Protokoll der Sitzung vom 20.12.2023

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Für uns?)

Für Migration, ja. Das sagen Sie da ganz offen.

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Für Sie nicht?)

Wir lösen Probleme, das ist der große Unterschied.

(Beifall CDU)

(Heiterkeit AfD)

Und Herr Höcke, ich muss Ihnen das sagen, weil ich da in einer Plenarsitzung alles über Sie gelernt habe.

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Ach Quatsch!)

Wo der Migrationsantrag, der ein Umsteuern in der Migrationspolitik in Thüringen ermöglicht hätte, wo der zur Abstimmung hier stand, da haben Sie sich vom Acker gemacht, Herr Höcke. Neun AfD-ler saßen noch da, Sie haben nicht mal mit abgestimmt. Sie haben sich in die Büsche geschlagen. Wissen Sie, dass haben Sie gemacht, Herr Höcke.

(Unruhe AfD, CDU)

Und ich kann Ihnen eines sagen – Sie können noch so viel da draußen rumlaufen, ich sage Ihnen ganz simpel: Der Unterschied ist, Probleme nur zu beschreiben, das können Sie gerne, weil Ihr Anspruch ist, wenn es Deutschland schlecht geht, geht es diesem Land gut, aber wenn es darum geht, tatsächlich auch Dinge zu verändern, dann unterscheiden wir uns.

(Unruhe AfD)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie haben mit der AfD kalkuliert und haben sich verrechnet!)

Sie sind ein Schreier. Wir sind Macher, und das ist der große Unterschied in diesem Land.

(Beifall CDU)

Sie waren nicht da. Sie waren weg. Wo war Höcke? Neun Leute hatten Sie hier in Ihren Reihen, und das ist die AfD-Politik. Sie wollen gar nicht, dass es in Thüringen vorangeht, und deswegen dürfen Sie auch keine Verantwortung kriegen in diesem Freistaat.

(Beifall CDU)

Wirtschaft, Bildung, die Frage auch von Migration und dann geht es logischerweise auch um die Frage von kommunaler Familie. Für uns war immer wichtig, dass die kleinen Gemeinden Unterstützung erfahren,

(Zwischenruf Abg. Reinhardt, DIE LINKE: Das war so!)

und das haben wir auch durchgesetzt. In den letzten drei Haushalten ist der Ansatz für die kommunale Familie um eine halbe Milliarde Euro gestiegen.

(Beifall CDU)

Und wenn wir uns jetzt anschauen, viele kleine Gemeinden sagen, bei den ganzen Belastungen, die ihnen auferlegt werden, kommen sie nicht mehr rum. Trotzdem ist mal ganz mutig aus dem Regierungsentwurf das Programm für kleine Gemeinden gestrichen worden. Wir stehen dazu, dass wir uns einsetzen, dass auch die kleinen Gemeinden, dort, wo das reale Leben stattfindet, die finanzielle Ausstattung bekommen, die ihnen zusteht. Sie haben an der Hauptansatzstaffel gedreht. Wir haben mit dem Kleine-Gemeinden-Programm gesagt: Auch die Bürger in den kleinen Dörfern und Städten sind uns etwas wert, und deswegen ist es gut, dass es sich in diesem Haushalt findet.

(Beifall CDU)

Ich glaube, allein an diesen vier Punkten ist deutlich geworden, dass Thüringen einen politischen Wechsel braucht und dass vor allen Dingen die Menschen eine grundlegende Veränderung möchten. Wir haben heute über den Haushalt 2024 als Übergangshaushalt abzustimmen. Wir hätten uns als CDU-Fraktion auch einfach an den Spielfeldrand stellen und das alles kritisieren können. Nein, wir haben konkret verhandelt, weil wir eines wollten: dass es zu Sicherheit kommt und dass soziale Einrichtungen die Wirtschaft, Dörfer und Städte, die Bürger dieses Landes tatsächlich auch für 2024 Sicherheit haben.

(Zwischenruf Abg. Bilay, DIE LINKE: Und deshalb stimmt die CDU zu?)

