Protokoll der Sitzung vom 18.03.2022

Und auch wenn mancher Städter sich das nicht vorstellen kann, es ist nicht so, dass jedes Dorf an das Gasnetz angeschlossen ist. Das heißt, wie bekommen wir denn das Biogas in das Gasnetz eingespeist? Das sind doch die Fragen, die geklärt werden müssen.

Sektorenkopplung: Wo haben wir denn die konkreten Projekte in Thüringen zur Sektorenkopplung? Auch da ist eine Möglichkeit – weil Herr Höcke danach fragt, wie kann man die ganze Sache lösen –, einfach Hochtemperaturspeicher zu nutzen. Das geht sogar in alten Kohlekraftwerken. Da kann man über Hochtemperaturspeicher den Strom von vier Stunden nutzen, um dann 20 Stunden lang Strom zu produzieren, denn das Prinzip eines Kohlekraftwerks ist nach wie vor relativ einfach: Man macht Wasser heiß, was eine Turbine antreibt. Und wenn ich ein Speichermedium entsprechend erhitze, dann kann auch dieses Speichermedium den Strom liefern. Aber auch da ist die Frage: Wo haben wir das konkrete Projekt in Thüringen?

(Beifall CDU)

Ich sage das mit den 300 Terawattstunden Gas nicht ohne Grund. Die Wärmewende ist genau der Bereich, der bisher verschlafen wurde, und zwar sowohl in der Industrie als auch für die Haushalte. Was sollen denn die Haushalte machen? Und da ist zum Beispiel auch eine Frage: Wie kann man den Haushalten bei der Investition unter die Arme greifen? Wir machen immer wieder den Vorschlag, dass wir im Bereich Geothermie eine entsprechende Förderung machen, weil natürlich gerade bei der Frage Geothermie, Bohrungen vorzunehmen oder im Gelände Kollektoren einzubringen, das Investitionen sind, die relativ hohe Investitionen verlangen. Wir haben nun mal in Thüringen eine Einkommens- und Vermögensstruktur, die es den Haushalten nicht ermöglicht, das ohne Weiteres zu machen. Das heißt, auch dort brauchen wir konkrete Lösungen.

(Beifall CDU)

Dann kommen wir zu der ganzen Frage der Photovoltaik. Der Staatssekretär hat gesagt, die Dachund Freiflächen liefern große Potenziale, ohne das zu untermauern. Ich glaube auch, dass das so ist. Wir haben auch in dem Antrag, den Rot-Rot-Grün gemacht hat, die Frage eines Prüfauftrags, an welchen Stellen man tatsächlich eine Verpflichtung eingehen kann, Photovoltaikanlagen auf bestimmten Gebäuden zu installieren. Aber dieser Prüfauftrag umfasst auch die praktische Möglichkeit. Da ist die Frage, dass es Einzelne gibt, die eine Photovoltaikanlage bauen wollen, die das gar nicht genehmigt kriegen, weil das Ortsnetz nämlich den Strom gar nicht aufnehmen kann.

(Beifall Abg. Kniese, fraktionslos)

Da hat Kollege König sehr richtig eine Kleine Anfrage zu der Qualität des Stromnetzes in der TEN gestellt, weil nämlich das das relevante Stromnetz ist für diejenigen, die nicht zu den Stadtwerken gehören. Und da hieß die Antwort sehr schön: anforderungsgerecht. Das wage ich mal stark zu bezweifeln. Wenn wir nämlich eine verpflichtende Regelung schaffen, Photovoltaikanlagen im größeren Umfang tatsächlich auf die Dächer zu bringen, dann sind die Stromnetze – die Ortsnetze – eben nicht mehr anforderungsgerecht, weil sie den Strom überhaupt nicht aufnehmen können.

