Protokoll der Sitzung vom 04.02.2022

Vielen Dank, Herr Aust. Jetzt liegt mir noch die Wortmeldung des Kollegen Kemmerich für die Gruppe der FDP vor.

Sehr verehrter Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Zuhörer/Zuschauer, ich hoffe, es hören tatsächlich viele zu! Ich will das in zwei Teile unterteilen und versuchen, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren, nämlich auf die Wettbewerbschancen des Einzelhandels und der damit verbundenen Mitarbeiter in dieser Branche. Die sind seit Jahren durch Überregulierung gestört, wovon wir hier zwei Glanzpunkte wieder diskutieren und erleben dürfen. Der Erste ist das Ladenöffnungsgesetz, das in der heutigen Form seit 2011 in Thüringen existiert, damals von Schwarz-Rot beschlossen, und das so gut ist, dass sich kein anderes Bundesland in Deutschland das zu eigen gemacht hat. – Satire Ende.

(Beifall Gruppe der FDP)

Hier geht es um das banale Recht von Arbeitnehmern, frei wählen zu dürfen, ob sie am Samstag arbeiten wollen oder nicht. Es geht in erster Linie nicht um die von Ihnen beschriebene Arbeitnehmerschaft, die fünf Tage die Woche arbeitet, nein, es geht um einen Studenten, der sagt, ich möchte mir an vier Samstagen neben meinem Studium etwas dazuverdienen. Es geht um die Rentnerin, den Rentner vielleicht, der sagt, ich bin am Wochenende lieber unter Leuten und verdiene mir etwas dazu und helfe in einem Geschäft des Einzelhandels aus.

(Unruhe DIE LINKE)

Es geht um Arbeitnehmer, die aufgrund von persönlicher Vorliebe, finanziellen Zulagen sagen, ich arbeite lieber am Samstag zum Beispiel in einem Möbelgeschäft, weil ich dort höhere Aussichten auf Provision habe. All diesen Menschen – und ich muss es hier abkürzen – versagen Sie die Möglichkeit, am Samstag ihrer eigenen gewählten, freien Verantwortung nachzukommen, zu sagen, ich möchte gern arbeiten, etwas dazuverdienen und mich damit selbst und persönlich verwirklichen.

(Unruhe DIE LINKE)

Können Sie mir das erklären? Nein, das erklären Sie bitte den Arbeitnehmern, die mir E-Mails schreiben.

Meine Damen und Herren, Abgeordneter Kemmerich hat das Wort.

Erklären Sie das den Leuten, die sagen, ich möchte gern arbeiten, aber ich darf nicht.

Das andere ist die Frage der Sonntagsöffnung. Unser gemeinsames Ziel war immer, zu sagen, wir hätten gern vier Sonntage, und zwar nur vier. Andere Bundesländer haben auch mehr als vier, und zwar anlasslos. „Anlasslos“ heißt Wählen der Bürokratie, die dort tobt, in Erwartung einer Klage, mit der man sich dann dieser Bürokratie wieder erwehren muss. Und, Frau Werner, Sie wissen, wie dort gearbeitet wird und wie oft auch in den letzten Jahren diese Sonntage gescheitert sind.

Und, Frau Lehmann, bitte, schreiben Sie das mal in Ihr rotes Parteibuch. Wir haben Wirtschaftsminister in Deutschland gehabt – Karl Schiller und Helmut Schmidt zum Beispiel –, die das auch deutlich anders sehen würden. Es geht um das Herstellen von Wettbewerbsgleichheit mit konkurrierenden Anbietern.

(Beifall Gruppe der FDP)

(Unruhe SPD)

Der hauptkonkurrierende Anbieter ist nun mal der Onlinehandel. Frau Pfefferlein, Sie haben es ja richtig gesagt, die Krise des Einzelhandels ist viel älter. Aber sie ist dadurch bedingt, dass sich der Einzelhandel stationär nicht mehr dem erwehren kann, was andere eben für sich in Anspruch nehmen, nämlich freien Zugang.

Hinzu kommen noch von den Städten initiierte Zugangsbeschränkungen in die Innenstädte durch erhöhte Parkgebühren, durch Ruhezonen,

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

durch allerlei Hindernisse, dem Einzelhandel tatsächlich wettbewerbsmäßig gegenüberzustehen und hier zu sagen, ich kann etwas anbieten. Natürlich erhöhen sich kein Umsatz und das freie Budget der Kundschaft in Deutschland, aber ich kann es natürlich zu dem berühmten amerikanischen Onlinehändler oder anderen überweisen oder lasse es bei dem kleinen Anbieter vor Ort.

