Protokoll der Sitzung vom 17.03.2023

3. Wie viele Straftaten wurden im Rahmen dieser Demonstrationen in den jeweiligen Jahren registriert – auch hier nach Jahren aufgeschlüsselt –?

4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zur Entwicklung der organisatorischen Rolle von Akteurinnen extrem rechter Parteien und Organisationen und aus der Szene der sogenannten Reichsbürgerinnen bei diesen Demonstrationen?

Vielen Dank, Herr Schaft. Für die Landesregierung antwortet wiederum das Ministerium für Inneres und Kommunales. Herr Staatssekretär Götze, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schaft beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Gestatten Sie mir zunächst eine Vorbemerkung: Aufgrund der heterogenen und sich in den vergangenen Jahren immer wieder verändernden Zusammensetzung der Versammlungsteilnehmer ist es nicht möglich, einzelne Versammlungen eindeutig dem in der Anfrage benannten Personenkreis

(Staatssekretär Götze)

der Pandemieleugnerinnen und Pandemieleugner bzw. Verschwörungsideologinnen und Verschwörungsideologen zuzuordnen. Bei unangemeldeten Kundgebungen tritt hinzu, dass häufig weder Veranstalter noch Versammlungsleiter namentlich bekannt sind. Im Übrigen erfolgt bei Versammlungsanmeldern und -teilnehmern keine Motivforschung durch Versammlungs- und Polizeibehörden. Dies wäre auch verfassungsrechtlich vor dem Hintergrund des hohen verfassungsrechtlichen Rangs des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit bedenklich. Rückschlüsse auf die Motivlagen könnten höchstens kursorisch anhand des in der Anmeldung formulierten Versammlungsthemas, der Bewerbung der Versammlung im Internet, mitgeführter Kundgebungsmittel, beispielsweise Transparenten, oder vorgetragener Sprechchöre getroffen werden. Eine statistische Erfassung im Sinne der Anfrage erfolgt jedoch nicht.

Deshalb möchte ich die Antwort zu den Fragen 1 bis 3 wie folgt geben: Aus den eingangs genannten Gründen können die Demonstrationen nicht im Sinne der Fragen 1 bis 3 differenziert werden. Eine Beantwortung dieser Fragen ist nicht möglich.

Die Antwort zur Frage 4: Die Pandemie wurde durch verschiedene Akteure auch durch die Teilnahme an Versammlungen genutzt, um ihre extremistischen Botschaften mit dem Ziel in die Öffentlichkeit zu tragen, eine größere Anschlussfähigkeit für ihre Position herzustellen. Hierbei ist festzuhalten, dass sie die Proteste gegen staatliche Maßnahmen zahlenmäßig nicht dominierten, aber immer wieder versuchten, diese qualitativ zu prägen. Zugleich entwickelte sich aus dem Protestgeschehen heraus ein Extremismus eigener Art. Dieser wird als verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates bezeichnet. In Rede stehende Akteure gaben sich eine Organisationsstruktur, die vor allem soziale Medien nutzte, um mit größtmöglicher Anonymität erfolgreich Proteste in kürzester Zeit und hoher Frequenz zu organisieren. Dabei spielten in Thüringen von Anfang an auch Rechtsextremisten sowie Reichsbürger und Selbstverwalter eine Rolle im Organisationsgefüge des extremistischen Protestspektrums. Zum Teil nutzten reichweitenstarke Rechtsextremisten ihre Onlinepräsenz für die Protestszene, und rechtsextremistische Gruppierungen stellten dem Protest bestehende Organisations- und Kommunikationsstrukturen zur Verfügung.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Nachfragen des Fragestellers sehe ich nicht. Nachfragen aus der

Mitte des Saales? Frau König-Preuss, ich habe schon gesehen, dass Sie sich vorbereitet haben.

Wenn die Landesregierung jetzt beauskunftet, dass sie die Frage nicht beantworten kann, würde mich interessieren, wie es ihr bisher möglich war, entsprechende Kleine Anfragen, die denselben Sachverhalt bezüglich der Proteste aus dem Coronaleugnerspektrum zum Thema hatten, zu beantworten. Was hat sich geändert?

Da hat sich nichts geändert. Ich würde mir jetzt die einzelnen Fragen, auf die Sie Bezug nehmen, gern noch mal anschauen, um wirklich abzugleichen, ob es hier eine inhaltliche Differenz gibt. Aus meiner Sicht ist das aber nicht der Fall.

Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Damit kommen wir zur dritten Mündlichen Anfrage des heutigen Tages und das ist die des Abgeordneten Emde in der Drucksache 7/7462.

