Protokoll der Sitzung vom 28.09.2017

Oder, Herr Minister, Ihr Lieblingsthema „eigenverantwortliche Schule“, dass die Schulen mehr Eigenverantwortung haben – sehr gut Sache. Hatten wir in Thüringen – fragen Sie mal in Ihrem Ministerium nach, die Konzepte liegen alle da. Ihre Staatssekretärin, die Sie übernehmen mussten, hat das Ganze vor einem Dreivierteljahr beendet – ein sehr erfolgreiches Projekt, eigenverantwortliche Schule, mit genau den Sachen, die jetzt auf einmal Herr Wolf hier ankündigt und wieder einführen will.

Meine Damen und Herren, dann sagt er, wir müssen Schulbudgets einführen. Ja, Schulbudgets, auch eine Sache, die vor gar nicht langer Zeit, ein Jahr vielleicht, abgeschafft worden ist von der rotrot-grünen Landesregierung.

Herr Wolf, ich möchte es Ihnen auch wirklich so deutlich sagen, Sie sprechen hier schlicht die Unwahrheit, wenn Sie behaupten – jedes Mal muss ich nach Ihren Reden hier vorgehen, ich bin es ja schon leid, und Sie da berichtigen –,

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Oh, Sie sind so klug, Herr Tischner!)

es ist in den letzten Jahrzehnten nichts passiert. Erstens möchte ich Ihnen sagen, dass Thüringen eines der erfolgreichsten Bildungssysteme hat, die wir in Deutschland haben.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Na, dann ist ja alles su- per!)

Und das ist in Zusammenarbeit passiert mit den Kollegen von der SPD, teilweise auch von der FDP. Wir kämpfen deswegen – und ich auch ganz persönlich – so für dieses Schulsystem, weil ich möchte, dass die Qualität des Bildungssystems auf diesem hohen Level bleibt, wie es ist, und sich nicht angleicht an die Niveaus, die wir in Norddeutschland erleben. Und Sie behaupten immer wieder, es wurde nichts eingestellt. Mein Fraktionsvorsitzender hat es Ihnen in der letzten Plenarsitzung vorgerechnet. In jeder Wahlperiode wurden 2.000 neue Lehrer eingestellt, und das angesichts dessen, dass sich die Schülerzahlen halbiert haben – Sie können die Zahlen alle von mir haben, kriegen Sie, das sind alles Antworten der Landesregierung.

Herr Abgeordneter …

Nein, Frau Präsidentin, ich habe nicht mehr so viel Redezeit.

Es sind 2.000 Einstellungen jede Wahlperiode vorgenommen worden, Sie haben das übernommen mehr oder weniger mit den Zahlen, die Sie jetzt haben. Und natürlich ist eine Situation jetzt eingetreten, dass es nicht mehr den Lehrerüberhang gibt und dass auch der Schülerrückgang nicht mehr zu verzeichnen ist, sondern, meine Damen und Herren, dass wir jetzt die genau entgegengesetzte Situation haben: Wir haben steigende Schülerzahlen und wir haben im Grunde ein Bildungssystem, wo der Lehrerüberhang vorbei ist. Es wird so schon vom Ministerpräsidenten beschrieben und von Minister Holter übernommen: Wir sind das teuerste Bildungssystem in ganz Deutschland. Nicht nur Thüringen ist das teuerste Bildungssystem, sondern es sind alle ostdeutschen Bundesländer massiv teuer und das liegt daran, Herr Dittes, dass Ihre

(Abg. Wolf)

Vorgängerpartei – die SED – 1950 die Kolleginnen und Kollegen

(Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

aus dem Schuldienst alle rausgeschmissen hat, in den 50er-Jahren 80 Prozent aller Lehrer in den Ruhestand geschickt hat, neue eingestellt hat, diese Kollegen dann in den 70er-/80er-Jahren ersetzt werden mussten

(Beifall CDU)

und jetzt diese Einstellungswellen wieder kommen. Das sind die Versagen – wenn man so will – in der Geschichte, aber gut, so weit wollen wir jetzt nicht zurückgehen. Ich will es Ihnen bloß mal sagen.

(Beifall CDU)

(Unruhe im Hause)

Ach, Sie wollen jetzt behaupten, dass alle Kollegen damals Nazis waren! Aha, das ist ein sehr verengtes Bild, aber das kennen wir ja.

Und, meine Damen und Herren, eines will ich Ihnen auch noch mal sagen, das verdrängen Sie ja auch jedes Mal: Wer einstellen will, muss ausbilden und deswegen hat sich die vergangene Landesregierung gemeinsam mit Christoph Matschie vernünftigerweise dazu entschieden, die Referendarzahlen sukzessive zu erhöhen. Und was ist passiert? Sie sind 2015 an die Macht gekommen und haben sie erst mal von 600 geplanten auf 400 reduziert

(Beifall CDU)

und wundern sich jetzt zwei Jahre später, dass Sie die Leute nicht einstellen können. Wer einstellen will, muss ausbilden.

(Zwischenruf Prof. Dr. Hoff, Minister für Kul- tur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei)

Sie können sich nicht zu Wort melden, oder? Kann man?

Die Landesregierung kann sich immer zu Wort melden, aber ich bitte die Zwiegespräche einzustellen.

