Protokoll der Sitzung vom 02.02.2024

(Beifall Gruppe der FDP)

Bereits am Mittwoch hatte ich in der Aktuellen Stunde der FDP auf die Probleme hingewiesen, die sich aus

Ihrer Politik für die Bauwirtschaft ergeben. Gern wiederhole ich das noch einmal: Sie beklagen beispielsweise den Mangel an günstigem Wohnraum in den Städten, streichen aber gleichzeitig die Förderung für sozialen Wohnungsbau in den Oberzentren. Neben der Forderung nach einem Wohnungsbaukombinat, wie Sie in Ihrer Pressemitteilung vom 16.1. zu lesen war, für Thüringen, kommen Sie jetzt also mit einer weiteren Idee, die Symptome am Wohnungsmarkt bekämpft. Sie fordern ein Gesetz, dass Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten ermächtigt, eine Genehmigungspflicht der wohnzweckfremden Verwendung von Wohnraum im Wege des Erlasses einer entsprechenden kommunalen Satzung zu regeln.

Anders formuliert: Sie fordern eine Ermächtigung, in die Nutzung des privaten Eigentums der Bürger einzugreifen. Und das meine Damen und Herren, können wir so als Stimme der Freiheit nicht stehen lassen.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Kommunale Selbstverwaltung!)

Sie haben viel mehr Redezeit als ich, reden Sie dann.

So gern die linke Seite des Hauses bei dem Eigentum der öffentlichen Hand den Satz „Eigentum verpflichtet“ schon mal nicht so ernstnimmt, missdeutet sie ihn gern mal auch beim Privateigentum. Er ist aber, meine Damen und Herren, kein Freibrief zum Plündern.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh, bitte!)

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt deutlich mildere Mittel als das, was Sie uns hier vorschlagen, nämlich eine bessere Wohnungspolitik.

(Beifall Gruppe der FDP)

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber wo wollen Sie denn in Jena noch was hinbauen, Herr Bergner?)

Sie wollen in die Grundsätze eingreifen, wohl wissend, dass es jetzt schon zahlreiche Auflagen und rechtlich bindende Einschränkungen gibt, die einer wirklich freien Nutzungsentscheidung längst zuwiderlaufen: Bauordnung, Baunutzungsverordnung, die Auflagen aus den Flächennutzungsplänen, aus den Gestaltungssatzungen, Milieuschutzsatzungen, Bebauungspläne usw. und jetzt noch zusätzlich die Idee der Verwendungsänderungssperre – allein das Wort schon. Aus meiner Sicht ist das vor allem aber mehr Bürokratie, ohne dass sich etwas sinnvoll ändert, meine Damen und Herren. Und ich möchte Sie fragen, welche Auswirkungen es auf die Kommunen hätte, wenn Ihr Vorschlag angenommen würde.

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Nein, das hat Lenkungswirkung! Herr Bergner, das hat Lenkungswirkung, politische Lenkungswirkung!)

Die Gemeinden sollen – ich werde mich von Ihrem Gebrüll nicht beeindrucken lassen, ich habe hier eine Uhr, die abläuft – Daten erfassen, Anträge stellen lassen, prüfen und bescheiden, haben also viel Zusatzaufwand, um dann eine Entscheidung zu treffen, die Schwarzer-Peter-Charakter hat, also in meinen Augen eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Gemeindeverwaltungen.

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Nein, Herr Bergner!)

Alle, die Arztpraxen, Geschäftsstellen, Handwerksbüros, Sozialstationen, Cafés, aber auch günstige Übernachtungsmöglichkeiten vor allem für junge Menschen, die wir doch für attraktive Quartiere auch brauchen und deren Mangel wir in Erfurt-Nord oder Jena-Winzerla bedauern, wären also so nicht möglich. Eigentlich, meine Damen und Herren, könnte man Ihren Gesetzentwurf auch einen Schlafstattzementierungsgesetzentwurf nennen.

(Beifall Gruppe der FDP)

(Zwischenruf Abg. Lukasch, DIE LINKE: Also nein!)

Statt eben dieser ideologisch begründeten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Verwaltungen brauchen wir eine schnellere Ausweisung von Bauland.

(Beifall Gruppe der FDP)

Wir brauchen eine bessere Verknüpfung mit benachteiligten ländlichen Räumen. Es ist keine Zumutung, in Stadtroda zu wohnen statt in Jena beispielsweise. Wir brauchen Stadt und Land auf Augenhöhe. Ich werde Ihnen dann im Ausschuss, wenn wir ein bisschen mehr Zeit haben, auch mal etwas über den Missbrauch der Grundlagen von Walter Christaller erzählen. Dass Menschen gelegentlich auch weniger Interesse am Vermieten von Wohnraum haben, hat etwas mit der Mietrechtsgestaltung zu tun, die das Vermieten von Wohnraum eben doch auch sehr schwierig gestaltet und dazu beiträgt, dass man beispielsweise auch Mietnomaden nicht wieder rausbekommt, selbst wenn sie nicht bezahlen.

Meine Damen und Herren, in der Tag haben wir also erhebliche Kritiken und mit denen müssen Sie auch leben. Aber natürlich verweigern wir uns auch einer Diskussion nicht. Vielleicht gibt es ja doch ein paar Punkte, die man im Ausschuss ausdiskutieren kann. 5 Minuten Redezeit sind da, wie gesagt, aus meiner Sicht zu wenig. Deswegen werden wir uns einer Verweisung an den Ausschuss nicht verweigern.

(Beifall Gruppe der FDP)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Die hätten Sie auch besser nutzen können!)

Sehr geehrter Herr Kollege, ich kann dazu noch lange Weiteres erzählen, das werde ich im Ausschuss auch gern tun.

