Protokoll der Sitzung vom 09.06.2022

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Ich eröffne die Aussprache. Mir liegt aus den Reihen der Abgeordneten bisher eine Wortmeldung vor. Frau Hoffmann, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, liebe Zuschauer am Livestream und hier oben auf der Tribüne, mit diesem Gesetzentwurf liegt uns eine weitere Pro-Windkraft-Initiative der Landesregierung vor. Diesmal greift man die Wurzeln an, die Raumordnungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren, im Zuge des schwarz-roten Investitionsbeschleunigungsgesetzes, das unter anderem Umweltverträglichkeitsprüfungen erleichtert. Unter dem Deckmantel „Corona“ und hinter dem Begriff „Fokus auf Internetbekanntmachungen“ verbirgt sich indes die Aushebelung demokratischer Beteiligung der Bürger.

(Beifall AfD)

Ich zitiere dazu aus der Begründung: „Bisher erfolgte die öffentliche Auslegung des Entwurfs von Raumordnungsplänen für das Landesentwicklungsprogramm bei den Landesplanungsbehörden, Landkreisen und kreisfreien Städten, für den Regionalplan bei den Landkreisen, kreisfreien Städten und Mittelzentren. Zusätzlich sollte die öffentliche Auslegung des jeweiligen Raumordnungsplanungsentwurfs im Internet erfolgen. Diese bisherige SollVorschrift ist nun eine Muss-Vorschrift.“ Weiter: „Die Einsichtnahme vor Ort erfolgt zukünftig nicht mehr bei den Landkreisen, kreisfreien Städten und gegebenenfalls Mittelzentren, sondern bei der für die Aufstellung des Raumordnungsplans zuständigen Stelle selbst. Der Verzicht auf eine öffentliche Auslegung bei den Landkreisen, kreisfreien Städten

und gegebenenfalls Mittelzentren verringert den bürokratischen Aufwand, der auch in der bisherigen Praxis nicht mehr im angemessenen Verhältnis zu dem dadurch erzielten Nutzen gestanden haben dürfte.“ Und weiter: „Auch die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung erfolgt zukünftig auf den Internetseiten der für die Aufstellung des Raumordnungsplans zuständigen Stelle. Daneben erfolgt sie weiterhin im Thüringer Staatsanzeiger. Die bisherige öffentliche Bekanntmachung der Auslegung durch Landkreise, kreisfreie Städte und gegebenenfalls Mittelzentren in der nach deren Hauptsatzung festgelegten ortsüblichen Form, das heißt in der Regel im Amtsblatt, entfällt.“

Das bedeutet nichts anderes, als dass der Teil der Bevölkerung, der sich – aus welchen Gründen auch immer – nicht über das Internet informieren will, der auf kommunale Ämter geht, das Amtsblatt liest, um sich zu informieren, dass dieser Teil ausgeschlossen wird. Und es bedeutet, dass der Bürger zur Planungsstelle fahren müsste, wenn er wissen will, ob in seinem Landkreis zum Beispiel Windkraftanlagen möglich oder geplant sind. Die Bürger erfahren nicht einmal mehr die Ankündigung der Auslegung aus dem Amtsblatt. Und während das Bundesgesetz zur Sicherstellung ordnungsgemäßer Planungs- und Genehmigungsverfahren während der COVID-19-Pandemie das Planungssicherstellungsgesetz nur öffentliche Bekanntmachungen mit einer Bekanntmachungsfrist bis zum Ablauf des Jahres – 31. Dezember 2022 – durch Veröffentlichungen im Internet ersetzt, hat die Thüringer Landesregierung die Regelungen zur Internetbekanntmachung und der entfallenen Auslegung der Planentwürfe in Gebietskörperschaften in ihrem Gesetzentwurf nicht zeitlich befristet.

