Protokoll der Sitzung vom 27.09.2019

Zudem hat die Anhörung ergeben, dass das vorliegende Papier inhaltliche Schwächen enthält, was uns zu einem hochkritischen Umgang veranlasst hat, beispielsweise wenn Maßnahmen aus dem Jahr 2013, die im IMPAKT I enthalten waren, mit zweifelhafter Begründung gestrichen werden, ohne dass dies im Entwurf ausführlich dargelegt wird. Eine kurze Anmerkung im Anhang des Papiers reicht eben dafür nicht aus. Noch mehr Skepsis ist geboten, wenn festgestellt wird, dass im vorliegenden Papier wichtige Messzeiträume einfach nicht begründet wurden. Zu den Messzeiträumen habe ich gerade zu Beginn meiner Rede ausgeführt. Denn die Klimageschichte beginnt nicht erst am Ende der kleinen Eiszeit, also nicht um 1880. Zu kurz gewählte Zeiträume kann man durchaus als „Rosinenpickerei“ bezeichnen und besitzen keine Aussagekraft für die zukünftige Entwicklung. Aufgrund dieser und zahlreicher anderer Kritikpunkte raten wir der Landesregierung, IMPAKT II noch einmal einer mehr als kritischen Prüfung zu unterziehen und entsprechend zu überarbeiten.

Auch zur Integrierten Klima- und Energiestrategie der Landesregierung möchte ich noch gern etwas sagen, denn damit verhält es sich nämlich ähnlich wie bei IMPAKT II. Zwar werden im Klimagesetz die Gemeinden und Landkreise als maßgebliche Akteure im Klimaschutz zum Erreichen der Klimaschutzziele bezeichnet, aber wenn es um die Finanzierbarkeit und um die Belastung für den Steu

erzahler geht, vernimmt man dröhnendes Schweigen. Sucht man nach seriösen und belastbaren Angaben zur Bezahlbarkeit in dieser sogenannten Strategie, so kann man lange suchen – im Ergebnis: Fehlanzeige! Denn Strategie sieht anders aus. So stellte auch der Gemeinde- und Städtebund vollkommen zu Recht fest, dass in der Energie- und Klimaschutzstrategie der Landesregierung eine belastbare und nachvollziehbare Kostenprognose für die den Kommunen zugewiesenen Einzelmaßnahmen vollständig fehlt, und das, obwohl wieder einmal durch die rot-rot-grüne Landesregierung in die kommunale Selbstverwaltung eingegriffen wird. Doch was interessiert die Landesregierung schon das Wohl der Kommunen und ihrer Bürger? Das ist ja obsolet. Schließlich geht es hier um den Götzen „Klimawandel“, dem sich nach rot-rot-grüner Diktion alles zu fügen hat und bei dem der Zweck jedes, aber auch jedes Mittel heiligt.

(Beifall AfD)

Wir teilen daher die Ansicht, dass die Finanzierung der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen der Kommunen durch die Energie- und Klimaschutzstrategie nicht im Ansatz gelöst wird. Dafür zeigen sich in der vorliegenden Drucksache zwei Dinge umso deutlicher.

Herr Abgeordneter, ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass Ihre Redezeit …

Schon zu Ende?

Ja. bevor Sie zwei Dinge aufzählen, sie ist jetzt um.

Ich dachte, wir behandeln 12 a und b noch, beides? Na gut. Dann kommen wir zum Ende.

Deswegen lehnen wir die derzeitige Fassung der Drucksache ab und sprechen uns insbesondere hinsichtlich der Finanzierung für eine deutliche Überarbeitung aus und bitten – wie gesagt – noch einmal um eine Kosten-Nutzen-Analyse. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion der SPD hat Abgeordnete Mühlbauer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin eigentlich sprachlos, Herr Kießling. Zwischenzeitlich war nicht mal mehr Ihr Referent im Raum, weil er sich wahrscheinlich in einer Ecke fremdschämen musste.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Fremdschä- men sollten Sie sich für das, was Sie sagen!)