Ach so, okay, manchmal macht es Spaß. – Wie gesagt, die Situation ist eine völlig andere, wir haben den Schülerrückgang um die Hälfte zu verkraften gehabt, wir haben den Lehrerrückgang jetzt kompensiert und eines, Herr Matschie, möchte ich Ihnen auch noch mal mitgeben: Immer so in die Vergangenheit zu zeigen und sich dann das rauszupicken, was einem gefällt, das ist schwierig. Man muss schon als Minister gänzlich für die Entscheidungen auch stehen. Wenn Sie sagen, Sie konnten

sich nicht durchsetzen, dann ist das ja eher eine Kritik oder eine Selbstkritik.

(Beifall CDU)

Herr Minister, Herr Minister a. D. Matschie, ich kann Ihnen viele Lehrerinnen und Lehrer nennen, die unterwegs sind in ganz Deutschland, die in den Jahren 2009 und 2010 von Ihnen Briefe bekommen haben und – ja – entlassen wurden oder denen keine Perspektiven gegeben worden ist. Alles jetzt mal so weit wegzuwischen, das ist, glaube ich, auch nicht fair.

Und die Verbeamtung: Die CDU war nie gegen die Verbeamtung, sondern die CDU hat immer gesagt, auch mit Blick auf die Verantwortung für die Öffentlichkeit: Wenn wir verbeamten, müssen wir uns auch um die Pensionslasten kümmern. Genau in diesem Sinne sind wir uns immer treu geblieben und haben unsere Forderungen auch immer wieder hier in den Raum gestellt.

(Beifall CDU)

Drei Jahre haben Sie gebraucht zum Umsetzen und Sie haben es jetzt nur umgesetzt, weil Sie endlich erkannt haben, dass Sie sonst niemanden mehr kriegen. Ich schätze auch, die Sachsen, die werden es auch bald erkennen, dass sie verbeamten müssen, dann haben wir diesen Vorteil leider wieder verloren.

Ja, meine Damen und Herren, ich bleibe dabei: Wir haben hier einen vernünftigen Antrag vorgelegt, einen Antrag, der sich bewusst auf die Lehramtsanwärter konzentriert. Jetzt ist hier ein paar Mal gesagt worden, dass man das noch machen und das noch machen muss: Natürlich muss man viele, viele Sachen im Blick haben. Wir haben deswegen Anfang des Jahres ein Papier beschlossen mit über 20 Punkten, was im Grunde aus unserer Sicht alles zunächst und zuvorderst zu tun ist. Ich habe ja dem Minister und wir haben es auch Herrn Minister Hoff angeboten, über diese Dinge, über diese Vorschläge dann im Ausschuss zu reden. Aber im Februar ging es uns tatsächlich um die Lehrerausbildung, um die Lehrergewinnung. Es ist schade, dass ein halbes Jahr vergangen ist, dass jetzt tatsächlich viele Ankündigungen gemacht werden. Wir werden genau hinschauen, ob das, was Sie heute hier versprochen haben – ich sage mal das Stichwort eigenverantwortliche Schule, schulscharfe Einstellungen für alle Schulen, Schulbudgets –, ob diese Sachen, die Sie hier ankündigen, tatsächlich dann von Ihnen am Ende des Jahres auch geliefert wurden. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Aus den Reihen der Abgeordneten liegen jetzt keine Wortmeldungen mehr vor. Für die Landesregierung hat Minister Holter das Wort.

Danke, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren Abgeordneten, meine Damen und Herren, heute ist es sechs Wochen her, am 17. August wurde ich hier in diesem Hohen Haus vereidigt. Vorher haben mir einige gesagt: Ach, du bist doch verrückt, dieses Amt zu übernehmen, das ist ein heißer Stuhl. Ich kann Ihnen heute sagen, ich bin gern in Thüringen, ich bin hier auch sehr gut aufgenommen worden.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich fühle mich hier wohl und erfülle mein Amt mit Engagement und habe viele engagierte Menschen erlebt, die sich für die Zukunft des Freistaats einsetzen. Ich halte es für wichtig, das voranzustellen.

Wenn ich die Debatte hier heute verfolge und auch die eine oder andere Pressemitteilung aus der Opposition aufnehme, dann habe ich nicht den Eindruck, dass es Ihnen um die Zukunft des Landes geht, dann habe ich auch nicht den Eindruck, dass es Ihnen um die Zukunft der Schulen in Thüringen geht, sondern ich habe den Eindruck, dass die CDU sich benimmt wie ein kleines Kind, dem das Lieblingsspielzeug genommen wurde. Sie haben den Regierungsverlust noch gar nicht überwunden, und so agieren Sie hier auch.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe CDU)

Ich sage Ihnen jetzt meine Position, Herr Tischner: Sie sind einfach bockig. Und wissen Sie, woran ich das festmache?

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Unver- schämt ist das!)

Wissen Sie, woran ich das festmache?

(Unruhe CDU)

Herr Minister Holter hat jetzt das Wort, meine Damen und Herren.

Wissen Sie, woran ich das festmache, Herr Tischner? Ich habe Ihnen im Ausschuss und auch in einem persönlichen Gespräch angeboten, das, was Zukunft Schule ausmacht, entweder in der CDUFraktion oder auch im Arbeitskreis zu diskutieren.

(Zwischenruf Abg. Tischner und Abg. Schul- ze, CDU: Ja, ja!)

Sie haben das ausgeschlagen, Sie haben gesagt, Sie wollen das im Ausschuss diskutieren.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Nein, ha- ben wir nicht!)