Protokoll der Sitzung vom 12.12.2014

Die Bundesvorsitzende musste erst eingreifen, um die abenteuerlichen Pläne des Fraktionsvorsitzenden der CDU über eine Allianz mit Rechtspopulisten zu beenden. Dass auch seine Nichtbundesvorstandswahl damit zusammenhängt, wissen wir alle.

An dieser Stelle die Grünen aufzufordern, zusammen mit der AfD und der CDU für eine Schuldenbremse im Landtag in der Thüringer Verfassung zu stimmen, zeigt zum einen, dass die CDU-Fraktion nicht rechnen kann – das reicht nämlich nicht für zwei Drittel –, und zum anderen, dass wir uns nicht darauf verlassen können, dass das Wort zählt, dass es keine Allianz mit Rechtspopulisten gibt. Der CDU-Fraktionsvorsitzende muss sich leider auch fragen lassen, wie viel Wert sein Wort eigentlich hat, nach dem, was alles inzwischen öffentlich bekannt geworden ist.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Da klat- schen nicht mal Ihre eigenen Leute!)

Und landesweit mit solchen Negativschlagzeilen in die Medien zu kommen,

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Da gibt‘s auch nichts zu klatschen!)

ist mit Sicherheit kein Ruhmesblatt. Manche CDUler liebäugeln nach ganz rechts, gleichzeitig wird nach außen versucht, immer noch die sture Arroganz der Macht weiterzuführen, was in einer unangenehmen Art und Weise kontrastiert, was wir heute von Bodo Ramelow gehört haben. Das steigert sich in Anstandslosigkeit, die hier nur als rapide schwindende Souveränität einer ehemaligen Regierungspartei zu verstehen ist.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Der ehemalige Finanzminister Herr Voß –

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gar nicht mehr da!)

er hat quasi als letzte Amtshandlung 200 Millionen Euro an Rücklagen des Landes sozusagen in Schuldentilgung gegeben –

(Beifall CDU, AfD)

tut weiterhin so, als wäre der Landeshaushalt seine Privatschatulle, führt die Politik der CDU fort, Thüringen als ihr Privatgebiet zu betrachten. Das kann ich an dieser Stelle nur kritisieren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Aber ich kann Ihnen auch versprechen, das letzte Wort hat an diesem Punkt definitiv die neue Regierung und nach einem seriösen Kassensturz, weil nach Ihrer Politik nicht klar ist, was Sie mit dem Landeshaushalt gemacht haben, werden wir entscheiden, wie wir weiter vorgehen.

Herr Reinholz hat nicht einmal den Anstand, sein Ministerium ordnungsgemäß zu übergeben,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, erinnert mich schon so ein bisschen an ein bockiges kleines Kind, dessen Spielzeug abhandengekommen ist. Das hat nichts mit verantwortungsvoller Politik zu tun, das hat auch nichts mit Professionalität zu tun und deswegen muss ich auch ernsthaft daran zweifeln, dass es der CDU überhaupt gelingt, den Auftrag der Wählerinnen und Wähler zu erfüllen, nämlich eine gute Oppositionspartei zu sein.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Aber im Interesse der Thüringerinnen und Thüringer bitte ich Sie, Ihre destruktive Nabelschau zu beenden, in die Oppositionsarbeit einzusteigen und

mit uns gemeinsam für die Weiterentwicklung Thüringens zu streiten, gegen Rechtsextremismus und für eine neue politische Kultur.

Werte Abgeordnete, im Bereich der Arbeitsmarktpolitik setzt der neue rot-rot-grüne Koalitionsvertrag wirklich Maßstäbe. Das Konzept der Guten Arbeit steht im Mittelpunkt.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die Koalition bedeutet gute Arbeit, dass sie auch und gerade im Bereich der geförderten Arbeit existenzsichernd, selbstbestimmend und gesundheitsfördernd sein muss. Die Sicherung der gesellschaftlichen Teilhabe ist wesentliches Merkmal guter Arbeitsmarktpolitik und gute Arbeitsmarktpolitik ist Teil guter Wirtschaftspolitik. Diesen Gedanken ist der Koalitionsvertrag in Gänze verpflichtet. Nur eine kurze Anmerkung: Langzeitarbeitslose in gemeinwohlorientierte Beschäftigung zu bringen bedeutet nicht, in Unternehmen zu kündigen.