Also, ich muss jetzt mal ganz deutlich sagen: Bitte überdenken Sie am 27. Oktober, ob Sie tatsächlich den Stand der Wissenschaft wählen wollen oder ob Sie weiterhin im Reich der Lügen, Legenden, Märchen und der Fake News diesen Freistaat nach vorn bringen wollen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich darf hier sagen, ich komme genauso wie Herr Kießling aus dem Ilm-Kreis. Wir haben eine Technische Universität in Ilmenau. Ich empfehle heute jedem, der bis zur Klasse 10 Physik oder vielleicht ein Abitur gemacht hat oder technisch interessiert ist, sich diese Rede von Herrn Kießling intensiv anzuhören

(Beifall SPD)

und daraus die naturwissenschaftlichen Ergebnisse abzuleiten,

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das war ei- ne gute Idee! diese vielleicht im Mathematik-, Physikunterricht zu besprechen. Dass wir uns über fast eine halbe Stunde lang hier den Vergleich mit den Dinosauri- ern anhören mussten, ist mehr als peinlich. Und für Sie, Herr Kießling, Ihren Referenten, Ihre Fraktion: Aufklärungsfilme gibt es beim ZDF in der Mediathek reichlich. (Beifall DIE LINKE)

Ich kann Ihnen nur empfehlen, schalten Sie doch mal arte oder ZDFinfo an. Schauen Sie sich doch mal Sendungen zu diesem Thema an. Harald Lesch ist heute hier schon genannt worden, zitiere ich auch gern. Führende Wissenschaftler in dem Bereich kommen hier zu ganz anderen Ergebnissen. Ich hoffe, dass wir hier am Ende des Tages nicht den Kometeneinschlag brauchen, der die Dinosaurier umgebracht hat, weil wir in eine Eiszeit verfallen sind, damit Sie hier wieder dort hingehören, wo Sie herkommen,

(Abg. Kießling)

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Den Kome- teneinschlag hatten wir heute früh!)

nämlich in eine bildungsferne Ecke zum Thema „Fake News“ und in die Witzzeitungen der medialen Welt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mit einem...

(Unruhe DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, die Rednerin ist jetzt die Abgeordnete Mühlbauer.

Wir haben alle noch genug Redezeit. Sie dürfen sich gern hier alle zusammen weiterhin austauschen. Gott sei Dank, Herr Kießling hat keine mehr. Der Rest ist noch mit genügend Zeit ausgestattet.

Das Klima verhandelt nicht mit uns, die Ministerin hat es gesagt. Ich fange hiermit an. Wir verhandeln hier, aber das Klima verhandelt nicht mit uns. Das Klima präsentierte uns einen Sommer, aus dem wir kommen, einen Sommer, der noch ganz nahe ist. Lassen Sie mich mal mit einer guten Botschaft für Thüringen anfangen, es gibt nämlich heute eine, das Wetter. Es regnet! Seit langer Zeit ist heute ein Tag, an dem es wieder regnet. Heute ist ein guter Tag!

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Ich sage Ihnen auch, warum: Warum hat uns dieses Waldsterben, der Borkenkäfer, der Buchenschädling so aus der Kalten erwischt und warum ist es jetzt so intensiv aufgetreten? Weil wir aus zwei Dürresommern kommen. In den Jahren 2018 und 2019 war bedeutend zu wenig Regen vorhanden. Das haben unsere Wälder nicht verkraftet, sage ich Ihnen. Ich war erst vor ein paar Tagen im Forstamt Gehren, ich war in Großbreitenbach in der Ebene im Wald. Wir haben uns das angeguckt. Da sind wirklich nur noch die oberen 10 Zentimeter etwas feucht. Darunter ist es trocken. Ich habe so einen trockenen Boden im Wald noch nie erlebt, meine werten Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Sie graben oben im Thüringer Wald einen Meter tief und Sie kommen nur auf trockenen Boden. Das vertragen unsere Kiefern nicht, das vertragen unsere Bäume nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich das sagen, denn das muss Ihnen bewusst sein: Warum ist denn jetzt auf einmal der Borkenkäfer überall so kräftig da – das muss man sich bewusst machen –, weil der Baum die Kraft nicht

