Denn bereits eine Legislaturperiode vorher, nämlich in der 5., waren es wir Freien Demokraten, die in der Drucksache 5/489 – das lässt sich finden – und später dann im Gesetzentwurf in der Drucksache 5/7687 gefordert haben, die Entscheidung über die Erhebung der Straßenausbaubeiträge in das Ermessen der Kommunen zu stellen und damit die Möglichkeit zu schaffen, darauf zu verzichten. Unsere Initiativen wurden abgelehnt.
Schreien Sie doch nicht, Sie haben doch genug Redezeit. – Unsere Initiativen wurden abgelehnt und so wuchs das Problem weiter auf. Wir reden heute hier über Härtefälle, die es gar nicht erst gegeben hätte, wären damals unsere Initiativen hier im Hause durchgekommen.
Die Straßenausbaubeiträge wurden somit erst zum Stichtag des 1. Januar 2019 abgeschafft, auch wenn für bereits vorher entstandene Beiträge noch Beitragsbescheide bis 2022 erlassen werden konnten.
Unserer Meinung nach wurde mit der Abschaffung erneut ein Gerechtigkeitsproblem geschaffen. Was ist, wenn beispielsweise innerhalb eines engen räumlichen Bereichs – nehmen wir eine lange Straße als Beispiel – im ersten Bauabschnitt Straßenausbaubeiträge noch erhoben werden mussten, und im zweiten Bauabschnitt dann schon nicht mehr? Nach dem Stichtag ist eine Gleichbehandlung so und nun also nicht mehr möglich und das sorgt natürlich für neuen Unfrieden vor Ort bei den Betroffenen.
Meine Damen und Herren, dass jetzt ein Härtefallfonds geschaffen wurde, um Härten abzufangen, ist bei der bestehenden Rechtslage vielleicht folgerichtig, aber auch hier werden weitere Ungerechtigkeiten geschaffen. Was ist beispielsweise mit denjenigen, die das Geld zusammengekratzt oder sich dafür verschuldet haben? Die werden jetzt dafür bestraft, ihre Zahlungen nicht gestundet zu haben. Wir halten bereits die Art, wie die Straßenausbaubeiträge abgeschafft wurden für falsch, aber wir wollen uns einer Teillösung der daraus resultierenden Probleme natürlich nicht in den Weg stellen. Deswegen werden wir einer Ausschussüberweisung zustimmen. Sollte es nicht dazu kommen, würden wir uns bei dem Thema enthalten. Ich danke Ihnen.
(Zwischenruf Abg. Bilay, DIE LINKE: Ich finde es ja gut, dass plötzlich alle gegen Straßenausbaubei- träge sind!)
Aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Landesregierung wünscht das Wort nicht. Dann habe ich den Wunsch nach Ausschussüberweisung vernommen. Ich nehme an, an den Innen- und Kommunalausschuss. Weitere Ausschussüberweisungen sind nicht gewünscht.
Dann stimmen wir das ab. Wer der Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, Gruppe der FDP, der CDU und der AfD. Kurze Gegenprobe: Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? Auch nicht. Dann ist das an den Ausschuss überwiesen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt.
Gesetzentwurf der Parlamentarischen Gruppe der FDP - Drucksache 7/8066 - Neufassung - ERSTE BERATUNG
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thüringer Krebsregistergesetz bringen wir ein. Das mag für den einen oder anderen zunächst recht sperrig sein, für die Betroffenen ist es extrem wichtig, denn ein Krebsregister und die Grundlage des Krebsregisters sind die Erhebung von Daten, von Fällen. Das gibt natürlich dann am Ende des Tages auch die Möglichkeit, Forschung zu generieren und gute Forschung ist auch Grundlage guter Versorgung.
