Protokoll der Sitzung vom 07.12.2023

Das kannst du ihn morgen fragen!

Liebe Frau Präsidentin, vielen Dank, auch für die Korrektur. Werte Kolleginnen und Kollegen. Die Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms durch die Landesregierung sollte ja ein großer Wurf werden. Die Bedeutung dieses Vorhabens zeigte sich darin, dass nicht nur der Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten, sondern auch der Innen- und Kommunalausschuss sowie der Umweltausschuss mit der Thematik befasst waren. In den Ausschüssen kam es, wie es sich für eine Demokratie gehört, zu lebhaften Diskussionen, wie es gewünscht ist. Wir haben uns in den Gremien auf die hier vorliegende Stellungnahme geeinigt, auf deren Inhalte ich im Folgenden noch ausschnittsweise eingehen möchte.

Zum Thema der zentralen Orte: „Der Landtag“ – ich zitiere – „spricht sich dafür aus, dass die Bestimmung der Grundzentren nicht auf Landesebene im Landesentwicklungsprogramm, sondern weiterhin auf Ebene der Regionalplanung erfolgt.“ Die Definition, welchen Status eine Kommune hat, wird in der Regionalplanung festgelegt und dies hat sich bewährt. Nur so kann auf lokale Gegebenheiten vor Ort eingegangen werden und eine Beurteilung allein auf statistischen Daten aus einem fernen Büro in Erfurt wird vermieden. Stichpunkt Bürgernähe.

(Abg. Dr. Bergner)

Zum Thema Energie ließe sich viel Weiteres sagen. Die wichtigsten Punkte, die wir heute hier vorliegen haben, sind noch einmal, dass wir als Landtag ein klares Bekenntnis abgeben zur Wiederaufforstung vor Windkraft in Thüringer Wäldern. Die Thüringer Wälder als CO2-Senke sind zu schützen, wie auch das

Verfassungsgericht in seinem Urteil festgestellt hat, und klimagerecht umzubauen. Eine Erkenntnis, die mittlerweile auch Anklang und Verständnis bei den einschlägigen Umweltorganisationen gefunden hat. Die starren und unsinnigen Flächenziele lehnen wir ja schon länger ab und es muss doch beim Ausbau der erneuerbaren Energien auf die lokalen Gegebenheiten eingegangen werden. Für Thüringen bedeutet das für uns einen technologieoffenen Ansatz mit Wind, Solar, Biomasse, Wasserkraft und ja, auch Wasserstoff. Ich verweise an dieser Stelle noch mal auf das Wasserstoffzukunftsgesetz der FDP, was diesem Landtag seit zwei Sitzungen bereits vorliegt und was noch der Beratung harrt.

(Beifall Gruppe der FDP)

Daran sehen Sie, was gute Politik ist, nämlich heute schon an morgen denken und technologieoffen, aber konkret mit eigenen Vorschlägen in die Debatte zu gehen. Wir als FDP tun das mit dem Wasserstoffzukunftsgesetz.

(Beifall Gruppe der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Beschlussempfehlung zur Stellungnahme, die uns hier in der Drucksache 7/8953 vorliegt, greift die Punkte aus den Diskussionen auf und findet die Unterstützung der Freien Demokraten. Dem werden wir zustimmen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen weiterhin eine gute Beratung. Vielen Dank.

(Beifall Gruppe der FDP)

Gibt es weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Das kann ich nicht erkennen. Dann hat Frau Ministerin Karawanskij für die Landesregierung das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Den Erste Entwurf zur Änderung des Landesentwicklungsprogramms hatten wir in Thüringen 22. November 2022 im Kabinett beschlossen und dann entsprechend auch der Öffentlichkeit, den Behörden und auch dem Landtag übergeben. Es gab dann eine Öffentlichkeitsbeteiligung und eine Frist bis zum 17. März. Es gingen bis zu dieser Frist 502 Stellungnahmen ein. Wenn Sie heute die Stellungnahme beschließen, dann wäre das die 503. Stellungnahme. Und, um das noch mal in Erinnerung zu rufen, der Landesgesetzgeber, also Sie selbst, haben 2007 mit der Änderung des Thüringer Landespla

nungsgesetzes eingeführt, dass der Landtag mit einbezogen werden kann. Er hat die Gelegenheit zur Stellungnahme, aber abgeben muss er eine Stellungnahme nicht. Wenn die Stellungnahmen dann nicht fristgerecht eingehen, können die dann auch unberücksichtigt bleiben – § 3 Abs. 5. Aber wir haben natürlich jetzt die Situation, dass mittlerweile der zweite Entwurf zur Änderung des Landesentwicklungsprogramms schon fortgeschritten ist und wir dennoch denken, dass wir die Stellungnahme des Landtags, so sie heute beschlossen wird, auch mit einarbeiten bzw. einbeziehen können. Ich will jetzt gar nicht vorgreifen, wir müssen das auch entsprechend prüfen, wie wir das immer mit den Stellungnahmen tun, aber vielleicht ein paar Punkte aus der hier vorliegenden Stellungnahme, die Sie hier zur Diskussion stellen, herausgreifen.

