Die Zahlen haben wir schon oft hier im Haus genannt. Mit dem Ausbau des Verteilnetzes in Thüringen, der infolge Ihrer Pläne notwendig wird, wird eine Strompreissteigung einhergehen.
Dann möchte ich zu einem zweiten Schwerpunkt Ihres Antrags kommen, bei dem ich wirklich sehr schmunzeln musste. Da reden Sie davon, dass in der Energiepolitik ein Dialogprozess gestartet werden soll. Ich finde es schön, dass die Koalitionsfraktionen die Landesregierung auffordern, endlich in den Dialog zu treten.
Genau das ist es, was wir die ganze Zeit beim Thema „Windenergie“ in den Ausschussberatungen sagen. Nur sind es die Koalitionsfraktionen, die wiederum diesen Dialogprozess ablehnen. Deswegen – wie gesagt – ist es amüsant, dass die Koalitionsfraktionen Sie auffordern müssen, Dialog zu führen, dass die Koalitionsfraktionen wiederum selbst eigentlich keinen wirklichen Dialog wollen, indem Sie in Ausschüssen alles niederbügeln, was in Richtung Dialog geht.
Dann haben Sie hier Ihren Energiebeirat angesprochen. Den finde ich schön, aber er findet offensichtlich ohne Opposition statt. Auch das ist nicht gerade im Sinne von Dialogkultur. Das müssen Sie sich gefallen lassen. Deswegen sagen wir: Das sind an dieser Stelle einfach nur Lippenbekenntnisse, die Sie hier aufgeschrieben haben.
Zum dritten Schwerpunkt, den ich nennen will. Da muss ich sagen: Es schlägt dem Fass wirklich den Boden aus, was Sie zum Thema „Regionale Planungsgemeinschaften“ geschrieben haben. Sie sagen doch ernsthaft: Die Regionalplanungen seien dahin gehend neu auszurichten, dass beim künftigen Aus- und Zubau von erneuerbaren Energien die daraus resultierenden Investitionen in die Stromnetze mit zu berücksichtigen sind, um sicherzustellen, dass Strom vorrangig dort eingespeist wird, wo der Investitionsbedarf der Netze am geringsten ist. – Da muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Das finde ich schlichtweg einfach nur dreist. Was heißt das denn? Das heißt am Ende, dass Sie jetzt die regionalen Planungsgemeinschaften für Ihre Windausbaupläne in die Pflicht nehmen, dass Sie hergehen und sagen: Wir verordnen euch jetzt
diese 1 Prozent Landesfläche, aber seht mal bitte zu, dass ihr Bedingungen schafft, wie der Netzausbau günstig dazu passt. Das finde ich dreist und wirklich billig, unabhängig von der Frage, dass Sie hier auch die Verantwortung der regionalen Planungsgemeinschaften zusätzlich aushebeln.
Deswegen kann ich hier nur feststellen: Das ist ein gutes Beispiel, wo deutlich wird, dass Sie Energiepolitik zulasten Dritter machen. Das wird an diesem Beispiel besonders deutlich. Ich finde das wirklich – mit Blick auf die Planungsgemeinschaften – eine Frechheit.
Dann will ich zum vierten Schwerpunkt kommen, schlichtweg, was ich einfach im Antrag der Koalitionsfraktionen vermisst habe. Sie haben über Fotovoltaik und anderes gesprochen, alles richtig, aber ich habe heute nicht einmal das Wort „Biomasse“ in der Diskussion gehört.
Sie haben gesagt, Sie wollen eine Bundesratsinitiative machen, kann man zumindest heute in der Zeitung lesen. Das ist gut. Das unterstützen wir auch ausdrücklich. Das war auch in der Vergangenheit die Linie der Landesregierung. Aber ich finde es schade, dass in Ihrem Antrag zu diesem Thema nichts gesagt wird. Da braucht man sich auch nicht aufzuregen, Frau Ministerin. Aber gelegentlich dürfen Sie durchaus die Hinweise der Opposition auch mal zur Kenntnis nehmen, auch wenn es Ihnen nicht passt.
Ich fasse noch mal zusammen: Wir sind ausdrücklich an Ihrer Seite, wenn es um die Interessen Thüringens im Bereich der Energiepolitik geht.
Aber wir sagen auch ganz klar, wenn es hier Dinge gibt, die nicht zum Land passen, dann kann es keine Zustimmung geben. Und ich habe einzelne Punkte angerissen, „Regionale Planungsgemeinschaften“ ist der Höhepunkt. Andere Themen habe ich genannt. Das ist in Gänze nicht wirklich ein sinnvoller Beitrag zur energiepolitischen Debatte. Und deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen. Vielen Dank.
