Protokoll der Sitzung vom 02.02.2024

Ja, mit Fördergeld abgerissen, ja. Es ärgert mich auch, jede einzelne Wohnung, die noch abgerissen wird. Ich wollte nur auf Herrn Kemmerich reagieren, weil es eine Ursache gibt. Das hieß Altschuldenhilfe-Gesetz. Ich bin Vorsitzender einer großen Wohnungsgenossenschaft mit 8.000 Wohnungen in dieser Stadt gewesen. Ich weiß, als wir von der Bundesregierung gezwungen wurden, CDU und FDP, dass wir die Altschuldenhilfe-Gesetzgebung annehmen mussten. Wir sind erpresst worden, wir sind an die Wand gespielt worden: Entweder ihr unterschreibt das jetzt, oder ihr seid als Wohnungsbaugenossenschaft mit näherungsweise 8.000 Wohnungen nicht mehr kreditfähig. Darin verankert war der Zwang, Herr Kemmerich, zur Privatisierung. Es war keine freiwillige Entscheidung von uns. Wir mussten uns unterwerfen. Es war der Abriss eingebaut. Es war nie eine freiwillige Entscheidung. Dann haben die jeweiligen Bundesregierungen das

Fördergeld dazugegeben und dann musste es Genossenschaft für Genossenschaft ausplanen. Die werden jetzt immer noch abgerissen, weil die Fördermittel alle erteilt worden sind und der Abriss genehmigt worden ist. Wir wären froh, wenn wir in Erfurt einen Teil dieser abgerissenen Häuser noch hätten.

Deswegen, meine Damen und Herren, ist es einfach absurd, wie Sie sich die Argumente zurechtlegen und zurechtbiegen. Es tut mir einfach leid. Sie sind der Erste, der am lautesten kräht, und Sie und Ihre Partei waren es, die diesen Zwang ausgelöst hat, der Tausende und Zehntausende von Wohnungen in Ostdeutschland hat verschwinden lassen.

(Beifall DIE LINKE)

(Unruhe Gruppe der FDP)

Jetzt ist die Redezeit doch etwas länger geworden. Damit haben alle noch 2 Minuten. Gibt es Wortmeldungen aus dem Plenum? Herr Abgeordneter Kemmerich, bitte.

Ich weiß zwar nicht, was Sie zum Frühstück genommen haben, Herr Ramelow, aber beeindruckend, davon hätte ich auch gern eine Portion.

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Was wird das jetzt für eine Büttenrede, die Sie hier halten?)

Ich weiß ja nicht, wo Sie das alles hernehmen. Wenn wir in den 90er-Jahren – und das war ja in den 90erJahren, als Sie anscheinend den Aufsichtsratsvorsitz einer großen Wohnungsbaugenossenschaft innehatten – zwangsweise dafür gesorgt haben, dass nicht mehr sanierungsfähige Altbauten mit Fördergeld abgerissen worden sind,

(Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Unsinn, das waren sanierte Gebäude!)

dann frage ich Sie, Herr Ramelow – das ist nicht die einzige Frage –: Wenn Sie Ihre Verantwortung als Aufsichtsratsvorsitzender noch hätten wahrnehmen wollen, warum haben Sie den unter Zwang unterschrieben? Was ist das für ein Verständnis von einer Aufsichtsratsfunktion, dass Sie das dann unterschreiben?

Zurück zu dem anderen Zwang, den Sie hier aufstellen wollen, dass wir den Wald-Eigentümern die Gelegenheit missbilligen, Windkraftanlagen im Wald aufzustellen:

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Da haben Sie sogar vorm Bundesverfassungsgericht verloren, Herr Kemmerich!)

(Ministerpräsident Ramelow)

Punkt eins ist, dass Windkraft im Wald und Windkraft überhaupt immer weniger Sinn macht. Letzte Woche haben wir hören können, dass für den schleppenden Ausbau von Windkraftanlagen, den schleppenden Ausbau von Leitungen zu den Windkraftanlagen und die fehlende Speichermöglichkeit

(Zwischenruf Abg. Reinhardt, DIE LINKE: Ja, wegen Politikern wie Ihnen!)

aufgrund von Vertragsgestaltungen, die sich Herr Robert Habeck seit Jahren mit ausgedacht hat, inzwischen wieder Milliardenzahlungen auf den Bundeshaushalt und damit auf den Steuerzahler und damit auf uns alle zukommen.

(Beifall Gruppe der FDP)

Jetzt wollen wir hier weiter Windkraftanlagen im Wald aufbauen. Wir versagen jedem Eigentümer von Flächen im Außenbereich den Ausbau selbst mit einer Hundehütte – ich sage jetzt etwas übertrieben –. Wir achten natürlich darauf, dass landwirtschaftliche Flächen nicht umgenutzt werden. Sie machen daraus ein – na ja – forstsozialistisches Agrarstrukturgesetz, mit dem Sie zwangsweise in Eigentumsrechte eingreifen, nur wie es Ihnen dann passt, Herr Ramelow. – Deshalb zurück zu Ihrem Frühstück: Ich möchte wissen, was das war. – Nur, wie es Ihnen passt, wird das dann hier angenommen.

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Fahren Sie mal zu Wiegand-Glas!)

Meine Damen und Herren, insbesondere liebe Wähler im Freistaat Thüringen, hören Sie da ganz genau zu, welche Entscheidung Sie am 1. September treffen: Wer steht hier für die Zukunft dieses Freistaats im positiven gestalterischen Sinne oder wer erzählt uns irgendwelche Anekdoten aus dem Jahre 1990?

