Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, gestatten Sie mir am Anfang die erneute Feststellung: Die Regierung hat in der vergangenen Woche den § 74 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags genutzt, um gegenüber dem Landtag, den von der Bevölkerung des Freistaats Thüringen gewählten Abgeordneten, zu allen Fragen, die sie im Zusammenhang mit dem, was hier als „Affäre Lauinger“ oder als „Sohnemann-Affäre“ bezeichnet wird, dem Bildungsausschuss, weil es um eine schulpolitische Frage geht – oder um eine schulische Frage –, und natürlich auch dem Justizausschuss, weil es um den Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz geht, Rede und Antwort zu stehen. Dieser Ausschuss hat gestern fünf Stunden getagt und hat am Ende dieser fünfstündigen Sitzung, nachdem festgestellt worden war, dass es in dieser Ausschusssitzung keine Frage mehr gibt, die im Ausschuss gestellt wird, bei Zustimmung der Koalitionsfraktionen, Gegenstimmen der CDU-Fraktion und Enthaltung der Fraktion der AfD entschieden, die Ausschusssitzung zu beenden. Die Landesregierung hat ihrerseits deutlich gemacht – und zwar vertreten durch Ministerin Klaubert, durch Minister Lauinger, Staatssekretärin Ohler und mich –, dass wir diesem Ausschuss so lange Rede und Antwort stehen, wie es Fragen in diesem Ausschuss gibt. Und wir haben gesagt, dass wir diesen Ausschuss keine Minute vorher verlassen, sollte noch irgendeine Frage offen sein. Es hat der Ausschuss entschieden. Auch seitens der CDU-Fraktion ist am Ende dieser Sitzung um 20.17 Uhr keine Frage mehr aufgeworfen worden.
Wir haben eine 13-seitige Stellungnahme abgegeben, in der wir – zugestanden – seitens der Abgeordneten, auch der Opposition, Sachverhalte aufgeklärt, Sachverhalte thematisiert haben, die zum Teil als Fragen gar nicht aufgeworfen wurden, weil wir den gesamten Sachverhalt dargestellt haben. Wir haben auch dargestellt, was gar nicht Gegenstand der Fragen der Opposition gewesen ist, wie innerhalb des TMBJS, nachdem die Entscheidung der Ministerin lange getroffen war, das Zeugnis für den Schüler ausgestellt war, die rechtliche Bewertung, die gestern im Ausschuss eine relevante Frage war – darauf komme ich noch –, des § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz und des Vertrauensschutzes ein
zuschätzen sei. Das war keine Frage der Opposition – weder der AfD noch der CDU. Die Regierung ist selbst auf diese Sachverhalte eingegangen. Sie ist auch darauf eingegangen, was am 5. Juli – weit nach der Entscheidung – Schlussfolgerung des Ministeriums gewesen ist, wie darauf zu reagieren ist. Es ist auch deutlich gemacht worden, wie die Beschäftigten im Haus in einer Situation, in der sie mit der Entscheidung der Hausleitung tatsächlich nicht einverstanden sind, umgegangen sind. Das ist im Freistaat Thüringen zwar kein Einzelfall, aber das ist mit Sicherheit ein Ausnahmefall in ministeriellen Entscheidungen. Das sind Situationen, die man nicht gern hat. Und gleichwohl gibt es das Recht von Beamtinnen und Beamten, in einem Fall, in dem sie mit der Entscheidung ihrer Vorgesetzten nicht einverstanden sind, zu remonstrieren, also schriftlich zu bekunden, warum sie aus rechtlichen Erwägungen mit der Entscheidung nicht einverstanden sind, oder dies anzukündigen. Im Ministerium ist dies angekündigt und nie vollzogen worden.
Insofern finde ich es interessant, dass die CDU heute hier, repräsentiert durch ihren Fraktionsvorsitzenden, zwei Dinge deutlich macht: Zum einen, sie hat sich in der Sache, über die wir hier reden, was der Ausgangspunkt der Kontroverse ist, ihre Meinung bereits gebildet. Denn hätte sich die CDUFraktion ihre Meinung nicht bereits gebildet, hätte sie heute nicht den Minister in ihrem Antrag, Drucksache 6/2557, auffordern können, nach § 3 Ministergesetz zurückzutreten und anderenfalls, sollte er von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch machen, den Ministerpräsidenten dazu auffordern können, ihn zu entlassen. Das heißt, in der CDU-Fraktion ist der Meinungsbildungsprozess zum Vorgang Dieter Lauinger abgeschlossen. Zu den politischen Hintergründen des Abschlusses der Meinungsbildung in diesem Zusammenhang: Sie haben sich mit Ihrem Entschließungsantrag, dass der Minister entlassen werden soll, Ihre abschließende Meinung zu Dieter Lauinger bereits gebildet.
