Protokoll der Sitzung vom 31.01.2024

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: EU-Wahl, nicht Europawahl, Herr Kemmerich!)

alles nicht recht sein, aber die Polemik, die in Ihrer Politik zum Ausdruck kommt, und die Inhalte, die in Ihrer Politik zum Ausdruck kommen, die werden auch von anderen Rechtsparteien in Europa abgelehnt. Le Pen, Meloni, alle lehnen die Zusammenarbeit mit Ihnen ab. All das müssen die Leute in Deutschland wissen, wenn sie zur Wahl schreiten.

(Zwischenruf Abg. Aust, AfD: Sie sind mit denen in einer Fraktion!)

Insofern: Vorsicht an der Bahnsteinkante! Das ist das, was hinter dem steckt, was Sie manchmal in Internetvideos und anderen Dingen wohlfeil behaupten. Und wenn Sie jetzt noch sagen, man hat Sie nur falsch verstanden: Nein, ich habe Sie sehr gut verstanden. Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD, Gruppe der FDP)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erhält Frau Abgeordnete Henfling das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Natürlich sagen Sie nicht: Wir haben Deportationspläne. Sie sagen ja mit Absicht: Wir haben Remigrationspläne. Das ist ja die Verharmlosungsstrategie der AfD,

(Zwischenruf Abg. Braga, AfD: Sie wissen immer am besten, was wir wissen und was wir wollen!)

das ist ja genau der Punkt, weil Sie genau wissen, dass insbesondere das Wort „Deportation“ in Deutschland einschlägig besetzt ist und dass alle Menschen in Deutschland ziemlich genau wissen, was gemeint ist, wenn man von Deportation spricht. Deswegen nehmen Sie ja den Begriff „Remigration“. Das ist ja die Strategie. Das Interessante ist, das wissen wir ja schon länger. Es ist schon viel von dem Buch von Herrn Höcke gesprochen worden. Man muss Twitter nur aufmachen, dann kann man diverse Bundestagsabgeordnete der AfD sehen, die das bestätigen. Und es ist auch nichts Neues in der extremen Rechten, insbesondere in

der Identitären Bewegung rund um den angesprochenen Österreicher, der dem anderen Österreicher zum Verwechseln ähnlich ist an vielen Stellen, dass sozusagen Begriffe benutzt werden, die man verharmlosend in die Welt wirft, damit Diskursverschiebungen vornimmt, Normalisierungen vornimmt in einer Gesellschaft und versucht dafür zu sorgen, dass zum Beispiel andere Parteien, andere Strukturen – und das hat man ja bei dem Treffen in Brandenburg gesehen – genau das aufnehmen. Dieser Normalisierungsprozess ist ja Teil des Plans. Deswegen können Sie versuchen, uns weiter für dumm zu verkaufen, ich glaube aber,

(Zwischenruf Abg. Dr. Dietrich, AfD: Das brauchen wir nicht!)

dass viele Menschen – und das sind 1,5 Millionen, die in den letzten zwei Wochen auf die Straße gegangen sind – sich nicht mehr für dumm verkaufen lassen.

(Abg. Kemmerich)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die haben verstanden, was Sie sagen.

Was mich gerade in dieser Debatte wirklich erschreckt, ist, dass gegen diese Pläne der AfD CDU und FDP nicht sagen, dass das Gegenargument gegen diese Pläne übrigens Artikel 1 des Grundgesetzes ist, nämlich: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sagen, das Gegenargument ist die Ökonomie, die Volkswirtschaft und dass wir ja Migrantinnen und Migranten brauchen. Ich finde – es tut mir wirklich leid, das zu sagen, ich will Sie da auch nicht verhaften für irgendwas, aber das ist Teil des Problems –,

