Protokoll der Sitzung vom 14.09.2023

Zu Frage 4: Gemäß § 10 Abs. 1 des Thüringer Krankenhausgesetzes hat die Landesregierung zur Bearbeitung von Förderanträgen der Krankenhäuser fachliche Prüfungsverfahren im Wege der Einzelförderung einzuleiten. Im fachlichen Prüfungsverfahren werden insbesondere die krankenhausplanerische Bedarfsgerechtigkeit des Vorhabens, baufachliche Belange und speziell die Einhaltung der Grundsätze nach § 9 Abs. 1 Thüringer Krankenhausgesetz geprüft. Zuwendungen für Krankenhäuser im Rahmen der Investitions

förderung können in erster Linie nur bei Erfüllung der im Krankenhausfinanzierungsgesetz und im Thüringer Krankenhausgesetz bestimmten Voraussetzungen weiterhin nach den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln gewährt werden. Weiterhin hat die Landesregierung gemäß § 11 Abs. 1 Thüringer Krankenhausgesetz als Grundlage für die Verwendung der zur Verfügung stehenden Fördermittel nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Thüringer Krankenhausgesetz im Einvernehmen mit den für Inneres und für Finanzen zuständigen Ministerien ein Investitionsprogramm zu erstellen und jährlich auf der Grundlage des Landeshaushalts fortzuschreiben und zu veröffentlichen. Nach § 11 Abs. 2 Thüringer Krankenhausgesetz ist bei der Aufstellung des Investitionsprogramms der Krankenhausplanungsausschuss zu beteiligen. Ein Anspruch auf Feststellung der Aufnahme in das Investitionsprogramm besteht dagegen nicht. Bewilligungen von Investitionsmaßnahmen für Krankenhäuser werden nach diesen Vorgaben durchgeführt. Demnach kann erst mit Vorliegen der Ergebnisse bzw. mit Vorliegen plausibilisierter Zwischenergebnisse des fachlichen Prüfungsverfahrens gemäß § 10 Abs. 1 Thüringer Krankenhausgesetz und nach Aufnahme in das Investitionsprogramm eine Bewilligung der baulichen Umstrukturierung des Krankenhausstandortes Pößneck der Thüringen-Kliniken erfolgen. Ich kann aber an der Stelle auch noch sagen, dass der Planungsaufruf an das Krankenhaus gegangen ist und somit der Prozess jetzt in Gang gesetzt wurde.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Nachfragen sehe ich nicht.

(Zwischenruf Abg. Mühlmann, AfD: Moment!)

Bitte.

Vielen Dank, Frau Ministerin, für die Ausführungen. Ich habe eine Nachfrage und zwar: Wie sind die aktuellen Reaktionszeiten für die Rettungsdienste und Notärzte in Pößneck und Umgebung und wie sind die dann künftig, falls sich durch die Änderung Anpassungen am Standort Pößneck ergeben; falls es nur einzelne Fälle sind, für welche Fälle?

Im Einzelnen kann ich das jetzt nicht beantworten. Das würden wir Ihnen schriftlich nachreichen.

Es gibt eine weitere Zusatzfrage von Herrn Abgeordneten Herrgott.

Frau Ministerin, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen, die leider nicht ergiebig war. Zu Frage 1 sprachen Sie von Präsenzzeiten der chirurgischen Behandlung in Pößneck. Auf welcher Basis ergibt sich die Einschränkung in Präsenzzeiten und wie sollen diese Präsenzzeiten aussehen und abgesichert werden?

Da kann ich Ihnen die rechtlichen Grundlagen jetzt auch nicht mitteilen. Das würde ich auch noch mal nachfragen wollen. Es geht ja darum, dass jeder chirurgische Notfall aufgenommen wird, dann sozusagen

(Ministerin Werner)

geschaut wird, ob es ein leichter oder ein schwererer Fall ist, und dass man das zum Teil über die sektorenübergreifende Versorgung dann sicherstellen kann. Die genauen rechtlichen Rahmenbedingungen würde ich Ihnen aber noch mal zur Verfügung stellen.

