Protokoll der Sitzung vom 31.08.2017

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Eins nach dem anderen!)

Wissen Sie, meine Damen und Herren, ich will Ihnen zum Thema „kommunale Finanzen“ mal etwas zitieren, was der gestern so mutige SPD-Landesvorsitzende vor wenigen Tagen gesagt hat. Deswegen hat er ja auch offensichtlich Holger Poppenhäger rausgeschmissen. Er hat Folgendes gesagt, ich will zitieren: „Der Investitionsstau“ – in Klammern: in seiner Stadt – „wird mittlerweile auf eine zweistellige Millionensumme geschätzt. Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein, SPD, verweist auf die klamme Haushaltskasse, die Kommunen in Thüringen seien unterfinanziert.“ Jetzt muss ich mal kurz überlegen:

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Der In- vestitionsstau ist wahrscheinlich erst seit zwei Jahren entstanden!)

Der Oberbürgermeister in Erfurt sagt im Jahr 2017, die Kommunen sind unterfinanziert. Jetzt ist der Oberbürgermeister von Erfurt auch noch SPD-Landeschef. Wenn ich jetzt alles richtig sortiere und nicht heute früh noch einer zurückgetreten ist, dann ist die Finanzministerin von der SPD und ist der Innenminister von der SPD. Und falls irgendeiner in diesem Land, der auch noch ein Funktionär ist, der ziemlich viel zu sagen hat, meint, die Kommunen in diesem Land sind unterfinanziert, dann wäre es mal gut, ihr würdet euch mal zusammensetzen und dieses Problem beheben, anstatt den Kommunen immer mehr Geld wegzunehmen.

(Beifall CDU, AfD)

Übrigens, meine Damen und Herren, das will ich Ihnen auch sagen: Mit der Entlassung des Innenministers gestern lösen Sie die Finanzprobleme von Erfurt nicht. Marion Walsmann wird das in Erfurt mit Sicherheit an der einen oder anderen Stelle noch zum Ausdruck bringen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ein guter Witz!)

Der Erfurter Bürgermeister hat mal gesagt: Rot-RotGrün muss deshalb sein, damit es den Kommunen besser geht. Ich will mal nach 33 Monaten feststellen: Davon ist aber noch ganz viel heiße Luft dabei und wenig Geld in der Kasse. Das ist das Ergebnis Ihrer Arbeit und Ihrer Bilanz der letzten drei Jahre in diesem Land.

(Beifall CDU)

Da kann ich nichts anderes sagen: Aufhören und andere besser machen lassen!

Auf das Entscheidende, warum dieser Haushalt auch ein Haushalt der Unvollständigkeit ist, will ich noch mal zu sprechen kommen: Weil eben nicht nur der Kommunale Finanzausgleich fehlt, weil eben nicht nur das Gebietsreformfinanzierungsgesetz fehlt, es fehlt eben auch insgesamt das Haushaltsbegleitgesetz und schlussendlich fehlt sogar Ihr Thüringer Gesetz über die Neuregelung von Kindertagesbetreuung. Sie haben zwar hier Eckdaten genannt, aber wenn ich in dem Haushalt nach den rechtlichen Grundlagen der Ansätze suche, dann fehlen dafür die gesetzlichen Möglichkeiten. Aber es gehört zu einer guten parlamentarischen Beratung vor dem Respekt der Haushaltsgesetzgeber dazu, dass alle Grundlagen, die den Haushalt verändern, die Gesetze dazu, die notwendig sind und novelliert werden müssen oder gar neu eingebracht werden müssen, dass die zu Beginn der Beratungszeit vorliegen und nicht mittendrin mal reingeworfen werden. Das ist Respekt gegenüber dem

Budgetgeber. Wir vermissen diesen Respekt. Und ich kann nur sagen: Ein ungeheuerlicher Vorgang, den Sie hier abliefern.

(Beifall CDU)

Aber ich verstehe auch, warum Sie es nicht vorlegen: Weil Sie sich nicht einig sind,

(Zwischenruf Prof. Dr. Hoff, Minister für Kul- tur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Ach, Quatsch!)

sonst hätten Sie doch schon lange die Frage gelöst, wie Sie die Hauptansatzstaffeln der kleinen Kommunen künftig regeln wollen. Wir hören ja hier und da von unterschiedlichen Gesetzentwürfen. Aber ich will noch mal was zitieren. In dem mittlerweile von Ihnen verursachten verfassungswidrigen Vorschaltgesetz haben Sie noch davon gesprochen, dass es sachgerecht sei, Mindesteinwohnerzahlen von 6.000 Einwohnern festzulegen. Das haben Sie formuliert in Ihrem eigenen, von Ihnen beschlossenen Gesetz. Jetzt kursieren Entwürfe eines Kommunalen Finanzausgleichsgesetzes, wo plötzlich nicht mehr 6.000 Einwohner als sachgerecht hingesetzt werden, sondern plötzlich Mindesteinwohnerzahlen von 10.000 Einwohnern festgelegt werden. Das bedeutet aber unterm Strich, wenn das so kommt wie angekündigt, dass plötzlich 816 Gemeinden in diesem Land draufzahlen müssen und alleine dastehen, sich verlassen haben auf Ihre Politik aus dem Vorschaltgesetz und jetzt mit leeren Händen und leeren Kassen dastehen. Ich sage: Ein Desaster ohnegleichen, was Sie da veranstalten.