Das Planungssicherstellungsgesetz des Bundes sagt in § 2 übrigens auch – ich zitiere –: „Zusätzlich hat zumindest eine Bekanntmachung in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt“, also Amtsblatt, „oder einer örtlichen Tageszeitung zu erfolgen.“ Das ist mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung nicht der Fall. Immer wieder werden Verfahren wegen fehlerhafter Bekanntmachung eingeleitet. Öffentliche Beteiligung sollte bei Planungs- und Genehmigungsverfahren Achtung genießen.

(Beifall AfD)

Die Wichtigkeit der Öffentlichkeitsbeteiligung wird im Gesetzentwurf der Landesregierung aber ignoriert, vermutlich, um die Windkraftindustrie voranzutreiben. Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist eine Politik gegen Bürgerinteressen, gegen Bürgerbeteiligung, gegen den ländlichen Raum. Er ist Scheindemokratie.

(Staatssekretär Weil)

(Beifall AfD)

Und das Argument der Bürokratie ist in diesem Fall nicht glaubwürdig. Denn wie wir heute bei TOP 8 a gesehen haben, finden Sie, verehrte Vertreter der Landesregierung, EU-Bürokratie ja gar nicht so schlimm. Wir werden diesem Gesetzentwurf jedenfalls nicht zustimmen. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hoffmann. Und jetzt gibt es eine weitere Wortmeldung vom Abgeordneten Kalich für die Fraktion Die Linke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Drucksache, die uns vorliegt, mit der Nummer 7/5550 als Erstes Gesetz zur Änderung der Thüringer Landesplanung hat zum Ziel, Raumordnungsverfahren für Investitionen in erster Linie zu beschleunigen. Ich sehe darin nicht die Nichtbeteiligung der Bevölkerung. Denn jeder Bürger, so wie es der Staatssekretär Herr Weil gesagt hat, hat das Recht auf Zuschicken von Unterlagen. Man muss dann schon mal ein bisschen zuhören und nicht nur aus der ideologischen Ecke von ganz rechts alles kritisieren, was hier durch die Landesregierung vorgestellt wurde. Landesplanung ist sicherlich ein breiter Bereich und umfasst viele Bereiche der Gesellschaft, wenn man nur an Transport und Straßen denkt. Wenn man den Transport einmal aufschlüsselt, so geht es um mehr als nur um Straßen und Schienen. Es geht um die Luft, es geht um das Wasser und vor allen Dingen geht es darum, sichere und ordentliche Lebensverhältnisse in unserem Land zu schaffen. Das soll entbürokratisiert werden.

Sicherlich gab es dort eine ganze Reihe von Übergangsregelungen, die der Bundesgesetzgeber in der Coronapandemie ganz einfach nicht anders regeln konnte, da in Präsenzsitzungen viele Fragen oft gar nicht erlaubt oder möglich waren. Wir reagieren mit diesen Änderungen der Thüringer Landesplanung auf diese Situation und wollen Übergangsregelungen in das Gesetz einfließen lassen. Wir sehen die Notwendigkeit der Digitalisierung, wollen aber eine breite Beteiligung aller Bevölkerungsschichten, von Vereinen, Verbänden und kommunalen Gebietskörperschaften. Dieser Punkt wird uns sicherlich in den nächsten Wochen und in den nächsten Monaten weiter begleiten und wir werden uns mit der Landesplanung und dem Landesplanungsgesetz auch in Zukunft noch öfters auseinandersetzen müssen.

Wir sehen durchaus die Situation, dass ein Teil der Bevölkerung im Moment vom Zugang zum Internet ausgeschlossen ist, manchmal durch technische Probleme, manchmal aber auch durch den eigenen Bildungsstand, dass man ganz einfach diese Technik nicht nutzen kann. Deshalb setzen wir auf eine ganz breite Öffentlichkeit in dem Bereich zur Auslegung dieser Unterlagen und zur Beteiligung der Bevölkerung. Denn wir sehen nicht nur den Diskussionsbedarf, sondern die Beteiligung – so wie ich sie aufgezählt habe – von vielen in dieser Gesellschaft als unser oberstes Ziel. Ich beantrage die Überweisung an den Ausschuss für Infrastruktur, Forsten und Landwirtschaft und denke, wir werden dort vernünftige Lösungen finden, um breiteste Kreise der Bevölkerung in die Landesplanung einzubinden. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Kalich. Weitere Wortmel- dungen gibt es jetzt keine. Die Überweisung an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten ist beantragt worden. Werden weitere Ausschüsse beantragt? Das ist nicht der Fall.

