Ich glaube, ich kann auch für Teile des Plenums sprechen, wenn ich sage, dass wir Ihre Reden hier im Plenum, die Sie mit voller Vehemenz und Über
zeugung für den Umwelt- und Klimaschutz geführt haben und bei denen Sie in aller Ausführlichkeit und Deutlichkeit und Länge dargelegt haben, wie wichtig das ist, immer sehr genossen haben.
Herr Möller beendete seine Rede mit: Wann, wenn nicht jetzt? Ich glaube, diese Worte treffen den Punkt sehr genau, denn wir befinden uns gerade in einer massiven Krise der fossilen Energieträger, und das ist in den letzten Tagen sehr, sehr deutlich geworden. Diese Krise begann schon im letzten Jahr, war über Weihnachten schon spürbar durch die steigenden Energiekosten, die viele Haushalte betreffen. Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sind die Kosten jetzt noch mal enorm angestiegen und es wurde sehr, sehr deutlich, wie abhängig Deutschland doch von russischer Energie ist. Das ist hauptsächlich das russische Gas, aber es betrifft eben auch die fossilen Energieträger Kohle und Erdöl. Dass damit eben nicht mehr nur die Dimension der Klimapolitik es notwendig macht umzusteuern, sondern dass auch diese geopolitische Dimension hinzugekommen ist, trifft eben, warum wir sagen: Wann, wenn nicht jetzt?
Gerade in der jetzigen Situation fällt uns eben die verfehlte Energiepolitik der letzten 15 Jahre bitter auf die Füße. Es wurden Irrwege beschritten, wie die Rücknahme des Atomausstiegs von SchwarzGelb auf Bundesebene. Es wurde viel zu lange an dem Energieträger Kohle festgehalten. Und zu den Fehlern bei den beiden Nord-Stream-Röhren muss ich, glaube ich, keine großen Ausführungen mehr machen. Stattdessen wurde fast schon systematisch nach Wegen gesucht, wie der Ausbau der Erneuerbaren ausgebremst werden kann. Beispielhaft genannt seien hier nur die Stichworte Solardeckel, Windkraftausschreibungsverfahren oder auch die Verhinderung von Erneuerbare-EnergieGemeinschaften. Deshalb ist es eben so wichtig, nicht nur Energiebezugsquellen umzustellen, sondern uns unabhängig zu machen von fossilen Energieträgern.
Wir müssen unsere Energieimportabhängigkeit auch von geopolitisch schwierigen Lieferländern wie Saudi-Arabien, Katar oder auch den jetzt wieder ins Spiel gebrachten Ländern wie Venezuela oder Iran radikal reduzieren. Deswegen geht es eben auch darum, Energieverbrauch insgesamt mittelfristig zu verringern.
Ich möchte gern auch noch mal auf Herrn Bergners Rede eingehen, die mich doch an einigen Stellen zugegebenermaßen enttäuscht hat. Herr Lindner hat ja auf Bundesebene vor einiger Zeit einen ganz guten Vorschlag gebracht bzw. er sprach von Freiheitsenergien. Ich glaube, das ist ein Begriff, der hätte tatsächlich auch von uns Grünen kommen können. Aber er bringt auf den Punkt, welche Chancen eben auch im Ausbau der erneuerbaren Energien liegen.
Herr Bergner, von dieser Begeisterung für Freiheitsenergien habe ich leider in Ihrer Rede nicht viel mitbekommen. Sie haben viele Hülsen geäußert, gesagt, was alles nicht geht. Aber ich habe nicht vernommen, wie Sie konkret zum Beispiel den Ausbau der Solarenergie beschleunigen wollen.
Und es ist eben leider so, dass man, wenn man heute durch Neubaugebiete auch hier in Thüringen läuft, viele neue Häuser hat, die nach der Südseite ausgerichtet sind, wo keine Photovoltaik-Anlage drauf ist. Und ich glaube, im Jahr 2022 sollte es zum Standard gehören, dass wir alle Neubauten mit Photovoltaik-Anlagen, energieklimafreundlicher Solarenergie ausstatten, die eben auch mittelfristig dazu beiträgt, für Privatpersonen Kosten zu senken. Und alle Menschen, die jetzt gerade so eine Solaranlage auf dem Dach haben, sind, glaube ich, gottfroh darüber.