mehr hat, die Gänge des Borkenkäfers zuzuharzen. Er muss sich auf sein Inneres zurückziehen. Das heißt, sehr geehrte Damen und Herren – das ist auch ein Fakt –, erstmals seit Aufzeichnung erleben wir in diesem Jahr vielleicht die vierte Generation Borkenkäfer in einem Jahr. Wir haben nachweislich Dokumentationen der Siebziger. Da hatten wir die zweite Generation. Das heißt, ich möchte es Ihnen plastisch übersetzen: Ein Borkenkäfer produziert 100 Nachkommen. Wir hatten im Mai die erste, wir hatten im Juni die zweite, wir hatten im Sommer die dritte Generation – 100 mal 100 mal 100. Vor 14 Tagen sagte man, wenn es jetzt nicht drastisch zu regnen anfängt, wenn es noch einen schönen, sommerlichen, zu warmen Herbst gibt, dann kann es passieren, dass die vierte Generation ausfliegt. Wir haben inzwischen schon den Befall an Bäumen festgestellt. An denen sehen Sie nichts. Die sind oben grün. Da ist die vierte Generation schon da und will ausfliegen. Das heißt, wir stehen vor einem drastischen Umbruch. Das sind die Beweise, das sind die Zeichen des Klimawandels, und das hat Konsequenzen für uns in Thüringen, das hat Konsequenzen für das grüne Herz Thüringen. Darauf müssen wir reagieren, da sind wir verpflichtet für die nächste Generation, die Generation unserer Kinder. Es darf nicht dazu führen, dass wir hier eine halbe Stunde lang über Dinosaurier reden und die Frage, ist der Klimawandel von Menschen gemacht, ja oder nein. Es ist zu viel CO2, das wir produzieren, in der Luft

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und dazu gehören Maßnahmen, die wir einführen müssen, damit sich dieses reduziert, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Frau Ministerin, werte Kolleginnen und Kollegen von Rot-Rot-Grün, ich bin Ihnen dankbar, dass wir den Mut hatten, in dieser Legislatur die Zeichen der Zeit zu erkennen, frühzeitig in allen Haushalten aller Ministerien Fördergelder einzustellen,

(Beifall DIE LINKE)

ob es jetzt im Bauinfrastrukturbereich ist, ob es im Umweltenergiebereich ist. Wir haben gehandelt, wir haben zeitig gehandelt. Wir haben Dächer mit Solar gefördert, wir haben uns einer unbeliebten Windraddiskussion gestellt, werte Damen und Herren. Ich sage Ihnen in der Deutlichkeit: Wenn wir Energie nicht regenerativ erzeugen und das mehr erzeugen und diese Krux der Kohlediskussion hier nicht beenden, dann werden wir weder innovativ noch auf dem Stand der Zeit und der Technik sein.

Ich sage Ihnen auch warum. Ich komme – habe ich gesagt – aus dem Ilm-Kreis. Ich weiß nicht, ob Ih

nen CATL etwas sagt. CATL wird eine der größten Investitionen sein, die in den nächsten Tagen hier bei uns stattfinden werden. Das ist ein Batterieproduzent. Der größte weltweite Batterieproduzent, der aus China kommt, wird eines der größten Unternehmen am Erfurter Kreuz errichten. Geplant wird ein Ausbau von 2.000 Arbeitsplätzen. Ich sage Ihnen heute, ich habe dort am Mittwochabend von dem Unternehmenschef gehört, in China fahren reihenweise E-Busse. Dort werden Batterien für EBusse produziert. Und ja, Frau Ministerin, wir haben den Versuch gewagt, E-Busse zu fördern, wir haben sie umgesetzt vor zwei, drei Jahren. E-Busse werden Stand der Technik werden. Wir in Thüringen produzieren die Batterien dazu. Ich sage Ihnen auch noch eins: Regionale Erzeugung – nicht durch große Leitungen transportieren, das schädigt auch weiterhin. Aber wir produzieren mit CATL die Speichermöglichkeiten, damit wir nicht mehr mit der 380-kV-Leitung über den Thüringer Wald müssen, damit wir Naturraum nicht weiter schädigen. Wir können Erzeugung und Speicherung zusammenbringen. Deswegen ist unser Klimaschutzgesetz wichtig und genau aus diesem Grunde ist auch dieses Paket wichtig, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir müssen noch weiter denken. Wir haben ein 1-Prozent-Ziel vereinbart. Ich will mit Ihnen zusammen in der nächsten Legislatur dort die Energie erzeugen, speichern, wo sie gebraucht wird, und nicht über teure Leitungen durch dieses Land transportieren. Diese Möglichkeit haben wir und das können wir auch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen auch noch eins: Ja, wir müssen CO2 reduzieren, aber wir müssen mit Blick auf Einfamilienhäuser auf dem Lande, die vielleicht aus Gründen des demografischen Wandels, aus Gründen der gesellschaftlichen Veränderung nicht mehr verkäuflich sind, den Menschen vor Ort Lösungen anbieten, wie wir heizen können, wie wir heizen wollen. Da sind wir mit der EnEV-Veränderung der letzten Jahre leider die falschen Wege gegangen. Wir müssen ein klares Ja sagen zu Fernwärmenetzen. Wir müssen ein klares Ja sagen zu Umbauten. Wir müssen ein Ja sagen, dass auch Biogasanlagen und deren Konsequenzen wieder stärker im ländlichen Raum gefördert werden.

