Protokoll der Sitzung vom 01.10.2015

Ich will an dieser Stelle schon mal anmerken, ohne auf Debatten von morgen und von gestern noch mal tief einzugehen, denn mir fällt schon auf, dass es Die Linke in dieser Koalition ist, die ihre Koalitionspartner am langen Arm zappeln lässt. Ich will das in vier Punkten nennen. Sie lassen Ihre Finanzministerin nicht fachlich so arbeiten, wie sie es gern möchte, wenn Sie die Diskussion darüber führen, durch die Linke-Parteivorsitzende angeführt, dass sie die Schuldenbremse in der Landeshaushaltsordnung infrage stellt und die Schuldenaufnahme in den nächsten Jahren im Freistaat Thüringen wieder ins Auge fasst. Da kann der Regierungssprecher noch so heftig auf Twitter und Facebook dementieren, es ist gesagt, denn Die Linke will mit diesem Freistaat Thüringen den Weg zurück in die Schuldenkrise gehen. Sie wollen die Finanzministerin nicht unterstützen bei ihrem Kurs, die Landeshaushaltsordnung einzuhalten, sondern Sie machen genau das Gegenteil, Sie lassen Ihre Finanzministerin im Regen stehen.

(Beifall CDU)

Und Sie lassen Ihren Innenminister im Regen stehen.

(Beifall CDU, AfD)

Wie anders soll es denn zu erklären sein, dass der Innenminister morgen im Parlament ein Leitbild vorlegen soll, was angeblich die Handschrift der Koalition trägt, und gleichzeitig erfahren wir, dass mindestens in der Vorkonferenz selbst durch die Staatskanzlei angekündigt wird, dass die Zahlen des morgen zu verteidigenden Leitbilds schon heute wieder Makulatur sind. Wer Landkreise von 300.000 Einwohnern in diesem Land anstrebt, wer Gemeindegrößen von mindestens 10.000 Einwohnern in diesem Land anstrebt, der kennt dieses Land nicht, der will dieses Land nicht, der will dieses Land verändern, der will dieses Land kaputt machen.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Beifall CDU)

Sie lassen Ihren Innenminister im Regen stehen. Und Sie lassen Ihren Wirtschaftsminister im Regen stehen. Der Wirtschaftsminister sagt, nachdem er das Glück der EU-Rückzahlungen erreicht hat, weil wir die Fördermittel eingeklagt haben, er möchte diese Mittel einsetzen, um neue Investitionen anzuschieben in diesem Land. Sie lassen ihn im Regen

stehen, weil Sie seine geplanten Investitionsmittel für neue Investitionsschübe für Forschung und Investitionen einfach verbrauchen, um Ihren Haushalt auszugleichen. Sie wollen Ihren Wirtschaftsminister in diesem Land nicht unterstützen.

(Beifall CDU, AfD)

Und Sie wollen Ihre Grünen-Umweltministerin nicht unterstützen.

(Unruhe DIE LINKE)

Ihre Grünen-Umweltministerin leidet ja nicht nur darunter, dass sie den kleinsten Haushalt hat und damit kaum eigene innovative Projekte unterstützen muss. Und dann hat sie vor, wenigstens im Bereich des Hochwasserschutzes kleine Investitionen anzuschieben.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Haltlo- se Argumente!)

Und weil Sie in der Koalition Ihre Umweltministerin nicht unterstützen, schicken Sie sie auf den Weg der Steuererhöhung, mit dem Wasserpfennig eher die zu bestrafen, die beim Abwasser sparen sollen, als zu helfen,

(Beifall CDU, AfD)

nur damit sie neue Investitionsprojekte beim Hochwasserschutz anschieben kann. Sie lassen Ihre Koalitionspartner am langen Arm zappeln.

(Unruhe SPD)

Sie wollen Ihnen nicht helfen, sondern Sie wollen Ihre ideologischen Projekte allein durchtragen. Das macht sich insbesondere fest an den geplanten Steuererhöhungen, die sich durch diesen Landeshaushalt wie ein roter Faden ziehen – im wahrsten Sinne des Wortes. Sie wollen die Grunderwerbssteuer erhöhen und Sie sagen es in Ihrer Einbringung zum Haushalt.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: So ein Käse!)

