Protokoll der Sitzung vom 14.09.2023

Oder nehmen wir die Bildungspolitik. Mittlerweile verlassen 10 Prozent der Thüringer Schüler die Schulen ohne einen Abschluss. Das ist doch ein Skandal für ein modernes Land! Noch viel schlimmer: Mittlerweile fällt jede zehnte Unterrichtsstunde in diesem Land aus. Sie sind mal gestartet, Herr Ramelow, mit der Aussage: Wir wollen nichts anders, aber vieles besser machen. Mittlerweile ist es so, wir haben mehr Schüler in den Thüringer Schulen, aber wir haben weniger Lehrer vor der Klasse; insgesamt 2.415 Lehrer

fehlen Ihnen, 1.000 Lehrerstellen sind unbesetzt.

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Aber woran liegt das denn?)

Das ist die Realität, das kostet unsere Kindern Zukunft. Das ist Ihre Bilanz und damit müssen Sie sich auseinandersetzen.

(Beifall CDU)

Im Kern geht es doch um ein Politikverständnis. Das wird offenbar mit diesem Landeshaushalt. Will politische Führung Menschen überzeugen und will sie sie für die Zukunftsaufgaben gewinnen, dann muss sie selbst entschlossen diese Aufgaben angehen. Nehmen Sie es mir nicht übel, Frau Taubert, ich finde, Sie haben eine sehr vernünftige Rede gehalten, die die finanzpolitische Buchhaltung dieses Landes versucht zu kaschieren. Aber was die Idee dieses Landeshaushalts ist, wo es hingehen soll, wo das Gewinnen der Menschen für die Aufgaben, die wir eigentlich angehen müssten, davon war nichts zu hören. Im Kern, im Durchschnitt – das könnte beides das Gleiche sein – geht es um die Frage, dass wir im Durchschnitt aller deutschen Bundesländer eher ein älteres Bundesland sind. Das heißt, wir haben bestimmte Entwicklungslinien, was die Demografie angeht, viel früher als andere Länder. Wir haben die steuerstärksten Jahre gehabt. Wir wissen, dass wir in eine Wirtschaftskrise hineinlaufen. Und Sie müssen sich doch die Frage stellen, was Sie dafür getan und geleistet haben, dass Thüringen für diese Entwicklung fit ist. Ich glaube, was wir in diesem Haushalt sehen, ist, Sie denken nur in Verteilungswirklichkeiten von Einzelgruppen, aber Sie

haben keine Idee davon, wo Thüringen eigentlich im Jahr 2030 oder 2035 stehen soll. Das rächt sich, weil wir jetzt in eine Phase kommen werden, wo wir den Gürtel einfach auch schon durch die wirtschaftliche Entwicklung enger schnallen müssen, und wir die Strukturreformen, die nötig gewesen wären, nicht in der Zeit angegangen sind.

Ich sage es Ihnen sehr klar: Wir werden bis zum Jahr 2030 40 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Jobverhältnisse in Thüringen in den Ruhestand gehen sehen. Die Führungsaufgabe wäre gewesen, in den steuerstärksten Jahren dieses Landes Thüringen fit für diese Zukunft zu machen. Das haben Sie nicht gemacht, und wir werden diese Scherben zusammenkehren müssen, denn der Haushalt ist ein finanzpolitischer Offenbarungseid.

(Beifall CDU)

Es geht doch um die wesentlichen Fragen. Es geht um die Fragen: Wie senken wir den Unterrichtsausfall? Wie sichern wir flächendeckende medizinische Versorgung ab? Wie wird Energie wieder bezahlbar? Wie schaffen wir Sicherheit für unsere Bürger? Und es geht vor allen Dingen um die Frage: Wie investieren wir in Zukunft? Im Kern geht es doch darum, dass wir das Leben der Menschen wieder einfacher machen müssen.

(Beifall CDU)

Die Belastung und die bürokratischen Hürden, die Sie in den letzten Jahren aufgebaut haben, spüren sie beim Bau eines Hauses, bei der Terminvergabe beim Arzt oder eben auch beim Besuch und Stundenausfall in der Schule. Und das sind die Realitäten: Bürokratie, Bevormundung, Belastung. Die CDU-geführte Landesregierung wird das Leben der Thüringerinnen und Thüringer wieder einfacher machen, denn es geht im Kern darum, dass die Menschen sich wohlfühlen in einem Land und stolz darauf sind, hier zu leben und keine Probleme dadurch haben, dass es politische Führung gibt, die ihnen Steine in den Weg legt.

(Beifall CDU)

Was heißt das konkret? Wir sorgen dafür, dass der Thüringer Wirtschaftsmotor wieder rundläuft. Wirtschaftsund Arbeitsmarktpolitik stärkt Produktivität und dadurch natürlich auch die Finanzkraft eines Landes. Ausbildungsberufe attraktiver machen, Meisterbonus ausweiten, wohnortnahe Berufsschulnetzplanung, Anwerbung ausländischer Fachkräfte dort, wo nötig, eine Fachkräfteagentur, die tatsächlich auch eine schnelle Vergabe und eine schnelle Integration ermöglicht, Vereinfachung von Dokumentationspflichten und von Bürokratie.

