Zeit war. Dieser Bericht wurde bereits Ende 2017 durch die Landesregierung beschlossen, vergangenes Jahr ausgeschrieben und wird derzeit durch das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung erarbeitet. Wenn wir diesen Bericht haben, dann werden wir eine sehr gute Grundlage dafür haben, aufgrund unseres Konzepts und dieses Berichts dann wirklich in der neuen Legislaturperiode, wenn wir diese Koalition auch fortsetzen werden, ein wirkliches Integrationsgesetz vorzulegen, das diesen Namen auch verdient hat.
Auch die Idee von Integrationsvereinbarungen, die Sie aufgreifen, ist nicht neu. Seitens der Jobcenter besteht für anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte bereits jetzt die Möglichkeit, solche Vereinbarungen zu schließen. Ausländerbehörden sind bereits nach geltender Rechtslage berechtigt, Leistungsempfänger auch zu bestimmten Maßnahmen zu verpflichten. Zudem sieht der Entwurf Möglichkeiten der Vornahme von Leistungskürzungen vor. Abgesehen davon, dass die Wirksamkeit solcher Kürzungen bereits infrage zu stellen ist, handelt es sich bei den in Rede stehenden Leistungen überwiegend um bundesrechtlich geregelte Ansprüche, die nicht einfach durch Leistungsrecht abbedungen werden. Die Menschen, bei denen Sie diese Leistungen auf Null kürzen, von was sollen die bitte schön leben?
Problematisch ist zudem, dass der Entwurf an mehreren Stellen neue Aufgaben auf kommunale Behörden und Einrichtungen überträgt, und zwar grundsätzlich Erstattungen durch das Land erwähnt, aber – auch darauf hatte Frau Rothe-Beinlich schon hingewiesen – alles unter den allgemeinen Haushaltsvorbehalt stellt. Insofern bleibt der Mehrwert eines solchen Gesetzes im Gewand des von der Fraktion der CDU vorgelegten Entwurfs höchst fraglich, begegnet im Übrigen auch – auch darauf haben schon Vorredner hingewiesen – in hohem Maße rechtlichen und integrationspolitischen Bedenken.
Der Entwurf beschreibt Migration vor allem aus ordnungspolitischer Sicht. Aus Sicht dieser Landesregierung ist ein Menschenbild, das Migranten immer zusätzliche Forderungen und Pflichten auferlegt und im Gegenzug noch Rechte nehmen möchte, höchst fragwürdig.
Besser wäre es gewesen, ein Integrationsgesetz zu entwerfen, das Integration als chancengleiche Teilhabe aller an den zentralen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens versteht und dies auch als Zielstellung formuliert. Dabei ist es nicht sinnvoll, für einzelne Bevölkerungsgruppen besondere Normen festzulegen, die von den allgemein geltenden Ge
setzen abweichen. Problematisch ist insbesondere das Ansinnen, eine Art Sonderstrafrecht für Migrantinnen und Migranten schaffen zu wollen.
Neben der Bereitstellung von Integrations- und Beratungsangeboten braucht es eine offene und tolerante Haltung eines jeden Einzelnen im Land. Was wir nicht brauchen können, ist ein Gesetz, das unter der Prämisse agiert, jeder nach Thüringen Kommende hätte zum Ziel, die gesellschaftlichen Werte zu untergraben und die öffentliche Ordnung zu stören. Das, meine Damen und Herren, atmet Ihr Gesetzentwurf.
Entsprechend heißt es im Thüringer Integrationskonzept entgegen Ihrer Vorstellung: „Unabhängig von der Frage des Aufenthaltsstatus ist allen Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Dies verlangt sowohl die Menschenwürde der Betroffenen als auch die gesellschaftliche Vernunft.“ Meine sehr geehrten Damen und Herren, die meisten der Vorredner hatten es schon gesagt, Ihr Gesetzesentwurf soll an den Ausschuss überwiesen werden. Das ist vielleicht gar keine so schlechte Idee, dann haben wir die Möglichkeit, das ausführlich zu diskutieren. Ich hatte es hier auch schon angekündigt: Auch wir werden in der nächsten Legislaturperiode aus dem Integrationskonzept ein Integrationsgesetz machen. Dann ist diese Diskussion, die wir jetzt vielleicht schon mal führen, gar keine verlorene Zeit, denn nächstes Jahr oder in der nächsten Legislaturperiode wird es dann ein Integrationsgesetz geben, das diesen Namen dann auch wirklich verdient. Vielen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, jetzt treibt es mich doch noch mal vor. Herr Minister, Sie müssen sich schon entscheiden: Entweder ist das Integrationskonzept, was Sie haben, das Nonplusultra, wie es die Vorredner bereits gelobt haben, oder Sie wollen jetzt noch was Richtiges machen, wenn Sie es dann irgendwann noch mal evaluieren. Also entweder ist es gerade schon total super und wir brauchen gar kein Integrationsgesetz oder es wird noch mal ein richtiges Integra
tionsgesetz oder richtiges Integrationskonzept – Sie haben ja gerade verschiedene Begriffe dazu verwendet – hier noch mal aufgerufen. Ich bin schon sehr interessiert, wie das werden wird. Das können wir dann wahrscheinlich aus der Opposition Ihrerseits heraus in der nächsten Legislatur sicherlich gern diskutieren.
