Gut, dann kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage, die des Abgeordneten Kemmerich in der Drucksache 7/8955, die niemand stellen möchte. Dann schieben wir das mal hinten ran – oder?
Die Förderung des Tourismussektors ist nicht nur eine Investition in die Wirtschaft, sondern auch ein Weg, die kulturelle Vielfalt und das historische Erbe Thüringens auf nationaler und internationaler Ebene zu präsentieren. Eine moderne und effiziente touristische Infrastruktur kann die Lebensqualität der Anwohner
erhöhen und gleichzeitig als Katalysator für wirtschaftliches Wachstum und Arbeitsplatzschaffung dienen. Der Erhalt von wichtigen Ausflugszielen und die Schaffung neuer Besuchermagnete sind unerlässlich, um ein breiteres Publikum anzusprechen und um die Nachhaltigkeit des Tourismussektors zu gewährleisten, indem sie stetig wiederkehrende Einkommensquellen generieren. Investitionen in den Tourismus haben oft einen Multiplikatoreffekt, da sie auch Branchen wie Gastronomie, Handel und Verkehr positiv beeinflussen. In Zeiten des steigenden Wettbewerbs ist es für Thüringen unerlässlich, proaktiv in diesen Sektor zu investieren, um seine Position als attraktives Reiseziel zu festigen und auszubauen. Im Einzelplan 07 des Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft – Kapitel 07 02, Titel 633 72 – wurde in diesem Jahr die Gemeinde Bad Tabarz für die Entwicklung des Inselsbergplateaus mit 749.599,29 Euro unterstützt, wobei der Titel 893 72 als Deckungsquelle diente.
1. Welche konkreten Maßnahmen wurden rund um die Entwicklung des Inselsbergplateaus durchgeführt? Bitte einzeln mit entsprechendem Kostenanteil aufschlüsseln.
2. Welche Maßnahmen und Projekte wurden seit Beginn dieser Wahlperiode aus den Titeln 633 72, 883 72 und 893 72 des Kapitels 07 02 finanziell unterstützt?
3. Aus welchen Gründen fließen die Mittel aus den Titeln 893 72 und 883 72 nicht bzw. nicht vollständig ab, weshalb es unter anderem zur Reduzierung des Ansatzes um 50 Prozent im Titel 893 72 im Haushaltsentwurf für das Jahr 2024 gekommen ist? Bitte Gründe und Hürden benennen.
4. Welches Ministerium fördert in welchen Titeln den Tourismussektor in Thüringen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu steigern?
Vielen Dank. Es antwortet das Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft, Herr Staatssekretär Feller.
Sehr geehrte Abgeordneter, vielen Dank für die Übermittlung der Fragen von Herrn Abgeordneten Kemmerich, die ich gern beantworte.
Frage 1: Die Gemeinde Bad Tabarz ist eine von drei Anliegergemeinden des Inselsbergs. Das Plateau liegt teilweise auf dem Gemeindegebiet der Gemeinde Bad Tabarz. Zusammen mit Brotterode-Trusetal und Waltershausen bildet die Gemeinde inzwischen eine Planungsgemeinschaft zur Erstellung eines Bebau
ungsplans. Zudem übernimmt sie in Abstimmung mit den genannten kommunalen Gebietskörperschaften einzelne Planungs- und Entwicklungsaufgaben für das Bergplateau.
Um die Entwicklungsplanung für das Areal voranbringen zu können, hat die Gemeinde eine Zuwendung als Projektförderung für verschiedene Maßnahmen beantragt, die mit dieser Gebietsentwicklung zusammenhängen. Mit Zuwendungsbescheid vom 21.12.2021 wurde der Gemeinde Bad Tabarz eine Zuwendung zur Projektfinanzierung als Vollfinanzierung gewährt. Der Höchstbetrag der Zuwendung beträgt 1,09 Millionen Euro. Die tatsächliche Förderhöhe kann erst im Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung nach Abschluss des Vorhabens ermittelt werden. Die Zuwendung dient insbesondere der Finanzierung von Sachverständigenkosten und Planungsleistungen, die mit der Entwicklung des Inselsbergplateaus verbunden sind. Aus ihr
konnte zu dem der Ankauf eines ca. 6.000 m2 großen Grundstücks an der Nordostseite des Plateaus durch die Gemeinde von einem privaten Eigentümer finanziert werden. Dieses ist mit einem Gebäude bebaut, das ursprünglich für Gastgewerbe genutzt wurde, seit längerem jedoch leer steht und verfällt. Finanziert wurde des Weiteren ein Mobilitätskonzept, das verschiedene Varianten zur künftigen Erschließung des Plateaus aufzeigt sowie eine erste Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für eine neu einzurichtende Erlebniswelt.