(Beifall DIE LINKE)

das ist Teil des Problems. Können wir bitte aufhören darüber zu reden, was Menschen uns nützen? Können wir bitte einfach Menschen in ihrer Existenz akzeptieren und ihnen nicht ihre Existenzrecht in Deutschland absprechen, indem wir sagen: Wir können die ja eigentlich nicht abschieben, das wäre schon blöd, weil das ist nicht so gut für unsere Ökonomie. Nein! Es ist blöd, weil diese Menschen eine Würde haben und weil wir dafür verantwortlich sind, dass sie diese Würde auch behalten. Das ist unsere Aufgabe.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wie bei allen Masterplänen, steht am Anfang eines Masterplans nicht das Endergebnis, also die Deportation von Millionen von Menschen aus Deutschland beispielsweise, sondern am Anfang eines Masterplans stehen immer Menschen, die diesen Plan machen und die sich darüber Gedanken machen, wie sie denn zum Ergebnis kommen. Wenn Sie sich anschauen, welche Initiativen wir von der AfD hier auch schon in den letzten Jahren immer wieder gesehen haben, dann geht es der AfD natürlich darum, den Staat in einem autoritären Sinne umzubauen.

(Zwischenruf Abg. Braga, AfD: Das machen Sie schon!)

Wahrscheinlich ist Putin ein gutes Beispiel dafür, einen autoritären Staat zu errichten, indem man in einem legalen Gewand seine Pläne umsetzt. Das ist im Nationalsozialismus übrigens so ähnlich gewesen. Da hat man auch für seine Pläne rechtliche Grundlagen geschaffen, hat sich selbst legitimiert. Nichts anderes hat die AfD vor. Sie will Macht, um diesen Staat umzubauen, um ihre rassistischen Pläne umzusetzen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, da gilt es dagegenzustehen, nicht nur mit Worten, sondern auch auf der Straße, mit Handeln, mit Entlarven,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Menschen mitzunehmen und ihnen zu erklären, was Ihr Plan ist. Diese Menschen sind nicht einfach nur auf die Straße gegangen, weil Correctiv eine Recherche veröffentlicht hat. Die Menschen haben schon gefühlt, was Sie wollen. Die Correctiv-Recherche war nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, meine sehr geehrten Damen und Herren. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist eine weitere Wortmeldung angezeigt, für die Fraktion Die Linke Frau Abgeordnete König-Preuss.

(Abg. Henfling)

Sehr geehrte Kolleginnen der demokratischen Fraktionen, liebe Zuschauerinnen auf der Tribüne und am Livestream, wir sind nicht diejenigen, die gemeint sind. Gemeint sind andere Menschen und ich habe in den letzten Tagen mit mehreren von ihnen telefoniert und sie gefragt: Wie geht es euch damit? Wie geht es euch mit der Recherche, aber auch, wie geht es euch oder Ihnen mit der Aktuellen Stunde heute hier durch die AfD im Thüringer Landtag? Bei allen war ein Wort: Angst, tiefe Angst. Ich will etwas aus den Gesprächen – ich durfte die aufzeichnen – hier im Landtag zur Verfügung stellen, weil ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir auch erkennen, was so etwas anrichtet, was die AfD hier fordert, in Treffen, seien Sie konspirativ oder öffentlich, bespricht, auf den Straßen und Plätzen seit Jahren deutlich auf den Bühnen sagt: Was soll ich denn noch machen? Ich lebe seit 20 Jahren hier und denke, es wird von Tag zu Tag

