Protokoll der Sitzung vom 24.02.2016

Sie wissen vermutlich gar nicht mehr, wie sich das anfühlt, Herr Harzer, denn mittlerweile hat das EEG 104 Paragrafen und dabei sind die Verordnungen, zu denen das EEG ermächtigt, noch gar nicht mitgezählt. Sie sehen, das EEG ist ein klassisches Beispiel eines krebsartig wuchernden Gesetzes. Zu so etwas kommt es, wenn beinah zwei Jahrzehnte lang alle im Bundestag vertretenen Parteien planwirtschaftliche Regulierungen attraktiver finden als die soziale Marktwirtschaft.

(Beifall AfD)

Denn das, was üblicherweise der Markt klärt, mussten ja Sie klären, und zwar bis ins kleinste Detail. Besonders legendär an der EEG-Regulierungswut war unter uns Juristen die Anlage 2 zum EEG 2009, ich zitiere die einfach mal, weil die so schön plastisch macht, was das Problem ist. Da wurde von den Altparteien unter anderem auch die wichtige Frage geklärt, wann es einen Extrabonus für Biomasseanlagen gibt, die Tierexkremente einsetzen. Exkremente von Nutztieren und Pferden waren okay, die von Heimtieren dagegen nicht. Wehe, es verirrte sich das falsche Würstchen in die Anlage. Das konnte fatale Folgen für den Anlagenbetreiber haben. Wer hingegen diese Vorgaben beachtete, der konnte aus Scheiße Gold machen, dank dem EEG. Bezahlen musste und muss diese Regulierungswut auch irgendeiner, und zwar nicht zu knapp, für 2016 werden circa 29,1 Milliarden Euro im Jahr für die Förderung von erneuerbaren

(Abg. Harzer)

Energien prognostiziert. Deren Marktwert liegt allerdings nur bei 5,1 Milliarden Euro.

(Heiterkeit und Beifall AfD)

Daher werden allein die vom Stromkunden zu tragenden EEG-Differenzkosten für dieses Jahr mit über 23 Milliarden Euro prognostiziert. Hinzu kommen dann die Kosten des Netzausbaus, der teuren Absicherung gegen Engpässe – alles Folgen des EEG. Schaut man sich vergleichsweise in Frankreich oder Polen um, dann wird einem ganz schnell klar, im Gegensatz zu diesen Ländern plündert die Energiepolitik in Deutschland in unserem Land alles aus, vom Sozialhilfeempfänger über die Familien, über den Handwerker, die Landwirtschaft bis hin zur Industrie. An dieser Stelle kommt meist von den Grünen der Einwand, das ließe sich ändern, man bräuchte nur die Privilegierung der energieintensiven Unternehmen abschaffen, aber das ist natürlich – Herr Kobelt weiß das wahrscheinlich auch – großer Käse. Denn sparen würde man gerade mal 5 Milliarden Euro, dafür aber den Bestand von 720.000 gut bezahlten Arbeitsplätzen gefährden.

Auch die im Eckpunktepapier der Bundesregierung erarbeiteten Grundzüge einer EEG-Novelle werden an dem Problem nichts ändern, denn auch bei geplanten Ausschreibungen muss am Ende die Förderung vom Stromkunden bezahlt werden und sie kommt zur Förderung der Bestandsanlagen hinzu. Die Lösung kann daher nur lauten, wie eingangs erwähnt: Die wenigen Paragrafen des novellierten EEG müssten sich mit der Abwicklung des gigantischen planwirtschaftlichen Umverteilungssystems befassen und mit sonst nichts. Die Akteursvielfalt, Herr Kobelt, für erneuerbare Energien wäre dann natürlich im Eimer. Das ist allerdings aus unserer Sicht kein Nachteil. Wir haben nie verstanden, was es für einen Sinn machen soll, Gut- und Spitzenverdienern auf Kosten der Allgemeinheit in Niedrigzinszeiten eine planwirtschaftlich sichere Rendite zu verschaffen. Wer erneuerbare Energien toll findet, der kann sie gern auf sein Haus bauen, aber eben gefälligst ohne Subvention. Wir haben auch kein Mitleid mit Projektentwicklern, die sich schon auf Jahre hinaus die Zugriffsrechte für alle potenziell interessanten Flächen für Windkraftanlagen gesichert haben, sodass Ihre Akteursvielfalt, Herr Kobelt, sowieso allenfalls auf dem Papier, aber nie in der Realität besteht.

