Protokoll der Sitzung vom 22.06.2016

rungsstufen und die Stufenrestlaufzeiten übernommen. Wenn auch immer wieder behauptet wird, wir hätten die Beschäftigten mit Hochschulabschluss, die letzten Endes laut reiner Tariftabelle in E 5 eingruppiert werden müssen, verlassen, dann ist auch das falsch. Wir haben dafür gesorgt, dass in Kooperation mit den Schulträgern bei sorgsamer Einstellungspolitik derjenigen mit Hochschulabschluss die Tarifstufe E 8 für diese Kolleginnen und Kollegen gesichert wird.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wie viele sind das denn?)

Wir haben im Rahmen des Modellprojekts auch dafür sorgen können, dass die Kolleginnen und Kollegen mit einem höheren Stellenumfang als diejenigen im Landesdienst ihren höheren Stellenumfang in die neuen Verträge überführen können. Damit ist die pädagogische Einheit von Schule und Hort – ein Alleinstellungsmerkmal in Thüringen – für die nächsten Jahre gesichert und wir können den Ausbau der ganztägigen Schulangebote jetzt auf solider Basis miteinander bereden und organisieren.

Punkt 2: Berufsschulnetz. Dazu haben Sie gar nichts gesagt. Über Jahre hinweg sind im Berufsschulbereich aus den verschiedenen Gründen Entscheidungen verschleppt worden. Das führte dazu, dass Thüringen die teuerste Berufsausbildung hat. Aber die teuerste Berufsausbildung – mit 2.000 Euro über dem Bundesdurchschnitt pro Schüler liegend – hat nicht die entsprechenden Effekte gebracht. Jedes Jahr wurde der Bescheid neu versandt, wie die Berufsschulen mit entsprechenden Klassengrößen und Ausbildungsrichtungen in das Schuljahr gehen. Wir haben gehandelt und haben in einem langen Diskussionsprozess, der natürlich auch ein schwieriger Diskussionsprozess war, erreicht, dass wir das Berufsschulnetz in der Fläche sichern, dass wir Traditionsberufe schützen konnten, dass wir Planungssicherheit für einen Ausbildungsdurchlauf von zwei mal drei Jahren – also für sechs Jahre – haben. Das hat niemand vor uns erreicht. Demzufolge könnten Sie das wenigstens respektvoll zur Kenntnis nehmen.

(Beifall DIE LINKE)

Drittens zum Thema „Klassenfahrten“: Zwei Jahrzehnte lang sind Kolleginnen und Kollegen, wenn sie auf Klassenfahrt gingen, ohne die Rückerstattung von Reisekosten unterwegs gewesen. Es gab keine Regelung für die Vergabe von Freiplätzen. Es gab keine Regelung für die Vergabe von Drittmitteln. Demzufolge hatten wir uns damit auseinanderzusetzen, dass es inzwischen ein Gerichtsurteil gab, welches die Möglichkeit erschloss, dass Dienstreisekosten für Kolleginnen und Kollegen, wenn sie an Klassenfahrten teilnehmen, erstattet

werden. Dazu gibt es einen Haushaltstitel von fast 1 Million Euro.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Sie haben doch gekürzt um 800.000!)

Halten Sie doch mal Ihren Mund und lassen Sie mich zu Ende reden!

(Beifall DIE LINKE)

(Unruhe CDU)

Frau Ministerin!

Wir mussten das mit einer Verwaltungsvorschrift begleiten, damit das alles sauber läuft. In jedem Unternehmen ist es so, dass Dienstreisen nach bestimmten Regelungen genehmigt werden. Demzufolge haben wir diese Verwaltungsvorschrift organisiert und für die Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit geschaffen, die Fahrten als Dienstreisen abzurechnen. Dass das viel Arbeit und hohen Kommunikationsaufwand erfordert, ist uns völlig klar. Aber ich kann dem überhaupt nicht folgen und nichts bestätigt uns das, dass wir Klassenfahrten unzureichend genehmigen würden. Wir haben jetzt im ersten Durchgang die Klassenfahrten für alle Schülerinnen und Schüler in den Blick genommen. Dann geht es im zweiten Durchgang um diejenigen, die gewissermaßen „Traditionsfahrten“ an verschiedenen Schulen sind. Wir wollen auch sorgsam mit diesem Geld umgehen. Der Rechnungshofbericht ist eben wieder gekommen. Wir möchten uns da keinem Vorwurf aussetzen.