Sie sind dann auf gleicher Augenhöhe wie andere rot, rot-grün oder grün-rot regierte Länder, Sie reihen sich ein bei denen, die nicht in der Lage sind, eigene Haushaltskonsolidierungen anzustrengen und die dann immer auf die kurze Idee kommen, wir holen uns beim Steuerbürger das, wozu wir selbst nicht in der Lage sind. Wir lehnen diese Grunderwerbssteuererhöhung ab. Sie ist der falsche Weg, sie belastet die, die in diesem Land investieren wollen.

(Beifall CDU, AfD)

Aber damit ist es nicht genug, Sie wollen auch jede Menge Steuern auf kommunaler Ebene erhöhen. Wir haben im letzten Jahr davor gewarnt und haben oft auf die Seite 40 und folgende im linken Wahlprogramm verwiesen, wenn es darum ging, zu fragen,

wie denn eine andere Landesregierung, die vielleicht nicht fortgeführt aus bürgerlichen Parteien besteht, sondern aus linken Parteien, ihre Mehrausgaben aus ihren ideologischen Wahlversprechen erfüllen kann. Dann haben wir immer auf das linke Wahlprogramm verwiesen, weil dort genau drinsteht, was man vorhat, nämlich dass man die kommunale Einnahmebasis stärken will, indem man die kommunalen Steuern und Abgaben erhöht. In diesem Sommer hat einer der vermeintlichen Experten aus der Linksfraktion angedeutet, was er damit meint, indem er gesagt hat, wenn die Kommunen mehr Einnahmen in Höhe von 120 Millionen Euro haben wollen, dann sollen sie doch ihre Steuern erhöhen. Genau den ersten Schritt legen Sie mit diesem Doppelhaushalt für 2016 und 2017 vor. Sie zwingen die Kommunen zu Steuererhöhungen, Sie zwingen sie, ihre Gewerbesteuersätze anzupassen auf sage und schreibe 395 Prozentpunkte in diesem Satz bis zum Jahr 2020.

(Unruhe DIE LINKE)

Das ist für einige eine Erhöhung von über 40 Hebesatzpunkten und das heißt, das, was Sie nicht fertigbringen beim Kommunalen Finanzausgleich, drücken Sie den Kommunen auf. Es ist der falsche Weg, es macht die Kommunen handlungsunfähiger.

(Beifall CDU, AfD)

(Unruhe DIE LINKE)

Dann hat der Regierungschef in seiner Regierungserklärung folgenden Satz gesagt:

Herr Kuschel, vielleicht lassen Sie mal die Zwischenrufe, wir wollen die Rede des Fraktionsvorsitzenden Herrn Mohring hören. Sie können sich ja nachher auch noch einmal melden.

(Beifall CDU)

„Die Koalition will die finanzielle Situation der Kommunen im Rahmen ihrer haushalterischen Möglichkeiten nachhaltig verbessern.“ Sie legen mit dem Haushalt eine Novelle des Kommunalen Finanzausgleichs vor, dann sagen Sie, Sie wollen die kommunale Finanzsituation nachhaltig verbessern. Und was machen Sie? Sie nehmen den Kommunen auf Dauer Geld weg. Wenn das nachhaltig verbessern ist, ja dann „gute Nacht“. Hoffentlich wachen die Bürgermeister in diesem Land auf. Sie stellen die Kommunen auf schlechte finanzielle Basis mit der Novelle dieses Kommunalen Finanzausgleichs.

