Wenn ich mir eins anschaue – und das will ich Ihnen noch mal näherbringen, damit Sie es vielleicht auch verstehen –, was gerade in Thüringen, was gerade passiert:
Es gibt Menschen, die prüfen gerade für sich, was diese Politik, diese Anforderungen, die jetzt offensichtlich über sie kommen werden, was das für sie bedeutet. Dann prüfen die: Ist meine Heizung noch okay? Dann prüfen die: Was brauche ich im Zweifelsfall für eine Sanierung? Dann gehen die sogar zu ihrer Bank und da sagt ihre Bank: Na, jetzt gucke ich mir das mal an. Ihr Haus ist 60.000 Euro wert. Dann schaue ich mir an, ach ja, die Sanierung würde ungefähr, so round about – keine Ahnung – vielleicht 30.000/40.000 Euro kosten.
Dann gehen sie hin und sagen: Wärmepumpe, 10.000 Euro. Das wird alles gegen den Wert des Hauses gerechnet. Dann heißt das für die Menschen kalte Enteignung. Das ist das, was Sie predigen.
Entschuldigung, Herr Prof. Voigt. Meine Damen und Herren, Zwischenrufe gelten ja als legitim, aber das heißt nicht, kollektives Zwischenbrüllen. Ich bitte also jetzt, dem Redner die Chance einzuräumen, dass seine Worte zu hören sind.
Dann stellen wir uns die Frage: Was macht eine Landesregierung, wenn sie im Bundesrat so ein Gesetz bewertet? Es gibt einen Antrag in der Frage, dass man die Fristen zum Beispiel für Havariefälle verlängern könnte. Da sagt eine Thüringer Landesregierung – die Minderheitsregierung ist – in einer Situation, wo viele Menschen einen viel kleineren Wohlstand als im Westen oder in anderen Ländern haben: Nein, machen wir nicht, wir wollen nicht von drei auf zehn Jahre wechseln, da stimmen wir dagegen. Das haben Sie gemacht und das stört uns, weil Sie damit die Interessen der Bevölkerung nicht vertreten. Sie sind aber dafür gewählt, die Interessen der Bevölkerung zu vertreten. Das ärgert uns.
Sie leisten der Energiewende einen Bärendienst. Ich sage Ihnen das simpel: Das wird uns in der kommunalen Familie noch viel stärker beschäftigen, wenn das so durchkommt. Nesse-Apfelstädt – habe ich gestern erwähnt –, 1,5 Millionen Euro, erste Prognose für die. Der Städtetag prognostiziert 30 Milliarden Euro. Ich würde mir wünschen, dass Sie nicht nur die technologische Seite sehen, sondern dass Sie auch die reale Bedrohung und die reale Frage der Finanzierung im Blick behalten. Denn wenn Sie das nicht tun, werden Sie Deutschland an die Wand fahren – und das sorgt uns.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen sehe ich jetzt zu diesem Tagesordnungspunkt nicht. Ich habe bislang den Antrag auf eine Ausschussüberweisung nicht vernommen. Wird das beantragt? Es wird keine Ausschussüberweisung beantragt. Damit haben wir also diesen Tagesordnungspunkt, über den Antrag der CDU‑Fraktion in der Drucksache 7/8056 direkt abzustimmen. Herr Bühl?
Meine Damen und Herren, konnten Sie alle Ihre Stimmkarte abgeben? Es erhebt sich kein Widerspruch, damit ist das der Fall. Ich bitte um Auszählung.
Meine Damen und Herren, es gibt ein Ergebnis. Anwesende Abgeordnete zu Sitzungsbeginn waren 87. Abgegeben wurden 78 Stimmen, der Antrag hat 36 Jastimmen, 40 Neinstimmen, 2 Enthaltungen erhalten (namentliche Abstimmung siehe Anlage 1). Damit ist der Antrag abgelehnt, meine Damen und Herren.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der AfD. Wird Ausschussüberweisung beantragt? Jetzt müssen Sie sich bitte entscheiden. Ein Teil hat genickt, ein Teil hat geschüttelt. Also, es wird keine Ausschussüberweisung beantragt. Damit kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Faktion der AfD in der Drucksache 7/8109. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Das sind die Stimmen von den Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, Gruppe der FDP. Enthaltungen? Das sind die Stimmen der CDU-Fraktion. Damit ist dieser Entschließungsantrag abgelehnt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufmache, nutze ich noch die Chance, wir hatten ja gerade einen Übergang in der Sitzungsleitung und ich möchte anknüpfen an die Worte von Frau Kollegin Marx. Ich glaube, dass ich in Ihrem Sinne spreche, wenn ich der lieben Frau Kollegin Marx auch noch mal ganz herzlichen Dank für die wirklich gute Arbeit im Sinne des Freistaats, im Sinne des Parlaments danke und auch persönlich für die sehr gute Zusammenarbeit. Danke schön.
Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/8029 - ERSTE BERATUNG
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? Jawohl. Herr Abgeordneter Schubert, bitte schön, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Thüringerinnen und Thüringer, insbesondere diejenigen, die in Betrieben beschäftigt sind, die auch öffentliche Aufträge immer wieder abarbeiten. Bis heute wird von einigen immer noch und immer wieder die Notwendigkeit eines Thüringer Vergabegesetzes einschließlich eines Thüringer vergabespezifischen Mindestlohns für die Aufträge der öffentlichen Hand in Thüringen bestritten, auch hier im Hohen Haus. Warum braucht es aber eine solche Norm? Das Medianeinkommen in Thüringen ist das zweitniedrigste in ganz Deutschland. Der Grund dafür ist ebenfalls die niedrige Tarifbindung der Thüringer Unternehmen. Laut Deutschem Gewerkschaftsbund waren im Jahr 2019 lediglich 18 Prozent der Thüringer Unternehmen mit 44 Prozent der Beschäftigten tarifgebunden. Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeitet demnach in einem Betrieb ohne Tarifvertrag. Es besteht deshalb unverändert der Bedarf, auch durch die Vergabe öffentlicher Aufträge Impulse für bessere Arbeitsbedingungen zu setzen.