Wir haben in Thüringen ein Problem, weil wir eine Rechts- und Regelungslücke haben. Die haben wir aber nicht erst seit heute, seit gestern oder vorgestern, sondern schon länger. Bisher war die Organisation des Krebsregisters im Osten über die Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen in einem Staatsvertrag geregelt. Dieser wurde aber zum 31. Dezember 2022 aufgekündigt. Darüber hat die Landesregierung den Landtag bereits im April 2021 in Kenntnis gesetzt. Bis heute gab es aber noch keine Neuregelung seitens der Landesregierung und damit eben auch keine gültige Rechtsgrundlage. Damit haben wir ein Problem in Thüringen, der epidemiologischen Krebsregistrierung fehlt hier die Rechtsgrundlage. Das hat natürlich in der Realität wie immer tiefgreifende Auswirkungen. So stapeln sich die Totenscheine in den Gesundheitsämtern, die Datenbestände des Gemeinsamen Krebsregisters – das ist ja ein Bundesgesetz –, aber auch die Altdatenbestände des Nationalen Krebsregisters der DDR können aktuell nicht bearbeitet werden. Wichtige Abgleiche und Auswertungen können nicht vorgenommen werden, ebenfalls Grundlage für saubere Daten, beispielsweise mit dem Deutschen Kinderkrebsregister, dem Zentrum der Krebsregisterdaten oder bei Krebsfrüherkennungsprogrammen wie dem MammografieScreening.
Unser Gesetzentwurf schließt diese Regelungslücken. Er berücksichtigt und ermöglicht Reformen der doch sehr einzigartigen Thüringer Strukturen und schafft somit eine Kompatibilität zu anderen Länderstrukturen. Er nimmt die Digitalisierung und die Möglichkeit der elektronischen Meldung in den Blick. Wir stellen mit dem Gesetzentwurf den Datenschutz sicher und er regelt eben die so wichtige – das habe ich eben schon gesagt – epidemiologische Krebsregistrierung. Wir integrieren auch die Meldungen von prognostisch ungünstigen nichtmelanotischen Hautkrebsarten, das ist also der weiße Hautkrebs, und ihren Frühstadien. Damit schaf
fen wir eines: nicht nur saubere Daten, nicht nur eine Rechtsgrundlage, sondern damit sichern wir die Finanzierung des Krebsregisters ab 2024, die aktuell gefährdet ist, nicht nur, weil es die Rechtsgrundlage nicht gibt, sondern auch, weil Thüringen bisher zwei der 45 notwendigen Kriterien zur Finanzierung über die Krankenkassen verfehlt. Sie sehen also, konstruktive Opposition heißt eben auch, Dinge vorzulegen, sich die Dinge nicht nur zu wünschen, sondern konkret zu machen.
Insofern, liebe Kolleginnen und Kollegen, freue ich mich nicht nur auf die Aussprache, sondern dann hoffentlich auch eine Aussprache im entsprechenden Fachausschuss und eine rasche Bearbeitung, damit eine gute Forschung zu guter Versorgung führen kann, auch hier in Thüringen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, zunächst einmal begrüßen wir als CDU-Fraktion den Vorschlag für das neue Thüringer Krebsregistergesetz. Ich will aber an einer Stelle gleich mal betonen, dass es schon etwas unüblich ist, dass so ein Gesetz von der Opposition eingereicht wird.
Denn natürlich ist es so, dass der Staatsvertrag über das Gemeinsame Krebsregister – und das hat Kollege Robert-Martin Montag gerade dargelegt – seit acht Monaten aufgekündigt ist. Bis jetzt liegt kein Dokument der Landesregierung vor, welches versucht, diesen Missstand zu lösen. Das ist schon ein bemerkenswerter Vorgang, da dieser Zeitdruck hier durchaus bekannt und bewusst war und wir auch schon im Sozialausschuss darüber diskutiert haben. Aber es ist aller Ehren wert, dass die FDP dieses Gesetz jetzt vorgelegt hat, um diesen Missstand zu beheben.
Ich will zunächst noch nicht ganz in die Tiefe der Thematik einsteigen, der Kollege hat ja viel dazu berichtet. Ich denke, wir werden dazu auch noch einige Dinge im Fachausschuss zu besprechen, insbesondere, weil auch schon eine Stellungnahme vom Helios Klinikum eingegangen ist, die, sage ich mal, durchaus bemerkenswert ist. Das will ich schon mal sagen. Da gibt es doch einige Zitate, die, sage ich mal, zumindest diskussionswürdig sind. Wenn in der Stellungnahme zum Gesetzentwurf geschrieben wird, er „leidet an Unschärfen“ oder „[es wird] unnötig verkompliziert“, es bestehen „Unzulänglichkeiten“, dann ist das sehr offensiv. Das wird man sich sicherlich noch mal genauer anschauen müssen. Auch wurde die Begründung als „wenig aussagekräftig“ bezeichnet und „eine stichpunktartige Verallgemeinerung der Inhalte“ erwähnt.