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE)

Sie kündigen in den letzten Monaten eine Novelle des Kommunalen Finanzausgleichs an, von links insbesondere, dann legen Sie politisch fest – ich weiß ja, wie das zustande gekommen ist, dem Innenminister ist für jeden Euro zu danken, den er erkämpft hat –, da legen Sie fest, 1,901 Milliarden Euro soll die neue Finanzausgleichsmasse ausmachen, nachdem Sie einmal im Kommunalen Finanzausgleichssystem alles durcheinander- und umgerührt haben. Dann sagen Sie: So, jetzt haben auch wir endlich eine Novelle vorgelegt. Ich will Ihnen sagen, wenn Sie nichts geändert hätten, wenn Sie einfach die Buchstaben des Kommunalen Finanzausgleichs 1 : 1 angewendet hätten, wie es war, so wie wir den KFA und das FAG aufgestellt haben durch Schwarz und Rot, dann würden den Kommunen im Jahr 2016 1,908 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Es mag eine kleine Summe sein, aber ohne Novelle des Gesetzes hätten die Kommunen allein durch Nichtanfassen des Gesetzes 7 Millionen Euro mehr. Sie krempeln alles durcheinander – ich werde es Ihnen gleich erläutern –, Sie machen die Ausgangsbasis schlechter und am Ende kommt weniger raus, als was die Kommunen bekommen hätten, wenn Sie einfach nur die Finger vom Gesetz gelassen hätten.

(Beifall CDU)

In diesem Jahr betrug die kommunale Finanzausgleichsmasse 1,985 Milliarden Euro. Sie reduzieren sie um über 80 Millionen Euro auf eben diese genannten politisch festgesetzten 1,901 Milliarden Euro. Damit entziehen Sie der kommunalen Finanzausstattung Geld, damit steht insgesamt weniger Masse zur Verfügung. Es ist diese Masse, deswegen heißt sie Finanzausgleichsmasse, die im Rahmen der Mindestausstattung und im Rahmen der notwendigen Erstattung der Kosten, um eigene Aufgaben und übertragene Aufgaben leisten zu können, das Mindeste ist, was den Kommunen zustehen muss, damit sie ihrer eigenen Aufgabenerfüllung und ihrer kommunalen Selbstverwaltung nachkommen können. Sie reduzieren also diese Masse um über 80 Millionen Euro. Innerhalb dieser Masse gibt es einen großen Block, der nennt sich Schlüsselmasse. Das ist das Geld, was zur Untersetzung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie dient, was mehr als die Hälfte dessen sein muss, was in der Finanzausgleichsmasse zur Verfügung steht. Deshalb betrug diese Schlüsselmasse die ganzen Jahre über ungefähr 1,1 Milliarden Euro. Jetzt reduzieren Sie diese Schlüsselmasse um 130 Millionen Euro innerhalb der gesamten Finanzausgleichsmassenkürzung. Das hat gravierende Auswirkungen. Klar, Sie nehmen die 130 Millionen Euro Schlüsselmassenkürzung, um damit Vorwegzuweisung zu finanzieren, aber die Systematik der Vorwegzuweisungsfinanzierung hätte nur Sinn gemacht und wäre logisch,

wenn sie auf die Ausgleichsmasse aufgeschlagen worden wäre. Was machen Sie jetzt? Sie haben sich nicht durchsetzen können, ist alles richtig, Herr Poppenhäger, ich teile Ihre internen Auffassungen, aber es ist ja, wie es ist in so einer Koalition; vor allen Dingen, wenn man offensichtlich so zusammengesetzt ist, dann regieren die anderen und selber kann man als kleiner Partner nur noch dabei sein.

(Beifall CDU)

Fakt ist: Die Kommunen, die nicht von Vorwegzuweisung profitieren, die keine Mittelfunktionen haben, die keine Oberzentrumsfunktionen haben, denen fehlt zum Ausgleich ihrer möglichen nicht vorhandenen Steuerkraft jetzt die Schlüsselmasse, die nämlich genau so funktioniert. Hat eine Kommune viele Steuereinnahmen, kriegt sie weniger Schlüsselmasse, hat sie wenig Steuereinnahmen, kriegt sie ein bisschen mehr, damit sich alles ungefähr ausnivelliert. Reduziere ich aber die Masse zum Ausnivellieren, dann haben die Kommunen weder eigene Steuereinnahmen noch die Masse an Geld des Landes, um das auszugleichen, und das führt dazu, dass die Summe der Kommunen, die mit dem Haushalt nächstes Jahr nicht auskommen werden, die sich am Landesausgleichsstock anstellen müssen, um Hilfen des Landes zu bekommen, der jetzt schon ausgebucht ist – diese Schlange wird länger werden