Damit ist das Potenzial an Zusatzfragen erfüllt. Ich rufe auf in der Drucksache 7/8592 die Mündliche Anfrage von Herrn Abgeordneten Gleichmann.

Schülerbeförderung im Landkreis Saale-Holzland-Kreis

Der Landkreis Saale-Holzland-Kreis beschloss zum 1. August 2023 eine neue Satzung zur Schülerbeförderung. In § 3 Nr. 6 der Satzung wurde folgende Regelung getroffen:

„Bei Schülern, die auf entlegenen Gehöften beziehungsweise in abgelegenen Siedlungen und Ortschaften wohnen, die nicht von Bussen des öffentlichen Personennahverkehrs angefahren werden können, besteht kein genereller Anspruch auf Einzelbeförderung. In diesen Fällen sind die Schüler vorrangig von den Eltern/Sorgeberechtigten im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht bis zur nächsten im öffentlichen Personennahverkehr eingerichteten Haltestelle zu bringen. Die Erstattung der damit verbundenen Aufwendungen erfolgt gemäß § 7 dieser Satzung.“

Ich frage die Landesregierung:

1. Entspricht diese Regelung den Grundsätzen zur Schülerbeförderung, die sich aus dem Thüringer Gesetz über die Finanzierung der staatlichen Schulen ergeben?

2. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu dieser Regelung im Hinblick auf den enormen Aufwand für die Familien und die daraus resultierende Benachteiligung des ländlichen Raums?

3. Sind der Landesregierung ähnliche Regelungen aus anderen Landkreisen bekannt, wenn ja, welche?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, Herr Staatssekretär Speitkamp, bitte.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Gleichmann beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die erwähnte Satzungsregelung begegnet im Hinblick auf die Vorgaben des Thüringer Gesetzes um die Finanzierung der staatlichen Schulen keinen Bedenken. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 des Thüringer Schulfinanzierungsgesetzes entscheiden die Träger der Schülerbeförderung bei einer notwendigen Beförderung im Sinne des Gesetzes, ob sie die Schüler zur Schule befördern – freigestellter Schülerverkehr – oder ihnen oder ihren Eltern die notwendigen Aufwendungen für den Schulweg erstatten. Das gilt natürlich nicht nur für Schüler, sondern auch für Schülerinnen.

Nichts anderes ist mit der vorliegenden Satzungsregelung geschehen. Eine Verpflichtung zur Einrichtung einer Einzelbeförderung kann dem Gesetz auch bei abgelegenen Wohnorten nicht entnommen werden. Das

(Ministerin Werner)

Wahlrecht des § 4 Abs. 3 Satz 1 des Thüringer Schulfinanzierungsgesetzes steht ausschließlich dem Träger der Schülerbeförderung zu, nicht den Eltern, dazu auch das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 27.04.2006.

Zu beachten ist darüber hinaus, dass es grundsätzlich eine Pflicht der Eltern darstellt, ihre Kinder zur Schule zu bringen. Eine staatliche Verpflichtung zur Einrichtung eines freigestellten Schülerverkehrs bzw. einer Einzelbeförderung lässt sich verfassungsrechtlich nicht herleiten. Die Ausgestaltung der freiwilligen Leistung der öffentlichen Hand nach § 4 des Thüringer Schulfinanzierungsgesetzes unterliegt daher einem weitreichenden Gestaltungsspielraum. Es ist insofern auch nicht zu beanstanden, dass die Träger der Schülerbeförderung ihre diesbezügliche Organisationsentscheidung auch unter Berücksichtigung von Zweckmäßigkeits- und Kostenerwägungen treffen.

Zu Frage 2: Der Landkreis, dessen Schulverwaltungsamt für die Schülerbeförderung zuständig ist, hat diese Frage bewertet und entschieden. Die Landesregierung hat diesen Vorgang mangels eigener Zuständigkeit nicht zu bewerten.