Zu dem Thema „Artenvielfalt“ vielleicht nur ganz kurz so viel: Gerade auf Freiflächenanlagen zum Beispiel, auch in den sogenannten benachteiligten Gebieten, wenn diese Freiflächenanlagen richtig gemacht werden, dann gibt es genügend Studien, die zeigen, dass sich die Artenvielfalt darunter sogar sehr viel positiver entwickeln kann für die Biodiversität, für die Flora, für die Insektenarten. Man findet dort dann eine Vielfalt der Arten und deswegen lassen sich an dieser Stelle bei Freiflächenanlagen die Artenvielfalt, der Artenschutz und Energieerzeugung sehr gut miteinander verbinden. Man muss auch dazusagen, dass zum Beispiel die Energieausbeute von einer solchen Freiflächenanlage sehr viel größer ist, als wenn man zum Beispiel Bio-Mais darauf anbaut. Und daher begrüßen wir sehr, dass hier auch der Thüringer Bauernverband vor einigen Wochen ein sehr bemerkenswertes Positionspapier herausgegeben hat, worin auch der Thüringer Bauernverband sagt: Ja, sie begrüßen es, wenn man Landwirtinnen/Landwirten die Möglichkeit gibt, eben auch auf diesen Feldern, auf Teilen ihrer Felder, auf denen, wo wenig Ertrag ist, die nicht so fruchtbar
Ich will gern kurz ausführen, Herr Kemmerich, warum der Tankrabatt auch ein Marktversagen darlegt. Herr Gleichmann hatte schon dargelegt, was die Gründe dafür sind, dass eben gerade auch die Spritpreise so enorm hoch sind, obwohl die Rohölpreise seit einigen Tagen wieder fallen. Aber diese Antwort, die Herr Lindner an dieser Stelle mit dem Tankrabatt gemacht hat, die hat natürlich viele Menschen zu Recht erzürnt. Denn es schien doch schon sehr Klientelpolitik zu sein, denn es entlastet nicht alle Menschen. Und man muss gerade sagen, dass die Ärmsten in unserer Gesellschaft ganz oft überhaupt kein Auto haben. Und natürlich sind die erzürnt, wenn sie sehen, dass es für bestimmte Gruppen Entlastungen gibt, aber für sie eben nicht.
Heizkostenzuschuss geht zum Beispiel speziell auch an Leute, die Wohngeld bekommen. Das sind sehr zielgerichtete Zuschüsse.
Meine Damen und Herren, Frau Abgeordnete Wahl hat jetzt das Wort. Herr Müller, ich verstehe, dass Sie das verteidigen wollen, aber trotzdem hat Ihre Kollegin Wahl jetzt hier das Wort.
Das Problem an Forderungen wie Spritpreisbremsen, sehr allgemeinen Preisreduzierungen ist, dass damit nicht nur die Lenkungswirkung verloren geht, sondern dass es den Staat unglaublich viel kostet und dieses Geld bei den Menschen fehlt, die es wirklich brauchen, die gerade massiv unter der Situation leiden. Allein das Beispiel des Tankrabatts
zeigt, dass uns das, wenn man den Spritpreis damit um 10 Cent pro Monat bezuschussen würde, 550 Millionen Euro kosten würde. 550 Millionen Euro sind die Hälfte von dem, was monatlich auch an Tarifen für den ÖPNV gezahlt wird. Deswegen ist es eben nicht utopisch, sondern eigentlich sehr klar machbar,
dass wir die ÖPNV-Preise um die Hälfte halbieren. Auch solche Vorschläge wie das Klimageld, das wir in unserem Antrag genannt hatten, wären Vorschläge, die eben allen Menschen zugutekommen plus dazu eine Lenkungswirkung erzeugen,
damit es sich eben lohnt, von Autos auf den klimafreundlichen ÖPNV oder aufs Fahrrad oder sonstige alternative Mobilitätsformen umzusteigen.