(Beifall CDU)

Es sind ja Ihre Koalitionsrunden, die Sie nachts machen, wir konnten ja mit dem MDR nur durchs Fenster schauen und haben eine Menge Theater gesehen und einen Ministerpräsidenten, der sich nicht wieder eingekriegt hat. Aber vielleicht hat er an der einen oder anderen Stelle sogar richtig erkannt: Das, was Sie da machen, ist nicht richtig. Ich will mal ein Beispiel nennen: Sie vereinbaren in dieser Nacht, dass die freiwilligen Zusammenschlüsse, die übrigens keiner Frist mehr bedürfen, weil die Kommunalordnung gilt und ihre Befristung im Vorschaltgesetz für verfassungswidrig erklärt wurde, …

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Nein, die Befristung nicht!)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ja!)

Sie sagen in Ihrer nächtlichen Koalitionsrunde, bis März nächsten Jahres können die Kommunen sich jetzt freiwillig fusionieren. Da will ich mal fragen: Auf welcher Grundlage? Doch nicht auf der Grundlage Ihrer nächtlichen Brötchenrunden, sondern auf Grundlage von Gesetzen. Aber Sie legen den Haushalt vor ohne neues Finanzierungsgesetz. Sie

legen den Haushalt vor ohne die Klärung der Hauptansatzstaffel. Aber wenn Kommunen sich freiwillig aufmachen, in dem Korridor von 6.000 bis 10.000 Einwohnern sich darauf verlassen, dass noch irgend etwas gilt, von dem, was Sie einmal hier in diesem Landtag auf den Weg gebracht haben; diese Kommunen sind verloren, weil sie sich auf eine Zusage von Ihnen verlassen, die Sie in der letzten Woche schon mit Ihrer Koalitionsrunde gebrochen haben. Ich kann nur sagen, Verlässlichkeit für die Kommunen geht so nicht. Sie müssen sie ordentlich und verlässlich ausstatten. Wenn Sie Zusagen gemacht haben, dann müssen Sie sich daran messen lassen und nicht jede Woche die Grundlagen nachjustieren. Das ist der falsche Weg.

(Beifall CDU)

Sehen Sie, da ist es nicht einmal genug, dass Sie sagen, was Sie jetzt alles im Kommunalen Finanzausgleich einrechnen, die Bundesmittel und andere Rechengrößen. Sie packen jetzt selbst den Kulturlastenausgleich in den KFA hinein. Wir haben in der letzten Wahlperiode mit der SPD gemeinsam darum gerungen, mit dir, Christoph Matschie, und haben geschaut, wie man das gestalten kann. Der Minister hat es am Ende aus seinem eigenen Einzelplan finanziert, um den Kommunen zusätzlich zu helfen. Gute Idee, deswegen haben wir es auch zusammen auf den Weg gebracht, aber es war die Idee unseres Koalitionspartners.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: So war das!)

Aber was machen Sie jetzt? Jetzt lassen Sie die Kommunen die Hilfe des Landes und des Kulturlastenausgleiches, aus ihren eigenen Mitteln selbst finanzieren. Das ist doch Verarsche, was Sie da machen. So geht Unterstützung für die Kommunen nicht.

(Beifall CDU)

Wir fordern von Ihnen ganz eindeutig Respekt vor den Kommunen ein, und nicht, dass sie ihre eigenen Lasten bezahlen sollen.

Herr Abgeordneter Mohring, die „Verarsche“ muss ich rügen und bitte Sie, sich etwas zu mäßigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die verspätete Einbringung des Finanzausgleichsgesetzes hat aber auch verfassungsrechtliche Wirkungen auf die Haushaltsberatung. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat mit seinem Urteil über die Nichtigkeit des Vorschaltgesetzes zur Durchführung einer Gebietsreform in Thüringen nicht nur die Nichtigkeit, die Verfassungswidrigkeit Ihrer Gesetze beschlossen, sondern er hat auch einen Maßstab gesetzt für eine erhöhte Anforderung an die Anhö

rungsverfahren und an die Parlamentsberatung an sich für Gesetze. Ich bin dem Hof sehr dankbar für diese Klarstellung, für die Stärkung der Parlamentsrechte im Gesetzgebungsverfahren. Das heißt aber eben auch, dass der derzeit vorgelegte Zeitplan im Haushalts- und Finanzausschuss diesen Maßstäben des Verfassungsgerichtshofes eben nicht mehr genügt, weil plötzlich nicht mehr klar ist und sichergestellt ist, dass allen Abgeordneten zu jeder Zeit alle Anhörungsergebnisse der Kommunen im Rahmen der Beratung im Haushalts- und Finanzausschuss auch rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden. Das gelingt schon deshalb nicht mehr, weil zum heutigen Zeitpunkt das kommunale Finanzausgleichsgesetz gar nicht vorliegt. Weil es gar nicht vorliegt, kann es auch gar nicht in den beratenden und festgestellten Fristen angehört werden. Was aber gar nicht angehört werden kann, kann auch nicht rechtzeitig den Abgeordneten vorliegen.