(Beifall Gruppe der FDP)

Wir hatten beide das Gespräch mit dem Thüringer Einzelhandelsverband, der sich sehr beklagt und sagt, wir wollen doch gar keinen hier ausbeuten, wir wollen das auch nicht über Gebühr ausnutzen. Aber vielleicht werden wir im Jahr 2022 auch mal

da in der Realität ankommen, dass wir heute längst einen Arbeitsmarkt haben, der durch ein Überangebot an Arbeitsplätzen gesteuert wird. Der Arbeitnehmer kann frei wählen. Wenn der Arbeitnehmer entscheidet, ich habe das Gefühl, hier übergebührend ausgebeutet oder beansprucht zu werden, wissen Sie, was der dann macht?

(Unruhe DIE LINKE)

Der sucht sich einen neuen Job. Das ist doch völlig normal und auch legitim. Aber er sucht sich auch dann einen neuen Job, wenn er in dem Job, wo er heute arbeitet, nicht mehr arbeiten kann oder seine Provision nicht mehr verdienen kann am Wochenende, wie zum Beispiel in dem von mir zitierten Möbeleinzelhandel. Dann wird er den irgendwann verlassen und dahin wechseln, wo er seine Erfolgsaussichten besser einschätzt.

(Beifall Gruppe der FDP)

(Unruhe SPD)

Meine Damen und Herren, wir müssen uns einfach nur wundern. Wir haben das ja alle miterlebt, in der Öffentlichkeit verfolgen können. Das diente irgendwie auch dazu – ich sage mal –, die Möglichkeit zu eröffnen, etwas leichter dem in unseren Augen nicht zukunftsfesten Haushalt zuzustimmen. An der Stelle, glaube ich, sind wir krachend im Sinne des Freistaats Thüringen an den Chancen des Einzelhandels, der Belebung und Lebhaftigkeit unserer Innenstädte gescheitert. Ich verspreche Ihnen eins – auch wenn die CDU vielleicht das Versprechen abgegeben haben sollte, das in der Legislatur nicht mehr anzufassen –: Wir werden es tun und uns weiter an der Seite der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Einzelhandels dafür einsetzen, dass wir im Wettbewerb mit dem Onlinehandel nicht verlieren. Herzlichen Dank.

(Beifall Gruppe der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Kemmerich. Ich sehe jetzt aus den Reihen der Abgeordneten keine Wortmeldungen mehr. Die Landesregierung redet nicht. Ich schließe daher die Aussprache. Wir kommen zu den Abstimmungen – ich bitte um Ruhe im Raum, denn es ist wichtig, dass die Abstimmungen funktionieren –, erstens über den Änderungsantrag der Fraktionen Die Linke, der CDU, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 7/4875. Wer für diesen Änderungsantrag stimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das ist die Zustimmung aus den Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, der CDU, von Frau Abgeordneter Dr. Bergner und der AfD-Fraktion. Wer stimmt da

gegen? Das sind die Gegenstimmen der Gruppe der FDP. Damit ist dieser Änderungsantrag angenommen.

(Zwischenruf Abg. Möller, SPD: Ich enthalte mich, Herr Präsident!)

Die habe ich übersehen, die Enthaltung. Wir nehmen also zu Protokoll: 1 Enthaltung aus der Fraktion der SPD.

Da der Änderungsantrag angenommen ist, stimmen wir jetzt über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung in der Drucksache 7/4874 unter Berücksichtigung der Annahme des Änderungsantrags ab. Jetzt frage ich wiederum: Wer ist dafür? Erwartungsgemäß Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, die SPD, die CDU und die AfD. Gegenstimmen? Gegenstimmen der Gruppe der FDP. Enthaltungen? Bei 1 Enthaltung aus der SPD-Fraktion. – Oh, Entschuldigung, Frau Dr. Bergner habe ich jetzt unterschlagen. Für das Protokoll: Das war eine Zustimmung. Entschuldigung, das ist vom Blickwinkel her etwas untergegangen. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen.

Wir stimmen damit über den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU in der Drucksache 7/1726 in zweiter Beratung unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Abstimmung über die Beschlussempfehlung ab. Wer ist dafür? Das sind die Stimmen der Linken, von Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, der CDU, von Frau Dr. Bergner und der AfD. Dagegen? Die Stimmen der Gruppe der FDP. Enthaltungen? Bei 1 Enthaltung aus der SPD.

Damit kommen wir jetzt zur Schlussabstimmung. Wer für den soeben vorgetragenen Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung ist, den bitte ich jetzt, sich von den Plätzen zu erheben. Ich stelle wiederum fest, das sind die Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, der CDU, der AfD und Frau Dr. Bergner. Dann kommen wir jetzt zur Frage: Wer stimmt dagegen? Das ist die Gruppe der FDP. Und Enthaltungen? Bei 1 Enthaltung aus der SPD. Damit, meine Damen und Herren, ist der Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung angenommen.

