Protokoll der Sitzung vom 28.04.2023

oder vier Jahre weiterlaufen zu lassen, anstatt in die Kohleverstromung zu gehen

(Beifall CDU)

und viel CO2 freizusetzen. Das wäre nicht notwendig gewesen. Aber das ist heute nicht das Thema.

Der Antrag, der hier vorliegt, hat viele sinnvolle Punkte. Ich möchte einige herausgreifen. Ich beginne mal mit Abschnitt I Nr. 5, dort heißt es: „Seitens des Landes und in den Thüringer Kommunen bestehen insgesamt erhebliche Investitionsbedarfe.“ Dem kann ich nur zustimmen. Ich sage Dankeschön an Andreas Schubert, Frau Lehmann, Olaf Müller, dass sie damit eine unserer Kernthesen aufgegriffen haben, und genau das auf den Weg bringen wollen, was wir schon immer sagen. Wir sagen nämlich, in den Kommunen besteht Handlungsbedarf und es gibt viele Gemeinden, die seit Jahren mit guten Ideen und Projektansätzen unterwegs sind, auch beim Thema „Dekarbonisierung“. Das bringt nämlich viel mehr, wenn die Ideen und Projekte vor Ort entwickelt werden und uns nicht von Berlin per Gesetz oder per Zwang übergestülpt werden. – Frau Lehmann, Sie lächeln, ich freue mich ja, wenn Sie lächeln. – Dann erzähle ich Ihnen vielleicht noch ein paar konkrete Beispiele aus meinem Wahlkreis. Da gibt es zum Beispiel die Stadt Kaltennordheim, die momentan ein Nahwärmenetz errichtet. Der CDU-Bürgermeister ist Erik Thürmer. Das ist eine ganz tolle Sache. Das Nahwärmenetz wird aus nachwachsenden Rohstoffen gespeist. Die Stadt Geisa hat schon vor ungefähr zehn Jahren Nahwärmenetze entwickelt, hat im Kernort sämtliche thermische Energieversorgung für kommunale Gebäude auf nachwachsende Rohstoffe umgestellt, auch Hackschnitzel. Das habe ich damals als Bürgermeister gemacht. Wir haben den Thüringer Energieeffizienzpreis bekommen, den Bundesenergieeffizienzpreis des grünen Umweltministeriums.

(Beifall CDU)

Heute ist die Stadt Geisa wieder dran und versucht, dieses Netz auszuweiten und auch Privatpersonen zur Verfügung zu stellen. Das ist nachhaltiges Handeln.

Ich denke an den Bürgermeister in Bad Salzungen. Der möchte eine Wasserkraftanlage an der Werra errichten. Er kämpft seit Jahren dafür, scheitert aber daran, dass in Thüringen die Wasserrahmenrichtlinie strenger ausgelegt wird als in anderen Bundesländern. Wir haben dort ein Wehr, wir könnten dort sofort Elektroenergie erzeugen. Das passiert aber nicht, wäre aber eine gute Sache.

Ich gucke hier rüber und sehe den Kollegen Marcus Malsch, der hat in Steinbach ein Wasserrad

errichtet. Mit dem Wasserrad wird für die komplette Ortslage die Energie für die Straßenbeleuchtung geliefert, rein aus Wasserkraft.

(Beifall CDU)

Und ich denke an den CDU-Bürgermeister in Bad Liebenstein, der gerade ein Projekt zur Geothermie auf den Weg bringt. Auch das ist wirklich ein interessantes Projekt.

Solche Vorhaben in Städten und Gemeinden zu stärken und zu fördern, das ist erfolgversprechender als irgendwelche übergeordneten Vorgaben, die aus Berlin kommen. Deshalb freuen wir uns, dass wir einen Antrag haben, der genau in die Richtung geht und solche Projekte unterstützen will.

In Nummer 6 des Antrags heißt es weiter: „Das Land trägt mit seinen landeseigenen Gesellschaften/Körperschaften als Immobilienbesitzer beziehungsweise größter Flächeneigentümer eine besondere Verantwortung für die Dekarbonisierung.“ Richtig. Auch hier stimmen wir Ihnen vollends zu, auch wenn diese Erkenntnis in Thüringen spät kommt. Lieber spät als nie, andere Bundesländer, CDU-geführte Bundesländer – ich schaue da nach Bayern oder Hessen – sind uns da voraus, aber dennoch ist es richtig, hier aktiv zu werden. Bevor Bund und Land hergehen und Unternehmen und Bürgern mit einem Zwang kommen, beispielsweise Solaranlagen bei Neubauten auf den Dächern zu errichten, ist es erst mal wichtig, dass man selbst mit gutem Beispiel vorangeht.