(Beifall CDU)

Ich sage Ihnen das ganz klar: Wenn Sie an diesem Zeitplan so festhalten, wenn Sie so die Maßstäbe des Verfassungsgerichtshofes aushöhlen und versuchen, das Budgetrecht des Parlaments und die Anhörungsrechte der Kommunen mit Füßen zu treten, dann werden wir die Frage beim Verfassungsgerichtshof erneut klären. Dann werden wir Anwalt der Kommunen sein, damit ihnen ausreichend Anhörungszeit für Ihre Haushaltspolitik zur Verfügung steht.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Das ist doch Wiederholung! Das hast du vorhin schon einmal gesagt!)

Wir sind der Anwalt der Thüringer Kommunen, der Gemeinden, der Städte und Landkreise hier in diesem Haus. Das verspreche ich den Spitzenverbänden.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Da sind aber die Kommunen schlecht beraten!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will etwas zur Personalpolitik sagen. Man muss sich einmal zwei Zahlen vergegenwärtigen. Dieser Haushalt für 2018 und 2019, der jetzt vorgelegt wurde, sieht vor, dass die Personalausgaben auf fast 3 Milliarden Euro ansteigen. Wir kommen von rund 2,4 Milliarden Euro in unserer gemeinsamen Regierungszeit. Wenn ich einmal die Ausgabenquote des Personals im Ist vergleiche mit dem Haushaltsvolumen von 2013 und 2014, weil nur das Sinn macht, weil die Kosten im Personalbudget bleibend sind. Dann steigt die Personalausgabenquote in diesem Land von ursprünglich 26 Prozent in der letzten gemeinsamen Regierung auf 32 Prozent an. Ich sage, das sind alte westdeutsche Verhältnisse, für die wir dankbar waren in den neuen Bundesländern, dass wir das vermieden haben. Sie

verursachen eine dauerhaft schlechte Ausfinanzierung des Haushalts. Bei künftigen Generationen in diesem Parlament wird diese Last, die Sie jetzt verursachen, Jahrzehnte hinterherhängen und wenn die Schuldenbremse wirkt, werden wir damit nicht mehr zurechtkommen. Sie sind verantwortlich für eine Steigerung der Personalausgabenquote von 6 Prozent allein im Doppelhaushalt. Ich sage Ihnen, das ist unverantwortlich.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was für eine Doppelzüngigkeit!)

(Beifall CDU)

Ihnen fehlt eine Idee einer klugen und modernen Personalentwicklung. Ich habe in Ihrer Rede, obwohl die länger ging als geplant, nichts gehört von der Frage: Wie halten Sie es künftig mit der Referendarausbildung von Lehrern?

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Die Antwort wird wahrscheinlich gleich von Ihnen kommen!)

Wie halten Sie es künftig mit der Referendarausbildung von Juristen? Wie halten Sie es künftig mit der Ausbildung von jungen Polizeianwärtern? Nichts haben Sie dazu gesagt.

(Beifall CDU)

Nichts haben Sie dazu gesagt! Sie sagen: Alles soll mehr werden; wir setzen alle Personalentwicklungen aus. Aber dieses sture Wegschauen, das führt zu dieser exorbitanten Personalausgabenquote von 32 Prozent, wenn man es auf das Haushaltsvolumen von 2014 veranschaulicht. Und darüber muss man nachdenken, denn wenn ich in der Zukunft, auch bei altersbedingten Abgängen, noch Fachpersonal für den öffentlichen Dienst in diesen Schwerpunktbereichen, die ich genannt habe, haben möchte, dann muss ich zuerst ausbilden. Da muss ich zuerst jungen Menschen eine Perspektive geben und denen, die schon im öffentlichen Dienst sind, im übrigen auch eine Beförderungsmöglichkeit geben. Aber was haben Sie gemacht?

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Warum haben Sie es nicht gemacht?)

Sie haben die Referendarstellen entgegen der gemeinsamen Vereinbarung mit dem letzten Kultusminister für die Lehramtsanwärter reduziert. Sie haben bei der Polizei unseren Antrag auf eine neue Ausbildungshundertschaft abgelehnt.

(Beifall CDU)

Sie haben bei den Rechtsreferendaren die Verbeamtung abgeschafft und das Referendargeld zunächst gekürzt und Sie haben bei der Polizei die Beförderungsquote von 10 auf 5 Prozent gesenkt, sodass wir jetzt wieder einen Anstieg bei denjeni