Das hat sich wohl auch in Thüringen herumgesprochen. Die Evaluation des Thüringer Vergabegesetzes, die auftragsgemäß vom Thüringer Wirtschaftsministerium zu ausgewählten Punkten letztes Jahr fristgerecht durchgeführt wurde, belegt die hohe Akzeptanz des vergabespezifischen Mindestlohns, was von uns als Koalitionsfraktionen, als Rot-Rot-Grün mit dem hier vorgelegten Gesetzentwurf aufgegriffen wird. Wir wollen jetzt das Thüringer Vergabegesetz nach dreieinhalb Jahren seit Inkrafttreten weiterentwickeln. Wir wollen dieses Steuerungsinstrument der Politik nutzen, um Lohndumping für die Aufträge der öffentlichen Hand, die mit unser aller Geld bezahlt werden, definitiv auszuschließen. Deshalb wollen wir die Wirksamkeit des Thüringer Vergabegesetzes ausweiten, indem pflichtig auch die Aufträge auf der kommunalen Ebene dessen Vorgaben unterliegen sollen.
Dazu gehört auch eine wirksame Sanktion, wenn Unternehmen dieses Gesetz verletzen. Firmen sollen für fünf Jahre aus der Vergabe öffentlicher Auf
träge verbannt werden. Gleichzeitig geht es uns um wirklichen und nicht nur plakativen Abbau von Bü rokratie, um die Digitalisierung von Prozessen. Un ter dieser Überschrift wollen wir auf gar keinen Fall die Schleifung von ökologischen und sozialen Stan dards zulassen, denn sie definieren Gelingenspara meter für Wertschöpfung mit Zukunft für eine klima neutrale Wirtschaft und zukunftssichere Arbeitsplät ze. Mit diesem Gesetzentwurf legt die Koalition ei nen Vorschlag zur Stärkung für gute Arbeit in Thü ringen vor, eine Grundbedingung, um sich als Wirt schaftsstandort auch im zugespitzten Wettbewerb um die besten Köpfe behaupten zu können. Wir freuen uns auf die Debatte im Wirtschaftsaus schuss, für den ich hier schon mal vorsorglich die Überweisung beantrage, und die Bewertung unse rer Vorschläge im Rahmen der geplanten Anhö rung. Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir diskutieren ja bereits im Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft einen sehr hoffnungsvollen Gesetzentwurf, wie ich persönlich sagen muss. Wir haben ja heute Morgen die Rede von Herrn Abgeordneten Hey gehört, dass man auch mal ein gutes Wort über die anderen Fraktionen verlieren soll. Die CDU hat einen solchen sehr hoffnungsvollen Vorschlag zur Reform des Vergabegesetzes gemacht. Ich persönlich glaube nicht, dass hier ein Gesetzentwurf vorliegt, der tatsächlich zu Verbesserungen führt. Ich möchte auch kurz begründen, warum das der Fall ist.
Wir treten dafür ein, dass das Vergabegesetz an ganz entscheidenden Punkten, nämlich was die ökologischen Kriterien bei der bürokratischen Belastung angeht, dringend verschlankt werden muss. Diesen Ansatz finden wir in Ihrem Gesetzentwurf nicht. Deswegen werden wir den gleich auch nicht der Ausschussüberweisung zusetzen.
Wir sind der Meinung, dass es ganz wichtig ist, darauf zu achten, dass es in unserem Land wettbewerbsgerecht zugeht. Was bedeutet das eben auch in Bezug auf diesen Bereich des Handels? Es bedeutet, dass wir die großen und guten Errungenschaften, die wir in unserem Land haben und auch beschützen wollen, beispielsweise die hohen Standards im Bereich Naturschutz bei der Produk-
tion, beispielsweise die hohen Sozialstandards bei der Produktion, dass wir die selbstverständlich nicht nur erhalten wollen, sondern dass wir die insbesondere natürlich auch beschützen müssen vor unfairem Wettbewerb durch Produkte aus Regionen, in denen die Produktionsbedingungen nicht unseren Vorstellungen entsprechen im Bereich Naturschutz, im Bereich Soziales.
Wenn wir dann natürlich Handel betreiben mit diesen Regionen und diese Produkte kommen auf unseren Markt, dann haben diese Unternehmen einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil. Aber die Frage ist: Wer muss eigentlich dafür sorgen, dass diese Prinzipien aufrechterhalten werden müssen? Sind es beispielsweise die Zollbeamten, ist es beispielsweise die bundesdeutsche Bürokratie oder sind es die Unternehmer selber, die ganz tief hinein müssen in ihre Lieferketten und eben dementsprechend bürokratisch belastet werden? Da sagen wir: Nein. Deswegen braucht es ganz grundsätzlich eine Reform dieses Vergabegesetzes. Das sehen wir hier nicht. Wir wollen uns der Diskussion aber auch nicht verweigern, weswegen wir uns gleich enthalten werden, werden uns aber weiterhin rege an der Diskussion über eine Reform des Vergabegesetzes bei der CDU beteiligen. Ich glaube, dass daraus im Gegensatz zu dem Gesetzesvorschlag hier und heute tatsächlich etwas Sinnvolles werden kann. Vielen herzlichen Dank.