Ich möchte auch an die Ergebnisse der Kleinen Anfrage zum Thema „Solardächer auf Landesimmobilien“, die wir gestellt haben, erinnern. Da war ja das Ergebnis für Thüringen sehr ernüchternd. Wir erwarten, dass man als Land erst mal selbst handelt und positive Beispiele hier benennt. Die Feststellung der besonderen Verantwortung der öffentlichen Hand des Landes ist deshalb eine sehr treffende Feststellung.

Ich gehe weiter in Abschnitt III. Gut gefällt, dass dort unter Nummer 2 der Fokus auf Energieverteilernetze und Batteriespeicher öffentlicher Energieversorger gelegt wird, denn genau das Fehlen dieser ist ein Kernproblem bei den Lösungen zu dezentralen Ansätzen im Wege der Energieversorgung. Bei Nummer 3 kann man jedenfalls das Ziel begrüßen, wenn Sie formulieren: „Ziel ist ein Instrument mit langfristiger Planungssicherheit und einer kontinuierlichen Antragstellung, ohne Abhängigkeit von zukünftigen Landeshaushalten zu schaffen.“ Sehr geehrte Damen und Herren, langfristige Planungssicherheit ist etwas, was Bürger erwarten und was auch die Wirtschaft erwartet, und das gilt nicht nur in Bezug auf Förderungen, sondern insgesamt

für gesetzliche Regeln. Alles, was langfristig angelegt ist, was den Bürgern, der Wirtschaft Zuverlässigkeit und Planbarkeit bringt, begrüßen wir natürlich.

Doch wo Sonne ist, ist auch Schatten, deshalb müssen wir zu dem Abschnitt IV kommen. Da geht es um die Finanzierung und da wundern wir uns doch sehr, dass hier ausschließlich auf Mittel des Sondervermögens zurückgegriffen werden soll. Da bleibt erst mal festzustellen, dass bei der Aufstellung des Sondervermögens insgesamt 30 Millionen Euro für Investitionen in Nachhaltigkeit vorgesehen wurden. Diese wurden erst mal gesperrt und man hat gesagt, sobald Projekte vorliegen, können sie entsperrt werden. Mit Schreiben vom 22. November 2022 hat das Wirtschafts- und Umweltministerium dann eine Teilfreigabe von 7 Millionen Euro beantragt und konkrete Vorhaben benannt. In seiner Sitzung am 8. Dezember hat das der Haushaltsausschuss auch so beschlossen. Das heißt, 7 Millionen Euro sind freigegeben.

Jetzt frage ich mal in eure Richtung, Andreas: Weißt du, ob die 7 Millionen Euro ausgegeben sind? Ich kann dir sagen, die sind noch nicht ausgegeben. Weitere 23 Millionen Euro warten darauf, dass sie durch den Haushalts- und Finanzausschuss freigegeben werden können. Es wäre doch klug, dieses Geld zu verwerten, was im Sondervermögen bereitsteht, als jetzt eine neue Forderung aufzumachen, noch mehr Geld aus anderen Töpfen bereitzustellen. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist, wir wollen natürlich das Geld, das im Sondervermögen eingebracht ist, um Kommunen, Verbände, kommunale Unternehmen und Firmen im Falle einer schwerwiegenden Situation zu unterstützen, wenn es durch Erhöhungen der Energiepreise zu Engpässen kommt, wenn dieses Geld verbraucht ist. Wir haben nächstes Jahr im Winter möglicherweise dennoch die Situation, dass man darauf zurückgreifen müsste. Dann wäre das Geld weg. Das wollen wir einfach nicht. Es gibt die Argumentation aus dem Wirtschaftsministerium, wo gesagt wird, das Geld fließt einfach nicht ab. Das liegt aber auch daran, dass die Fördermittelkriterien schlecht gestellt sind. Deshalb haben wir in einer der vergangenen Sitzung den Antrag gestellt, genau hier nachzubessern und den Zugang zu diesen Mitteln zu erleichtern.

Der dritte Punkt, der benannt werden muss, ist natürlich die Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit.

(Beifall Gruppe der FDP)

Deshalb sagen wir, 30 Millionen Euro aus dem Sondervermögen stehen hier investiv zur Verfügung, das steht außer Frage, die stehen auch jetzt schon

zur Verfügung. Alles andere muss im Haushalt passieren. Da gehört es zuallererst hin. Wir haben im Haushalt 2022 Mittel in Höhe von 332 Millionen Euro, die für investive Maßnahmen eingeplant waren, nicht genutzt. Die müssen verbraucht werden.