(Beifall DIE LINKE)

Unsere Landesregierung wird sich im engen Kontakt mit den Sozialpartnern für eine Modernisierung und Humanisierung der Arbeitswelt einsetzen. Dazu zählen die Stärkung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, der Einsatz für eine Antistressverordnung, die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie für Tarifbindung und gerechte Entlohnung. Das Stichwort „Tariftreue und Vergabegesetz“ ist durch den Ministerpräsidenten ausdrücklich erläutert worden. Wir werden die Wirtschaft dabei unterstützen, dass ihre Entwicklung auch Spielräume für eine Verbesserung der Situation der Beschäftigten zulässt, denn wirkliche Sozialpartnerschaft nützt den Thüringer Unternehmen und den bei ihnen Beschäftigten gleichermaßen. Darüber hinaus müssen und werden wir uns besonders für diejenigen Menschen einsetzen, die heute noch von der Erwerbsarbeit und damit auch von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen sind.

(Beifall DIE LINKE)

Auch in dieser Hinsicht setzt der Koalitionsvertrag Maßstäbe. Wir werden das Landesarbeitsmarktprojekt ungekürzt fortführen. Für Menschen mit Behinderung werden wir ein Budget für Arbeit ermöglichen, um ihnen eine Perspektive jenseits der Werkstätten zu eröffnen, sozialversicherungspflichtig und existenzsichernd.

(Beifall DIE LINKE)

Darüber hinaus ist eine echte Innovation vorgesehen und ich freue mich, dass die Linke mit einer Ministerin wie Heike Werner für ältere Langzeitarbeitslose endlich das Projekt „Arbeit statt Arbeitslosigkeit“ auf den Weg bringen und finanzieren kann.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das geschieht mittels Passiv-Aktiv-Transfer in einem mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales abgestimmten Thüringer Modellprojekt. Wir freuen uns sehr – Bodo Ramelow hat es schon gesagt –, dass hier bereits viele positive Signale aus der Bundesagentur für Arbeit vorliegen und uns eine große Unterstützung zuteil kommt. Wie wichtig das auch ist, dass wir dieses Programm einführen, zeigen die Zahlen. 49 Prozent der Arbeitslosengeld-II-Beziehenden in Thüringen erhalten seit vier Jahren oder länger ohne Unterbrechung diese Leistung, weil sie keinen Arbeitsplatz finden. Es ist natürlich illusorisch zu glauben, dass diese Menschen zeitnah auf den genannten ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden können. Aber auch für sie braucht es ein entsprechendes Angebot, um gesellschaftliche Teilhabe zu gewährleisten. Unser Modellprojekt eines öffentlichen Beschäftigungssektors wird hier einen wichtigen Einstieg liefern, um Menschen in freiwillige, gesellschaftlich notwendige, existenzsichernde und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu integrieren.

Wir müssen, liebe Kolleginnen, jungen Menschen endlich eine Perspektive in Thüringen bieten.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist sowohl ein Gebot der Zukunftssicherung als auch für die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft, gerade wenn es um die Sicherung des Fachkräftebedarfs geht. Deshalb steht diese Koalition auch für einen guten Umgang und Übergang von der Schule in den Beruf und für gute Ausbildung, mit flächendeckenden und praxisnahen Angeboten der Berufsorientierung, mit einer besseren Verzahnung von Jugendberufshilfe und weiteren sozialen Unterstützungsformen, mit dem Ausbildungssystem und mit einer Verbesserung der Ausbildungsbedingungen.