Viel Wind, wenig Aussage, wenig Substanz. Herr Gruhner, das sind wir gewöhnt, dass in der Energiepolitik in den Reihen der Oppositionsfraktionen nicht allzu viel Fachwissen vorhanden ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Präsidentin, um die durchschnittliche globale Erwärmung noch auf 1,5 bis 2 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen und somit die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu vermeiden, müssen wir effektive Rahmenbedingungen zur Dekarbonisierung der Gesellschaft, zum Ausbau der erneuerbaren Energien beschließen. Es gilt, die Anstrengungen der internationalen Staatengemeinschaft im Rahmen der UN unter einem Dach zu bündeln und zu forcieren. Die Ministerin hat vorhin schon auf das Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls hingewiesen, welches im Dezember 2015 in Paris verabschiedet werden soll. Wir kommen an diesen Langfristzielen bis 2050, ich hatte sie hier heute schon mal genannt, die globale Erderwärmung auf weit unter 2 Grad, möglichst aber 1,5 Grad Celsius zu reduzieren, nicht vorbei. Die Staaten, so auch Deutschland, müssen dazu verpflichtet werden, bis spätestens 2050 aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas auszusteigen und ihre Energieversorgung zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energieträgern zu bestreiten. Im Jahr 2020 soll der Höchststand der globalen Emissionen sein. Eine ambitionierte Treibhausgasemissionsreduktion und eine periodische Verschärfung der Minderung – die Ziele müssen alle fünf Jahre im Rahmen eines neu etablierten sogenannten Ambitionsmechanismus nach oben korrigiert werden – sind unumgänglich. Und dazu muss die Bundesregierung jetzt verstärkt bi- und multilaterale Partnerschaften zur globalen Energiewende anstreben, die nach Paris natürlich dazu beitragen müssen, die Lücke bei den in den Pariser Minimalzielen festgelegten Treibhausgasemissionsminderungen – um 1,5 bis 2 Grad Celsius Limit – zu schließen. Das Klima, liebe Damen und Herren, auch wenn Sie es nicht gerne hören, ändert sich bereits heute und wird sich auch in Zukunft weiter wandeln. Ein großer Teil der beobachteten und vorhergesagten Veränderungen lässt sich direkt mit dem Ausstoß von Treibhausgasen durch den Menschen in Verbindung bringen. Der Klimawandel manifestiert sich dabei sowohl in langfristigen Klimaänderungen, wie langsam steigenden Durchschnittstemperaturen, als auch in einer veränderten Klimavariabilität, also stärkeren Klimaschwankungen und häufigeren extremen Wetterereignissen, wie Stürme, Dürren oder Hitzesommer. Die Klimafolgen sind vielfältig und
Gesundheit der Menschen: Hitzewellen belasten Menschen, Tiere und Pflanzen. Sie können vor allem bei älteren und kranken Menschen schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben.
Landwirtschaft: eine Verschiebung der Vegetationsperioden über Zeiträume, in denen Pflanzen wachsen, blühen und Früchte tragen, hat Einfluss auf die landwirtschaftliche Produktion.
Auch in der Energieproduktion: Viele konventionelle Kraftwerke nehmen ihr Kühlwasser aus nahen Flüssen und speisen es erwärmt wieder ein. Durch Flusswasser, das bei der Entnahme bereits zu warm ist, oder durch sommerliches Niedrigwasser kann es zukünftig an ausreichendem Kühlwasser mangeln. Das kann im Extremfall dazu führen, dass Kraftwerke abgeschaltet werden müssen. Außerdem gefährdet zu warmes Wasser die Tier- und Pflanzenwelt der Flüsse. Wir haben also nicht nur ein Salzproblem, sondern wir haben auch ein Wärmeproblem in den Flüssen. Auch die Klimasituation und die Klimaentwicklung in Thüringen verändern sich, zum Beispiel die Zeitreihen der Länge der jährlichen thermischen Vegetationsperioden in Thüringen. Phänologische Beobachtungen – wenn Sie nicht wissen, was phänologisch ist, es befasst sich mit den im Jahresablauf periodisch wiederkehrenden Entwicklungserscheinungen – leisten auch in Thüringen einen wichtigen Beitrag für die Klimaforschung und dienen der Beurteilung und Einschätzung der Klimaveränderungen. In Thüringen hat sich die thermische Vegetationsperiode seit 1962 sichtlich verlängert. Waren es in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts noch 220 Tage im Jahr, so hat sich die Dauer der Vegetationsperiode bis 2010 auf durchschnittlich 240 Tage erhöht. Derzeit liegt der Beginn dieser Periode bei Mitte bis Ende März, deutlich früher im Jahr als Anfang April in den 60erJahren. Ebenso verschob sich das Ende von Anfang auf Mitte November.