schlimmer. Ich arbeite, ja, ich zahle Steuern. Aber ist das wichtig? Ich bin ein Mensch. Ich war drei Jahre Flüchtling, ich durfte nichts, rein gar nichts. Diese Zeit hat mich fast kaputtgemacht, psychisch. Die ständige Unsicherheit, nicht zu wissen, wie es weitergeht, nicht zu wissen, ob man bleiben kann, ob man in Sicherheit ist. Dieses Gefühl habe ich wieder. Es ist tief gruselig und es macht mir Angst. Ich bin nie geschützt und es kann immer sein, dass ich vielleicht gehen muss, dass ich auf eine ganz andere brutale Art auch entrechtet und entmenschlicht werde oder werden könnte. Und ja, diese Angst ist schon längst präsent. Aber dadurch bekommt sie natürlich noch mal einen ganz anderen Ausdruck und ein ganz anderes Ausmaß. Auf jeden Fall macht das Angst, ich spüre diese Angst. Ich habe immer gedacht: Okay, Scheiße, selbst wenn die AfD hier regiert, ich habe dann aber einen deutschen Pass, das würde mich beschützen. Ich spüre die Angst nicht nur bei mir, ich spüre sie bei meiner Familie, bei meiner Schwester ganz besonders. Ich spüre sie bei allen Menschen, mit denen ich tagtäglich in Kontakt bin, Menschen aus Syrien, aus Afghanistan, Menschen aus so vielen verschiedenen Ländern, die mit einer großen Hoffnung und auch nicht nur mit Hoffnung hierhergekommen sind, sondern auch, weil sie gezwungen waren, die Orte, wo sie waren, zu verlassen und weil es für sie keinen Ausweg gab. Das sind Menschen, die sich jeden Tag viel Mühe geben, hier anzukommen, die Sprache zu lernen, einem Job nachzugehen, die diesem Land etwas zurückgeben wollen. Und dann hören sie darüber sprechen, dass Menschen abgeschoben werden sollen und es bleibt ja nicht nur bei den Abschiebungen. Als ich meiner Mutter von dem Geheimtreffen erzählt habe, hat sie mich empört, aber auch entsetzt, aber in irgendeiner Art und Weise auch so schmerzhaft angeschaut. Sie hat aufgegeben, dagegen anzukämpfen. Sie überlegt noch, wie sie sich und uns am besten schützen kann, wenn es so weit kommt, und das ist nur noch absurd. Ich bin Arzt, ich komme aus Syrien. Ich weiß, dass meine Mutter, meine Frau, meine Kinder und ich gemeint sind. Ich dachte, ich bin hier zuhause. Meine Kinder gehen hier in die Schule und den Kindergarten. Aber die Angst um sie wird von Tag zu Tag größer. Ein Zuhause mit Angst ist kein Zuhause mehr. –

Ich glaube, dass wir eine Aufgabe haben: Den Menschen die Angst zu nehmen und die Sicherheit zu geben, hier in Thüringen, aber auch anderswo in Deutschland sich auf uns verlassen zu können, dass wir sie schützen. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Mir liegen keine weiter vor. Das kann ich nicht erkennen. Die Landesregierung verzichtet an der Stelle auf eine Wortmeldung. Damit kann ich den dritten Teil der Aktuellen Stunde schließen und rufe den vierten Teil der Aktuellen Stunde auf.

d) auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zu dem Thema: „Sofortige Kindergelderhöhung – Armut in Thüringen aufgrund der sozialen Kälte der Ampelkoalition verhindern!“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 7/9420 -

Das Wort erhält für die Fraktion Die Linke Frau Abgeordnete Eger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne! Ich muss sagen, es ist echt schwer, jetzt zum nächsten Thema überzugehen, nach diesen beeindruckenden Worten eben durch meine Kollegin. Aber ich versuche es trotzdem und komme jetzt zur Rede zur Aktuellen Stunde.

Ich finde es ärgerlich, dass wir wieder einmal das Fehlverhalten der Ampel-Koalition auf Bundesebene kritisieren müssen. Aber die Bundesregierung rennt wieder planlos durch politische Irrtümer, und das sehr zum Schaden vieler Familien hier auch in Thüringen. Die nächste zündende Idee der gelb dominierten Ampel: Es sollen die Kinderfreibeträge erhöht werden, aber nicht das Kindergeld. Damit werden erneut nur die entlastet, die bereits jetzt schon zu den finanziell besser gestellten Familien zählen. Das ist eine Ungleichbehandlung von Familien mit mittleren und niedrigen Einkommen, und das ist zutiefst ungerecht.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb ist es uns wichtig, dass wir jetzt im Rahmen unserer Aktuellen Stunde darüber reden und die Koalition unverzüglich zum Nachbessern auffordern. Denn wieder einmal ist es ein Beweis dafür, dass in Berlin die Spitzenverdiener an erster Stelle stehen. Familien, die besonders von der Inflation und den gestiegenen Preisen für Produkte des täglichen Bedarfs betroffen sind, bleiben außen vor.