Wir haben mit unserem Antrag ganz konkrete Maßnahmen vorgelegt, wie jetzt auch hier in Thüringen der Ausbau der Erneuerbaren beschleunigt werden kann. Diese Maßnahmen wirken jetzt natürlich nicht direkt kostendämpfend – das muss man ehrlich dazusagen –, aber mittelfristig sind sie eben die Maßnahme, um unser Energiesystem preisstabil zu halten. Neben der Windkraft muss man da ganz klar betonen, dass die Solarenergie eben die zweite Säule der Energiewende ist.
Wir haben uns mit diesem Antrag entschieden, insbesondere den Ausbau dieser zweiten Säule voranzutreiben. Unter dem Punkt IV haben wir die unterschiedlichen Möglichkeiten zum Ausbau der Erzeugungskapazitäten aufgeführt. Das im Januar von der Hochschule Nordhausen vorgestellte Energiesystemmodell „So geht’s. Wie Thüringen klimaneutral wird“ empfiehlt eine Verdreifachung der installierten Leistungen bei der Photovoltaik bis 2030.
Um auf diesem Ausbaupfad in Thüringen zügig voranzukommen, brauchen wir auch die Bundesebene, die dafür die entsprechenden Rahmenbedingungen schafft. Die Bundesregierung hat ja bereits angekündigt, den Ausbau der erneuerbaren Energien in zwei Gesetzespaketen vor Ostern und vor der Sommerpause neu zu regeln.
durch Absichtserklärungen aus den Ministerien dazu schon einige Anhaltspunkte. So dürfte es bald eine bundesweite Solarpflicht für geeignete Dachflächen bei gewerblichen Neubauten geben. Darüber hinaus hat ja bereits eine Reihe von Bundesländern weiter gehende Solarpflichten erlassen, die entweder in eigenen Solargesetzen oder in ihren Klimaschutzgesetzen geregelt sind. Die Pflichten können sich dabei auf Neubauten von Wohngebäuden und Nichtwohngebäuden, aber auch auf Bestandsgebäude im Fall von grundlegenden Dachsanierungen oder auf die Parkplatzflächen erstrecken. Es ist also davon auszugehen, dass auch nach einer bundesrechtlichen Normierung noch große Handlungsspielräume für landesrechtliche Regelungen wie für Solarthermie und Photovoltaik auf Dachflächen verbleiben werden. Wir freuen uns sehr, dass hier tatsächlich heute aller Voraussicht nach das gemeinsame Signal aus diesem Landtag ausgehen wird, dass wir uns gemeinsam auf diesen Weg begeben wollen und in diesem Bereich Solardächer eben zum Standard machen.
Denn wenn man sich eben auf die Dächer bezieht, dann ist klar, dass es hier die wenigsten Konflikte gibt, nimmt man mal die Fragen um den Denkmalschutz heraus. Ebenso ist aber klar, dass wir in einem ganz beträchtlichen Umfang Solaranlagen und PV-Anlagen brauchen, und da werden die Dachflächen nicht ausreichen. Deswegen ist es gut, dass in dem Antrag auch ein Bekenntnis darin ist, auf Freiflächenanlagen in benachteiligten Gebieten, auf Konversionsflächen auch den Ausbau zu ermöglichen. Ich hatte schon gesagt, die Länderöffnungsklausel ist hier ein sehr sinnvoller Weg, den wir als grüne Landtagsfraktion schon sehr lange fordern. Ich freue mich sehr, dass auch Ministerin Siegesmund diese Woche erklärt hat, dieses Mittel ziehen zu wollen. Ich glaube, mit diesem Signal aus dem Landtag, auch mit dem Wissen, dass der Thüringer Bauernverband mittlerweile die Ziehung der Länderöffnungsklausel befürwortet, hoffe ich, dass dies dann auch möglichst schnell landesrechtlich umgesetzt werden kann.