Die Auswertungen der Daten der Thüringer Klimastationen zeigen für den Zeitraum der letzten 50 Jahre folgende Klimaveränderungen – Quelle ist die Thüringer Klimaagentur –: Anstieg der Jahresmitteltemperatur in ganz Thüringen, Abnahme der Frosttage im April und November sowie Zunahme der Sommertage, Abnahme der monatlichen Niederschlagssummen im Juni sowie die Zunahme der Anzahl an Tagen mit Niederschlag im Juli, thüringenweite Zunahme der Sonnenscheindauer im Juni. Anhand der Klimaentwicklung der letzten Jahrzehnte erstellte die Thüringer Klimaagentur eine ausführliche Einschätzung der aktuellen Klimasituation in Thüringen. Für den Zeitraum der nächsten 50 Jahre weisen die Modelle in Thüringen folgende Entwicklungen aus: eine zunehmende Erwärmung im Mittel um 1,9 Grad Celsius, eine Abnahme der
Frost- und Eistage und Zunahme der Sommer- und heißen Tage, eine Zunahme des Winter- und Abnahme des Sommerniederschlags. Zu rechnen ist mit einer Zunahme der Starkniederschlagsereignisse durch wachsendes Konvektionspotenzial und einer Zunahme der Sonnenscheindauer. Es kann natürlich die, die sich in die Sonne legen und brutzeln lassen, freuen, aber die Natur wird es nicht freuen. Da denke ich nicht nur an den Thüringer Wald, ich denke auch an das Thüringer Becken. Ich denke an den Harz und viele andere Regionen in Thüringen, wo sich die Welt und die Landschaft durch diese Erscheinungen dramatisch verändern werden, wenn wir nicht endlich dazu kommen, diese zu ändern. Dazu ist der Antrag der Koalitionsfraktionen ein erster Einstieg, den wir heute hier gewählt haben, weil der Strommarkt nur ein Bestandteil der Energiewende ist, ein Bestandteil des Klimaschutzes. Der zweite Bestandteil ist der Wärmemarkt und der dritte Bestandteil ist der individuelle Personenverkehr, der ebenfalls massiv zur CO2-Emission beiträgt.
Lassen Sie mich auf einige Punkte eingehen, die wir im Antrag beschrieben haben. Die ganze Frage des Netzausbaus: Sie beschreiben, Herr Gruhner, die Gleichstromtrasse als Verdienst von Frau Lieberknecht und Herrn Seehofer. Ich will hier die Verdienste der Ministerpräsidentin nicht unbedingt in Zweifel ziehen, aber ich möchte auch mal fragen, wer denn 2014 im Netzausbau in der vorgelegten Form den Gleichstromtrassen mit den Drehstromtrassen zugestimmt hat. Das war nicht diese Landesregierung, es war auch nicht diese Koalition, lieber Herr Gruhner, und jetzt hierherzukommen und zu sagen, Sie wollten den Netzausbau und Sie befördern den Netzausbau, das ist schon dreist. Das ist schon dreist, was Sie hier behaupten, auch zur P44 – Frau Ministerin hat die Anstrengungen der Landesregierung dazu hervorgehoben. Ich möchte auch mal die Anstrengungen der rot-rot-grünen Koalition dazu hervorheben, die wir getan haben. Wir haben dazu eine öffentliche Anhörung im Umweltausschuss beantragt und durchgeführt. In dieser Anhörung – Sie werden sich erinnern – wurde deutlich von den Netzbetreibern dargestellt – das war nach dem 1. Juli –, dass man weiterhin an dem Ausbau festhalten möchte, dass man die P44 so bauen will. Alle anderen waren dagegen und deswegen ist es unabdingbar, weiterhin darauf zu pochen, auch wenn es die Beschlüsse gibt, dass es P44 nicht gibt, weil dort kein Bündelungseffekt ist, weil dort eine Natur zerstört wird, eine Landschaft zerschnitten wird, die bisher nicht von solchen Projekten betroffen ist. Das muss man dann mal sagen. Auch dieser Bündelungseffekt, auf den Sie sich immer berufen, den Sie für die vorhergehenden Trassen präferiert haben: Klar hat man gebündelt. Man hat gesagt, da ist die Autobahn, da ist die ICE-Trasse und da bauen wir jetzt die 380-kV-Trasse lang. Man hat nur vergessen, dass die Autobahn
und die ICE-Trasse irgendwann unter dem Thüringer Wald verschwinden und dass die Trasse nicht unter dem Thüringer Wald verschwindet, sondern dass man die Trasse über den Thüringer Wald gebaut hat. Mit etwas Koordination und Nachdruck der damaligen Thüringer Landesregierung wäre es durchaus möglich gewesen, noch einen Tunnel zu bohren und die 380-kV unter dem Thüringer Wald hindurchzuführen, lieber Herr Gruhner. Auch das gehört zur Wahrheit dazu. Verschweigen Sie nicht die Geschichten, die vorher gelaufen sind. Sie waren damals zwar noch nicht im Landtag, aber trotzdem stehen Sie natürlich in der Verantwortung für Ihre Partei und Ihre Fraktion.