(Abg. Montag)

Der Thüringer Landtag hat mit seinen Eckpunkten des Leitbildes und den Leitlinien für die Neugliederung der Gemeinden in Thüringen und auch unter Berücksichtigung des Urteils des Thüringer Verfassungsgerichts aus dem Juni 2017 beschlossen, dass zentralörtliche Strukturen gestärkt und auch Gemeinden mit einer Mindesteinwohnergröße von 6.000 Einwohnern bezogen auf das Jahr 2035 gebildet werden sollen. Die neu gegliederten Gemeinden sollen ja so strukturiert sein, dass sie genau die Funktion von zentralen Orten wahrnehmen können. Und die jeweilige Gesetzesbegründung dieser leitbildgerechten Gemeindeneugliederung der vergangenen Jahre enthält ja genau diese Feststellung. Damit sollen die neu gegliederten Gemeinden Harztor, Am Ettersberg, Grammetal, Nessetal, Georgenthal, Drei Gleichen, Amt Wachsenburg, Unterwellenborn, Föritztal und Nobitz künftig im Landesentwicklungsprogramm als Grundzentren aufgenommen werden. Das dient natürlich auch der Stärkung des ländlichen Raums, der Sicherstellung der Daseinsvorsorge und der Gewährung gleichwertiger Lebensverhältnisse. In der Beschlussempfehlung schlägt der Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten vor, die Aufnahme dieser Grundzentren und damit auch die Stärkung der ländlichen Räume abzulehnen. Und ohne das jetzt einer fachlichen Prüfung unterzogen zu haben oder auch vorgreifen zu können, ich kann mir, ehrlich gesagt, schwer vorstellen, dass man genau diesem Ziel, dass wir ländliche Räume stärken wollen, entsprechen kann.

Und zur Windenergie, dass dann auch entsprechend mit der Stellungnahme die Flächenausbauziele oder die Flächenziele für den Windenergieausbau abgelehnt werden, Folgendes: Der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien ist ja schon vorgegeben durch eine ganze Reihe von bundesgesetzlichen Regelungen, die wir auch entsprechend umsetzen müssen. Wir haben das Windenergieflächenbedarfsgesetz, und bis Ende 2032 müssen 2,2 Prozent der Landesfläche für die Windenergienutzung bereitgestellt werden. Es geht jetzt gar nicht darum, ob man das jetzt umsetzen möchte. Das ist bindendes Bundesrecht, was hier umgesetzt werden kann. Das, was wir als Länder tatsächlich zu entscheiden haben, ist, wie die vorgegebenen Flächenbeitragswerte erreicht werden. Die Flächenvorgabe für Windenergie kann aber nicht durch andere Energieträger kompensiert werden. Das haben Sie als FDP-Fraktion im Übrigen im Deutschen Bundestag auch mit so beschlossen.

Mit dem Entwurf des Landesentwicklungsprogramms setzen wir bindendes Bundesrecht um, auch transparent um, dass jede Planungsregion genau jenen Beitrag zum Ausbau der Windenergie leistet, der auch dann ihrer räumlichen Eignung und Leistungsfähigkeit entspricht. Und nur, wenn Land und Regionale Planungsgemeinschaften die Bundesvorgaben umsetzen, bleibt die planerische Steuerung der Windenergie und damit auch die Konzentration von Windenergieanlagen an geeigneten Standorten auch erhalten. Der Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft lehnt in seiner Beschlussempfehlung genau die Einführung eigener Steuerungsmöglichkeiten der Gemeinden für die Ausweisung von Flächen für Windenergie ab. Genau diese Möglichkeit ist aber vom Bundesgesetzgeber schon geschaffen worden im Juli dieses Jahres

mit der Änderung des Baugesetzbuches, welche dann am 14. Januar kommenden Jahres, also 2024, in Kraft tritt und damit auch bundesweit gilt.