(Beifall AfD)

Für all diese potenziellen EEG-Investoren gibt es aus unserer Sicht eine klare Botschaft zu vermitteln: Verlassen Sie sich nicht auf stabile politische Rahmenbedingungen für die Förderung erneuerbarer Energien, denn die wird es mit der AfD nicht geben.

(Beifall AfD)

Das EEG und dessen Prinzip der Vermögensumverteilung von unten nach oben werden wir zum ständigen Thema machen. Die Zeiten, in denen man langfristig mit EEG-Subventionen auf Kosten der Allgemeinheit rechnen konnte, sind vorbei. Danke schön.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Möller. Das Wort hat nun die Abgeordnete Mühlbauer für die SPDFraktion.

Sehr geehrte Damen und Herren im Publikum, am Livestream, sehr geehrter Herr Präsident, meine werten Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich darauf nur sagen: Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie können sich auf stabile Verhältnisse verlassen! Dieses Signal kann ich von hier aus geben. Das heißt, dieses Horrorszenario der AfD spielt für mich hier politisch überhaupt keine Rolle.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Wobei das entscheidend ist, Frau Kollegin! Wobei die Frage ist, wer das entscheidet!)

Es ist heute hier gut und richtig, mal zur EEG-Reform Stellung nehmen zu können. Wenngleich, ich sage es hier so deutlich, ich es besser gefunden hätte, wir hätten uns fraktionsübergreifend, auch die Grünen, zu den Übergriffen der Rechtsextremen gemeinsam geäußert und dieses gegeißelt, statt sich jetzt auf die Bundes-SPD, die BundesCDU zu konzentrieren. Das ist nicht das Signal des heutigen Tages und eigentlich die falsche Botschaft. Sie treffen aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht nur die CDU und die SPD mit Ihrer Kritik. Nein, werter Kollege Kobelt, Sie treffen auch Ihren Bündnisgrünen, den Herrn Staatssekretär vom Bundeswirtschaftsministerium, Rainer Baake.

Lassen Sie mich aber allgemein beginnen. Deutschland, so leid es mir tut, ich muss Ihnen die Wahrheit hier sagen, besteht nicht nur aus Thüringen. Ein Allgemeinplatz eigentlich, aber meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen, manchmal scheinen Sie zu denken, Thüringen sei der Nabel der Welt, um den sich alles dreht. Ich muss Ihnen heute hier sagen, leider ist das nicht so. Dementsprechend ist für mich ganz klar, dass nicht jedes für ganz Deutschland geltende Gesetz alle spezifischen Thüringer Besonderheiten berücksichtigen kann und sich in einigen Fällen in Thüringen vielleicht sogar nachteilig auswirkt. Selbstverständlich, werte Kolleginnen und Kollegen, ist es unsere, ist es meine Aufgabe als Landespolitiker, unsere abweichende Position, unsere Besonderheiten nach Berlin zu tragen und um Berücksichtigung

(Abg. Möller)

zu bitten. Das muss man tun und das tue ich. Man muss allerdings auch Verständnis zeigen, wenn die Abwägungen nicht immer zu unseren Gunsten ausfallen und wenn wir in Berlin daran erinnert werden, dass wir nicht immer der maßgebliche Player auf Bundesebene sind. Und genau das wird bei der aktuellen EEG-Novelle deutlich. Was in meinen Augen komplett falsch ist, ist Ihre Kritik daran, dass wir die Energiewende künftig mehr am Markt ausrichten wollen. Ich halte das für eine absolute Notwendigkeit.

(Beifall CDU)