Damit lasse ich über die Überweisung dieses Ge- setzentwurfs an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten abstimmen. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das ist die Zustimmung aus den Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, der Gruppe der FDP, der CDU-Fraktion, von Frau Dr. Bergner. Dann frage ich nach Gegenstimmen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Enthaltungen? Keine. Damit ist der Gesetzentwurf an den Ausschuss überwiesen und ich schließe für heute diesen Tagesordnungspunkt.

Damit rufe ich auf den Tagesordnungspunkt 9

Geschlechtervielfalt anerken- nen und schützen – Erforder- nis von Personenstandsanga- ben überprüfen, Transsexuel- lengesetz abschaffen Antrag der Fraktion der FDP *) - Drucksache 7/1138 - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung - Drucksache 7/5397 -

(Abg. Hoffmann)

dazu: Änderungsantrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Parlamentarischen Gruppe der FDP - Drucksache 7/5656 -

Das Wort hat Abgeordneter Dr. Lauerwald aus dem Ausschuss für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung zur Berichterstattung. Bitte schön, Herr Dr. Lauerwald.

Danke schön, Herr Präsident. Werte Kollegen Abgeordnete, der Antrag der ehemaligen Fraktion der FDP, „Geschlechtervielfalt anerkennen und schützen – Erfordernis von Personenstandsangaben überprüfen, Transsexuellengesetz abschaffen“, in der Drucksache 7/1138 vom 2. Juli 2020 und der Alternativantrag von Die Linke, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, „Geschlechtervielfalt anerkennen und schützen – Transsexuellengesetz abschaffen – zeitgemäßes Selbstbestimmungsgesetz einführen“, Drucksache 7/2216 vom 02.12.2020 wurden in der 44. Sitzung des Landtags am 23. April 2021 beraten. Die Überweisung beider Anträge wurde an den federführenden Ausschuss für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung sowie an den Innenund Kommunalausschuss beschlossen.

Der Ausschuss für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung hat den Antrag in seiner 27. Sitzung am 27. Mai 2021, in seiner 28. Sitzung am 4. Juni 2021, in seiner 32. Sitzung am 15. Juli 2021, in seiner 36. Sitzung am 14. Oktober 2021, in seiner 39. Sitzung am 11. November 2021, in seiner 47. Sitzung am 10. März 2022 und in seiner 48. Sitzung am 28. April 2022 beraten sowie ein mündliches Anhörungsverfahren durchgeführt. In dieser Anhörung plädierten mehrere Betroffenenverbände für den Antrag. Andererseits warnte der Experte für Geschlechtsdysphorie, Herr Dr. Korte, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Sexualmediziner, Master im Fach Psychoanalytische Kulturwissenschaften sowie Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Sexualmedizin, Sexualtherapie und Sexualwissenschaft, vor der Abschaffung des bestehenden Transsexuellengesetzes.

Der Ausschuss für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung hat in seiner 39. Sitzung am 11. November 2021 beschlossen, den Innen- und Kommunalausschuss um Mitberatung zu ersuchen. Der mitberatende Innen- und Kommunalausschuss hat den Antrag in seiner 32. Sitzung am 28. April

2022 beraten und empfahl, den Antrag des Ausschusses für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung mit den von diesem empfohlenen Änderungen anzunehmen.