(Beifall CDU)

Das Gleiche gilt natürlich für die Ladeinfrastruktur, die wir im Zuge der Elektromobilität brauchen. Wir haben das Problem der fehlenden Lösungen im Windkraftbereich bei der Frage des Repowerings, das haben wir immer wieder angesprochen. Wir haben fehlende Lösungen bei der Frage der Speicher. Wir haben natürlich ein Pumpspeicherkraftwerk in

Goldisthal – ja –, aber wie funktioniert denn das? Das funktioniert doch nach wie vor so, dass da, wenn der Strom sozusagen günstig ist, in der Nacht hochgepumpt wird und am Tag wieder runter. Das hat doch mit einem residualen Lastkraftwerk nichts zu tun und daraufhin müssen wir doch das Ganze umdenken. Da Sie sagen, es gibt Rückenwind von der Bundesebene: Dann setzen Sie sich doch bei der Bundesebene mal dafür ein, dass das Ganze auch wirtschaftlich funktioniert, wenn man es im Sinne des Energiesystems betreibt.

(Beifall CDU)

Damit zusammenhängend steht nämlich auch die Frage der Netzentgelte: Es sind nämlich die Thüringer Bürger, die die erhöhten Netzentgelte bezahlen, die aufgrund der Pumpspeicherkraftwerke entstehen,

(Beifall CDU)

obwohl die ganze Republik davon profitiert.

Wir haben die Frage: Was ist denn nun mit Gasturbinen oder flexiblen Gaskraftwerken, wo haben wir die denn in Thüringen und wie können wir die Kapazitäten schaffen, dort ein grünes Gas oder eben Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien stammt, einzusetzen? Das ist doch die Frage. Und die Frage ist: Wie können wir das denn konkret planen, damit auch unsere Industriestandorte sauber funktionieren können, gerade die energieintensiven Unternehmen, die eben dauerhaft Energie brauchen und das eben sicher und ohne Schwankungsbreiten? Das sind doch die Fragen, die gelöst werden müssen. Deswegen sind wir als CDU-Fraktion für tatsächliche Lösungen für eine tragfähige Energieinfrastruktur.

Sie haben gesagt, Herr Staatssekretär Möller: Wann, wenn nicht jetzt? Da stelle ich mir natürlich die Frage: Ja, verdammt noch mal, wann, wenn nicht jetzt, wollen wir denn diese Lösungen bringen?

(Beifall CDU)

Wir sehen doch jetzt schon die Strecke, die vor uns liegt, dass wir bis 2030 entsprechende Lösungen brauchen. Wir wissen doch genau, wie lang die Prozesse brauchen in Deutschland, diese Infrastruktur herzustellen. Das ist natürlich auch gerade wichtig, weil wir doch sehen, wo der Diskurs langläuft. Wir haben es doch heute wieder von der AfD gehört, dass da Ängste geschürt werden, dass gesagt wird, das Energiesystem ist nicht sicher und außerdem wird es teurer und es liegt alles an der Transformation. Da wäre es natürlich notwendig, dass wir sagen: Guckt mal hier nach Thüringen, da haben wir ein entsprechendes Gewerbegebiet

mit energieintensiven Unternehmen, dort wird ein Elektrolyseur betrieben, dort wird Wasserstoff hergestellt, da gibt es eine entsprechende Power-to-XAnlage und das Ganze ist so konzipiert, dass das 24 Stunden durchfunktioniert und auch noch wirtschaftlich ist.

(Beifall CDU)

Ich kann nur darum bitten, dass wir alle tatsächlich den Fokus darauf legen, die Lösungen jetzt zu realisieren. Ich glaube, die beiden Anträge, die hier vorliegen, sind schon mal ein guter Anfang. Ich werbe explizit dafür, dass es eine Zustimmung für beide Anträge gibt, für den von der CDU und für den von den Koalitionsfraktionen der Minderheitsregierung.

Wir würden beim Antrag der AfD Ablehnung signalisieren.

An der Stelle möchte ich auch noch mal kurz Staatssekretär Möller danken. Die Länge mancher Beiträge ist vorhin schon ein bisschen rübergekommen, ich glaube, ich war daran auch nicht ganz unschuldig im zuständigen Fachausschuss. Wir haben uns da sehr intensiv fachlich auseinandergesetzt, weil wir auch manchmal unterschiedliche Perspektiven hatten. Aber ich kann sagen, dass es tatsächlich aus meiner Sicht immer fachlich und menschlich sehr erfrischend war, die Diskussion mit Ihnen zu führen. Insofern wünsche ich Ihnen für Ihren weiteren Lebensweg alles Gute und hoffe auf Zustimmung für die beiden Anträge.