Vierte Anmerkung – zum Thema „Freie Schulen“: Ich erinnere nur daran, dass die vorherige Landesregierung uns ein Gesetz hinterlassen hat, welches nicht verfassungskonform war. Dieses Gesetz haben wir auf solide Füße gestellt. Die Schulen in freier Trägerschaft haben eine beispielgebende Finanzierung. Dass dort immer noch mehr möglich ist, ist völlig klar. Aber manche scheinen vergessen zu haben, dass wir in dieses System außerordentlich viel Geld stecken, weil wir die Qualität dieser Schulen schätzen.

Fünfte Anmerkung: Es ist bereits angedeutet worden, was in der Einstellungspolitik insbesondere unter CDU-Alleinregierung gelaufen ist. 2009 – das war das letzte Jahr der CDU-Alleinregierung – sind sage und schreibe acht Kolleginnen und Kollegen eingestellt worden. Acht! Die rot-rot-grüne Landesregierung hat sich per Koalitionsvertrag vorgenommen – und es auch in den ersten Schritten umgesetzt –, insgesamt 2.500 Kolleginnen und Kollegen neu und fest in den Schuldienst einzustellen. 2015 haben wir das mit 500 Kolleginnen und Kollegen

(Ministerin Dr. Klaubert)

geschafft – das Verfahren im Jahr 2016 läuft noch – und so werden wir das auch weiter machen. Alles andere zur Personalentwicklung haben Torsten Wolf und Birgit Pelke bereits gesagt.

Der Aufbau einer Vertretungsreserve ist uns als erster Landesregierung unter Rot-Rot-Grün gelungen. Wir haben einen Vertretungspool von 100 Vertretungskräften. Das ist nicht ausreichend, aber wir sind dort auf dem Weg, die dringendsten Fälle, insbesondere bei Langzeiterkrankungen, regeln zu können.

Sechste Anmerkung: Das vergangene Schuljahr war auch kein gewöhnliches Schuljahr. Es haben sehr viele Kinder und Jugendliche aus fremden Ländern aus Fluchtgründen bei uns Schutz gesucht. Wir helfen den Schulen, indem wir im Doppelhaushalt 2016/2017 dafür gesorgt haben, dass zusätzlich 300 Lehrkräfte zunächst befristet in das System kommen. Wir haben ein System der Sprachförderung aufgebaut. Unser Ziel ist es, die neu hinzugekommenen Kinder und Jugendlichen ganz schnell in den Schulalltag, auch in den Alltag der Kindergärten, und in das soziale Umfeld zu integrieren.

Die Bilanz unserer Regierungspolitik: Feste Arbeitsplätze für 1.000 Erzieherinnen und Erzieher, ein zukunftsfestes Berufsschulnetz, mehr Personal an den Schulen und eine gelingende Integration von geflüchteten Kindern und Jugendlichen.

Aber ich habe Ihnen zehn Anmerkungen versprochen. Zu der nächsten, der siebenten, möchte ich sagen: Kein anderes Bundesland hat wie wir einen Bildungsplan bis zum 18. Lebensjahr.

(Beifall DIE LINKE)

Außerhalb von Thüringen wird er beachtet und auch meine Kolleginnen und Kollegen sind unterwegs und diskutieren tatsächlich Bildungspolitik mit diesem Bildungsplan.

Achtens: Wir haben dafür gesorgt, dass das Schulsozialarbeiterprogramm weitergeht. Derzeit sind 260 Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter an 270 Schulen in Thüringen beschäftigt.