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Sie sind ein Risiko für unsere Wirtschaft in diesem Land!)

Herzlichen Dank.

(Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Es ist ja widerlich! „Anekdoten aus dem Jahr 1990“?!)

Also widerlich ist nur, dass Sie hier von der Regierungsbank eine Sprache benutzen, die Ihrer nicht würdig ist.

(Beifall CDU, AfD, Gruppe der FDP)

Für die Landesregierung hat sich Frau Finanzministerin Taubert gemeldet. Bitte.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Abgeordnete, es ist ja ganz lustig. Ich muss ehrlich sagen, Herr Kemmerich, welches Elend dieses Altschuldenhilfe-Gesetz auch bei Wohnungsgesellschaften in Thüringen angerichtet hat. Es ist tatsächlich so, wir sind gezwungen worden, sonst hätten wir keine Kredite mehr bekommen. Wir mussten Wohnungen privatisieren, obwohl wir in der Lage gewesen wären, in diesen Wohnungsgesellschaften, die alle auf die Kommunen übergegangen sind, wir wären alle in der Lage gewesen, dies zu gutem preiswerten Wohnraum umzubauen und wir sind von der Bundesregierung mit diesem Gesetz …

(Zwischenruf Abg. Montag, Gruppe der FDP: Aber doch nicht bei …!)

Lieber Herr Montag, Sie sind Gesundheitsfachpolitiker. Es ist doch unglaublich! Natürlich ist das so gewesen. Lesen Sie doch die Gesetze nach! Und die haben Sie nun mal 1990 gemacht. Warum ist es denn

(Abg. Kemmerich)

passiert? Weil man gesagt hat, die Altschulden, die auf diesen Wohnungsbeständen liegen, werden zum Teil erlassen. Das war doch, wenn man so will – wie man heute so sagt –, der Deal. So war die Vereinbarung. Ein Teil der Altschulden ist erlassen worden, ein Teil musste von den Wohnungsgesellschaften zurückgezahlt werden und dafür mussten wir privatisieren. Wir mussten! Wir sind in einer freien Gesellschaft von der Bundesregierung, damals CDU/CSU und FDP, gezwungen worden. Nichts anderes war es gewesen.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Wenn wir Glück hatten, Herr Kemmerich und Herr Montag, haben wir einen neuen Eigentümer …

(Unruhe Gruppe der FDP)

Ich bitte Sie. Warum denn die Aufregung? Ich meine, es ist ein Fakt. Warum müssen Sie da rufen und schreien? Es ist ein Fakt.

Wenn wir Glück hatten, haben wir Eigentümer gefunden, die diese Idee des preiswerten, aber guten Wohnungsangebots auch fortgeführt haben. Und wenn wir Pech hatten – und da kann ich Sie gern in Gera rumführen –, haben wir Glücksritter gehabt, Glücksritter, die heute noch diese Bestände halten, Glücksritter, die jedes Mal auftauchen, wenn es zum Beispiel darum geht, bestimmte Personenkreise unterzubringen und überteuerte Mietpreise zu fordern, Glücksritter, die die Gemeinden erpressen, die zumindest versuchen, die Gemeinden zu erpressen, diesen Wohnraum wieder zurückzunehmen, diese alten, abgewrackten Häuser, wo die Tauben wohnen, für außerordentlich viel Geld wieder zurückzunehmen. Da sage ich: Das ist Kapitalismus, daran kann ich halt nichts ändern.

(Beifall DIE LINKE)

Aber Sie müssen zur Kenntnis nehmen,

(Zwischenruf aus dem Hause)

leider kann ich – nein, nein – an dieser Situation nichts ändern. Ich halte mich an die Gesetze, das ist so.

Ich will noch etwas sagen zu dem, was Frau Bergner vorgebracht hat. Es kommt immer wieder vor, dass Menschen sich beschweren beim Finanzamt. Sie haben die Möglichkeit des Einspruchs. Aber hier geht es darum, dass...

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Ja, ja, ja!)

Aber, Herr Kießling, als Steuerberater müssten Sie jetzt nicht „Ja, ja, ja!“ sagen, da müssten Sie „Ja, ja, ja“ sagen – das ist ein Unterschied.

(Heiterkeit und Beifall DIE LINKE)

Warum werden denn zum Teil so geringe Mieten angesetzt? Weil natürlich eine Versteuerung auch der Mieteinnahmen da ist. Deswegen versucht man, an allen Stellen tatsächlich Steuern zu sparen. Das ist das, was ich dieser Tage gesagt habe, es gibt immer die Schnäppchenjäger, die sich zuallererst melden, wenn es darum geht, dass ihre Straße vor der Tür nicht gemacht ist, und auf der anderen Seite aber wenig Steuern zahlen wollen. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall. Damit kommen wir zur Abstimmung.

(Ministerin Taubert)

Wir stimmen über eine Ausschussüberweisung, die beantragt wurde, ab. Ich gehe davon aus, dass die Ausschussüberweisung an den Ausschuss Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten gemeint ist. Dem ist so. Weitere Anträge an Ausschüsse habe ich nicht gehört. Sie auch nicht? Dann ist es so.

Dann lasse ich abstimmen: Wer der Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalition, der Gruppe der FDP, der CDU-Fraktion. Wer ist dagegen? Das ist die fraktionslose Abgeordnete Bergner. Wer enthält sich der Stimme? War das jetzt bei den Gegenstimmen?