(Beifall DIE LINKE, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Gottweiss. Aus den Reihen der Abgeordneten habe ich jetzt noch eine Wortmeldung, nämlich die des Abgeordneten Schubert, Fraktion Die Linke.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, vor allen Dingen liebe Thüringerinnen und Thüringer, auch Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich von der aktuellen Debatte sicherlich ein klares Signal erhoffen, denn es geht um existenzielle Fragen, nicht nur der Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern auch von Firmen, von Unternehmen im Freistaat und damit um Arbeitsplätze. Ich glaube, dass es wenig glaubwürdig wäre, wenn wir heute hier nicht zu einem Beschluss kommen würden.

Deswegen kann ich es außerordentlich begrüßen, dass sich jetzt die Vorzeichen dahin gehend ent

sprechend aufgeklärt haben, dass wir heute hier auch eine klare Botschaft aus dem Kreis der demokratischen Fraktionen nach draußen senden werden, wie wir uns Lösungsansätze vorstellen. Alles andere wäre, wie gesagt, nicht glaubwürdig gewesen.

Ich will bei der Glaubwürdigkeit noch mal stehen bleiben und da drei Punkte benennen. Es gab hier eine Analyse vonseiten der FDP zu den Ursachen für diese Energiepreisentwicklung gerade in den letzten Wochen und letzten Tagen. Ich frage: Wenn es richtig ist, dass es seit dem 24. Februar keinen Lieferausfall gegeben hat, genauso viel Gas geliefert wurde wie vor dem 24. Februar und genauso viel Öl geliefert wurde wie vor dem 24. Februar, wenn das stimmt, dann muss sich doch jeder selbst die Frage stellen: Wo kommt denn dann die Preissteigerung seit dem 24. Februar her? Und wenn wir dann solche verquasten Antworten hören, wie sie hier Herr Kemmerich wieder vorgetragen hat, dann, glaube ich, ist das nicht besonders glaubwürdig.

(Beifall DIE LINKE)

Wir sollten es deutlich benennen: Es geht um Krisen- und Kriegsgewinnler, die sich hier an diesen Entwicklungen die Taschen füllen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das können wir doch nicht einfach so geschehen lassen, da muss doch auch die öffentliche Hand, die Politik steuernd und lenkend eingreifen und sagen: Wir begrenzen hier Spekulationsgewinne, wir begrenzen Handelsspannen. Wir machen klar, dass das nicht dazu führen kann, dass Super- und Extraprofite generiert werden können. Das ist doch auch eine Frage der Glaubwürdigkeit der Politik.

Der zweite Punkt: Ich kann vieles von dem unterstützen, was die Kollegen der CDU hier vorgetragen haben, insbesondere was Herr Bühl und Herr Gottweiss hier vorgetragen haben. Aber zur Glaubwürdigkeit gehört natürlich auch folgender Fakt: Wenn das, was Ihr Vorsitzender auf der Bundesebene, Friedrich Merz, fordert, umgesetzt würde – ein sofortiges Energieembargo, keinerlei Lieferungen mehr von Gas und Öl aus Russland –, dann wären all die Forderungen zur Absenkung des jetzigen Preisniveaus durch Steuererleichterung etc., die auch Sie heute hier gut begründet haben, pulverisiert. Sie werden überkompensiert werden. 2,20 Euro/2,30 Euro an der Tankstelle wären nicht die Obergrenze, sie wären die Untergrenze. Das muss man zur Ehrlichkeit auch den Verbraucherinnen, Verbrauchern und den Firmen draußen im Land dazusagen, das gehört zur Glaubwürdigkeit

(Abg. Gottweiss)

dazu. Deswegen sehen wir als Linke darin keine Perspektive.