Frage 2: Seit Beginn dieser Wahlperiode wurden aus den Titeln 633 72, 883 72 und 893 72 des Kapitels 07 02 insgesamt 41 Maßnahmen und Projekte finanziell unterstützt. Gestatten Sie mir aufgrund des
Frage 3: Die in den Titeln 833 und 893 in der Titelgruppe 72 des Kapitel 07 02 veranschlagten Mittel dienen der Unterstützung von kommunalen Gebietskörperschaften bei den Investitionsvorhaben neben oder außerhalb bestehender Förderangebote. Die Ansätze wurden geschaffen, da es insbesondere in der Förderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ gelegentlich zu Fällen kam, in denen vorbereitende und begleitende Maßnahmen aufgrund der Fördervorgaben im bundesweit einheitlich Koordinierungsrahmen nicht förderfähig waren. Die im Titel 883 veranschlagten Haushaltsmittel dienten zu dem vorrangig für Investitionsmaßnahmen zur Einführung digitaler Hilfsmittel und Services, insbesondere bei Touristeninformationen.
Gerade im Bereich der Touristeninformationen konnten in den zurückliegenden fünf Jahren mehrere Investitionsvorhaben unterstützt werden. Hier ist der Bedarf inzwischen zurückgegangen. Die Thüringer Tourismusgesellschaft hat dazu parallel ein Netzwerk „Touristinformation der Zukunft geschaffen“. Die dort zusammengetragenen Erfahrungen fließen in die geplante Neukonzeption eines aus Landesmitteln finanzierten Förderprogramms ab dem Haushaltsjahr 2024 ein. Die Mittelanmeldung im Haushaltsentwurf 2024 ist daher auch eine Reaktion auf die Erkenntnisse zum Mittelabfluss in den zurückliegenden Haushaltsjahren und Ergebnis einer Bedarfsplanung.
Die im Titel 893 angemeldeten Mittel sind abhängig von besonders bedeutsamen regionalen Entwicklungsmaßnahmen. Auch hier dienen die Mittel die Begleitung von Vorhaben, die im Wesentlichen aus anderen Förderprogrammen unterstützt werden. Solche Vorhaben sind zeitlich nicht immer präzise planbar, zumal das Land nur als Zuwendungsgeber und nicht als Projektträger auftritt. Derzeit absehbar werden die Haushaltsmittel weiterhin für die Entwicklung der Inselsberg-Region und des Rennsteigs genutzt werden können.
Frage 4: Der Tourismussektor wird durch das dafür gemäß Zuständigkeitsbeschluss der Landesregierung zuständige Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft gefördert. Mittel stehen in den Titeln der Titelgruppe 72 im Kapitel 07 02 des Einzelplans 07 zur Verfügung. In den Haushaltsansätzen anderer Ressorts der Landesregierung ist Tourismus nicht als eigenständiger Ausgabenzweck ausgewiesen. Das schließt nicht aus, dass Aufgaben für Zuwendungen im Aufgabenbereich anderer Ressorts auch positi
ve Auswirkungen auf den Tourismus haben, etwa Finanzierungen im Bereich Kultur, zur Entwicklung des ländlichen Raums sowie Investitionen in Naturschutz und Verkehrsinfrastruktur. Eine vorrangige Förderung des Tourismussektors liegt diesen Ausgaben jedoch nicht zugrunde.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Es gibt keine Nachfragen. Dann kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage von Frau Abgeordneter Meißner in der Drucksache 7/8965. Bitte.
Am 4. Oktober 2023 veröffentlichte die Tageszeitung „Thüringer Allgemeine“ einen Bericht über den Fachtag der Thüringer Fachberatungsstelle „allerdings“. Der Artikel vermittelte den Eindruck, dass nicht Gewalt, sondern die Möglichkeiten zur legalen Arbeit für Prostituierte, Probleme mit den Finanzämtern und der Wunsch nach legalem Aufenthaltstitel im Mittelpunkt der Arbeit mit den 340 Beratungsfällen stünden, welche die Beratungsstelle seit Januar 2022 wahrnahm.
1. Welche Probleme betrachtet die Landesregierung als vordergründig hinsichtlich der Prostitution in Thüringen?
2. Inwieweit spielt der Schutz der Prostituierten vor Gewalt und Zwangsprostitution eine Rolle in der Arbeit der Fachberatungsstelle „allerdings“?
3. In wie vielen der 340 Beratungsfälle konnte die Beratung der Fachberatungsstelle helfen, Prostituierte vor Gewalt zu schützen oder eine Zwangsprostitution zu verhindern?
4. In wie vielen der 340 Beratungsfälle spielten Fragen der allgemeinen unternehmerischen bzw. wirtschaftlichen Beratung eine Rolle, beispielsweise der Umgang mit den Arbeits- und Finanzämtern, Arbeitsmöglichkeiten im Thüringer Sexgewerbe, Anmeldung für ein Gewerbe?