Und das hat für uns dazu geführt, dass wir erstens eine Notreserve mit 700 Millionen Euro auf die hohe Kante legen, da sind reale Einsparungen drin. Das waren harte Verhandlungen und das kann ich auch in aller Offenheit hier sagen: Der Ministerpräsident hat sich sehr dafür engagiert, dass das auch funktioniert. Das gehört auch mit dazu, weil ich finde, dass wir eines sicherstellen wollen: dass Menschen in diesem Land tatsächlich ein Interesse daran haben, das Politik funktioniert, dass der Staat funktioniert und dass es nicht einfach im Chaos endet. Das ist für mich auch eine wichtige Erkenntnis der letzten Wochen.

(Beifall CDU)

Das Zweite: Wir schaffen Grunderwerbssteuerentlastung und Entlastung von Familien und Unternehmen. Wir schaffen ein Umsteuern in der Flüchtlingspolitik, wir setzen die erste Steuersenkung seit zehn Jahren durch, wir stärken die Bildung für die Kinder und Jugendlichen in unserem Freistaat, uns gelingt mit der TAB ein Investitionsprogramm für Kommunen, für Familien und vor allen Dingen auch für unsere Wirtschaft. Das stärkt auf lange Sicht unseren Freistaat. Wir können dort insgesamt ein Kapital von einer halben Milliarde Euro aktivieren. Das ist etwas, was in Zeiten, wo die öffentlichen Kassen knapper werden, dringend gebraucht wird. Deswegen glaube ich, dass das der richtige Weg ist. Wir werden heute darüber zu befinden haben, dass wir auch das grüne Herz kräftiger schlagen lassen, wenn es um die Frage geht auch von der Stärkung des Thüringer Waldes, wenn es um die Frage geht von Tourismus, von unseren Bädern. All das sind die Punkte, die uns wichtig waren und die sich in diesem Haushalt finden.

Thüringen ist stärker als die Regierung, die ihr vorsteht. Die Menschen haben Ideen, die haben Energie, die haben Mut und die wollen nicht weiter beschränkt werden. In unserem Land ist die Bibel ins Deutsche übersetzt worden, wir haben den Kindergarten erfunden, wir haben das älteste Planetarium der Welt, das erste Reinheitsgebot für Bier, die älteste und die jüngste Synagoge. Es gibt kein Raumschiff der Welt, was nicht mit Thüringer Technologie an die ISS andockt. Selbst die tiefsten Bohrungen der Welt werden mit Sensorik aus Thüringen erledigt. All das macht unseren Freistaat aus.

Und die Menschen, die in diesem Land leben, die haben einen Anspruch, dass sie so regiert werden, dass sie mit ihren Ideen, mit ihrem Potenzial nicht in dem Land derjenigen leben, die ihnen vorschreiben, wie sie ihr Leben zu führen haben, sondern in einem Land, das einen Rahmen setzt, wo sie ihrem Lebensentwurf und ihren Träumen ganz konsequent folgen können. Das versuchen wir mit diesem Haushalt. Das ist der letzte Haushalt von Rot-Rot-Grün, aber es ist ein Haushalt, der für 2024 Sicherheit bietet. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Als Nächstes erhält Abgeordneter Hande für die Fraktion Die Linke das Wort.

(Abg. Prof. Dr. Voigt)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn, sehr geehrter Herr Kollege Voigt, möchte ich mich ausdrücklich Ihren Worten anschließen, allerdings nur dem allerersten Teil Ihrer Rede, als Sie Dankeswünsche an die Haushälter und auch die Genesungswünsche an alle erkrankten Kolleginnen und Kollegen ausgesprochen haben. Wie gesagt, dazu meine ausdrückliche Zustimmung. Und ich kann Ihnen auch versichern, dass der Kollege Dittes diese Haushaltsrede hier heute sicherlich sehr gern selbst gehalten hätte. Wo ich Ihnen aber schon nicht mehr zustimmen kann, ist Ihre Aussage, dass dies der letzte rot-rot-grüne Landeshaushalt sein wird. Ich glaube, da ist dann eher der Wunsch Vater Ihres Gedankens.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich stelle außerdem fest, dass Sie durchaus eine interessante Rede gehalten haben, die aber doch, wie ich finde, eher bundespolitisch geprägt war, und sich weniger mit den Problemen – sprich dem Haushalt hier in Thüringen zuwendet.