Wir haben auch das Bildungsfreistellungsgesetz in Thüringen – als weiteren Punkt – auf den Weg gebracht. Ich kann mich nur wundern, dass die CDU jetzt plötzlich traurig darüber ist, dass dieses Gesetz noch nicht angewandt wird,

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Da haben Sie ja nicht zugehört!)

weil die Verordnung im Moment noch in der Abstimmung zwischen drei Ministerien ist, aber der Beirat trotzdem schon zweimal getagt hat und die Maßnahmen schon gesichtet worden sind und wir mit dem Schuljahres- respektive Semesterbeginn mit diesem Bildungsfreistellungsgesetz wirklich in die

Vollen starten können. Das ist auch unser Verdienst; das ist Verdienst dieser Landesregierung unter Rot-Rot-Grün. Dass Thüringen das vierzehnte von 16 Ländern war, welches ein Bildungsfreistellungsgesetz erarbeitet hat, muss ich vielleicht an dieser Stelle auch noch einmal sagen.

Abschließend und letztens zusammengefasst: Die Bilanz dieser Zeit von rot-rot-grüner Politik und rotrot-grüner Bildungspolitik kann sich sehen lassen, und ich bin sehr froh darüber, dass die Opposition mir die Gelegenheit gegeben hat, das einmal darzustellen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Sie haben dem Abgeordneten Tischner zugerufen: „Halten Sie doch bitte mal den Mund!“ Ich darf darauf aufmerksam machen, dass Sie natürlich als Ministerin nicht meiner Ordnungsgewalt unterliegen, ich einem Abgeordneten aber mit Sicherheit zumindest eine Rüge erteilt hätte.

(Zwischenruf Dr. Klaubert, Ministerin für Bil- dung, Jugend und Sport: Ich entschuldige mich dafür!)

Aber darüber hinaus darf ich als Parlamentspräsident festhalten, dass es der Landesregierung jedenfalls nicht zusteht, einem Abgeordneten hier in diesem Saal das Wort zu verbieten.

(Beifall CDU, AfD)

(Zwischenruf Abg. Kowalleck, CDU: Die Zei- ten sind zum Glück vorbei!)

Ich vermute, Ihre Entschuldigung wird akzeptiert.

Die Redezeit hat sich für jede Fraktion um 1 Minute verlängert. Ich frage: Gibt es weitere Wortmeldungen? Herr Abgeordneter Tischner, bitte schön.

Meine Damen und Herren, jetzt wo der Präsident noch mal darauf hingewiesen hat, wie wichtig es ist, dass die Abgeordneten hier im Parlament auch reden können und dass die Regierung zuhört, möchte ich doch noch mal feststellen: Frau Ministerin, ich hätte mir schon gewünscht, dass Sie ein realistisches Bild der Lage zeichnen. Es sind ja durchaus Sachen, die wir auch öfter hier im Hause ansprechen, an denen Sie arbeiten. Aber das, was Sie jetzt geliefert haben, war eine Fantasiewelt. Es gibt tatsächlich im Land riesengroße Baustellen und da hätten wir uns als Fraktion gewünscht, dass Sie das einfach auch mal benennen und sagen: Daran arbeiten wir, das ist unser Thema.

(Ministerin Dr. Klaubert)

Und eins möchte ich auch noch sagen: Sie reden immer darüber, dass 2008 nur ein paar Lehrer eingestellt worden sind; dann seien Sie bitte auch so ehrlich, dass wir 2008 die Situation hatten, dass wir mit einem Schlag in Thüringen 1.500 Lehrer mehr hatten und zum Beispiel viele Leute, die damals eingestellt worden wären – ich kenne die alle, ich war damals im Studienseminar – nicht eingestellt werden konnten, weil damals auf einen Schlag 1.500 Kolleginnen und Kollegen mehr im Land waren. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Weitere Wortmeldungen? Das sehe ich nicht. Damit schließen wir den ersten Teil der Aktuellen Stunde und ich rufe den zweiten Teil der Aktuellen Stunde auf

b) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema: „Die Aufweichung des Mindestlohns verhindern, klare Regeln gegen Lohndumping auch in Thüringen“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/2287

Als Erster erteile ich Abgeordneter Leukefeld für die Fraktion Die Linke das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, es geht um das Thema „Mindestlohn“. Hintergrund ist das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24.05. dieses Jahres. Lassen Sie mich aber eine kurze Vorbemerkung machen: Wir haben um den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn lange gekämpft und gerungen. Der ist noch nicht perfekt – auch das Gesetz ist noch nicht perfekt, wie sich jetzt herausgestellt hat –, aber die Erzielung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns ist ein Erfolg und den lassen wir uns auch von niemandem kleinreden.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