Ich will Ihnen abgesehen davon aber noch mal den Grundsatz erklären, weil ich das heute zum Integrationsgesetz nicht noch mal gemacht habe, hier vorn aber schon des Öfteren ausgeführt habe. Ich will es gern noch mal deutlich machen. Wir verstehen Integration für die Menschen, die eine Bleibeperspektive auf Zeit in Thüringen haben, auch auf längere Zeit, je nachdem, was sie für einen Status haben, auf die wir die Integrationsanstrengungen konzentrieren müssen. Diejenigen, die keine Bleibebeperspektive haben und nur in einem Status der Duldung sind, müssen wir in unserem Konzept, in den Ankerzentren sehr zügig entscheiden
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wissen Sie, wie viele Jah- re die Menschen oftmals hier sind? Sechs Jahre, sieben Jahre, zehn Jahre!)
und sehr zügig wieder in ihre Heimatländer zurückführen. Teilhabe ist für diese Personengruppen nicht notwendig. Es ist nicht notwendig, es ist nicht vorgesehen, wir müssen sie nicht integrieren, weil sie sehr zügig wieder zurückgehen.
Auch wenn wir die Duldungshindernisse – Sie haben über die 3.000 Menschen gesprochen – zügig überprüfen und wenn das etwas intensiver überprüft werden würde, dann – bin ich mir sehr sicher – können wir dort auch eine ganze Reihe Punkte finden, wo Hindernisse beseitigt werden können. Wenn die Kollegen im Bundesrat dem Konzept der sicheren Herkunftsstaaten endlich zustimmen würden, hätten wir auch dort eine sehr beschleunigte Rückführung
Das Thema der Fachkräfte, Herr Minister, unterscheidet sich grundsätzlich von denjenigen, die über Asyl- oder Flüchtlingsstatus zu uns gekommen sind. Ich erkenne an, dass diejenigen, die ein Bleiberecht hier haben, natürlich zügig in den Arbeitsmarkt überführt werden sollen. Das sagen ja unser Integrationskonzept und -gesetz auch klar aus. Aber zu denken, dass diese Menschen, die auf Zeit zu uns gekommen sind und nicht aufgrund ihrer Voraussetzungen, ihrer Bildungsvoraussetzungen
oder sonst irgendetwas, hierhergekommen sind, sondern die aufgrund von Flucht und Asyl zu uns gekommen sind, hier die Fachkräftebedarfe der Zukunft ersetzen können, ist eine Schimäre. Das ist völlig falsch und abwegig. Wir haben einige von ihnen inzwischen in den Arbeitsmarkt überführen können, Sie kennen alle die Zahlen, im unteren dreistelligen Bereich, das ist nett, das habe ich auch schon gesagt, und das ist sicherlich auch ein richtiger Ansatz, aber das wird unser Fachkräfteproblem der Zehntausenden freien Stellen in Thüringen weder lösen noch beheben, noch lindern. Es ist ein kleiner Ansatz, ein kleiner Anreiz, der wichtig und notwendig ist, dass jeder, der zu uns kommt, hier eine Zeit lang bleiben darf und sein eigenes Geld, seinen eigenen Lebensunterhalt verdient. Das ist richtig und wichtig, aber er wird unsere Fachkräfteprobleme nicht lösen. Deswegen ist es gut, dass die Bundesregierung das Fachkräftezuwanderungsgesetz auf den Weg gebracht hat für die Menschen, die diese Fachkräfteprobleme lösen sollen, weil sie zu uns kommen, um hier zu arbeiten, um hier eine gesellschaftliche Arbeitsleistung zu erbringen, mit den Voraussetzungen zu einem Arbeitsmarkt kommen, und die diese Voraussetzungen mitbringen und nicht aufgrund von Flucht und Asyl zu uns kommen, sondern weil sie hier arbeiten wollen.
Das ist eine völlig andere Thematik, ein völlig anderer Rechtskreis. Deswegen so zu tun, als ob die Migranten, die zu uns aufgrund von Flucht und Asyl gekommen sind, diese Arbeitskräftethematiken lösen werden, ist grundweg falsch.
Das miteinander zu vermischen, ist der völlig falsche Ansatz. Wenn Sie Herrn Lauinger richtig zugehört haben, er hat das so deutlich in seinen Eingangsworten gesagt.
Selbst wenn wir alle, die bildungsfähig wären und sind, in den nächsten Jahren für die Zeit, wo sie hier sind, ausbilden, dann sind wir immer noch im unteren vierstelligen Bereich, wenn überhaupt. Das wird unsere Fachkräfteprobleme nicht lösen und auch nicht lindern.
Es ist ein kleiner wichtiger Beitrag, nichts anderes. Das will ich für die CDU-Fraktion noch mal deutlich sagen. Wir erkennen das an, aber es ist ein völliger
Unterschied zu der Thematik „Fachkräftezuwanderung“, die wir über das Fachkräftezuwanderungsgesetz im Bund regeln wollen. Vielen Dank.
Ich sehe jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr. Es ist die Überweisung an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz beantragt worden. Wer das Integrationsgesetz in Drucksache 6/6660 an den Ausschuss überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Koalitionsfraktionen, CDU-Fraktion, AfD-Fraktion und der Abgeordnete Rietschel. Gibt es Gegenstimmen? Das kann ich nicht erkennen. Stimmenthaltungen? Kann ich auch nicht erkennen. Dann ist die Ausschussüberweisung beschlossen.
Ich rufe jetzt entsprechend der Vereinbarung Tagesordnungspunkt 11 auf, in erster Beratung … Herr Blechschmidt.
Entschuldigung, Frau Präsidentin, ich weiß nicht, wo wir da eine Vereinbarung getroffen haben. Es gab keine Vereinbarung, dass Punkt 11 vor den Punkt 9 vorgezogen wird.
Sie interpretieren sozusagen die erste und zweite Beratung, dass jetzt zwingend die erste Beratung des Zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrags stattfinden sollte?
Ja, damit es noch vor Ablauf – ich weiß ja nicht, wie lange Sie diskutieren – und dann würden wir mit Tagesordnungspunkt 9 weitermachen.