(Unruhe CDU)

und Sie sind dafür verantwortlich, dass die Handlungsunfähigkeit der Thüringer Kleinkommunen zunehmen wird

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das ist doch gewollt!)

und ich vermute, Sie machen das mit Absicht.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Natürlich!)

(Beifall CDU)

Sie machen das mit Absicht, weil Sie natürlich mit Ihrem vorgelegten Leitbild und mit den wahren Größenordnungen, die wir von links hören, mindestens 10.000-Einwohner-Gemeinden, wollen, dass die Kommunen aus ihrer Not, aus ihrer finanziellen Handlungsnot, weil Sie sie austrocknen und eben nicht ihre finanzielle Situation nachhaltig verbessern, sondern ihnen genau das Elend in die Tasche schieben, sich zwangsweise hin zu größeren Einheiten begeben, damit die Anonymität zunimmt, damit die Strukturen sich verändern und damit Sie endlich das erreichen, was Sie wollten, mit anonymen Großstrukturen dieses Land so nachhaltig verändern, dass wir Thüringen nicht mehr wiedererkennen. Wir werden diesen Schritt nicht mitgehen.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das glauben Sie ja selbst nicht!)

Dann sagen Sie, Sie wollen die finanzielle Situation der Kommunen nachhaltig verbessern und tricksen sie an jeder Stelle in dem Haushalt mehrmals aus. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Das hängt zusammen mit der Globalen Mehreinnahme. Man muss sich mal fragen, wer bei Ihrer Koalition auf diese Idee der Globalen Mehreinnahme gekommen ist. Die funktioniert so – für die, die sich nicht jeden Tag damit beschäftigen müssen und auskennen wollen: Normalerweise werden die Haushalte auf der Basis der letzten Steuerschätzung aufgestellt, der vom November und der vom Mai im besten Falle, und daraus wird ein ordentliches Basiswerk gemacht. Hier sind offensichtlich die Haushaltsausgleicher auf die Idee gekommen, wir spielen selbst ein bisschen Steuerschätzer und polieren noch einmal die Mai-Steuerschätzung von diesem Jahr auf und planen mal mehr Steuereinnahmen ein. Ganz schön mutig, wer sich den DAX anguckt. Ganz schön mutig, wer sich die China-Situation anguckt. Ganz schön mutig, wer sich die globale Entwicklung der Wirtschaft anguckt und ganz schön mutig, wer die IHK-Prognose näher anguckt, was auch die Thüringer Wirtschaft an Binnenkonjunktur in den nächsten zwei Jahren zu erwarten hat. Aber sei es drum, Sie haben es gemacht. Aber wenn Sie sich wirklich nachhaltig um die finanzielle Situation der Kommunen kümmern würden, dann müssten Sie im Rahmen des Partnerschaftsgrundsatzes, an dem Sie in der Novelle des KFA festhalten, Ihre fiktiven Steuermehreinnahmen an die Kommunen durchreichen und das machen Sie eben nicht, weil Sie sich politisch festgelegt haben, dass Sie gerade noch über die Kante von 1,9 Milliarden Euro drübergucken können. Sie haben die politische Zahl 1,901 Milliarden Euro Finanzausgleichsmasse dafür geopfert, dass Sie die Kommunen beim Partnerschaftsmodell bei Ihren Globalen Mehreinnahmen austricksen. Sie entziehen den Kommunen Geld, weil Sie fiktive Steuereinnahmen, die Sie sich einplanen, nicht in die kommunale Basisfinanzierung weitergeben. Sie tricksen die Kommunen an dieser Stelle eindeutig aus.