dann auch wirklich fest in der Hand und der Zentralität des Ministeriums bleibt –, die zudem jährlich zum 31. März erneut beantragt werden müssen und der Zustimmung des Ministeriums bedürfen. Sie machen die Schulträger zu Bittstellern, die jedes Jahr zu Ihnen kriechen sollen, damit sie ihre Schulstandorte genehmigt bekommen.

(Beifall CDU)

Das ist unverschämt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ihr Versprechen „wir schließen keine Schulen“, liebe Kollegen von den Koalitionsfraktionen, ist schon vor der Einbringung des Gesetzes öffentlich entlarvt. Keiner im Land glaubt mehr daran, mittlerweile schmunzelt ja auch der Minister dabei.

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Wir schließen keine Schulen!)

Wir schließen keine Schulen. Genau, Sie überlassen das den Schulträgern usw. Das ist Verantwortung, jawohl. Wunderbar, aber es passt eigentlich zu dem, was Sie schon seit Ewigkeiten prägt, und ich möchte Ihren Genossen zitieren: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen.“

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Jetzt haben Sie sich endgültig disqualifi- ziert!)

Meine Damen und Herren, der zweite große Baustein im Gesetzentwurf der Landesregierung ist die massive Forcierung der Inklusion von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Allgemeinschulen, ohne dass dafür zusätzliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Wir als CDU-Fraktion stehen zur Inklusion, wir stehen zum Gemeinsamen Unterricht, aber wir stehen auch dazu, dass es dazu zunächst der Ressourcen bedarf. Erneut verstoßen Sie gegen Ihren eigenen Koalitionsvertrag – und ich zitiere den Satz gern noch einmal: „Das inklusive Schulgesetz soll zusammengeführt werden, um die personellen, sächlichen und räumlichen Rahmenbedingungen für inklusive Schule weiter zu verbessern.“

Ihre Festlegungen im Schulgesetz und im sogenannten Hoff-Ohler-Papier werden die Situation der Thüringer Förderschulen und die Inklusion aber weiter verschlechtern, nicht verbessern und Sie setzen die Ansprüche für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf deutlich herunter.

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Woher wissen Sie das denn?)

Das steht alles im Gesetz, das müssen Sie nachlesen. Ich lese es Ihnen gleich vor.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Das steht nicht drin!)

Nichts haben Sie in den sogenannten Beteiligungsprozessen dazugelernt. Herr Kollege Schaft, Sie haben gerade vom Inklusionsbeirat gesprochen. Der ist schon lange geschleift worden durch Ihre Staatssekretärin. Den gibt es gar nicht mehr, weil eben dort im Grunde deutlich wurde, dass ohne die Klärung der weiteren Ressourcen der Weg nicht gegangen werden kann. Das hat sogar der Herr Ministerpräsident gesagt. Heute ist er nicht da. Okay, er ist im Bundesrat, aber ich habe so das Gefühl, er distanziert sich so nach und nach von diesem ganzen Programm „Zukunft Schule“. Er hat damals die Kommission eingesetzt mit großem medialen Pampam.

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Sie lügen!)

Als der Herr Minister Holter die Sache dann im Sommer dieses Jahres übergeben musste, wurde Herr Ramelow schon gar nicht mehr gesehen, nicht mal mit einer Pressemeldung.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Herr Tischner, das ist doch ein Witz, was Sie erzählen!)

Ich glaube, ihm schwant so langsam, was da auf ihn zukommen wird. Ihnen schwant es auch, sonst wären Sie nicht so nervös, vor allem die Kollegen von den Linken und von den Grünen. Meine Damen und Herren, Sie haben in diesem Beteiligungsprozess nichts dazugelernt. Auch das Versprechen des Ministerpräsidenten, das Tempo herauszunehmen, wurde nicht eingehalten.

Die CDU steht für einen inklusiven Unterricht mit Augenmaß und der Berücksichtigung der pädagogischen, personellen und sächlichen Voraussetzungen.

(Beifall CDU)

Dazu bedarf es aber aus unserer Sicht eben keiner Gesetzesverschärfung. Wir brauchen keine Gesetzesverschärfung für die Inklusion, für die gelingende Inklusion in Thüringen. Wir brauchen Ressourcen dafür. Wir stehen ganz klar für eine breite Förderschullandschaft. Die geht Ihnen derzeit völlig ab.

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Das haben Sie im Haushalt nicht bean- tragt!)

Meine Damen und Herren, Studien zeigen: RotRot-Grün schadet unseren Schulen. Viel schlim

mer, Sie schaden unseren Schülerinnen und Schülern, wenn Sie Förderzentren – der Minister hat das überhaupt nicht so in den Mittelpunkt gestellt – mit den Förderschwerpunkten Lernen, Sprache und emotional-soziale Entwicklung zu Beratungszentren ohne eigene Schüler umbauen wollen. Beratungszentren ohne Schüler – das heißt, Schulen ohne Schüler. Das sind keine Schulen. Förderschulen brauchen wir in Thüringen, das kann wohl nicht wahr sein.

(Unruhe im Hause)

Was Sie auch nicht – Bernward Müller hat überhaupt keine Förderschulen abgeschafft, der war ein klarer Verfechter der Förderschule. Unmöglich!

(Beifall CDU)