(Beifall CDU, Gruppe der FDP)

Ich möchte dennoch positiv enden. Insgesamt geht es in die richtige Richtung. Das Thema der Finanzierung muss noch mal besprochen werden. Deshalb sagen wir, wir beantragen die Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss und auch an den Wirtschaftsausschuss, da gehört es hin, da soll es besprochen werden. Da werden wir es zielführend unterstützen und mit auf den Weg bringen. Ganz herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lehmann, Fraktion der SPD.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Lieber Herr Henkel, ich will zumindest zu Ihrer Erhellung beitragen. Ich habe nicht gelächelt, ich habe gelacht, und zwar, weil ich mich amüsiert habe.

(Zwischenruf Abg. Malsch, CDU: Freut mich für Sie!)

Wir diskutieren hier gerade eine Initiative der Koalitionsfraktionen, mit der die CDU gar nichts zu tun hat. Sie lassen ansonsten keine Gelegenheit aus, um deutlich zu machen, dass Sie mit uns als Koalition wirklich gar nichts zu tun haben wollen. Vielleicht ist das heute doch ein Anlass, noch mal darüber zu diskutieren, ob Sie nicht vielleicht doch die Regierung mittragen, aber das müssen wir dann doch an anderer Stelle noch mal diskutieren.

Es ist offensichtlich, dass wir in einem Jahrzehnt multipler Krisen leben. Nach der Coronapandemie und Putins Angriffskrieg auf die Ukraine und der dadurch ausgelösten Energiekrise schwebt über allem auch die Klimakrise, deren Auswirkungen immer spürbarer werden. Um unser Leben auf diesem Planeten auch für die kommenden Generationen zu sichern, ist es essenziell, eine nachhaltige, ressourcenschonende Wirtschaftsweise zu etablieren. Das letzte Jahr hat einmal mehr verdeutlicht, wie dringlich es ist, schnellstmöglich von der Nutzung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas wegzukommen und uns somit auch von der Abhängigkeit autokratischer Staaten, die oftmals Anbieter genau dieser Brennstoffe sind, zu lösen. Stattdessen –

(Abg. Henkel)

das ist klar und das hat auch Kollege Schubert schon gesagt – müssen wir die regionale Energieversorgung stärken und in hohem Tempo ausbauen, um zukünftig unseren Energiebedarf aus erneuerbaren Energiequellen wie Solaranlagen, Windkraft, Geothermie und Wasserkraft zu decken. Laut dem Thüringer Klimaschutzgesetz soll dieses Ziel 2040, also in etwas mehr als anderthalb Jahrzehnten, erreicht werden. Ich glaube, uns ist allen bewusst, dass das eine wahre Kraftanstrengung für die Energieversorgung in Thüringen ist.

Der Ausbau regenerativer Energien sowie der notwendigen Infrastruktur von robusten Wärmeleitungen bis hin zu Speichermöglichkeiten ist die Voraussetzung für das Gelingen einer Dekarbonisierung der Produktion auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft. Klar ist, dass diese Transformation zur Klimaneutralität unserer Lebens- und Wirtschaftsweise viel Geld kosten wird. Die Thüringer Unternehmen, aber auch die Kommunen, die eine essenzielle Rolle bei der Dekarbonisierung einnehmen, sei es bei der örtlichen Energieversorgung oder bei der Sanierung öffentlicher Gebäude, brauchen hierfür finanzielle Unterstützung.

Diese Investitionen werden sich auszahlen, meine Damen und Herren, denn nur, wenn wir jetzt investieren, können wir in Zukunft auch unseren Wohlstand sichern und die Attraktivität des Lebens- und Wirtschaftsstandorts steigern, um auch in Zeiten des demografischen Wandels und des daraus resultierenden Fachkräftemangels Menschen davon zu überzeugen, in Thüringen zu bleiben oder auch hier herzukommen.

Aufgrund des dargestellten unfassbar großen Transformationsbedarfs haben wir als Koalitionsfraktionen diesen umfassenden Antrag eingereicht, um Investitionen in die Dekarbonisierung der Wirtschaft und in nachhaltige Entwicklungen der öffentlichen Infrastruktur zu beschleunigen. Einen Teil der Maßnahmen wollen wir mit Mitteln aus dem Sondervermögen decken, da aufgrund inzwischen geänderter Rahmenbedingungen die eingestellten Mittel in der Dimension nicht gebraucht werden. Weitere Maßnahmen sollen über einen anderen Finanzierungsweg gedeckt werden, zum Beispiel über den nächsten Landeshaushalt.