Um es konkreter zu machen: Wir haben in Thüringen eine Armutsquote von 19 Prozent. Fast jede und jeder fünfte Thüringer ist von Armut bedroht oder betroffen. Deutschlandweit ist fast jedes fünfte Kind armutsgefährdet. Dies sind höchst alarmierende Zahlen, die uns nicht erst seit gestern Grund zur Besorgnis geben. Kinder- und Jugendarmut ist in Deutschland seit Jahren eine große Herausforderung und alle Antworten, die vom Bund in Aussicht gestellt werden, scheinen den Großbrand eher weiter zu entfachen, als zu löschen. Deshalb sage ich und sagt die Fraktion Die Linke: Wachen Sie aus Ihrem politischen Tiefschlaf in Berlin auf und sorgen Sie dafür, dass alle Kinder gleichbehandelt werden!

(Beifall DIE LINKE)

Seit Januar letzten Jahres liegt das Kindergeld bei 250 Euro. Rauf mit dem Kindergeld auf 328 Euro im Monat! Davon werden alle Familien profitieren. Besonders auch einkommensschwächere Familien, die bisher systematisch von der Ampel vergessen werden. Dies kann aber nur eine Säule sein, die das Gerüst für eine Bekämpfung der Kinder- und Jugendarmut darstellt. Es ist klar, dass es endlich einer Kindergrundsicherung bedarf, die mehr Gerechtigkeit und bessere Leistungen für alle Kinder bringt.

(Präsidentin Pommer)

Wir als Linke haben vier Säulen für eine Kindergrundsicherung festgelegt, die Kinder vor Armut schützen und ihnen ein sorgenfreies Aufwachsen ermöglichen kann. Neben der Kindergelderhöhung braucht es eine Unterstützung der Eltern, die Bürgergeld beziehen, weil sie besonders von Armut gefährdet sind. Ihnen sollte ein nach Kindesalter gestaffelter zusätzlicher Zuschuss zukommen. Als dritte Säule erfolgt dann noch nach Bedarf eine kinderbezogene Wohn- und Heizkostenpauschale und eine Entlastung bei besonderen Bedarfen zum Beispiel für Klassenfahrten ist die vierte Säule.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich erinnere Sie gern daran, dass die Einführung der Kindergrundsicherung ursprünglich für den 1. Januar 2025 geplant ist. Die Frage, die aktuell wohl im Raum steht, ist die Frage, ob die Kindergrundsicherung in dieser Legislatur überhaupt noch das Tageslicht erblickt. Ganz klar ist der abgeschwächte Vorschlag des Bundes für die Kindergrundsicherung nur ein billiger Abklatsch dessen, was in Anbetracht der Realität vieler Kinder und Jugendlicher in Thüringen als finanzielle Unterstützung notwendig ist.

(Beifall DIE LINKE)

Aber sie ist immerhin ein Anfang und der nächste Schritt muss folgen. Davon abgesehen sollte wenigstens die Anhebung des Kindergeldes schnellstmöglich erfolgen. Das sagt im Übrigen auch Der Paritätische Gesamtverband in einer Pressemitteilung vom 22. Januar: „Alle Kinder müssen dem Staat gleich viel wert sein.“ Wenn Sie es nicht in Berlin umsetzen, dann machen wir es. Wir bitten die Landesregierung, sich zeitnah im Bund dafür einzusetzen, dass nicht Topverdiener entlastet werden, sondern die, die es wirklich brauchen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Montag für die Gruppe der FDP.

Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Eger, also ich weiß jetzt nicht so richtig, was ich sagen soll.