Das ist notwendig, um die Akzeptanz der Energiewende nicht zu gefährden, einen planvolleren Ausbau zu gewährleisten und die Kosten der Energiewende nicht ausufern zu lassen. Und – so ehrlich muss man auch sein – diese Entscheidung ist bereits gefallen, nämlich in der EEG-Novelle 2014 mit dem Einstieg in das Ausschreibungsmodell, Stichwort Pilotausschreibung. Für alle, die sich gerade fragen, was es mit der Ausschreibung auf sich hat, ein paar erklärende Worte. Ganz einfach, künftig erhalten vorerst nur bei Solar und Wind die Betreiber keine feste, jahrzehntelange stabile EEG-Vergütung mehr, sondern die Ermittlung der Fördersätze geschieht künftig am Markt. Die Anbieter müssen künftig bei Auktionen um eine kostendeckende Förderung mitbieten. Der Markt soll also den Preis regeln und nicht staatlich vorgegebene Preise je nach Entwicklung angepasst werden müssen. Das bedeutet letztendlich weniger Kosten, weniger Umverteilung und bessere Steuerung. Das halte ich nicht für falsch. Den Prozess halten wir jetzt nicht mehr auf. Das muss ich in der Deutlichkeit sagen. Und ich füge hinzu, wir sollten ihn auch nicht aufhalten. Das gilt umso mehr, wenn man sich mit dem Rechtsgutachten der HU Berlin auseinandersetzt, vorgestellt am 16. Februar. Dieses hält das EEG für verfassungs- und europarechtswidrig. Ich halte es also für ratsam, das EEG weiterzuentwickeln und die juristischen Schwachstellen, wie etwa die EEGUmlage, zu beseitigen. Zumal das Bundeswirtschaftsministerium eine Ihrer damaligen Forderungen aufgegriffen hat, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Forderung nach Ausnahmen von kleinen Bürgerenergieprojekten bei Windenergieanlagen an Land, um die Akteursvielfalt zu erhalten. Erst jüngst hat Ihr Staatssekretär, nämlich Herr Baake, auf der Konferenz der E-world energy & water in Essen ein Konzept zum Erhalt der Akteursvielfalt bei der Umstellung der Förderung für erneuerbare Energien auf Ausschreibungen vorgestellt. Dieses Konzept geht auf die Bürgerenergiegesellschaften ein. Damit erhalten wir frühzeitig notwendige Investitionssicherheit, um neue Windprojekte zu entwickeln und bauen zu können. Dies halte ich für zielführend, wenngleich man im Detail auch ruhig dauerhaft weiter nachsteuern darf. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Frau Mühlbauer. Jetzt hat das Wort der Abgeordnete Gruhner für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Mühlbauer, ich bin geradezu entzückt vom Anfang Ihrer Rede. In vielen Teilen kann ich Ihnen zustimmen und offensichtlich müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die Grünen nach dem Wassercent jetzt auch beim Thema EEG die nächste große koalitionäre Uneinigkeit produzieren.

(Beifall CDU)

Herzlichen Glückwunsch. Ich glaube, Sie haben in Ihrer Koalition noch ein bisschen was zu klären. Wenn man hier zur Kenntnis nehmen muss, dass Dunkelrot und Grün Herrn Gabriel als Genossen der Bosse darstellen, der die großen Energiekonzerne verteidigt, und dann die EEG-Reform aus dem Hause Gabriel hier in Bausch und Bogen geredet wird, dann ist das schon interessant. Ich würde sagen, setzen Sie sich noch mal an den Tisch, damit Sie hier in Ihrer Koalition erst mal gemeinsam wissen, wo Sie langwollen. Das vielleicht als erste Vorbemerkung.

(Beifall CDU)

Dann die zweite Vorbemerkung: Kollege Kobelt, Sie haben hier eine lange Wunschliste ausgebreitet, was Sie alles gerne im EEG stehen haben wollen. Ich fasse das mal so zusammen: Wenn wir das realisieren, was Sie alles wollen, dann führt das am Ende nur zu Mehrkosten für Bürger und Wirtschaft. Am Ende führt das dazu, dass nur noch der grüne Porschefahrer sich Ökostrom leisten kann, und das wollen wir ausdrücklich nicht. Wir wollen, dass die Energiewende bezahlbar bleibt.

(Beifall CDU, AfD)

Deswegen will ich noch mal kurz sagen: Wo stehen wir eigentlich? Erstens, wir stehen in Deutschland bei der Stromerzeugung bei rund 30 Prozent aus erneuerbaren Energien. In Thüringen sind wir bei über 50 Prozent. Das heißt, die Erneuerbaren sind raus aus den Kinderschuhen und deswegen ist es absolut gerechtfertigt, dass es hier auch zu einem Systemwechsel bei der Förderung der Erneuerbaren kommt. Zweitens will ich auch sagen, dass mittlerweile im Durchschnitt jede Familie jährlich rund 230 Euro nur für die Förderung der Erneuerbaren ausgibt und dass 54 Prozent des Strompreises Steuern und Abgaben sind. Das zeigt letztlich, dass wir ein Kostenproblem bei der Energiewende haben, es zeigt, dass wir aufpassen müssen, dass die Energiewende nicht zur neuen sozialen Frage wird. Es zeigt letztlich, dass wir Preisanstiege eindämmen müssen. Deswegen ist es zunächst richtig, dass diese EEG-Reform mit einem Paradigmen