Netznutzungsentgelte: Wenn ich davon ausgehe, dass wir alles, was nicht mehrheitsfähig ist, gegenwärtig aufgeben und nicht weiterverfolgen sollten, wo kommen wir dann hin? Wenn alles, was mal nicht mehrheitsfähig war, aufgegeben worden wäre, dann hätten wir heute noch AKW, dann hätten wir keine Energiewende, dann hätten wir keine Stromwende, dann hätten wir keine Diskussion über Klimaschutz und dann hätten wir auch keine rot-rotgrüne Koalition in Thüringen, lieber Herr Gruhner.
Die nicht gegebene Mehrheitsfähigkeit gegenwärtig damit abzutun, weil es so ist, und deswegen lassen wir die Projekte sausen, das ist völlig falsch. Gerade deswegen müssen wir kämpfen, dass es mehrheitsfähig wird.
Dazu brauchen wir die Opposition, weil die Opposition nur in Berlin in der Regierung ist. Deswegen noch mal meine Einladung: Vergessen Sie Ihre Bedenken, glauben Sie auch mal Rot-Rot-Grün und überwinden Sie sich und stimmen zu.
Ganz verrückt wird es, lieber Herr Gruhner, wenn Sie uns vorwerfen, mit unserem Ausbau der Windenergie die Kosten für die Verteilernetze nach oben zu treiben und damit die Netznutzungsentgelte zu erhöhen. Wenn wir dann schreiben, wir wollen vorrangig die Regionalen Planungsgemeinschaften dazu animieren, dass nur dort erneuerbare Energien aufgebaut werden, wo vorhandene Netzstrukturen sind, und wollen damit zusätzliche Investitionen in Verteilernetze vermeiden, dann sagen Sie uns, wir gängeln die. Also was wollen Sie denn nun? Wollen Sie Netznutzungsentgelte vermeiden? Wollen Sie neue Verteilernetze vermeiden? Oder wollen Sie das Gegenteil?
Es ist einfach dreist, was Sie hier behaupten. Nicht wir sind dreist, Sie sind dreist. Erst uns zu unterstellen, wir führen zu mehr Mehrkosten, wenn wir aber Vorschläge machen, wie die Mehrkosten entfallen könnten, dann sind wir die Blödköpfe der Nation, die nix begreifen, die nix raffen und die hier nur Schwachsinn vorschlagen. Irgendwo verstehe ich es dann nicht mehr. Da muss man sich auch mal an seinen eigenen Worten messen lassen, Herr Gruhner. Sie haben es innerhalb von 5 Minuten einmal so dargestellt und einmal so dargestellt.
Das ist einfach falsch, entspricht nicht den Tatsachen und muss auch mal an dieser Stelle klargestellt werden. Und wenn Sie noch so laut hereinrufen, deswegen wird Ihre Aussage nicht wahrer. Deswegen werden Sie hier nicht die Wahrheit pachten und werden das Gegenteil von dem behaupten, was wir Ihnen zum Beschließen vorlegen.
Auch zum Dialogprozess: Lieber Herr Gruhner, wir haben den Bürgerdialog bereits im Koalitionsvertrag verankert. Wir führen den Bürgerdialog in einem nie da gewesenen Verfahren zum Windenergieerlass in Thüringen durch.
Regierungshandeln stellen wir der öffentlichen Debatte, stellen wir der öffentlichen Diskussion. Das hat es unter schwarzer Regierungsführung nie gegeben; Regierungshandeln wurde nicht mal im Landtag debattiert, weil ein Erlass Aufgabe der Landesregierung ist. Wir diskutieren das mit den Bürgerinnen und Bürgern auf einer extrem breiten Basis.
Wir haben es vom Juli bis 30. September öffentlich zur Diskussion gestellt. Es gab dort 537 Beteiligungen. Wir machen jetzt über den Ausschuss eine zweite Anhörung von anerkannten Naturschutzverbänden, von Bauernverbänden, von Landwirtschaftsverbänden, von Bürgerinitiativen. Wir holen noch mal die Meinung ein.