Beispiele von Maßnahmen aus diesem Antrag sind – das hat Kollege Schaft zum Beispiel am Anfang angesprochen –: Wir wollen die Förderung für Unternehmen bei der Transformation von Produktionsprozessen und Dienstleistungen in Richtung klimaneutrale Wirtschaft um 50 Millionen Euro ausweiten. Neben dem Programm KlimaInvest und dem Dekarbonisierungsbonus ist die Ausweitung ein wichtiger Schritt, um die Umstellung der Unter

nehmen auf erneuerbare Energien und Energieeffizienzmaßnahmen zu fördern. Wir wollen zudem Bürgerinnen und Bürger sowie Kommunen sowohl bei der Wärmewende als auch bei der Umstellung auf nicht fossile Heizungssysteme durch Förderprogramme unterstützen. Wir wollen außerdem generell zur Erleichterung der Finanzierung von transformativen Investitionen die Eigenkapitalstärkung der TAB um 50 Millionen Euro vornehmen sowie speziell für die Investitionen in Kommunen einen revolvierenden Nachhaltigkeitsfonds einrichten.

Damit die Transformation gelingt und die Herausforderungen erfolgreich bewältigt werden können – und das will ich zum Abschluss noch mal betonen –, kommt es vor allem auf eines an: Wir müssen zum einen dafür sorgen, dass bei diesen Umwandlungsprozessen nicht diejenigen zu stark belastet werden, die jetzt schon enorm unter den Hausforderungen leiden, und wir müssen die Kolleginnen und Kollegen als Akteure in den Betrieben wahrnehmen und in diesen Prozess auch einbinden, das heißt, in den Betrieben ist es unerlässlich, dass die Kolleginnen und Kollegen in die Prozesse eingebunden werden und ihre Kompetenzen einbringen können. Nur so können wir die Transformationsmaßnahmen fair gestalten und deren Akzeptanz steigern. In Zeiten des größten Umbruchs der Wirtschafts- und Arbeitswelt seit der Industrialisierung ist dies für uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten essenziell. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Nächster Redner ist Abgeordneter Kemmerich, Parlamentarische Gruppe der FDP.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren und hoffentlich noch ein paar Zuhörer/Zuschauer an den diversen Endgeräten, nach den Untergangsszenarien in den apokalyptischen Reden meiner Vorredner – ausdrücklich nicht Herrn Henkel – müssen wir mal ein bisschen den Kopf geraderücken. Meist hinterlassen wir nur den Eindruck frei nach dem Motto: Der Laie staunt, der Fachmann wundert sich.

Ich will mal die Landesregierung bei ihrem Wort nehmen oder es jedenfalls versuchen. Im Jahr 2016 gab es einen Beschluss des Thüringer Landtags, der vorsah, bis 2030 eine klimaneutrale Landesverwaltung zu installieren und dabei Photovoltaikanlagen auf den landeseigenen Immobilien zu

(Abg. Lehmann)

installieren. Da haben wir mal eine Kleine Anfrage gemacht – Kollege Bergner war so gut – und haben festgestellt, dass bis zum heutigen Tage bisher erst 50 von 800 Dächern mit einer Photovoltaikanlage versehen sind. Das ist ein Zuwachs von ungefähr einer halben Anlage per annum.

(Beifall CDU, Gruppe der FDP)

Wenn ich von 2016 bis 2030 das Ziel erreichen will, müsste ich 50 bis 60 installieren. Also bevor Sie die Welt retten und uns allen erklären, wie es besser geht, machen Sie erst mal Ihre eigenen Hausaufgaben.

(Beifall CDU, AfD, Gruppe der FDP)

Und wenn ich dann hier lese, dass wir in Thüringen – ich weiß, das ist auch ein Gesetz von RotRot-Grün – bis 2040 den Energiebedarf vollständig durch erneuerbare Energien selbst decken wollen, ist das nicht nur Wahnsinn, sondern unmöglich. Also es gibt Wahnsinnige, die daran glauben, aber das ist physikalisch nicht machbar.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, in Ihrem Kopf ist es nicht machbar!)

Nein, nicht in meinem Kopf. Gehen Sie mal in den Physikunterricht, anstatt freitags immer rumzudemonstrieren und lernen Sie einfach mal,