Umsetzung des Bundesverkehrswegeplans 2030 in Thüringen

Zur Entlastung der Bürger vom innerörtlichen Ver- kehr und zur Verbesserung der wirtschaftlichen Bedingungen in den ländlichen Gegenden des Freistaats sieht der aktuell geltende Bundesverkehrswegeplan eine Vielzahl von Straßenbauprojekten vor. In einer Liste zum Planungsstand für die Vorhaben des Bedarfsplans Bundesfernstraßen mit Stand 30. September 2022 veröffentlichte das zuständige Ministerium zuletzt eine Liste zum Planungsstand aller Projekte. Die Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt die Abarbeitung der im Bundesverkehrswegeplan für Thüringen festgelegten Straßenbauprojekte infrage.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Vorhaben des Bundesverkehrswege- plans für Thüringen sind im vordringlichen Bedarf?

2. Gibt es Thüringer Projekte im Bundesverkehrs- wegeplan, die nach Meinung der Landesregierung am verkehrlichen Bedarf vorbeigehen?

3. Welche Perspektive räumt die Landesregierung den Straßenbauprojekten des Bundesverkehrswegeplans in Thüringen ein?

(Staatssekretär Götze)

4. Welche Hemmnisse sieht die Landesregierung gegenwärtig bei der zügigen Umsetzung der Thüringer Projekte des Bundesverkehrswegeplans?

Vielen Dank, Herr Emde. Es antwortet für die Landesregierung das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft. Bitte schön, Frau Staatssekretärin.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Emde beantworte ich für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Der Deutsche Bundestag beschließt auf Basis des jeweiligen Bundesverkehrswegeplans mit dem Gesetz zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes den jeweils neuen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen, der dann am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft tritt. Der aktuelle Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen wurde mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes am 2. Dezember 2016 beschlossen. Für Thüringen sind darin im vordringlichen Bedarf und als fest disponierte Projekte, die ebenfalls als vordringlich gelten, insgesamt 36 Projekte enthalten. Mit Ihrem Einverständnis würde ich Ihnen die Liste schriftlich überreichen und dem Protokoll zur Verfügung stellen und hier nicht verlesen. Bereits fertiggestellt sind acht Projekte des vordringlichen Bedarfs und als fest disponiert eingestufte Projekte, die ich Ihnen dann gleichfalls mit dieser Liste überreichen werde. Auf der Internetseite des Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft können zudem alle Maßnahmen eingesehen werden.

Zu Frage 2: Der Freistaat Thüringen hat anlässlich der Anmeldung der Projekte zum Bundesverkehrswegeplan 2030 den verkehrlichen Bedarf geprüft. Der Bund hat den verkehrlichen Bedarf überprüft und zusätzlich eine verkehrswirtschaftliche Bewertung durchgeführt. Der verkehrliche Bedarf wird im Rahmen der Planung präzisiert und die verkehrswirtschaftliche Bewertung zum Zeitpunkt der Haushaltseinstellung erneut durchgeführt. Die solchermaßen geprüften Thüringer Projekte im Bundesverkehrswegeplan gehen somit weder am verkehrlichen Bedarf vorbei noch sind sie unwirtschaftlich.

Zu den Fragen 3 und 4: Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Das Sechste Gesetz zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes ist am 31. Dezember 2016 in Kraft getreten. Aufgrund des Kostenumfangs bzw. des ermittelten Kosten

Nutzen-Faktors größer als 1 und der raumordnerischen sowie städtebaulichen Bedeutung wurden die Vorhaben in fest disponierte Vorhaben, in den vordringlichen Bedarf, in den weiteren Bedarf mit Planungsrecht und in den weiteren Bedarf eingestuft. Die fest disponierten Vorhaben sind bereits in der Umsetzung bzw. deren Umsetzung steht an. Es ist vorgesehen, die Vorhaben des vordringlichen Bedarfs im Geltungszeitraum des Bundesverkehrswegeplans bis 2030 umzusetzen bzw. mit den Arbeiten hierfür zu beginnen. Den Vorhaben des weiteren Bedarfs mit Planungsrecht wurde ein grundsätzlicher verkehrlicher Bedarf zugeschrieben, jedoch wird deren Investitionsvolumen den voraussichtlich bis 2030 zur Verfügung stehenden Finanzrahmen überschreiten. Die Auftragsverwaltungen der Länder können die Projektplanung für Maßnahmen des weiteren Bedarfs mit Planungsrecht aufnehmen. Für die Vorhaben des weiteren Bedarfs besteht keine Freigabe zur Projektplanung. Eine zügige Umsetzung der Projekte des Bundesverkehrswegeplans gestaltet sich aufgrund verschiedener Umstände derzeit schwierig. Die immer komplexer werdenden rechtlichen Rahmenbedingungen erfordern einen stetig steigenden Zeit- und Personalaufwand für die Erstellung genehmigungsreifer Planunterlagen. Die Durchführung des für die Einzelprojekte notwendigen Grunderwerbs sowohl für die zum Straßenbau benötigten Flächen als auch für die Flächen der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen wird zunehmend schwieriger. Sowohl in der Verwaltung als auch bei Planungsbüros und Baufirmen sind sinkende personelle Kapazitäten zu verzeichnen. Zudem wirken sich die steigenden Planungs- und Baukosten auf die Anzahl der umsetzbaren Projekte aus. Im Ergebnis dessen werden nicht alle Vorhaben des Bundesverkehrswegeplans, die in den Kategorien „fest disponierte Projekte“, „vordringlicher Bedarf“ und „weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ eingeordnet sind, zeitgleich geplant bzw. gebaut werden können.