Vielen Dank. Es antwortet für die Landesregierung das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, Frau Ministerin Werner.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, namens der Landesregierung möchte ich die Mündliche Anfrage wie folgt beantworten. Zunächst gestatten Sie mir bitte eine Vorbemerkung:
Sehr geehrte Frau Abgeordnete Meißner, Sie stellen in der Einleitung Ihrer Mündlichen Anfrage zur Fachberatungsstelle „allerdings“ fest, dass ein am 4. Oktober dieses Jahres erschienener Artikel in der „Thüringer Allgemeinen“ den Eindruck vermittele, dass nicht Gewalt, sondern die Möglichkeit zur legalen Arbeit für Prostituierte, Probleme mit den Finanzämtern und der Wunsch nach legalem Aufenthaltstitel im Mittelpunkt der Arbeit der Beratungsstelle stünden. Dieser Eindruck ist durchaus richtig, denn die Sexarbeiterinnen und
Sexarbeiter, die zu „allerdings“ finden, sind häufig von struktureller Gewalt – also Diskriminierung – und weniger von physischer Gewalt betroffen.
Wer sich die Internetseite von „allerdings“ anschaut, sieht, „allerdings“ ist eine Fachberatungsstelle für Menschen, die erotische und sexuelle Dienstleistungen anbieten. Inhalte sind rechtliche und finanzielle, medizinische und soziale Fragen und, wenn gewünscht, eine Ausstiegsberatung. Die Beratung erfolgt kostenfrei und unabhängig davon, ob der Sexarbeit weiter nachgegangen wird. Sie ist anonym und auf Wunsch mehrsprachig und kann auch von Angehörigen und Freundinnen in Anspruch genommen werden. Die Kontaktaufnahme erfolgt freiwillig und auf Initiative der Klientinnen. „allerdings“ informiert und berät zur Sexarbeit und zu allen anderen Themen, bei denen das Klientel Unterstützung braucht. Bei der Beratung wird eine Förderung von Chancengerechtigkeit und gesellschaftlicher Teilhabe sowie auch die Stärkung der Rechte der Sexarbeiterinnen verfolgt.
„Allerdings“ wurde am 02.11.2022 nach § 1 Abs. 7 des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Prostitutionsschutzgesetzes als Fachberatungsstelle im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 1 Prostitutionsschutzgesetz anerkannt.
Zu 1: Zunächst ist anzumerken, dass nach § 1 Satz 1 Thüringer Verordnung über das Verbot der Prostitution das Nachgehen der Prostitution in Gemeinden mit bis zu 30.000 Einwohnern verboten ist. Ferner erfolgt gegenwärtig auf Bundesebene – es handelt sich um ein Bundesgesetz – eine Evaluation des Prostitutionsschutzgesetzes. Probleme im Zusammenhang mit dem Vollzug des Prostitutionsschutzgesetzes sind im für die Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes zuständigen Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales aktuell nicht bekannt. Die im Artikel aufgezählten Probleme betreffen weniger das Prostituiertenschutzgesetz als praktische Probleme allgemeiner Natur, insbesondere betreffend die Bewältigung von Behördengängen im Zusammenhang mit der Ausübung einer selbstständigen Arbeit insbesondere auch bei Personen mit Migrationshintergrund.
Zu 2.: Die Fachberatungsstelle trifft häufig auf Menschen in der Sexarbeit, die psychische Gewalt erfahren,
beispielsweise durch Zwangsouting im eigenen Land, Angst vor Zwangsouting und Verlust der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse. Zwang durch physische Gewalt ist der Fachberatungsstelle bislang nicht begegnet. Die Vorbeugung von Gewalt in der Sexarbeit und Zwangsprostitution spielt eine nicht unwesentliche Rolle in der Arbeit der Fachberatungsstelle, die allerdings durch Information und Gespräche mit Sexarbeitenden vorbeugende Beratung unterstützt, Runde Tische von Sexarbeitenden für Sexarbeitende im ungeschützten Rahmen organisiert und Seminare mit den Themen, die die Menschen bewegen, durchführt.
Zu 3.: Die Fachberatungsstelle hat insgesamt fünf Menschen beraten und begleitet, die sich einen Umstieg/Neuanfang gewünscht haben. Alle fünf Menschen sind unserer Kenntnis nach in die Sexarbeit zurückgekehrt. Eine konkrete Zahl bezüglich der Vorbeugung oder des indirekten Schutzes vor psychischer oder physischer Gewalt ist der Fachberatungsstelle nicht bekannt. Die Ratsuchenden sind nicht verpflichtet, sich zurückzumelden, nachdem sie, egal, aus welchem Grund, die Beratung in Anspruch genommen haben.