(Beifall Gruppe der FDP)

Für die Fraktion Die Linke erhält Frau Abgeordnete Lukasch das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuschauer hier im Plenarsaal und am Livestream, als Erstes muss ich sagen, dieses Gesetz über die Gewährleistung von Wohnraum ist ein Instrument, damit Kommunen handlungsfähig sind. Liebe CDU, Sie sind doch immer so ein Hochhalter

(Abg. Bergner)

kommunaler Selbstverwaltung, und genau das war hier gewünscht. Die Städte sind auf uns zugekommen und haben darum gebeten. Es gibt einen Stadtratsbeschluss der Stadt Erfurt, die genau das von der Landesregierung bzw. von uns als Abgeordnete gefordert hat, und dem kommen wir auch gern nach. Es geht hier nicht um Verbote, sondern es geht darum, den vorhandenen Wohnraum auch als Wohnraum zu nutzen. Dass das Instrument, was wir den Kommunen an die Hand geben, verschiedene Ursachen hat und dass dies nur ein Baustein sein kann, um die Wohnraumknappheit zu beseitigen, ist unbestritten. Aber wie die AfD vom knappen Wohnraum zum Dachziegel kommt und wieder zur Flüchtlingskrise, das ist immer schon …

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Weil Sie überhaupt keine Ahnung haben!)

Es geht um das Instrument, den Kommunen ein Gesetz vorzulegen, damit sie eine Satzung erlassen können. Ich bin davon auch kein Verfechter. Es wir nie jemand den Wohnraum wegnehmen und den Tourismus jetzt vollkommen einschränken, das ist vollkommener Blödsinn. Das ist reininterpretiert, denn das liegt dann in der Hand der Kommunen, wie die ihre Satzungen gestalten. Die Städte, gerade auch Erfurt, Weimar, Jena leben vom Tourismus, sie leben von den Studenten, und trotzdem muss man klug beide Dinge abwägen, wie man den Wohnraum nutzt. Wenn man ganz ehrlich ist und man geht hier abends mit offenen Augen durch die Stadt, dann sieht man ganz viele Schilder „zu vermieten“ und das steht schon monatelang da und es ist immer noch leer, dann kann ich die Stadtverwaltungen verstehen, wenn sie keine Wohnungen haben, dass man da ein Instrument braucht, wo man handlungsfähig ist.

Im Übrigen hat gestern in Sachsen genau dieses Gesetz mit Zustimmung von SPD und CDU die Mehrheit gefunden und ist verabschiedet worden. Ich kann nur dafür werben, dass wir dieses selbst machen. Und die Aussage „wir hätten keine Förderung für den sozialen Wohnraum“, das ist falsch. Wir haben im letzten Haushalt allein 51 Millionen nur für den sozialen Wohnungsbau beschlossen.

(Zwischenruf Abg. Braga, Abg. Kießling, AfD)

Das ist doch vollkommener Unsinn, dann lesen Sie die Pressemitteilung. Vielleicht sollten Sie mal die richtige Zeitung lesen, wenn die Fördermittelbescheide übergeben werden an die Stadt Jena, an die Stadt Weimar,

(Beifall DIE LINKE)

jetzt erst gab es für Ilmenau einen großen Fördermittelbescheid für den sozialen Wohnungsbau. Ich kann Ihnen nur empfehlen, nicht nur rechte Zeitungen zu lesen, sondern vielleicht mal eine Tageszeitung.

(Zwischenruf Abg. Braga, AfD: Das Haushaltsrecht eine rechte Zeitung?)

Ich streite mich nicht mit Ihnen. Herr Bergner, Sie haben das Wort so schön umschrieben; früher hat man tatsächlich „Arbeiterschließfach“ gesagt zu den Neubauten. Ich habe das immer als sehr bedauerlich empfunden, denn ich habe in so einem Plattenbau gewohnt. In dem Plattenbau waren unten viele kleine Geschäfte, und ich habe das nie als Arbeiterschließfach empfunden.

(Zwischenruf Abg. Bergner, Gruppe der FDP: Bestimmt in einem besseren Viertel!)

Nein, das war ein ganz normales Wohnviertel. Ich finde es als eine Diskriminierung von Menschen, die dort wohnen, und ich finde das ganz traurig, dass Sie das so sehen.

Ich hoffe auf eine konstruktive Diskussion im Ausschuss und bedanke mich.

(Beifall DIE LINKE)

Aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Für die Landesregierung hat Ministerpräsident Ramelow um das Wort gebeten. Bitte, Sie haben das Wort.

Werte Kolleginnen und Kollegen, es ist ungewöhnlich, dass der Ministerpräsident hier steht, aber ich habe die Staatssekretärin gebeten, mir den Wortbeitrag zu ermöglichen und für die Landesregierung auf die eben angehörte Debatte zu reagieren. Es ist für mich heute Morgen sehr spannend, zuzuhören und Argumentationen zu hören, bei denen ich mich frage, warum die gleichen Argumente vor vier Wochen hier im Parlament keine Rolle gespielt haben.

Die Initiative, die hier ergriffen worden ist – Frau Lukasch hat es gerade erläutert –, geht zurück auf das Bitten der kommunalen Familie; die AfD nennt das Zwang. Die kommunale Familie bittet darum, ein Instrument zu bekommen, bei dem sie selbst, und zwar kommunalrechtlich, entscheiden, ob sie es anwenden oder nicht.

(Zwischenruf Abg. Braga, AfD: Deswegen ja!)

Ich nenne das Ermöglichung von Freiheit, Herr Braga, das ist kein Zwang.

(Zwischenruf Abg. Braga, AfD: Die Ermöglichung von Zwang!)

Es ihnen vorzuenthalten, ist Zwang.