Ich will damit nur sagen, es scheint mir so, dass diejenigen, die auch in der Umsetzung der ganzen Thematik betroffen sind, hier auch mitgenommen werden müssen. Es ist gut, dass wir vorher schon so eine Zuarbeit bekommen, aber es zeigt nur, dass das ganze Thema doch noch viel Diskussion verlangt.
Der ganze Vorschlag – das habe ich schon gesagt –, wird auf grundsätzliche Unterstützung der CDU-Fraktion treffen. Wir werden das natürlich auch entsprechend an den Ausschuss überweisen. Wir sind auch dafür, dass dort auch bestimmte Dinge diskutiert werden, wie zum Beispiel auch die Fortschreibung der Beleihung der bestehenden Zentrales klinisches Krebsregister Thüringen gGmbH oder vielleicht auch die Aufrechterhaltung der bestehenden regionalen Registerstellen. Dass das alles geprüft wird, wäre uns auch noch mal ein Anliegen, um für eine qualitative Lösung zu sorgen.
Der Gesetzentwurf hat also eine ganze Reihe von Problemen, die er behebt. Wir müssen gucken, dass wir ihn dann so bearbeiten, dass er nicht noch ein paar Probleme mehr auslöst, als er behebt. Aber da bin ich ganz optimistisch. Wir werden diesen Gesetzentwurf an den Ausschuss für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung mit überweisen. Dort werden wir ihn entsprechend diskutieren und dafür sorgen, dass der Antrag auch die nötige Qualität bekommt. An welchen Stellschrauben noch gedreht werden muss, damit wir das Krebsregister oder die Krebsregistrierung wieder auf stabilem Grund und Recht fußen lassen, werden wir dann dort gemeinsam diskutieren. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kollegen Abgeordnete, Zuhörer auf der Tribüne und Zuschauer am Livestream, ein Krebsregister ist ein medizinisch und epidemiologisch immens wichtiges Instrument, um Kenntnisse zu erlangen, wie Tumorerkrankungen erfolgreich begegnet werden kann. Krebserkrankungen stellen in Deutschland nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache dar. Daher sind alle wichtigen verfügbaren Informationen zu erheben und wissenschaftlich zu erforschen. Es gibt Handlungsbedarf, weil das bisherige Thüringer Krebsregistergesetz vom Dezember 2017 seine Gültigkeit verloren hat. Die bisherigen Regelungen waren veraltet, fehlerhaft und unvollständig. Seit dem 1. Januar dieses Jahres besteht keine rechtliche Sicherheit mehr und auch die Vergütung ist nicht vollumfänglich geregelt.
Viele richtige und wichtige Argumente wurden bereits genannt. Insofern muss ich mich nicht weiter auslassen. Auf einen Punkt möchte ich allerdings noch eingehen, weil er mir sehr wichtig erscheint – der Datenschutz. Es muss absolut sichergestellt und auch regelmäßig kontrolliert werden, dass mit diesen sensiblen Gesundheitsdaten sorgfältig umgegangen wird. Natürlich gibt es keine absolute Sicherheit. Ein Datenleck oder gar Missbrauch dieser Daten würde jedoch das Vertrauen der Patienten und der medizinischen Bereiche grundlegend und dauerhaft erschüttern.
Abschließend noch eine Bemerkung: Was sich mir nicht erschließt, ist die Tatsache, warum das Gesundheitsministerium in Kenntnis des notwendigen Handlungsbedarfs nicht rechtzeitig tätig geworden ist. Wenn ein bisheriges Gesetz zum Jahresende ausläuft, dann ist die logische Konsequenz für ein gut funktionierendes Ministerium, ein aktuelles Gesetz zu erarbeiten und nahtlos bereitzustellen. Wenn es eine Ausnahme wäre, könnte man dies tolerieren. Aber das Ministerium liefert einfach nicht. Wir kennen das vom ÖGD-Gesetz, welches Thüringen als einziges Bundesland seit Jahren nicht erarbeiten kann.