Das Zweite ist, wir entlasten Menschen, beispielsweise durch die Senkung der Grunderwerbsteuer. Das ist doch der Unterschied zu Ihnen. Sie wollen den Menschen erst das Geld wegnehmen, um es ihnen dann über Bürokratie wieder zurückzugeben. Wir sagen, es ist besser in den Händen der Bürgerinnen und Bürger, weil die selber entscheiden können, wie sie mit ihrem Geld umzugehen haben. Das ist doch die Frage.

(Beifall CDU)

Das Dritte ist, wir geben den Menschen in Thüringen wieder eine echte Stimme. Es kann doch nicht sein, dass ein Großteil der Bevölkerung gegen unsinnige Regelungen auf Bundesebene protestiert. Und trotzdem haben wir eine Landesregierung, die zulässt, dass Gesetze, die die Menschen belasten, einfach in Berlin durchgewinkt werden. Das Leben der Menschen einfacher machen bedeutet auch, dass die Landesregierung wieder die Interessen der Thüringerinnen und Thüringer in Berlin vertritt. Das Heizungsgesetz würde bei uns keine Zustimmung finden, und das ist eine Belastung für die Thüringerinnen und Thüringer, die die real spüren.

(Beifall CDU)

Das Vierte ist, wir wollen, dass Thüringen Heimat für die Fleißigen ist, die etwas erreichen wollen, die etwas leisten wollen. Und an diesem Punkt, ich kann es Ihnen nicht ersparen: Bürgergeld ist eine Unterstützungsleistung für diejenigen, die tatsächlich krank sind, die nicht arbeiten können. Aber diejenigen, die arbeiten könnten, die müssen auch tatsächlich arbeiten, denn das ist auch Teil eines Sozialstaatsversprechens, und auch das würde eine CDU-geführte Landesregierung anders machen als das, was Sie hier machen.

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE)

Das Fünfte: Wir würden uns auf die wesentlichen Fragen dieses Landes konzentrieren und nicht auf irgendwelche Nischenprojekte oder Themen. Ich will nicht wieder Lastenfahrräder anbringen, ist ja mittlerweile raus aus dem Haushalt. Aber ich sage Ihnen eines, das ist doch nichts, was ein Steuerzahler querfinanzieren muss. Was der Steuerzahler will, ist, Investition in Bildung, Sicherheit, medizinische Versorgung und die Infrastruktur dieses Landes und dass es egal ist, ob ich in Stadt oder Land lebe, die wollen Lebensqualität, aber bitte schön keine Subventionsprogramme für irgendwelche Lastenfahrräderkäufe.

(Beifall CDU)

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Sechste, was wir machen würden: Wir würden volle Konzentration darauf legen, dass wieder Lehrer vor der Klasse stehen. Es ist kein Zustand, dass unsere Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hätten Sie mit einem Satz sagen kön- nen!)

Und genau aus dem Grund wieder Unterrichtsausfall bekämpfen, Ausbildungskapazitäten steigern und dafür Sorge tragen, dass unsere Hochschulen und auch die Schulen die Unterstützung erfahren, die nötig ist.

Das Siebte: Jeder Thüringer muss, egal ob in Stadt oder Land, die gleichen Lebenschancen haben. Für uns ist Thüringen ein 20-Minuten-Land.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das bedeutet, in 20 Minuten beim Arzt, in 20 Minuten bei der Apotheke, in 20 Minuten bei der Schule oder im Kindergarten. Das ist ein Wertversprechen, und genau darum geht es, dass die Menschen wieder das Gefühl haben, dass sie nicht nur entlang einer Städtekette, sondern egal, wo sie leben, tatsächlich die Unterstützung einer Landesregierung erfahren.

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Für Sie ist doch Thüringen ein Billiglohnland!)

(Beifall CDU)

Wir würden achtens Ordnung in die Flüchtlingspolitik bringen, weil wir eben ganz klar sagen, Sachleistungsprinzip statt Geld und wir würden auch ganz klar sagen, diejenigen, die mittlerweile ausreisepflichtig wären, würden auch tatsächlich wieder zurückgebracht werden. Wir brauchen keine Sonderprogramme für die Aufnahme, wir brauchen Sonderprogramme für die Rückführungen. Und das wäre auch eine Frage, die es nötig macht in diesem Land.

(Beifall CDU)

Das Neunte ist, wir geben eine Garantie für unsere Kommunen ab. Wir haben mit Ihnen über die Frage von Strukturreformen diskutiert. Es war nicht möglich, den Kommunalen Finanzausgleich zu reformieren. Aber eines muss klar sein: Für uns als CDU gilt Konnexität. Und die kommunale Familie in Thüringen bekommt das Geld, was sie nötig hat, von uns garantiert, so lange, bis die Reform des Kommunalen Finanzausgleichs abgeschlossen ist.

(Beifall CDU)

Wir geben eine kommunale Garantie ab in diesem Land.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Das war aber unter Dieter Althaus anders!)