Zu den Bundesforderungen hatte ich ja schon ausgeführt, dass wir es für notwendig halten, direkte Zuschüsse zu machen, die eben auch die Menschen und Unternehmen entlasten, die es hier besonders notwendig haben. Dazu ist einmal der Vorschlag einer Zurückerstattung des CO2-Preises – auch teilweise unter dem Namen „Klimageld“ genannt – notwendig. In Betracht kommen eventuell
auch temporäre sinnvolle Steuerentlastungen bzw. die Reduzierung der Abgabenlast auf Energieträger dort, wo es Sinn ergibt und Menschen direkt entlastet. Ich will dazu sagen, dass ich die Forderungen nach der Pendlerpauschale nicht so ganz nachvollziehen kann als eine Maßnahme, die jetzt sofort zum Tragen kommen soll, weil die Pendlerpauschale eben immer nur über die Steuer zurückerstattet wird. Deswegen sind auch hier Vorschläge, wie zum Beispiel der von Herrn Gleichmann bereits genannte – das Mobilitätsgeld –, glaube ich, eine gute Möglichkeit, um hier direkt helfen zu können.
Abschließend noch mal einige Kommentare dazu, was notwendig ist: Dass wir jetzt im Bereich des Solarausbaus vorangehen, ist richtig und wichtig, ich freue mich sehr darüber. Wir müssen uns aber auch ehrlich machen, dass es natürlich auch einen Zubau bei der Windkraft braucht.
Ich will dazu sagen, dass diese ständigen Forderungen nach einem Ausbau der Wasserkraft, die man nicht nur aus Bayern, sondern auch hier von der FDP-Fraktion vernimmt, ins Leere laufen. Die Wasserkraft liefert aktuell einen Anteil von 1,6 Prozent an der aktuellen Stromerzeugung in Thüringen. Natürlich müssen hier die Potenziale geprüft werden, dort, wo sie sinnvoll sind, umgesetzt werden, aber selbst unter einer sehr optimistischen Prognose können wir allerhöchstens von einem Potenzial von 3 bis 4 Prozent bei der Wasserkraft ausgehen. Dazu kommen natürlich die Schwierigkeiten wie Querbauwerke, dass wir hier bei der EU-Wasserrahmenrichtlinie eigentlich viel mehr noch die Durchgängigkeit der Flüsse herstellen müssen, anstatt zu verbauen. Deswegen ist es einfach ganz klar als unseriös zu benennen, zu sagen, die Wasserkraft soll jetzt die großen Potenziale liefern. Diese großen Potenziale werden die Wasserkraft und der Wind liefern.
Abschließend will ich noch sagen: „Was, wenn nicht jetzt“ war der Punkt, auch das Wort „Zeitenwende“ ist hier schon gefallen. In den letzten Wochen wurde ganz oft davon gesprochen, dass man in Bezug auf Putin ja klar sehen muss und dass es in den letzten Jahren der deutschen Politik teilweise nicht gelungen ist, ganz klar zu sehen, welche Bedrohungen hier herrschen. Ich habe manchmal das Gefühl, dass wir gerade bei der Klimakrise genau denselben Fehler machen, denn in 20 Jahren werden sich ganz viele von uns hierhinstellen und sagen: Ach, das konnten wir nicht sehen, das hat uns jetzt überrascht, dass die Klimakrise doch mit einer solchen Wucht kommt. Vor wenigen Wochen wurde der neue IPCC-Bericht veröffentlicht. Dieser sagt voraus, wie es bei den meisten IPCC-Berichten ist,
dass eben nicht genug gemacht worden ist, dass wir uns auf den schlechtesten Klimaprognosepfaden befinden. Und – das fand ich schon sehr heftig – er sagt auch voraus, dass zwischen 2040 und 2060, wenn wir so weitermachen, 1 Milliarde Menschen auf der Welt ihre Lebensgrundlagen verlieren werden. Dieser Zeitraum beginnt in 20 Jahren und das zeigt, dass wir keine Zeit mehr zu verlieren haben. Es wird nicht mehr nur meine Generation betreffen, es wird auch viele hier schon betreffen und die Auswirkungen werden wir alle spüren. Deswegen ist es allerhöchste Zeit, jetzt Maßnahmen zu ergreifen und die Zielstellungen für die Zukunft immer mit Blick auch auf klimapolitische Notwendigkeiten zu stellen. Hier wollen wir heute einen Anfang mit den Anträgen machen. Ich freue mich, dass wir uns da, glaube ich, tatsächlich gemeinsam in einem sehr konstruktiven Prozess aufeinander zubewegt haben und heute mit zwei Anträgen dann auch in diesem Landtag ein Signal nach außen zeigen können. Vielen Dank.