Nun hat die Gruppe der FDP einen Gesetzentwurf zum Thüringer Krebsregistergesetz bereitgestellt. Zu begrüßen ist, dass in § 31 vorgeschlagen wird, dies rückwirkend zum 1. Januar 2023 gelten zu lassen. Dadurch können Nachteile für Leistungsberechtigte ausgeschlossen werden.
Abschließend möchte ich noch kritisieren, dass einen Tag vor dem Plenum eine Neufassung des Gesetzentwurfs, welcher 29 DIN A4-Seiten umfasst, vorgestellt wird. Es ist äußerst hilfreich und zeitsparend, wenn ein kurzer Hinweis zu der oder den Änderungen angeboten würde. Wir werden dem Gesetzentwurf und – wenn notwendig, aber es ist ja schon vorgeschlagen worden – auch der Ausschussüberweisung zustimmen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, es wurde jetzt schon sehr viel gesagt. Vielen Dank an die FDP für diesen Vorschlag, den wir sicherlich im Ausschuss zu einem guten Ende bringen werden, davon bin ich überzeugt. Es wurde jetzt schon viel gesagt. Das Gemeinsame Krebsregister wurde ja 2022 aufgelöst und ich möchte noch mal einen ganz kurzen Abriss in die Geschichte geben. Das wurde nämlich noch gar nicht gesagt. Es begann nämlich 1954 in Ostberlin, damals wurde das Nationale Krebsregister der DDR eingerichtet. Mit standardisierten Meldebögen wurden Informationen zum Auftreten, zur Art der Krebserkrankung und zur Behandlung und Sterbedatum registriert. Und so lagen 1989 Daten von rund 2 Millionen Krebspatientinnen und ‑patienten aus dem Jahr 1954 bis 1989 vor. Die Meldungen waren Pflicht, bei Nichterfüllung drohten nämlich Strafen. Die 90-prozentige Erfassung aller
Krebserkrankungen innerhalb der DDR galt als einzigartig. Mit der Einrichtung hatte die DDR schon Mitte der 50er-Jahre eine internationale Vorreiterrolle eingenommen. Ab 1990 wurde das Register nicht fortgeführt. Im Einigungsvertrag über den Beitritt der DDR zur BRD war das Krebsregister schlichtweg vergessen worden. Dazu kam natürlich noch eine gewisse Skepsis gegen Register, auch gegen Krebsregister und natürlich entsprach das DDR-Register nicht den bundesdeutschen Datenschutzbedingungen. Deswegen hätten die gesammelten Angaben nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik vollständig und unverzüglich gelöscht werden müssen. Aber die neuen Bundesländer wollten die wertvollen Daten unbedingt retten. Das war eine ziemlich komplizierte Rechtskonstruktion in Form von mehreren Gesetzen und machte es aber möglich, den Bestand in sichere Verwahrung zu nehmen. So weit der kurze Ausflug in die Geschichte.
Inzwischen hat das Bundesarchiv die epidemiologische Datenbank übernommen. Dort liegen nun sämtliche Daten, die in der DDR gesammelt wurden, und die Sätze, die nach 1989 aus den beteiligten Ländern bis 2022 gemeldet wurden. In Thüringen sind derzeit lediglich die Aufgaben eines klinischen Krebsregisters gesetzlich geregelt. Nach dem Ausstieg aus dem Staatsvertrag über das Krebsregister der Ostländer muss nun schnell die Erfassung der Daten in das Register geregelt werden, denn hier werden bevölkerungsbezogene Gesichtspunkte und Sterberate miterfasst. Doch für all diese Arten der Datenerfassung fehlt im Freistaat gerade die gesetzliche Grundlage.
Beide Registerarten sind von unschätzbarem Wert für die Erforschung und Behandlung von bösartigen Tumorerkrankungen. Wie gesagt, der vorliegende Gesetzentwurf der Parlamentarischen Gruppe der FDP macht einen ausführlichen und meiner Meinung nach auch guten Vorschlag für die Regelung der Krebsregistrierung.