Sie haben auch deutlich gemacht, welche Gründe Sie bewogen haben, in der Sache selbst seine Entlassung zu fordern und welche in der Person Dieter Lauinger liegen, und das hat nichts mit seinem Verhalten zu tun. Das hat mit einer Anzeige im Jahr 2014 in einer Auseinandersetzung zwischen dem damaligen Landesvorsitzenden, nicht dem Landtag angehörenden grünen Politiker Dieter Lauinger und einer CDU-geführten Landesregierung zu tun. Hier sage ich: Alle Bürgerinnen und Bürger im Freistaat Thüringen mögen sich eine Meinung über das Verhalten des Ministers Lauinger in dem Vorgang bilden, der uns hier als Parlament beschäftigt, in dem er sich gestern im Ausschuss entschuldigt hat und heute seine Entschuldigung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern im Freistaat Thüringen vorge
tragen hat, und über die politische Auseinandersetzung, die der Fraktionsvorsitzende der CDU unter der Überschrift „Revanche-Foul“ hier in seiner Rede im Hinblick auf eine lange zurückliegende Affäre Zimmermann mitgeteilt hat.
Dass das letztlich Wasser auf die Mühlen all derjenigen ist, die sagen, das Altparteienkartell streitet sich untereinander, lasse ich völlig dahingestellt. Ob dies schlau war, Herr Fraktionsvorsitzender, das sei dahingestellt. Ich weise nur darauf hin, dass Ihr Instrument des Untersuchungsausschusses, für kommenden Montag als Variante angekündigt, ja zur Aufklärung …
(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Sollten sie nicht vorliegen, werden wir einen Untersu- chungsausschuss beantragen!)
Genau das ist der Punkt: Sie suggerieren, dass die Landesregierung in der Sitzung gestern etwas verschwiegen hat, auf Fragen nicht hätte antworten wollen. Die Landesregierung hat gestern, und da beziehe ich mich noch mal auf meine eingangs gesagten Worte, wir haben als Landesregierung um die Möglichkeit der Stellungnahme vor den beiden Ausschüssen gebeten. Wir haben gestern eine schriftliche Stellungnahme, die alle einsehen können, zur Verfügung gestellt. Wir sind auf Fragen eingegangen, auf Sachverhalte eingegangen, die seitens der Opposition gar nicht gefragt worden sind. Und Sie suggerieren, dass die Landesregierung Informationen zurückgehalten hat. Darüber können sich die Bürgerinnen und Bürger im Freistaat eine Meinung bilden. Ich sage nur: Das Instrument und das Minderheitenrechtsinstrument des Untersuchungsausschusses soll nicht zum Kampagneninstrument einer Partei verkommen.
(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Seit wann bewertet denn die Regierung die Opposi- tionsrechte!? Seit wann denn das?)
Jetzt bitte ich um mehr Aufmerksamkeit und um Beendigung der Zwiegespräche. Herr Minister Hoff hat das Wort.
Ich danke Ihnen, Herr Präsident. Der Gegenstand, den der Fraktionsvorsitzende der CDU heute aufgerufen hat, war die Bewertung des § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz. Dort sind gestern in der Ausschusssitzung im Wesentlichen drei Sachverhalte aufgerufen worden. Der erste Punkt: Sind an juristisch vorgebildete Personen besondere Maßstäbe anzusetzen? Das ist eine Frage, die gestern diskutiert worden ist und zu der es ersichtlich unterschiedliche Rechtsmeinungen gibt. Der zweite Punkt, der aufgerufen worden war: Bestand ein öffentliches Interesse an der Aufrechterhaltung eines fehlerhaften oder rechtswidrigen Verwaltungsakts? Diese Frage ist im Ausschuss durchaus kontrovers diskutiert worden. Und: Welcher Stellenwert ist dem Vertrauensschutz einzuräumen?