Am 26. April 2022 hat die Parlamentarische Gruppe der FDP zusammen mit Die Linke, SPD, Bündnis 90/Die Grünen einen Änderungsantrag in Vorlage 7/3677 eingereicht. Der Ausschuss für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung beschloss in der 48. Sitzung am 28.04.2022, die Annahme dieses Änderungsantrags zu empfehlen. Die Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben ihren Alternativantrag in Drucksache 7/2216 vom 02.12.2020 in der gleichen Ausschusssitzung zurückgezogen. Weiterhin beschloss der Ausschuss mit knapper Mehrheit, die Annahme des Antrags in Drucksache 7/1138 unter Berücksichtigung der Beschlussfassung zum Änderungsantrag in Vorlage 7/3677 zu empfehlen.

Auszugsweise wähle ich von den 15 Antragspunkten nur exemplarisch drei Punkte aus: „I. 5 Die Reformierung des § 45b des Personenstandsgesetzes ist dringend notwendig, damit alle Menschen eine Erklärung zur Geschlechtsangabe und Vornamensführung bei einem Standesamt abgeben können. [...] III. Die Landesregierung wird aufgefordert, auf Bundesebene auf die nötige Abschaffung des Transsexuellengesetzes und eine Novellierung des Personenstandsgesetzes hinzuwirken. […] Hierbei soll ‚die dritte Option‘ gleichbehandelt werden wie die beiden Geschlechter ‚männlich‘ und ‚weiblich‘, wobei ‚divers‘ nicht länger nur intersexuelle Menschen beinhaltet, sondern alle Menschen, die sich selbst auf dem Kontinuum der Geschlechtsidentitäten nicht als ‚männlich‘ oder ‚weiblich‘ verorten.“

Gestern kam noch ein Änderungsantrag der Fraktionen Die Linke, der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der Parlamentarischen Gruppe der FDP zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung hinzu. Die Änderung betrifft Ziffer II. Nr. 3 – ich zitiere –: „in Zukunft soll in Dokumenten, in denen das Geschlecht verpflichtend abgefragt wird, begründet werden, wofür die Information gebraucht wird; hierbei soll insbesondere nicht als Begründung anerkannt werden: Vereinfachung des Briefverkehrs durch die Automatisierung der Anrede“. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Herr Dr. Lauerwald. Es ist für den Änderungsantrag keine Begründung angezeigt. Damit kommen wir dann zur Aussprache. Dann habe

(Vizepräsident Bergner)

ich als erste Wortmeldung in der Aussprache Frau Abgeordnete Meißner für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnetenkollegen, werte Zuschauer, ich möchte es gleich vorwegsagen, dass wir als CDU-Fraktion den vorliegenden Antrag ablehnen werden. Er nützt aus unserer Sicht den Betroffenen nicht, ist obendrein auch noch unwissenschaftlich, nicht verhältnismäßig, teuer und baut Bürokratie auf.

(Beifall CDU)

Der gesamte Tagesordnungspunkt ist aus unserer Sicht eine Placebo-Debatte. Das haben wir auch im Ausschuss gemerkt, denn dieser Beschluss des Antrags hat keinerlei Effekte auf eine eventuelle Abschaffung des Transsexuellengesetzes auf Bundesebene. Darüber entscheiden einzig und allein die hier ebenfalls antragstellenden Parteien auf Bundesebene, die sich mit diesem Antrag quasi selbst auffordern, das entsprechende Gesetz abzuschaffen. Denn Verfahren zur Änderung des Namens und des Geschlechts sind bundeseinheitlich geregelt und sie müssen das dann entsprechend eben auch auf dieser Bundesebene regeln. Die Einflussmöglichkeit des Thüringer Parlaments bei der Verwirklichung des vorgelegten Ziels tendiert gegen null. Statt Empörung im Landtag zu provozieren, wäre also ein eigenes Handeln und das Gespräch mit den entsprechenden handelnden Personen auf Bundesebene angezeigt, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen.