An dieser Stelle möchte ich wirklich darauf hinweisen, was wir im Koalitionsvertrag aus meiner Sicht auch zukunftsweisend auf den Weg bringen werden, nämlich ein sogenanntes Azubiticket. Ähnlich dem Semesterticket für Studierende wollen wir damit ein preiswertes Angebot für Auszubildende schaffen und gleichzeitig die Erreichbarkeit der Berufsschulen verbessern.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei werden die Kammern natürlich einbezogen. Aber es ist auch klar, dass von einer stärkeren Mobilität von Auszubildenden die Auszubildenden als auch die Unternehmen, aber auch andere profitieren.

Es ist bereits ausgeführt worden, dass in den nächsten Jahren auch unsere Infrastrukturprojekte eines neuen Augenmerks bedürfen. Neben den

Großprojekten wie dem ICE-Knoten Erfurt, der uns als Europadrehkreuz vor ganz neue Herausforderungen stellt – der Ministerpräsident hat da schon einschlägige Vorstellungen unterbreitet –, und den bereits anvisierten Straßenbauprojekten werden wir auch den Regionalverkehr viel stärker in den Blick nehmen, als das bisher der Fall war. Er ist für die Lebensqualität im ländlichen Raum, zu dem große Teile Thüringens gehören, unerlässlich. Zielführend ist hierbei der Verkehrsverbund mit der Verknüpfung von Schiene und Bus. Neue Modelle wie ein Express-Busnetz können die Attraktivität solcher Angebote erhöhen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir halten Gespräche mit der Bahn für nötig, um nicht ganze Regionen, wie beispielsweise Ostthüringen, vom Fernverkehr abzukoppeln.

(Beifall DIE LINKE)

Die Mitte-Deutschland-Strecke ist die am meisten frequentierte in Thüringen. Perspektivisch setzen wir auf eine höhere Taktfrequenz. Neben dem Ausbau und der Verbesserung der ÖPNV-Angebote gehört auch die Förderung einer nachhaltigen Mobilität und damit die Unterstützung CO2-armer Angebote zu unseren Aufgaben. Zur Absicherung der Umsetzung unseres Nachhaltigkeitszieles ist gerade im Hinblick auf die Substanz der Verkehrswege und die dafür notwendigen finanziellen Aufwendungen festzuhalten, dass es vermehrt um Straßenerhalt statt um Straßenneubau gehen muss. Mit einer noch stärkeren Berücksichtigung des Radverkehrs bei Straßenbaumaßnahmen wollen wir eine nachhaltige und bedarfsgerechte Absicherung von Mobilität unterstützen.

Die Kommunen wollen wir beim Lärmschutz und in der Verkehrssicherheit unterstützen und koordinierte Maßnahmen entwickeln. Uns ist es besonders wichtig, Mobilität für alle – ob jung, ob alt, ob gesund, ob gebrechlich – zu sichern. Dazu gehört selbstverständlich die Barrierefreiheit.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich bin mir sicher, dass die zuständige Ministerin Birgit Keller zu all diesen Fragen sehr zügig vorankommen wird und im Landtag von den Erfolgen der Regierung in dem Punkt berichten kann.

In der Bildungspolitik hat Mike Mohring vorhin sehr deutlich gemacht, dass er einfach weit weg von einer emanzipatorischen Bildungspolitik ist, die alle mitnimmt und die Chancengerechtigkeit für alle öffnet.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

In der Bildungspolitik tritt die Koalition an, um Bildungsgerechtigkeit in Thüringen zu verbessern.

Erst die neuesten Zahlen zeigen, dass wir regional als auch sozial schwerwiegende Unterschiede haben, was Bildungschancen angeht. Dazu werden der systematische Ausbau des längeren gemeinsamen Lernens bei Garantie aller Schularten – was sich definitiv nicht ausschließt – mit multiprofessionellen Teams und die Verstetigung der Schulsozialarbeit beitragen. Mit einem neuen Personalsteuerungsmodell und der Neueinstellung von mindestens 500 Vollzeitlehrkräften pro Jahr werden wir erreichen, dass Thüringen aus dem Mittelfeld der Bildungsgerechtigkeit auf einen Spitzenplatz gelangt.

(Beifall DIE LINKE)