Bei der Ausweisung, um noch mal auf die gemeindliche Wirkungsmöglichkeit zu sprechen zu kommen, handelt es sich ja um eine wirkungsvolle Handlungsmöglichkeit, um die Erweiterung der gemeindlichen Planungsspielräume entsprechend umsetzen zu können. Eine Planungspflicht wiederum der Gemeinden besteht nicht. Die Gemeinden können das selber ausweisen, sie können das selber beplanen, aber sie müssen es nicht. Damit wird den Regionalen Planungsgemeinschaften auch weiterhin die Hauptverantwortung für die Planung der Windenergiegebiete übertragen und auch die regionalplanerische Ausweisung von Vorranggebieten für Windenergie dürfte auch weiterhin den Regelfall darstellen, während die gemeindliche

(Ministerin Karawanskij)

Möglichkeit dann eher eine Ergänzung darstellt. Insofern muss man hier tatsächlich die Gewichtung auch so betrachten und nicht den Teufel an die Wand malen.

Der Ausschuss für Infrastruktur und Forsten spricht sich im Stellungnahme-Entwurf gegen die Errichtung von Windenergieanlagen im Wald aus, auch auf Kalamitätsflächen. Ihr Anliegen, also die Nichteinbeziehung von Waldflächen, entspricht nicht der geltenden Rechtslage und leider auch nicht dem Stand der Technik. Die Voraussetzung nämlich für die Eignung eines Standorts für den wirtschaftlichen Betrieb ist die ausreichende Windhöffigkeit, also ob da eine entsprechende Windgeschwindigkeit vorliegt. Und dies ist in Thüringen in der Regel in den Mittelgebirgslagen auch an exponierten Standorten am höchsten, die jedoch natürlich bewaldet sind. Viele Waldstandorte sind weit von Siedlungen entfernt, sodass auch diese negativen Auswirkungen möglicherweise von Windenergieanlagen, was auch die Bevölkerung betrifft, in wohnortnaher Bebauung vermieden werden können.

Im Übrigen noch mal, weil es vorhin bzw. jetzt gerade in der Debatte falsch herangezogen wurde: Am 20. November hat das Bundesverfassungsgericht genau entsprechend entschieden, dass das pauschale Verbot der Nutzungsartenänderung von Wald zur Errichtung von Windkraftanlagen entsprechend des Thüringer Waldgesetzes mit dem Grundgesetz unvereinbar ist.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich bedanke mich erst einmal, dass Sie eine Stellungnahme entsprechend abgegeben haben und wir das hier auch zu dem Entwurf des Landesentwicklungsprogramms Thüringen mit beifügen können. Es war ja schon die Rede davon, dass wir entsprechend am zweiten Entwurf bzw. an dem fortführenden Entwurf arbeiten. Wir haben sehr viele Stellungnahmen erhalten. Anfang 2024 soll ein zweiter Entwurf zur Änderung des Landesentwicklungsprogramms im Kabinett beschlossen werden. Im Anschluss erfolgt dann natürlich wieder eine zweite Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und des Landtags und da, denke ich, treffen wir uns hier wieder. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Vielen Dank. Weitere Wortmeldungen liegen mir jetzt nicht vor. Deshalb kommen wir jetzt zur Abstimmung über die Stellungnahme gemäß § 4 Abs. 3 des Thüringer Landesplanungsgesetzes in der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten in der Drucksache 7/8953. Herr Abgeordneter Braga?

Danke, Frau Präsidentin. Meine Fraktion beantragt namentliche Abstimmung.

Dann treten wir in die Abstimmung ein und ich bitte

(Zwischenruf aus dem Hause)

es ist möglich, darüber namentlich abzustimmen – die Wahlhelfer, die Stimmkarten einzusammeln.

Hatten alle Abgeordneten die Möglichkeit, ihre Stimme abzugeben? Dann schließe ich die Abstimmung und bitte um Auszählung.

(Ministerin Karawanskij)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben ein Ergebnis der Abstimmung. Anwesende Abgeordnete 83, abgegebene Stimmen 72: dafür für Ja 36 und für Nein ebenfalls 36 (namentliche Abstimmung siehe Anlage). Damit ist die Beschlussempfehlung abgelehnt. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus den Reihen der Parlamentarischen Geschäftsführerinnen ist an mich herangetragen worden, dass wir heute keinen weiteren Tagesordnungspunkt aufrufen. Ich erkenne keinen Widerspruch. Dann schließe ich die Sitzung für heute und wünsche allen einen schönen Feierabend.

(Beifall DIE LINKE)

Ende: 18.48 Uhr