Ich möchte aber dennoch auch etwas zum Inhalt sagen. Im Antrag fordern Sie, die Diskriminierung Transsexueller in Verwaltungsverfahren dadurch zu reduzieren, dass auf die Angabe des Geschlechts und geschlechtsspezifischer Anreden in Verwaltungsverfahren, Gesetzen und Ähnlichem grundsätzlich verzichtet werden soll. Ich halte das für überzogen und nicht für verhältnismäßig, denn das bedeutet die Neuausstellung beinah aller Unterlagen und Vorlagen in der Bundesrepublik Deutschland. Auch die Praxiseffekte der Freiheit des Geschlechterwechsels sind in keiner Weise durchdacht, worauf auch in den Anhörungen, unter anderem in der Stellungnahme der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Jena hingewiesen wurde. Denn wenn die Möglichkeit gegeben wird, sich ohne Gutachten und Befragung für ein neues Geschlecht zu entscheiden, dann muss diese Möglichkeit auch mit Blick auf den entwicklungspädagogischen Zeitpunkt, zu welchem diese Entscheidung stattfindet, auch mehrmals, ja theoretisch sogar mehrmals am

Tag gegeben werden. Dadurch entstehen, wie Sie sich sicherlich alle denken können, verwirrende Situationen und werden übrigens auch gängige Modelle, beispielsweise zur Förderung von Frauen ad absurdum geführt. Die persönlichen und psychischen Langzeitfolgen wären ebenfalls nicht absehbar. Auch das war Inhalt der Stellungnahmen in der durchgeführten Anhörung im Ausschuss.

Ich möchte es an einem Beispiel versuchen: Hegt eine Frau den Wunsch, sich sterilisieren zu lassen, so kann dieser Wunsch durch den Operateur verweigert werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es sich um junge Frauen handelt, da in diesem Fall davon ausgegangen wird, dass sich im weiteren Lebenslauf die Entscheidung durchaus noch ändern kann und dieser irreversible Eingriff später bereut wird. Wir kennen die gesellschaftliche Debatte über diese Regelung. Es gibt aber durchaus Aspekte, die dafür sprechen, hier zumindest die Beweggründe zu hinterfragen und Menschen vor Entscheidungen zu schützen, die sie später vielleicht bereuen werden.

Selbst in Fragen von visuellen Veränderungen des Körpers, beispielsweise von Tätowierungen, gibt es eine Altersgrenze von 16 Jahren, da davon ausgegangen wird, dass die Folgen dieser Entscheidung vorher noch nicht in Gänze abgeschätzt werden können.

Wir haben in der Anhörung zu diesem Antrag im Ausschuss auch gehört, welche Folgen nicht gelöste Identitätskonflikte auch hinsichtlich der sexuellen Identität für Menschen haben können. Und Sie können es mir glauben: Auch mich macht das persönlich betroffen, wie Menschen unter starren Rollenbildern und Strukturen leiden, die für ihre Identität keinen Platz haben. Aber nichtsdestotrotz bin ich der festen Ansicht, dass man der Entwicklung der Identität Zeit geben muss. Diese Entwicklung braucht auch Moderation und sie ist aus meiner Sicht nicht in jenem jungen Alter abgeschlossen, in dem wir es Kindern und Jugendlichen nicht zutrauen, beispielsweise über die Verfärbung ihrer Haut zu entscheiden. Auch das finden Sie übrigens in den Stellungnahmen, wo seitens der Universitätsklinik in Jena unter anderem erklärt wird, dass es keine Evidenz über die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche in sensiblen Lebensphasen gibt und dies bei Entscheidungen, die teilweise unumkehrbar sind.

Die von FDP und Rot-Rot-Grün in dieser Frage propagierte Freiheit des Geschlechterwechsels halte ich jedenfalls für zu kurz gesprungen,

(Beifall CDU)

(Vizepräsident Bergner)

auch weil es sich eben um ein sehr sensibles Thema handelt, für welches solch einfache Antworten keinen tragfähigen gesellschaftlichen Konsens bilden können. Deshalb befürwortet meine Fraktion zumindest eine psychologische Begleitung und Einordnung.

Sehr geehrte Damen und Herren, aus den genannten Gründen werden wir den Antrag ablehnen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)