(Abg. Mühlbauer)

wechsel bei der Förderung auf den Weg gebracht wird. Drei Prämissen sind dabei wichtig und die unterstützen wir auch ausdrücklich: Erstens, wir brauchen den Systemwechsel hin zu Ausschreibungen. Kollegin Mühlbauer hat das deutlich gesagt, künftig soll eben nicht die Politik die Höhe der Fördersätze festlegen, sondern der Markt soll die Höhe der Fördersätze festlegen. Deswegen ist es richtig, dass wir mit einem Systemwechsel die Erneuerbaren hier auch ins Zeitalter der Marktwirtschaft überführen wollen. Wenn Sie sich anschauen, bei der Photovoltaik hat das schon gut geklappt.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Ja? Wo denn?)

Da sind die entsprechenden Fördersätze auch schon gesunken. Deswegen ist dieser Weg richtig.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Tau- sende Arbeitsplätze verloren!)

Zweitens ist es wichtig, dass wir natürlich den Ausbaukorridor einhalten, den Bundestag und Bundesrat festgelegt haben, und dass wir nicht ohne Sinn und Verstand die Erneuerbaren mit der Brechstange weiter ausbauen.

(Beifall CDU)

Denn auch das haben wir immer wieder gesagt: Wir brauchen eine Synchronisierung von Netzausbau, von Speichertechnologien und eben vom Ausbau der erneuerbaren Energien. Sie wollen ohne Sinn und Verstand ausbauen.

(Beifall CDU)

Das führt zu Chaos, das führt zu weiteren Kostensteigerungen. Deswegen sage ich Ihnen: Es macht keinen Sinn, den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Herr Gruhner, ohne Sinn und Verstand!)

Deswegen ist es richtig, dass mit der EEG-Novelle klar auf einen Ausbaukorridor bestanden wird.

(Beifall CDU)

Drittens – ja – geht es darum, dass wir Akteursvielfalt erhalten. Das ist von verschiedenen Kollegen angesprochen worden. Aber auch da kennen Sie offensichtlich den aktuellen Stand nicht. Die EEGNovelle oder die Eckpunkte, die jetzt aus dem Hause Gabriel vorliegen, sagen eindeutig, dass man im Bereich der Bürgerenergiegenossenschaften noch mal nachgebessert hat, dass es hier auch zu entsprechenden Ausnahmeregelungen bei den Ausschreibungen kommt und dass eben tatsächlich am Ende nicht Bürgerenergiegenossenschaften in die Röhre gucken. Aber eins ist auch klar, wir können nicht Regelungen schaffen, die am Ende großen Investoren als Schlupflöcher dienen und die

sich dann praktisch aus dem Markt völlig rausnehmen. Das kann auch nicht das Ziel sein.

(Beifall CDU)

Deswegen die zwei letzten Punkte, die ich noch mal nennen will: Ja, wir unterstützen Sie dabei, wenn es darum geht, die Biomasse beim EEG stärker zu machen. Das reicht uns auch nicht, weil das eine wichtige Säule der Energiewende in Thüringen ist.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Warum haben Sie es dann abge- würgt?)

Aber ich sage Ihnen auch, was überhaupt nicht geht, dass Sie jetzt mit einem Vorschlag kommen und sagen, Sie wollen ein Regionenmodell bei der Windenergieerzeugung. Das heißt nichts anderes, als dass Sie auch dort Windenergienutzung subventionieren wollen, wo sie überhaupt keinen Sinn macht, wo die Windhöffigkeit nicht gegeben ist und wo ökonomisch Windenergie gar nicht leistbar ist, wo sie sich im Markt gar nicht bewähren könnte. Das bedeutet, Sie wollen Planwirtschaft zementieren, Sie sind gegen Marktwirtschaft bei der Energiewende. Deswegen ist ein Regionenmodell, wie Sie es wollen, überhaupt nicht unterstützenswert.

(Beifall CDU)

Deswegen ist es auch richtig, dass bei der EEGNovelle dies so nicht zum Tragen kommt. Schönen Dank.