„Thüringer Arbeitnehmer“ – so war es nachzulesen in der TA vom 02.06. dieses Jahres – „profitieren am meisten“ davon. Das sind mindestens 190.000. Es betrifft also ein Fünftel aller Arbeitsplätze, 66 Prozent davon Frauenarbeitsplätze. Daran kann man sehen, dass in Thüringen Niedriglohn an der Tagesordnung war und oftmals auch noch ist. Nun ist es aber zum Glück so, dass die Thüringer Nied

riglohnstrategie überwunden scheint. Prekäre Beschäftigungen gibt es schon noch. Es gibt bisher zum Mindestlohngesetz relativ wenige Klagen, Konflikte aber schon. Ein Konflikt wurde in dieser Klage deutlich, zu der es jetzt das Urteil gibt. Ich fand das schon enttäuschend, weil mit dem Gegenstand dieser Klage deutlich wurde, dass das Prinzip, dass jede Arbeitszeitstunde mindestens 8,50 Euro wert sein sollte, unterlaufen wird. Nun steht es der Politik nicht zu, Entscheidungen des hohen Gerichts zu kritisieren, aber mit diesem Urteil wird deutlich, dass das Mindestlohngesetz Lücken hat und damit Unsicherheiten auch in der Rechtsauslegung da sind und dass die – ja, das muss man so sagen – eben auch ausgenutzt werden. Deshalb – und das darf ich hier so im Namen aller drei Koalitionsfraktionen sagen – unterstützen wir sehr und freuen uns darüber, dass die zuständige Ministerin für Arbeit der Thüringer Landesregierung die Bundesregierung aufgefordert hat, das Gesetz nachzubessern, damit es eben eine solche Verrechnung von Zusatz- und Sonderzahlungen mit dem Mindestlohn nicht mehr geben kann, damit dort Klarheit geschaffen wird.

Ich will noch mal sagen, worum es geht: Hintergrund war, dass eine 53-jährige Angestellte einer Klinikservicegesellschaft der Meinung war, ihr stünden die im Arbeitsvertrag vereinbarten Sonderzahlungen von Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld zusätzlich zum Mindestlohn zu. Das, meine Damen und Herren, hätte ich auch gedacht. Es war aber nicht so. Denn jetzt ist deutlich geworden: Wenn man nicht zwei Ratenzahlungen als Urlaubsgeld in einer Summe und Weihnachtsgeld in einer Summe zahlt, sondern das über zwölf Monate streckt und verteilt, wird aus der zusätzlichen leistungsunabhängigen Sonderzahlung, die ihren Grund hat – ich muss hier nicht erklären, wozu man Urlaubsgeld und vielleicht auch Weihnachtsgeld braucht –, ein leistungsabhängiger Lohnbestandteil, der in der Tat – weil es nicht ausgeschlossen wurde im Gesetz – dem Mindestlohn angerechnet werden kann, wie das Bundesarbeitsgericht festgestellt hat. Das ist Trick 17 etlicher Unternehmer leider auch hier in Thüringen: Arbeitszeit wird abgesenkt, damit die Lohnsumme die gleiche bleibt, Urlaubsgeld wird aufgeteilt, Weihnachtsgeld auch, zum Teil auch andere zusätzliche Leistungen, die eigentlich kein Lohnbestandteil sind. Darauf muss man erst mal kommen. Redlich, meine Damen und Herren, ist das nicht. Das war niemals Sinn und Zweck des Mindestlohngesetzes. Und schon gar nicht wollten wir, dass das Mindestlohngesetz zum Verschiebebahnhof wird. Deshalb: Wir brauchen starke Gewerkschaften, bessere Tarifbindung von Unternehmen und auch Arbeitnehmerinnen, damit Tariflohn gezahlt wird, der ja bekanntlich, meistens jedenfalls, höher als der Mindestlohn ist. Dann klappt es auch mit den Fachkräften besser. Wir wollen, dass jede Stunde Arbeitszeit mindestens 8,50 Euro wert

(Abg. Tischner)