Hier frage ich – und ich frage das, weil ich die Entscheidung als Abgeordneter nicht zu treffen habe, da ich nicht Abgeordneter dieses Landtages bin –: Ist für die Klärung dieses Sachverhalts ein Untersuchungsausschuss das richtige Instrument oder wäre nicht gegebenenfalls, wenn das Parlament ein entsprechendes Aufklärungsinteresse hat, der Wissenschaftliche Dienst des Landtags für die juristische Bewertung dieses Sachverhalts ein geeignetes Instrument?
(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Überhaupt nicht! Das geht die Regierung nichts an, Herr Minister! Das können Sie in Berlin machen, aber nicht in Thüringen. Das sind Opposi- tionsrechte, das haben Sie nicht zu bewerten und zu beurteilen! Eindeutig!)
Herr Mohring, die Landesregierung hat das Wort. Die Landesregierung kann auch Fragen aufwerfen, eine Bewertung muss ihr nicht zustehen, aber im Übrigen kann das auch jeder für sich selbst bewerten. Bitte, Herr Minister Hoff.
Ich danke Ihnen. Seitens des Fraktionsvorsitzenden der CDU, aber auch seitens des Fraktionsvorsitzenden der AfD ist auf die bildungspolitische Komponente dieses Sachverhalts eingegangen worden. Die bildungspolitische Komponente besteht darin – und hier verweise ich auf die Stellungnahme der Landesregierung –, dass die Verwaltungsvorschrift über die Durchführungsbestimmungen derzeit Interpretationsspielräume offenlässt, die es Schulleitungen nicht eindeutig möglich macht, unzweifelhafte Entscheidungen zu treffen.
Wir sind in einer Debatte. Die Landesregierung hat das Wort. Ich verstehe, dass der eine oder andere anderer Meinung ist, die kann er gern in der Folge hier vorn am Rednerpult äußern. Jetzt Herr Minister Hoff.
In der gestrigen Debatte, als wir diesen Sachverhalt aufgerufen haben, entwickelten die CDU-Abgeordneten in der Ausschusssitzung nicht annähernd diesen Grad der Empörung. Sondern sie nahmen zur Kenntnis, dass die Bildungsministerin eine Klarstellung dieser Durchführungsbestimmungen auf Empfehlung der Fachebene des TMBJS angewiesen hat. Da war Ihre Empörung in keiner Weise zu spüren, sondern die Kenntnisnahme, dass die Fachebene des TMBJS eine solch eindeutige Formulierung der Durchführungsbestimmungen empfohlen hat und dass die Ministerin dieser Empfehlung der Fachebene des TMBJS Rechnung getragen hat. Insofern, muss ich gestehen, kann ich die Aufregung zu der Formulierung meinerseits an dieser Stelle nicht verstehen.
Es ist zum Zweiten durch die Bildungsministerin in einer im Übrigen gemeinsamen Stellungnahme der Landesregierung – nicht ich habe als Staatskanzleichef für Frau Klaubert oder als Staatskanzleichef für Herrn Lauinger gesprochen, sondern die Landesregierung spricht gegenüber der Öffentlichkeit mit einer Stimme. Diese Erwartung gibt es und dieser Erwartung hat die Landesregierung gestern Ausdruck verliehen durch eine gemeinsam von der Landesregierung erarbeitete Stellungnahme, die ich für die Landesregierung vorgetragen habe. Dort ist deutlich gemacht worden, dass es ersichtlich die Notwendigkeit gibt, Verfahren in der Edith-Stein
Schule zu überprüfen – auch dies eine Feststellung der Fachebene des TMBJS in Übereinstimmung mit der Bildungsministerin.