(Beifall CDU)

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Meine Damen und Herren, damit rufen wir jetzt auf den Tagesordnungspunkt 5

Thüringer Gesetz über die juristischen Staatsprüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst (Thüringer Juris

(Abg. Kemmerich)

tenausbildungsgesetz – ThürJAG –) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 7/4753 - ERSTE BERATUNG

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? Herr Minister, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, angesichts der fortgeschrittenen Zeit will ich mich auf eine sehr formale Einbringung des in meinem Hause erarbeiteten Gesetzentwurfs eines Thüringer Gesetzes über die juristischen Staatsprüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst, kurz Juristenausbildungsgesetz, beschränken.

Das Thüringer Juristenausbildungsgesetz bedarf zahlreicher redaktioneller Anpassungen bzw. Aktualisierungen sowie Änderungen und Präzisierungen, die in ihrer Gesamtheit in der Fassung einer Änderungsvorschrift zur Unübersichtlichkeit führen würden. Das bisher geltende Thüringer Juristenausbildungsgesetz soll deshalb insgesamt abgelöst werden. Die wesentlichen Änderungen lassen sich in sechs Punkten zusammenfassen: Zum einen werden entsprechend …

Entschuldigung, Herr Minister. Meine Damen und Herren, bitte, ich weiß, es ist Freitag und schon etwas am späten Nachmittag, aber gerade begründet Herr Minister Adams den Gesetzentwurf der Landesregierung und da bitte ich Sie doch um die angemessene Ruhe hier im Hause.

Vielen Dank. Zum einen werden die entsprechend der kürzlich mit Änderung des Deutschen Richtergesetzes ermöglichten landesrechtlichen Bestimmungen zu elektronischen Prüfungen aufgenommen. Zweitens wird die Verpflichtung der Länder, ab dem 1. Januar 2023 den juristischen Vorbereitungsdienst auch in Teilzeit zu ermöglichen, gesetzlich umgesetzt und drittens sind gemäß der Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts die Gründe, weswegen die Zulassung zum Vorbereitungsdienst zwingend zu versagen ist, nicht mehr in der Thüringer Juristenausbildungs- und ‑prüfungsordnung, sondern im Juristenausbildungsgesetz aufzulisten. Außerdem soll viertens nun

mehr eine spezialgesetzliche Rechtsgrundlage zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten für die Erfüllung der Aufgaben des Justizprüfungsamts, hier insbesondere der Gesundheitsdaten der zu prüfenden Kandidatinnen und Kandidaten, normiert werden. Im Interesse der besseren Übersichtlichkeit und aus Vereinfachungsgründen soll fünftens nunmehr die Höhe der Unterhaltsbeihilfe auf insgesamt 1.300 Euro monatlich festgesetzt werden. Sechstens enthält der Gesetzentwurf eine Ermächtigungsgrundlage für die umfassende Änderung und Aktualisierung der Thüringer Juristenausbildungs- und ‑prüfungsordnung, insbesondere zugunsten einer durch die Justizministerkonferenz beschlossenen Angleichung des Prüfungsstoffs in den Ländern. Auch deshalb ist mir sehr daran gelegen, dass das novellierte Thüringer Juristenausbildungsgesetz zeitnah in Kraft gesetzt werden kann. Ich freue mich auf die parlamentarische Beratung. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Herr Minister. Damit eröffne ich die Aussprache. Für die Fraktion Die Linke hat sich Frau Martin-Gehl zu Wort gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ausbildung von Juristinnen und Juristen in Deutschland vollzieht sich zweistufig. Sie beginnt mit einem Hochschulstudium, das zur Ersten Juristischen Staatsprüfung führt, und setzt sich mit einer praktischen Ausbildung im Referendariat fort, an dessen Abschluss die Zweite Juristische Staatsprüfung und bei Erfolg die Erlangung der Qualifikation Volljurist oder Volljuristin steht. Die Details dieser Ausbildung in Thüringen – also Abläufe, Prüfungsverfahren, Ausbildungsinhalte etc. – sind im Thüringer Juristenausbildungsgesetz und konkretisierend dazu in der Thüringer Juristenausbildungs- und ‑prüfungsordnung festgelegt. Gesetz und Verordnung bilden quasi den rechtlichen Rahmen für diesen Ausbildungsweg.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nun wird das Thüringer Gesetz zur Juristenausbildung novelliert, um es mit bestimmten gesellschaftlichen und rechtlichen Realitäten in Einklang zu bringen. Neben einer Reihe von redaktionellen und formellen Änderungen – der Minister hat darauf hingewiesen –, Klarstellungen, Konkretisierungen, Vereinfachungen sieht der Gesetzentwurf auch neue Rege

(Vizepräsident Bergner)