Vielen Dank.

Danke, Frau Staatssekretärin. Nachfragen sehe ich keine. Auch dafür vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Ich gehe davon aus, dass das auch zu Protokoll gegeben wird. Damit kommen wir zur vierten heutigen Anfrage, das ist die des Abgeordneten Aust in der Drucksache 7/7466. Bitte schön, Herr Aust.

Gefährdung von Arbeitsplätzen bei einem Automobilzulieferer in Brotterode

(Abg. Emde)

Medienberichten zufolge seien bei einem Automobilzulieferer in Brotterode Hunderte von Arbeitsplätzen gefährdet. Danach sollen von den derzeit 900 Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2025 nur etwa 125 Arbeitsplätze am Standort erhalten bleiben. Laut Bericht in der „Thüringer Allgemeinen“ vom 8. März 2023 habe der Thüringer Wirtschaftsminister allerdings die Hoffnung, dass ein kompletter Standorterhalt möglich sei.

Ich frage die Landesregierung:

1. Befindet sich die Landesregierung bezüglich der infrage stehenden Arbeitsplätze in Gesprächen mit der Konzernführung?

2. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung seitens des Landes, den Erhalt der Arbeitsplätze zu sichern?

3. Welche konkreten Schritte unternimmt die Landesregierung zur Sicherung der Arbeitsplätze in Brotterode?

Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Aust. Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft, Herr Staatssekretär Feller.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Aust beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Frage 1: Die Landesregierung befindet sich nicht erst seit den Presseveröffentlichungen, sondern seit 2021 mit der Werkleitung in Brotterode sowie der internationalen Konzernleitung in Südeuropa in Gesprächen zum Erhalt der Betriebsstätte und der dortigen Arbeitsplätze.

Frage 2 und Frage 3 möchte ich gern wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantworten: Zunächst liegen die Standortsicherung und der Erhalt der Arbeitsplätze in der Verantwortung des Unternehmens. Die Thüringer Landesregierung verfolgt in diesem Zusammenhang einen klaren industriepolitischen Kurs, indem Unternehmen mit hoher Wertschöpfung und innovativen Produkten und Prozessen – dazu gehört Automotive Lighting mit Sicherheit – mit besonderer Aufmerksamkeit begleitet und bedarfsgerecht unterstützt werden.

Konkret engagiert sich die Thüringer Transformationsagentur Automotive – TTA – im Auftrag unseres

Ministeriums seit 2021 für den Erhalt der Betriebsstätte in Brotterode, auf dem Gebiet der energetischen Optimierung des Standorts in Zusammenarbeit mit der ThEGA, auf dem Gebiet der Kompetenzentwicklung der Belegschaft hier in Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur Suhl und dem VHSBildungswerk Gotha. Gemeinsam mit der TTA habe ich persönlich im Januar 2023 bei einem Unternehmensbesuch in Brotterode mit Vertreterinnen und Vertretern des Unternehmens und des Betriebsrats über die aktuelle und künftige Ausgangslage gesprochen und konkrete Unterstützungsbedarfe diskutiert.

Minister Tiefensee hat sich daraufhin im Februar 2023 in einem Brief an die Konzernleitung gewandt, in dem er unter anderem folgende Angebote unterbreitet hat:

1. Unterstützung bei der Beschleunigung der laufenden Planungsverfahren zum einen für eine erdgasfreie Abluftreinigung der KTL-Lackanlage sowie zum anderen eine PV-Anlage zur Stromerzeugung. Beide Maßnahmen sind geeignet, die derzeit hohen Energiekosten zu senken.

2. Unterstützung bei der Senkung der Arbeitskosten zum Beispiel durch die Förderung der Lohnund Qualifizierungskosten nach dem „Arbeit-vonmorgen-Gesetz“.

Eine Reaktion des Unternehmens auf das Schreiben liegt derzeit noch nicht vor. Ziel dieser Angebote ist es, das Unternehmen zu unterstützen und die Arbeitsplätze am Standort in Brotterode zu sichern.

Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Es gibt eine Nachfrage des Fragestellers.