Und das Zehnte: Wir legen Haushalte mit soliden Finanzen vor, weil wir eben glauben, dass mit der Konzentration auf Bildung, Wirtschaft, Infrastruktur, Sicherheit, Gesundheitspolitik die Dinge geleistet sind, die die Menschen in diesem Land am stärksten brauchen. Keine Einzelinteressen mehr von den Ministerien, von einzelnen Ministern oder Nischenprogramme, sondern das wesentliche im Blick zu behalten, das ist das moderne Bild von Thüringen, das sind die klaren Prinzipien.

Was wir erleben von Ihnen, ist ein schweres Erbe. Wir erleben leere Kassen, wir erleben Plünderung der Rücklage, wir erleben ein strukturelles Defizit von 1 Milliarde Euro. Das ist die Realität, mit der wir heute hier in die Diskussion einsteigen. Jetzt werden Sie wieder sagen: Herr Voigt, Sie reden doch das Land schlecht. Nein, das ist genau nicht der Punkt. Aber was ich sage jetzt, ich kritisiere diese Landesregierung, weil die Menschen in diesem Land stärker sind als die Landesregierung, die ihnen vorsteht, und deswegen muss sich was ändern in diesem Land. Das ist ganz simpel.

(Beifall CDU)

Denn wir lieben unsere Heimat, wir sind stolz auf das, was die Menschen hier in diesem Land leisten, aber sie brauchen eine Regierung die auch Ermöglicher ist und die ihnen nicht einen olympiareifen Hürdenlauf von neuen Bürokratien und Belastungen vorlegt. Das ist der entscheidende Punkt. Und jetzt werde ich es wieder erleben, Herr Dittes wird in den Ring steigen und wird sich wieder 25 Minuten an der CDU und an mir abarbeiten. Das können Sie alles machen, Herr Dittes, es zeigt am Ende nur Ihre Hilflosigkeit, es zeigt nichts anderes als das, was Sie eigentlich sind: Sie sind mittlerweile entlarvt. Und der Landeshaushalt zeigt das auch ganz deutlich. Sie werden sagen: Sie als CDU, Sie haben doch in den drei Jahren mitgemacht. Das können Sie alles machen, ist alles in Ordnung, damit kann ich umgehen. Ich sage Ihnen aber, warum ich damit umgehen kann, nämlich weil ich mir gern vorwerfen lasse, dass wir staatspolitische Verantwortung übernommen haben für Dinge, die wir eigentlich so nie machen würden. Aber wir werden auch dafür kämpfen, dass sich in diesem Land etwas ändert, weil es offensichtlich geworden ist, dass Sie für die großen Aufgaben, die in diesem Land nötig sind, nicht die Kraft haben, dass Sie vor allem auch nicht die Visionen haben, dass Sie nicht die Ideen haben, dass Sie am Ende Menschen auseinanderführen, spalten und polarisieren, statt zusammenzuführen. Und Sie können noch so viele Hindenburg-Sharepics machen oder Sie können noch so viele diabolische Vergleiche machen, das stört mich gar nicht und das stört uns als CDU auch gar nicht, weil das nur zeigt, dass Sie mittlerweile in Ihrem Schwanengesang sind, weil Sie natürlich Angst haben, dass wir mit Ideen überzeugen,

(Beifall CDU)

dass wir draußen mit Dingen bei Menschen punkten. Das ist der entscheidende Punkt. Die Fokussierung auf die wesentlichen Themen dieses Landes, die Konzentration, mit Menschen Politik zu machen, die tatsächlich das Gespür dafür haben, was in diesem Land abgeht,

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kommt da irgendwann noch mal was, was Sie wollen?)

das ist, glaube ich, der entscheidende Punkt. Aus diesem Grund freue ich mich auf die finanzpolitische Debatte. Aber ich freue mich vor allen Dingen auf die inhaltliche Auseinandersetzung, weil eines wohl klipperklar ist, Rot-Rot-Grün hat fertig mit diesem Haushalt, und das ist auch das, was wir mit dem Landeshaushalt diskutieren werden.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion Die Linke erhält Herr Abgeordneter Dittes das Wort.

(Abg. Prof. Dr. Voigt)

Vielen Dank für Ihren Beifall zur Ankündigung meines Redebeitrags, Herr Voigt. Das ist der Zettel, den ich mir hingelegt habe, um mir Notizen zu Ihrer Rede zu machen, auf die ich gegebenenfalls reagieren kann, nämlich zu den Redebestandteilen, die ich habe nicht erwarten können und die ich nicht kannte. Ihre Rede kenne ich nun wirklich, habe ich in diesem Sommer dreimal gehört, einmal im Sommerinterview in Versatzstücken, dann haben Sie noch mal eine Pressekonferenz gegeben und haben Ihr Grundsatzpapier vorgetragen, das habe ich dann eben auch noch mal nachgelesen, und bei Ihrem Sommerempfang haben Sie auch nichts anderes erzählt. Mich wundert nur, dass Sie die Rede damit beenden, Sie freuen sich auf die inhaltliche Debatte, und eine Rede halten, die Sie offensichtlich geschrieben haben zu einem Zeitpunkt, zu dem der Haushalt noch gar nicht vorlag.