Und zu Frage 3: Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Seitens der Landesregierung werden keine statistischen Übersichten über den Inhalt kommunaler Satzungen geführt, auf die zur Beantwortung der Frage zurückgegriffen werden könnte. Eine Aussage dazu, ob und welche ähnlichen Satzungsregeln im Zusammenhang mit der Schülerbeförderung in anderen Landkreisen bestehen, könnte nur durch eine Abfrage bei den zuständigen Rechtsaufsichtsbehörden und eine dortige Sichtung aller einzelnen Schülerbeförderungssatzungen ermittelt werden. Das war in der für die Beantwortung der Mündlichen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit leider nicht umsetzbar.

Danke schön.

Eine Nachfrage von Herrn Abgeordneten Wolf.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, Ihre Ausführungen eben, stehen die nicht im Widerspruch zum § 41d des Thüringer Schulgesetzes, nach dem die Schülerbeförderung 35 Minuten für Grundschüler und für Regelschüler 45 Minuten bzw. Gymnasium und Förderzentrum um 60 Minuten betragen sollte? Und ist es da nicht ausdrücklich geregelt, dass es vom Austritt aus der Haustür bis in die Schule gemeint ist? Das besagt doch die Rechtsprechung. Es ist jetzt egal, was im Schulfinanzierungsgesetz steht, hier stehen doch die Beförderungszeiten.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter, wenn ich die Frage des Abgeordneten Gleichmann richtig verstehe, ging es hier um die Art und Finanzierung der Beförderung, vor allem der Art der Beförderung, nicht um die Zeiten. Über die Zeiten ist keine Aussage getroffen, unabhängig davon, wie abgelegen die jeweiligen Orte sind, von denen die Schüler befördert werden müssen. Und wenn jetzt Rechtsregeln miteinander kollidieren, dann wird man das auf rechtlichem Wege klären müssen. Aber dann kann ich das hier nicht quasi auf administrativem Wege klären.

(Staatssekretär Prof. Dr. Speitkamp)

Weitere Nachfragen sehe ich jetzt nicht. Dann rufe ich in der Drucksache 7/8645 die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Reinhardt auf.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Immobilien des extrem rechten „Königreich Deutschland“ in Gera

In einer am 29. August 2023 vom öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter „Arte“ veröffentlichten Dokumentation über die sogenannte „Reichsbürgerbewegung“ wird von einer neuen Immobilie des mehrfach we

gen illegaler Geschäfte verurteilten selbsternannten Oberhaupts des Fantasiegebildes „Königreich Deutschland“ im sogenannten „Bieblacher Gut“ im Gemeindeweg in Gera berichtet. Im „neuen Staatsgebiet des Königreichs Deutschland in Gera“ sollen Wohn- und Schulungsräume entstehen und Projekte mit älteren sowie behinderten Menschen stattfinden. In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich ein Wohnhaus der Lebenshilfe. In den auf Ende Februar 2023 datierten Aufnahmen ist das selbsternannte „Oberhaupt“ unter anderem gemeinsam mit einem aus der Szene der extrem rechten Geraer Montagsdemonstrationen bekannten „Reichsbürger“ zu sehen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Aktivitäten des „Königreich Deutschland“, wie zum Beispiel der Erwerb der Immobilie, Veranstaltungen, Arbeitseinsätze usw., sind der Landesregierung in Thüringen seit dem Jahr 2020 bekannt geworden – bitte einzeln nach Datum auflisten –?

2. Welche Informationen liegen der Landesregierung über die am Verkauf der Immobilie beteiligten Personen – Käufer und Verkäufer – vor –bitte auf mögliche Verbindungen in die Reichsbürgerszene oder andere extrem rechte Zusammenhänge eingehen –?

3. Welche Kenntnisse besitzt die Landesregierung über die Personen, die an den Arbeiten und Aktivitäten in der Immobilie beteiligt waren – bitte auf mögliche Verbindungen in die Szene der „Reichsbürger“ oder andere extrem rechte Zusammenhänge eingehen –?

4. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bezüglich des Verkaufs oder gegen die seit dem Verkauf stattfindenden Aktivitäten in der Immobilie wann ergriffen – zum Beispiel Prüfung eines Vorkaufsrechts, planungs-, brand- und baurechtliche Prüfungen etc. entsprechend des „Handlungsleitfadens für kommunale Entscheidungsträger in Thüringen zum Umgang mit Rechtsextremisten“ oder darüber hinaus –?

Für die Landesregierung hat das Wort das Ministerium für Inneres und Kommunales, Frau Staatssekretärin Schenk, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Reinhardt beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Es wurden im Sinne der Fragestellung folgende Aktivitäten bekannt: Im Jahr 2020 diente ein Restaurant in Saalfeld-Wöhlsdorf zeitweise als Treffpunkt, ehe es im Jahr 2021 durch die Untere Gewer

beaufsicht geschlossen wurde. Hier fanden am 16. Mai ein sogenannter Antrittsbesuch und am 14. Juni eine Vortragsveranstaltung des „Königreichs Deutschland“ sowie am 15. November ein Arbeitstreffen mit Vertretern der Querdenken-Gruppe statt. Neben dem Sachverhalt um das Restaurant in Saalfeld-Wöhlsdorf gab es Ende 2021 Hinweise auf ein weiteres Unternehmen im „Königreich Deutschland“. Es handelt sich um einen Onlineshop für Kaffeeprodukte, der unmittelbar dem Pächter einer Kaffeerösterei zuzurechnen war. Bereits Mitte 2022 verschwand der Hinweis auf das „Königreich Deutschland“ in der Onlinepräsenz und für die Immobilie wurde vom Betreiber selbst ein neuer Pächter gesucht.

Ebenfalls in Saalfeld fielen im Februar 2022 Erkenntnisse zu einem geschäftlich genutzten Objekt an, welches dem „Königreich Deutschland“ zuzuordnen ist. Es wird suggeriert, für die Dauer der Geschäftsbeziehungen besitze der Kunde die temporäre Zugehörigkeit zum Gemeinwohlstaat und nutze damit die Verfassung, die Gesetze und die Gerichtsbarkeiten des „Königreichs Deutschland“. Über den Telegram-Kanal „Königreich Deutschland Offiziell“ wurde weiterhin Mitte 2022 mitgeteilt, dass sich das – ich zitiere – „Kernstaatsgebiet des Königreichs Deutschland“, abgekürzt KRD, „zum 25. Januar 2022 durch Zustiftung [erweitert]“. Mit der offenkundigen Zugehörigkeit der Immobilieneigentümer gehen auch entsprechende Aktivitäten einher, wie zum Beispiel das Hissen der Flagge von Neudeutschland, also gold-rot-schwarz mit einer weiß-silbernen aufgehenden Sonne, auf dem Grundstück. Die Etablierung eines Gemeinwohldorfes ist in diesem Zusammenhang jedoch nicht bekannt. Die im Ilmkreis angesiedelte Immobilie wird bisher auf der Homepage des KRD nicht als Standort aufgeführt.

Weiterhin wurde noch Mitte 2022 im Landkreis Schmalkalden-Meiningen eine Ferienwohnung zur Buchung angeboten, für die die ausgehangene Hausordnung darauf hinwies, dass man bereits beim Betreten der Räumlichkeiten temporär Staatsangehöriger des „Königreichs Deutschland“ sei. Aktuell ist diese Unterkunft nicht mehr buchbar. Im Jahr 2023 war für den 29. Juli zu einem Infoseminar des zum „Königreich Deutschland“ gehörigen „Team Leucht-Turm“ im Raum Suhl eingeladen worden. Dieses fand nicht statt. Ein weiteres Seminar ist für den 24. September im Raum Ilmenau angekündigt. Darüber hinaus sind für das alternative Gesundheitsnetzwerk des „Königreichs Deutschland“ verschiedene Gesundheitsberater tätig, von denen einzelne Thüringen zugeordnet werden können. Hingegen sind keine Aktivitäten der sogenannten Gemeinwohlkassen zur Investition eingezahlter Gelder, von denen eine auch in Jena ansässig sein soll, und der sogenannten Deutschen Heilfürsorge des KRD bekannt.