Ich möchte das gern versuchen zu korrigieren, indem ich selbst vom Haushalt rede und eine Sache jedoch gern voranstellen möchte: Dieser uns jetzt vorgelegte Haushalt ist ein Kompromiss. Es ist kein rein linker Haushalt, es ist ebenso wenig ein Haushalt, der rein rot-rot-grün ist, und er sieht ebenfalls auch anders aus als ein Haushalt, der mit der CDU verhandelt wurde. Aber für viele, die auf einen Landeshaushalt angewiesen sind, ist dieser Haushalt besser als gar kein Haushalt. Für mich ist nicht automatisch jeder Haushalt gut, Voraussetzung ist immer, dass das Grundgerüst stimmt. Ich darf feststellen – und ich versuche das in meiner Rede auch für die Kolleginnen und Kollegen der CDU darzustellen –, dass dieses Grundgerüst in diesem Haushalt absolut stimmt.

(Beifall DIE LINKE)

Unter den gesellschaftlichen Bedingungen, unter den bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen, unter den Bedingungen der Mehrheitsverhältnisse hier bei uns im Thüringer Landtag und auch acht Monate, in etwa, vor der Landtagswahl ist ohne Zweifel dieser Haushalt um ein Vielfaches besser als gar kein Haushalt.

Aber, meine Damen und Herren, fangen wir von vorn an. Wir erleben seit nunmehr über zwei Jahren einen erheblichen Preisanstieg, der insbesondere Familien mit Kindern belastet, und den Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen und ohne Vermögen nicht ausgleichen können. Auf der anderen Seite verzeichnen wir eine Vermögensmehrung bei Superreichen und Konzernen, insbesondere bei Energiekonzernen, die mit Rekordrenditen ihre Jahresabschlüsse veröffentlichen. Einkommen und Vermögen sind in der Bundesrepublik mehr denn je ungleich und ungerecht verteilt. In dieser Zeit kommt es auf den öffentlichen Haushalt

an. Dem fällt eine besondere Verantwortung zu. Öffentliche Haushalte sollen einerseits für einen Ausgleich durch Steuern und Transferleistungen sorgen und andererseits öffentliche Leistungen und grundlegende gesellschaftliche Funktionen sicherstellen, und gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und auf dem Land sollen sie ebenfalls ermöglichen. Doch auch diese Aufgabe wird durch verschiedene Faktoren, auch durch bundespolitische und allgemeinpolitische Entscheidungen, zunehmend gestört. Auf Bundesebene erleben wir derzeit eine Haushaltspolitik, die Steuererleichterungen auf alle Einkommensgruppen verteilt und damit höhere Einkommen überdurchschnittlich entlastet, die neue Steuersenkungen auf Unternehmensgewinne anstrebt und andererseits im Bereich der Sozialausgaben oder notwendigen Subventionen den Rotstift ansetzt. Zudem zieht sich der Bund in vielen Bereichen aus der Verantwortung zurück. Ich denke da

insbesondere an die Sprachkitas in diesem Jahr oder an die Gründungsunterstützung an Hochschulen ab dem kommenden Jahr.

In dieser Zeit stellen wir hier in Thüringen einen Haushalt für das Jahr 2024 auf. Vereine, Verbände, Institutionen der sozialen Infrastruktur verweisen gegenüber dem Land ganz nachvollziehbar und berechtigt auf die durch sie zu tragenden Preissteigerungen und machen deutlich, dass bei gleichbleibenden Haushaltsansätzen der Anteil qualitativer Arbeit natürlich automatisch geringer wird. Andere erwarten, dass das Land Zahlungsausfälle des Bundes kompensiert. Und Kommunen haben die Erwartung, dass das Land Mehrkosten und Preissteigerungen erstattet, als wären Kommunen eine Art außenstehender Dienstleister, nicht aber neben dem Bund und den Ländern elementarer Teil des Staates. Begleitet wird diese finanzpolitische Gemengelage von einer Debatte, die den Staat dazu zwingen will, seine Ausgaben zu minimieren. In Thüringen fordert etwa die FDP, im Landeshaushalt 1.000 Millionen einzusparen. Es wird eine Debatte geführt, in der mit dem irreführenden Begriff der Schuldenbremse kreditfinanzierte Investitionen in die Zukunft verhindert werden sollen, worüber sich wahrscheinlich jeder Unternehmer einfach nur verwundert die Augen reiben würde.