Der dritte Punkt zur Glaubwürdigkeit: Ja, auch die öffentliche Hand muss glaubwürdig agieren. Ich glaube, um noch mal auf den Staatssekretär und seinen Sofortbericht zu sprechen zu kommen, dass wir da auch als öffentliche Hand durchaus noch eine ganze Reihe von Potenzial haben. Wir könnten als öffentliche Hand, glaube ich, Benchmarks setzen, wir könnten vorangehen als Beispielgeber und wir können es uns, glaube ich, nicht mehr lange erlauben, dass wir auch als öffentliche Hand Gebäude bauen und sanieren oder mit Fördermittelprogrammen bauen und sanieren lassen, wo wir eben Flachdächer bis heute ungenutzt lassen, wo keine Solarzelle draufkommt. Warum machen wir das nicht zum Kriterium für Ausreichung von Fördermitteln? Warum sagen wir nicht: Wenn ihr ein Gebäude in der

(Beifall DIE LINKE)

Stadt oder im Kreis anfasst, da muss da ein Solardach drauf? Wie lange wollen wir denn darauf noch warten? Dann hätten wir doch noch viel mehr Argumente, um sie auch gegenüber der Privatwirtschaft und den einzelnen privaten Endverbrauchern als Beispiel vorzuzeigen, wenn doch klar ist, das rechnet sich. Das haben wir doch alle hier festgestellt: Das rechnet sich. Dann muss doch auch die öffentliche Hand ein Interesse daran haben, das jetzt zu machen.

Ich sage zum Schluss auch mit Blick auf unsere haushalterischen Ressourcen: Wir wissen aus den Ländern, die uns weit voraus sind in der Dekarbonisierung der Volkswirtschaft, eben in Skandinavien, dass dieser Prozess mit massiven öffentlichen Investitionen beschleunigt wird. Diese Investitionen werden wir auch hier in Thüringen tätigen müssen und je schneller – da waren wir uns doch alle einig – wir sie tätigen, umso schneller haben wir den Effekt und umso schneller sind wir weg von der Abhängigkeit von fossilen Energien. Deswegen müssen wir bei diesen Debatten, die wir hier immer geführt haben, aus dem Zwölf-Monats-Kästchen raus. Wir müssen dazu kommen, dass wir sagen, wie wir diese öffentlichen Investitionen tatsächlich gestemmt bekommen, damit wir uns jetzt mit einer schnelleren Geschwindigkeit auf den Weg machen zu dem

(Beifall DIE LINKE)

Ziel, was wir doch alle erkannt haben. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Herr Schubert. Nun habe ich noch die Wortmeldung von Herrn Möller aus der AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, ich hätte nicht gedacht, dass ich mit Herrn Schubert mal in einer Frage einig bin, aber bei der Bewertung der energiepolitischen und außenpolitischen Sofortmaßnahmen des großen CDU-Vorsitzenden Merz bin ich mit ihm tatsächlich mal einig – nicht schlecht.

(Beifall AfD)

Ansonsten habe ich heute in der Debatte viel über Solar und Windkraft gehört und relativ wenig – oft nur auf Nachfrage, zum Beispiel von Herrn Höcke – zu Speichern, obwohl das im Konzept Ihrer Energiewende eine große Bedeutung haben müsste. Noch weniger habe ich zu Wärme gehört, außer von Herrn Gottweiss – allerdings hat mich das nicht sonderlich überzeugt, darauf gehe ich aber nachher noch mal ein – und von Herrn Gleichmann.

Bei Herrn Gleichmann fällt mir die Ablehnung besonders leicht, weil Herr Gleichmann sinngemäß sagt, okay, wir müssen irgendwie auf Strom umstellen, dazu müssen wir die Thüringer Landschaft mit Windkraftanlagen und Solaranlagen zupflastern. Das war im Grunde genommen das wesentliche Konzept. Da muss ich ganz ehrlich sagen, da macht doch die Bevölkerung gar nicht mit. Das merken Sie doch schon beim Windkraftausbau, die ganzen Debatten, da riskieren wir doch – ich meine, mit dem sozialen Frieden ist es eh nicht sonderlich gut bestellt – wirklich offene Revolten, mal abgesehen davon, welche energiewirtschaftlichen Auswirkungen das hat.

(Zwischenruf Abg. Gleichmann, DIE LINKE: Da wollen Sie ein Atomkraftwerk hinstellen!)

Zu den Atomkraftwerken komme ich auch gleich noch.