(Beifall DIE LINKE)

Wir müssen daran denken, dass jeder die Möglichkeit haben darf/muss, den Umbau, den uns der Klimawandel auferlegt, mitmachen zu können und dass es keine soziale Frage oder eine Frage des Geldbeutels ist. Es darf – und das sage ich Ihnen ganz selbstbewusst als Sozialdemokratin – nicht heißen: Der, der es sich leisten kann, kann sich ein

E-Auto leisten. Der, der es sich leisten kann, kann sich den Ladeanschluss an seinem Haus leisten. Der, der es sich leisten kann, kann seine Heizung umbauen. Nein! Jeder im sozialen Mietwohnungsbau, jeder Rentner, jeder Bürger darf/muss teilhaben und ist Bestandteil dieses Umbaus, dieses gesellschaftlichen Auftrags des neuen anstehenden Jahrhunderts, des neuen anstehenden Jahrzehnts. Wir müssen diese Frage lösen. Wir werden sie lösen. Ich bin hier sehr zuversichtlich. Wir haben Ideen, wir haben Innovationen. Wir können genau diesen Punkt als Motor für unsere wirtschaftliche, wissenschaftliche Zukunft, für Ökonomie und Ökologie im sozialen Einklang mit jedem entwickeln. Seien Sie mutig! Ich freue mich auf diesen Wandel, auf den Umbau unserer Gesellschaft. Ich bitte, machen Sie alle mit und glauben Sie nicht den Märchen von rechts außen! Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächster Redner erhält dafür Abgeordneter Kobelt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Menschen in Deutschland und in Thüringen sind sich einig: Eine intakte Natur ist Lebensqualität. Über 90 Prozent sagen das. Aber diese Natur ist in Gefahr. Wir haben das Problem, dass über 1 Million Arten in den nächsten Jahren, wenn wir so weitermachen wie jetzt, aussterben werden. Der Meeresspiegel steigt nicht nur im Pazifik oder in Asien, sondern mittlerweile auch an der Ostsee und der Nordsee. Ich habe letztens erst mit einem Kollegen aus Hamburg telefoniert. Sie bereiten sich darauf vor, dass der Meeresspiegel immer mehr steigt. Mit immensen Kosten müssen dort Gegenmaßnahmen zum Schutz der Küsten umgesetzt werden. Da sage ich doch eindeutig: Es ist besser, Geld vorsorglich gegen den Klimawandel, gegen die Klimakrise zu investieren, als dann die Folgen in zehnfacher oder in zwanzigfacher Höhe wieder in 10 oder 15 Jahren von unseren Kindern und von unseren Enkeln zurückzahlen zu lassen.

Aber auch in Thüringen ist der Klimawandel angekommen. Mich hat es ein bisschen wütend gemacht, was Herr Gruhner jetzt hier über das Waldsterben und über die Verantwortung der rot-rot-grünen Landesregierung gesagt hat. Machen Sie sich

(Abg. Mühlbauer)

doch mal Gedanken darüber, warum wir denn vor dem größten Waldsterben in der Menschheitsgeschichte auch hier in Thüringen stehen. Warum ist das so? Das hat natürlich damit zu tun, dass die politischen Akteure in den letzten 50 Jahren, aber auch vor allem in den letzten 25 Jahren den Klimawandel zunehmend ignoriert haben. Das liegt auch an der Ignoranz der CDU, die zwar heiße Luft geredet, aber in den letzten 25 Jahren nichts dagegen gemacht hat.