(Beifall DIE LINKE)

Im Fall der Ausgabenminimierung führt das dazu, dass die Ungleichheit in diesem Land höher wird, weil öffentliche Leistungen für diejenigen reduziert werden, die auf die Ausgleichsfunktion des Staats angewiesen sind. Die Verweigerung der Finanzierung von Zukunftsinvestitionen führt wiederum dazu, dass heute notwendige Investitionen, auch und gerade rentierliche Investitionen, verschoben werden müssen, die dann künftige Generationen mit erheblichen Mehrkosten belasten.

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Sehr richtig!)

(Beifall DIE LINKE)

Wir hatten heute bereits über Generationengerechtigkeit bei der Frage von Investitionen und Schulden bzw. Kreditfinanzierungen gesprochen, das nur dazu.

Herr Kollege Voigt – jetzt nicht mehr im Raum – hat die Notwendigkeit von Investitionen selbst angesprochen. Dabei wäre es doch gerade jetzt durchaus notwendig, die Herausforderungen anzugehen, zu denen ich mal einige Beispiele und Stichworte nennen möchte: einerseits die demografische Entwicklung mit ihren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, die Gesundheitsstrukturen, Kostenverteilung und auch auf die Infrastruktur, insbesondere in den ländlichen Räumen und andererseits die Notwendigkeit, Zuwanderung so zu gestalten, dass Menschen, die zuwandern, im mindestens gleichen Maße profitieren wie die Menschen, die andere in ihrer Gesellschaft aufnehmen, der Klimawandel mit spürbaren Folgen zunehmend extremer Wetterlagen, Folgen auf Gesundheit, die Folgen auf die Nahrungsmittelproduktion, Sicherheit und aber auch die Endlichkeit fossiler Energieträger, was uns nötigt, Energieversorgung grundlegend neu zu organisieren. Krieg, Flucht, Vertreibung zwingen uns, über unsere politisch-ökonomische Verantwortung nachzudenken und Menschen entsprechend unserer humanitären Ansprüche zu helfen. Die Ungerechtigkeit – ich hatte es bereits angesprochen – zwischen Arm und Reich steigt weiter, die Schere geht weiter auseinander. Und eine Demokratie, die unter Dauerbeschuss steht – zunehmend auch durch Friendly Fire. Die Herausforderungen sind in den letzten Jahren – wie Sie sehen – nicht kleiner geworden, ganz im Gegenteil.

In dieser Situation trägt eine Minderheitskoalition in Thüringen Verantwortung und wird auch im letzten Jahr der laufenden Legislaturperiode einen Haushaltsentwurf zur Abstimmung stellen, der am Ende mehr Jaals Neinstimmen erhalten wird. Damit ist eines sichergestellt: Planungssicherheit – für das kommende Jahr,

für alle Empfängerinnen öffentlicher Gelder, in der sozialen Infrastruktur, bei Vereinen und Verbänden, in den Kommunen und auch bei Unternehmen. Gesichert sind die im Haushalt geplanten Investitionen und gesichert ist, dass frei werdende Stellen – zum Beispiel bei Lehrern und Polizeibeamten – auch wieder besetzt werden können. Wer nach dem 5. Februar 2020 – manche von Ihnen werden sich erinnern – und dem Nichtzustandekommen von Neuwahlen im Jahr 2021 irgendwas orakelte, muss nun feststellen, dass die Regierung unter Ministerpräsident Bodo Ramelow ihrer Verantwortung auch in der zweiten Amtszeit gerecht geworden ist und dass die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen ihrerseits heute ihrer Verantwortung gerecht werden.