Hier wird überhaupt niemandem Schuld zugewiesen, sondern in diesem Sachverhalt gibt es im Übrigen in übereinstimmender Feststellung von Bemerkungen, die dem Wortprotokoll der gestrigen Ausschusssitzung von Herrn Bühl, von Herrn Tischner zu entnehmen sein werden, die Notwendigkeit, diese Verfahren zu überprüfen. Der Vorsitzende des Justizausschusses hat darauf hingewiesen, dass die Verfahren an der Edith-Stein-Schule ersichtlich überarbeitungsnotwendig sind und die Bildungsministerin hat mitgeteilt, dass dies bereits passiert. Im Übrigen ist in der Diskussion durch den Fraktionsvorsitzenden der AfD ebenfalls darauf hingewiesen worden – und er nimmt an dieser Stelle Bezug auf die Stellungnahme der Landesregierung –, dass das Staatliche Schulamt Mittelthüringen auf eine Nachfrage der Edith-Stein-Schule eine Auskunft erteilt hat, die ersichtlich nicht dazu beigetragen hat, dem Informationsgehalt, den die Edith-Stein-Schule sich gewünscht hat, Rechnung zu tragen. Dafür ist das Staatliche Schulamt Mittelthüringen durch das TMBJS bereits gerügt worden. Das heißt also, die Insinuierung, dass sich die Bildungsministerin in ihrem Verhalten hier bewusst fehlerhaft verhalten hätte, ist hier deutlich zurückzuweisen. Sie hat in diesem Zusammenhang, über den wir hier reden, Missstände festgestellt und in Übereinstimmung mit ihrem Ministerium bereits die notwendigen Maßnahmen ergriffen, die notwendig sind, damit es hier zu Änderungen kommt. Im Kern der Frage, welchen Stellenwert wir dem Vertrauensschutz beimessen, gibt es eine rechtliche Kontroverse. Aber diese rechtliche Kontroverse berührt in keiner Weise die Frage, ob Minister Lauinger Privatangelegenheit und Dienstliches miteinander vermischt hat, sondern ist eine rechtliche Bewertung des § 48. Aus dem Thema „Lauinger“ jetzt ein Thema „Ministerin Klaubert“ machen zu wollen, indem man zu einer unterschiedlich zu bewertenden Frage, wie der § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz einzuschätzen sei, jetzt hier eine Günstlingswirtschaft seitens Frau Klaubert unterstellt, weise ich hier genauso zurück wie gestern in der Ausschusssitzung.
Es ist die Frage gestellt worden – und das ist der Kern –, und der Vorsitzende der AfD hat es angesprochen: Hat die Einflussnahme der Privatperson Dieter Lauinger auf das TMBJS Wirkung gezeigt? Ersichtlich nicht. Die Fachebene ist davon völlig unbeeindruckt gewesen.
Ich finde, dass das zeigt, dass die Vorstellung, dass wenn ein Minister zum Telefon greift – und das ist der Punkt, über den wir hier geredet haben – und eine Referatsleiterin anruft, dass dies zu – wie Sie unterstellt haben – einer Bananenrepublik führen würde, dass dann entsprechend gehandelt würde. Überhaupt nicht!
Eine rechtswidrige? Wir bewegen uns bei der Frage, welchen Stellenwert Sie dem Vertrauensschutz einer Familie zumessen und da werden wir vermutlich an dieser Stelle genauso wenig Einigkeit erzielen wie gestern im Ausschuss. Darüber ist gestern im wesentlichen Teil der fünfstündigen Sitzung auch gesprochen worden. Der Vertrauensschutz und dessen Wertigkeit ist der entscheidende Punkt, um den es an dieser Stelle geht. Und hier hatte die Fachebene des TMBJS eine Kontroverse mit der Hausleitung. Die Hausleitung hat am 23. Juni 2016 eine Entscheidung getroffen. Nachdem die Entscheidung getroffen worden war, hat es im Bemühen der Bildungsministerin, ihre Entscheidung der Fachebene auch zu verdeutlichen, auch deutlich zu machen, wie sie zu ihrer Entscheidung gekommen ist, Gespräche gegeben, es hat schriftliche Erläuterungen der Hausleitung gegenüber der Fachebene gegeben und trotzdem bleibt weiterhin eine unterschiedliche Einschätzung. Das ist kein Sachverhalt, den es im Verwaltungshandeln noch nie gegeben hätte. Aber es hat eine rechtliche Würdigung und eine Entscheidung gegeben. Ich weise ausdrücklich zurück, dass aus eigenem Antrieb ein Gutachten erstellt wurde, um Minister Lauinger zu Hilfe zu springen. Nachdem die Bildungsministerin eine Entscheidung getroffen hat, hat sie zur Frage des Vertrauensschutzes darum gebeten, eine rechtliche Bewertung aus der Staatskanzlei zu bekommen. Diese rechtliche Bewertung ist ohne inhaltliche Weisung des Ergebnisses erfolgt. Die Entscheidung hätte anders ausfallen können und zurückgenommen werden können, wenn die Staatskanzlei zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Aber sie hat …
Und hier finde ich es interessant, dass Sie durch Ihr Lachen allein die Vorstellung vermitteln, dass ein Beamter der Staatskanzlei im politischen Auftrag ein Gutachten als Gefälligkeitsgutachten erstellt.